Nacht 5

Alishas Sicht:

Ich hatte seit etwa zwei Tagen nicht mehr geschlafen. Ob es daran lag, dass ich mir das bei meiner Rolle nicht erlauben konnte, oder bei etwas anderem, wusste ich nicht.

So lag ich jedenfalls auch diese Nacht mit offenen Augen in meinem Bett und starrte die Decke über mir an. War das, was ich tat richtig? Es konnte doch nicht richtig sein Menschen zu töten...

Doch sie sterben zu lassen, ermordet von den Wölfen, war doch auch keine Option!

Ich rollte mich zur Seite und zog meine Schublade heraus. In ihr lagen einige Andenken, auch welche an meinen Vater. Er war gestorben, als ich vier Jahre alt war, aber auch eine durchsichtige Kugel.

Diese nahm ich mit einem leisen Ächzen heraus und legte sie auf meinen Polster. Ich selbst drehte mich auf den Bauch. Ich starrte sie ein paar Sekunden sprachlos einfach so an, bevor ich mit einer Hand darüber fuhr. In der Kugel bildete sich langsam roter Nebel.

Wie ich ihn so länger betrachtete schien er aus Blut zu bestehen. Aus ganz kleinen Bluttropfen.

Sollte das etwa eine Warnung sein? Würde Blut fließen? Mein Blut?

Ich schluckte schwer und warf einen Blick hinter mich zur Tür. Alles war ruhig. Schweren Herzens stützte ich mich dann auf meine Ellenbogen und nahm die Kugel in meine Hände.

"Zeig mir Marie, meine Mutter", sagte ich schweren Herzens. Ich wollte nicht, dass meine Mutter ein Werwolf war. Ich wusste nicht, ob ich es übers Herz bringen könnte sie anzuklagen...

Der Nebel fing an stark herum zu wirbeln und sich langsam Grün zu färben. Wollte ich das Ergebnis denn wirklich wissen?

Ich seufzte noch einmal schwer, dann wartete ich auf das Ergebnis.

Die Teilchen verfestigten sich langsam und das Zeichen der Hexe bildete sich.

Ich atmete erleichtert aus und schloss kurz meine Augen. Ich konnte mir schließlich bei niemandem sicher sein.

Doch es hatte natürlich auch etwas schlechtes... am Tag würde vielleicht kein Werwolf sterben... Schließlich kann das keine andere Rolle außer die meine herausfinden. Ich könnte zwar Jonas in sofern beeinflussen, dass er mir den Namen des anderen sagt, jedoch wäre das doch schummeln, oder?

Außerdem war ich mir nicht mal sicher, ob er sie mir überhaupt verraten würde. Schließlich war er seinem Team genauso treu, wie ich dem meinem.

War er nicht eigentlich der beste Partner, den ich hätte bekommen können? Ich wusste, dass die Werwölfe mich nie angreifen würden. Jonas würde es verhindern. Aber konnte er riskieren eine Bedrohung wie mich am Leben zu lassen? Ich würde den letzten Werwolf finden und dann war es nur noch eine Frage der Zeit, bis er sich irgendwann verraten würde und das Dorf ihn tötete. Das konnte eigentlich jeden Tag passieren...

Bei dem Gedanken, dass Jonas getötet werden könnte schnürte es mir die Luft ab. Was hätte ich noch ohne ihn? Er war alles für mich. Jetzt nicht bei ihm zu sein, zerriss mir mein Herz.

Schließlich legte mich meinen Kopf erschöpft auf meinen Polster und wie ich weiter so über meinen Freund nachdachte, versank ich tiefer in meine Gedanken und irgendwann fielen meine Augen zu.

Es war ein unglaublich angenehmes Gefühl endlich mal wieder schlafen zu können. Ich hatte schon vergessen, wie das überhaupt ging.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top