Kapitel 90

Das konnte doch alles nicht wahr sein! Es musste ein Alptraum sein, aus welchem ich gleich erwachen würde.

Ganz bestimmt.

Aber auf den erlösenden Wecker wartete ich mal wieder vergeblich.

Seufzend schlug ich die Augen auf. Es brachte ja alles nichts. Wir mussten Sherlock finden. Koste es, was es wolle.

„Anderson, Sie sagten, sie hätte gerne in den Katakomben gespielt, könne Sie uns zeigen, wie wir dort hinkommen?", fragte ich.

Überrascht schaute er mich an.

„Ähhhh...j-ja. Natürlich. Tatsächlich müssen wir gar nicht so weit gehen. Das Yard besitzt nämlich einen Zugang zu den Katakomben. Falls Täter auf diesem Weg fliehen wollten, war das ziemlich praktisch, nur geriet das irgendwann in Vergessenheit. Die Tür ist allerdings nach, wie vor da.", berichtete er und machte sich bereits auf den Weg in den Keller.

Kurze Zeit später standen wir vor einer alten, halb verfallenen Tür.

Mühselig stemmte Anderson die Tür auf.

„Tut mir Leid, aber weiter werde ich nicht mitgehen. Einfach zu schlechte Erinnerungen.", entschuldigend lächelte er uns zu.

Schultern zuckend machten wir uns nichts weiter draus, verabschiedeten uns von Anderson und machten uns auf in den riesigen Irrgarten unter London.

Nur, wo sollten wir nur langgehen?

Auch die anderen schienen leicht überfordert, bis plötzlich Mycroft meinte: „Wir müssen da lang."

„Und woher willst du das wissen?", fragte Clara verwundert.

„Moriarty wird sichergehen, dass wir ihn auch wirklich finden. Hier gibt es einen riesigen Irrgarten und komischer Weise sind hier einige Fackeln angezündet, obwohl hier meistens niemand ist. Ich denke, Moriarty weist uns den Weg.", damit marschierte er los, immer der Spur aus brennenden Fackeln folgend. Und es schien zu funktionieren.

Wann immer wir an einer Kreuzung ankamen, leuchtete nur ein Gang hell, der andere war ein schwarzer Gang.

Wir folgten den Fackeln immer weiter, bis wir vor einer Tür ankamen.

„Meint ihr, wir sollten da rein?", fragte Molly vorsichtig.

„Ich denke schon. Immerhin hört hier die Fackelspur auf. Es muss hier sein.", Mycroft sah sich noch einmal prüfend um, fand jedoch nichts, dass Gegen seine Theorie stimmte.

„Ach man! Ich hätte meine Waffe mitnehmen sollen! Da ist man schon im Yard und ich vergesse meine Dienstwaffe!", regte sich Greg lautstark auf.

„Ist jetzt auch egal. Ich glaube mittlerweile, dass uns eine Waffe auch nicht viel weiterhelfen würde.", meinte ich nur Schultern zuckend.

„Also dann...", Greg trat dichter an die Tür heran und öffnete sie vorsichtig.

Von innen kam uns Licht entgegen. Vorsichtig traten wir alle ein. Mit einem Knall schloss sich die Tür. Doch es blieb hell. Von der Decke baumelte eine leuchtende Glühbirne. Wo die ihren Strom herbekam war mir ein Rätsel.

Der Raum stand halb unter Wasser und im Wasser lag jemand.

Sherlock!!!

Schnell rannte ich zu ihm und zog ihn ins Trockene. Er war bewusstlos, hatte eine große Stichwunde im Bauch und hatte Handschellen an seinen Handgelenken, aber er atmete. Ich lachte auf, während mir die Tränen über mein Gesicht liefen. Das hier war echt! Das war keine Halluzination. Das war wirklich Sherlock! Er war so bleich!

Sanft strich ich ihm übers Gesicht, über die aufgeplatzte Lippe und die Schrammen, die seine Wangen zierten. Leicht runzelte er die Stirn.

Oh Gott!! Er wacht auf!!!!

Langsam öffnete er die Augen und blickte mich direkt an.

„John? Bist du es wirklich, oder träume ich wieder?", fragte er mich mit rauer Stimme.

„Nein. Ich bin es. Ich bin es wirklich. Ich bin hier.", hauchte ich und strich ihm durch seine komplett verwuschelten Haare.

Lächelnd zog er mich zu sich und legte seine Lippen auf meine.

„Ich wusste, du würdest kommen.", flüsterte er und legte seine Stirn an meine.

„Natürlich. Ich gebe dich doch nicht auf.", lächelnd schloss ich die Augen.

„Tut mir Leid, euer kleines Wiedersehen zu unterbrechen, aber lasst uns doch ein wenig spielen."

Wir alle drehten uns zu der Tür, in welcher Moriarty und Moran standen.

„Sehr schön, ich wusste, ihr würdet herfinden.", grinste Moriarty, trat nun komplett in den Raum und schloss hinter sich und Moran die Tür.

Wir waren gefangen.

„Es hat mich zwischendurch echt überrascht, wie schnell ihr hinter einige Sachen gekommen seid, Respekt. Allerdings habt ihr euch bei einigen Sachen auch wirklich, wirklich dumm angestellt. Ihr hättet beinahe meinen kompletten Zeitplan durcheinander gebracht. Tse tse tse.", er fuchtelte mit dem Zeigefinger vor uns herum, wie man es bei kleinen Kindern machte, wenn sie böse waren, „Aber das Wichtigste ist doch, dass ihr es alle hergeschafft habt. Ich muss sagen, ich war echt enttäuscht, dass ich nicht zur Hochzeit eingeladen wurde.", Moriarty verzog sein Gesicht zu einem Schmollmund, „Aber schau mal, Johnnyboy, ich habe mich gut um unseren lieben Sherlock gekümmert. Immerhin ist er noch nicht draufgegangen."

Ich wollte mich am liebsten auf ihn stürzen, doch ich hatte noch immer Sherlock in meinen Armen, weshalb ich mich zusammenriss.

„Du, Johnnylein, siehst allerdings nicht so gesund aus. Wie geht es dir? Beschreibe mir deine Symptome.", tatsächlich zückte Moriarty Stift und Papier und wartete darauf, dass ich anfing zu erzählen.

Was sollte das?

Nun drehte sich Sherlock besorgt zu mir um.

„Was hast du? Du siehst wirklich nicht gut aus.", sanft strich er mir über die Wange. Seufzend lehnte ich mich seiner Hand entgegen und schloss genießerisch die Augen, Gott, wie hatte ich das vermisst. Jetzt, wo Sherlock bei mir war, ging es mir besser. Auch wenn es eine heikle Situation war, ich konnte nur glücklich darüber sein, Sherlock endlich wieder zu haben.

„Johnnyboy, ich habe dich etwas gefragt.", erklang die Stimme Moriartys hinter uns. Ich löste mich von Sherlock und schaute in an.

„Warum sollte ich Ihnen das verraten?", fragte ich und funkelte ihn böse an.

„Ohhhh. Soll mir das jetzt Angst einjagen.", er lachte, „Da musst du aber überzeugender sein. Ich möchte, daher, dass du mir eine Antwort über deinen Zustand gibst, da ich doch wissen muss, wie es meinem Versuchsobjekt geht."
Was?!

„Was haben Sie mir gegeben?!", brüllte ich ihn an.

„Ohhhh, Johnnyboy, ich habe dir gar nichts gegeben, du hast es selber ganz freiwillig angenommen. Ich muss zugeben, es hat länger gedauert, als erwartet, bis das Gift endlich angefangen hat zu wirken, aber dafür war es effektiver, als gedacht. Hat dich dein lieber Sherlock nicht vor Giften gewarnt, die bereits bei Hautkontakt wirken können?"

Ich dachte zurück an den Brief den wir erhalten hatten. Jenen, der mit Quallengift bestrichen worden war. Aber was sollte denn nun der Überträger dieses Giftes gewesen sein? Ich schlang den Mantel enger um mich und erstarrte. Verdammt! Panisch riss ich Sherlocks Mantel von mir und schaute Moriarty ungläubig an. Das hatte er nicht getan?

„Sehr gut, sehr gut. Ich muss sagen, es war ein Glückstreffer, dass unser lieber Sherlock dir den Mantel gegeben hat. Schließlich wollte ich ihn damit ein wenig ruhigstellen und alles ein wenig leichter machen. Sei es drum. Letztendlich hat es dadurch doch nochmal den richtigen Kick gegeben, findest du nicht auch", Moriarty lachte hämisch.

„Sei still! Sei, verdammt nochmal, still!"

„Nun, Johnnylein, willst du mir keine Antwort geben? Wie geht es dir?", fragte Moriarty unbeeindruckt von meinem Wutausbruch, nahm den Stift in die andere Hand, holte eine Waffe aus seinem Jackett und kratzte sich damit ab Kopf.

Seufzend begann ich zu erzählen, was alles aufgetreten war.

„Erst stärkere Kopfschmerzen, dann fing meine Schulter wieder an weh zu tun, später kamen Wutausbrüche, Halluzinationen und Schmerzen am ganzen Körper dazu."

Mit jedem Punkt, den ich aufzählte, wurde Sherlocks Gesichtsausdruck besorgter.

Er lag hier blutend auf dem Boden und er machte sich Sorgen um MICH.

„Interessant. Na da hab ich wohl die perfekte Mischung gefunden. So. Und nun wollen wir doch das Ganze ein wenig spannender gestallten. Also, Sherlock, John, hopp hopp. Aufstehen.", Moriarty zeigte mit der Waffen abwechselnd auf Sherlock und mich.

Folgsam standen wir auf, wobei ich Sherlock mehr stützen musste, als dass er wirklich von alleine stand. Und DAS machte mir am meisten Angst.

„Wir spielen jetzt so etwas ähnliches, wie Russisches Roulette. Ich mache gleich das Licht aus. Dann schieße ich wahllos in den Raum und schaue mal, wen ich treffe. Der, der am Ende übrig bleibt, darf gehen. Irgendjemand muss schließlich von meinen wundervollen Taten berichten Naja. Mal sehen. Vielleicht auch nicht. Ihr müsst verstehen, dass das ein Experiment ist. Es geht um Zufall. Du Sherlock müsstest das doch am besten verstehen.", grinsen schaute er uns an, „Dann wollen wir doch beginnen." Während Moriarty noch redete, musste ich zunehmend feststellen, dass meine Schmerzen aufhörten. Oh, oh. Ganz mieses Zeichen. Ich fing nun an zu schwanken, woraufhin Sherlock versuchte mich zu stützen.

Und während wir beide noch mit dem Gleichgewicht rangen und die Situation gar nicht richtig realisieren konnten, schoss Moriarty bereits die Glühbirne kaputt und der Raum wurde in komplette Dunkelheit gehüllt.

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