hardrockerhippie
Ein innerer Monolog
„Hallo, mein Name ist Luzifer und ich habe ein Problem."
„Hallo Luzifer", antworten die Stimmen in meinem Kopf synchron.
Die Stimmen und ich machen wöchentlich eine Gruppentherapie. Wir fühlen uns dann alle weniger allein. Wir sind schon ziemlich einsam. Bis auf dass es hier immer warm ist, bietet die Hölle nämlich nicht viele Annehmlichkeiten und erst recht nicht die, angenehmer oder auch nur ertragbarer Gesellschaft.
„Aber eigentlich, ist das ja gar nicht deine Schuld", versichert mir eine der Stimmen tröstend.
Da hat sie wohl recht. Es ist wirklich nicht meine Schuld, dass wir hier unten einsam verrotten. Aber, was das Ganze noch schlimmer macht ist, dass die Stimmen nicht echt sind. Ich weiß, dass ich sie mir nur einbilde. Nicht mal richtig durchdrehen kann ich. Egal was ich tue, ich schaffe es nicht, mich glaubhaft selbst davon zu überzeugen, dass ich nicht allein bin.
Das ist echt kacke.
Und alles nur die Schuld meines alten Herrn da oben.
Er ist kein Vater. Er tut nur so. Er ist nur ein machtgeiler Pisser.
Ich nehme noch einen Schluck von meinem Whiskey.
Ich verabscheue ihn. Gott, nicht den Whiskey. Der Whiskey ist super.
Wir Engel sind im Prinzip nämlich auch seine Kinder. Wir sind nur eine Fehlkonstruktion. Wir wurden erschaffen, als der alte Bastard sich das erste Mal an der Erschaffung von Menschen versuchte. Aber wir waren ihm zu mächtig. Er wollte etwas erschaffen, das intelligent war, aber kaum in der Lage selbst zu überleben damit es ihn anbeten und er es beschützen konnte. Da sind die kleinen, rosa Fleischsäcke genau richtig.
Das nenne ich mal einen Gottkomplex.
Ich lache über meinen eigenen Wortwitz und trinke noch einen Schluck Whiskey.
Er hat die Menschen definitiv nach seinem Ebenbild erschaffen, das muss man ihm lassen.
Das sieht man allein schon daran, wie sie IMMER das kleine Geschwisterkind bevorzugen und der große Bruder dann als Babysitter zwangsrekrutiert wird, sobald Mommy und Daddy mal das ewige Rumgeheule leid sind.
Kinder sind kacke. Also menschliche Kinder. Und nervig.
Ich nehme noch einen Schluck Whiskey. Ich versuche es zumindest. Das Glas ist leer.
Mist.
Ich schenke mir noch eins ein. Jetzt ist es die Flasche auch.
Und wehe der große Bruder wagt es, Ansprüche auf Liebe zu erheben. Nichts da. Dann wird er in den Keller gesperrt und man setzt einfach eins der anderen Geschwister als Babysitter ein. Eins von denen, die noch nicht pubertieren und immer schön brav alles machen, was Daddy sagt.
Ich nehme einen Schluck Whiskey.
Ihn lieben sie. Jeder liebt ihn. Gott den allmächtigen. Ich schnaube verächtlich.
Zu mir kommen die, die verzweifelt sind und die, die Macht wollen.
Er lässt keinen lange am Leben, der Macht will. Das ist der Punkt, an dem seine Geschöpfe ihm dann zu ähnlich werden. Wohin mit einem ungeliebten, abgelegten Spielzeug? Man stellt sicher, dass es auch ja kaputt und wertlos ist und schmeißt es zu dem Jungen in den Keller.
Sie sind die Ameisen und er ist das Kind mit der Lupe.
Ich bin umgeben von Gottes Geschöpfen. Sie sind geblendet von seinem Glanz und leben nicht lang genug, um zu realisieren, dass das alles nur ein Spiel für ihn ist.
Ich nehme einen großen Schluck Whiskey.
Nur ab und an, ganz selten eigentlich, gibt es hier und da jemanden, der fähig ist, mich zu lieben.
Das ist Gottes Art von Humor. Jedes Mal, wenn ich mich in der Liebe eines Wesens sonne, wie ein Welpe unter einer Wärmelampe, vernichtet er es. Manchmal sogar recht fantasievoll.
Nathaniels Mutter war die erste, die ich vor ihm geheim halten konnte. Zumindest bisher. Seit dem Auftauchen meines Sohnes, ist das ganze Versteckspielen jetzt wohl auch hinfällig.
Bei meinem Glück werden beide nicht mehr lang überleben.
Andererseits.... Nathaniel ist theoretisch unsterblich. Also wird es auch für Gott ziemlich schwer werden, ihn umzubringen.
Vielleicht, ganz vielleicht, habe ich ja doch noch die Chance auf eine halbwegs funktionierende familiäre Beziehung. Ich bin in jedem Fall jetzt schon ein besserer Vater, als es meiner je war.
Für einen kurzen Moment spüre ich ein kleines Bisschen Hoffnung in mir aufsteigen.
Och nö, denke ich mir. Nicht schon wieder. Das wird weh tun.
Und ich stelle mein Glas ab und mache mich auf den Weg. Die Mona Lisa stiehlt sich schließlich nicht von selbst. Und ich muss sie unbedingt haben, denn irgendwie sieht sie hinter der Fassade dieses Lächelns genau so einsam aus wie ich.
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