Kapitel 16
„Sherlock, rede mit mir!", rief ich panisch und war schon dabei ihm zu Hilfe zu eilen, doch er währte ab.
„Nicht! Fass mich nicht an!", rief er und hielt mich auf Abstand, „Und fass den Brief auch nicht mit bloßen Händen an. Hol hochprozentigen Alkohol und reibe meine Hände damit ab. Den Brief steckst du mit einer Pinzette zurück in den Umschlag. Du darfst ihn nicht berühren! Hörst du?"
Noch vollkommen verwirrt, tat ich, wie mir geheißen und holte mit wackligen Beinen den Alkohol und rieb seine Hände ab.
Man konnte förmlich dabei zusehen, wie er langsam aufhörte zu zittern und sich sein Atem normalisierte.
Ich wandte mich nun dem Zettel zu und steckte ihn vorsichtig wieder in den Umschlag.
Wenige Minuten später ging es Sherlock wieder so gut, dass er sich aufsetzen konnte und sein heruntergefallenes Bettlaken um sich schlang.
Er wirkte noch immer etwas blass, aber nichts im Vergleich zu eben gerade.
„Was ist da gerade passiert?", fragte ich ihn geschockt.
„Das war Quallengift. Genauer gesagt, das Gift einer Würfelqualle. Der Zettel war damit bestrichen.", erklärte er mir.
„Würfelqualle?! Das sind die gefährlichsten, die es überhaupt gibt!", rief ich aus.
„Ich weiß. Die Art heißt Seewespe und kommt eigentlich nur in Australien vor. Das Gift zählt zu den Stärksten, die es überhaupt gibt, aber, da es nur auf meine Hände gekommen ist, hat es nicht viel ausrichten können. Dafür war die Dosierung zu niedrig. Hätte ich das Papier abgeleckt, hätte es vielleicht erheblichen Schaden anrichten können."
„Das war Moriarty! Wer sonst würde dir so ein Brief schicken?", knurrte ich und stampfte wütend im Raum auf und ab.
„Ja. Es war Moriarty.", bestätigte Sherlock ruhig, noch immer vor seinem Sessel sitzend.
„Wie kannst du nur so ruhig sein?", rief ich, „Er hat gerade versucht dich zu töten!"
„Nein. Das hat er nicht. Es war eine Warnung. Ich hab dir doch gesagt, dass das Gift zu gering war. Ich sollte nur auf ihn aufmerksam werden. Mal wieder.", er verdrehte die Augen.
Das konnte doch echt nicht wahr sein!
Wie hartnäckig kann man eigentlich sein?!
Konnte er uns nicht einmal in Ruhe lassen?!
Wir wollten bald heiraten und sowas konnten wir nun gar nicht gebrauchen!
Apropos Heirat.
Wie bereits gesagt, waren fast alle Punkte abgehakt.
Es fehlten nur noch unsere Anzüge und der Junggesellenabeschied.
Als Greg erfahren hatte, dass er mein Best Man sein würde, war er mir am nächsten Tag um den Hals gefallen und hatte über das ganze Gesicht gestrahlt.
War irgendwie niedlich.
Das Lächeln, welches sich auf mein Gesicht geschlichen hatte, war jedoch erstorben, als der Inspektor diabolisch anfing zu grinsen.
„Na das wird dann ein lustiger Junggesellenabschied.", bekam er noch heraus, bevor er lauthals anfing zu lachen.
Er machte mir irgendwie Angst...
Kurzdarauf wurde er jedoch wieder ernst und hatte uns von den neuen Morden und den Fortschritten, die sie gemacht hatten, berichtet.
Trotz Mycrofts Bemühungen und seinen Verbindungen kamen sie nur langsam voran.
Moriarty hatte wirklich gute Arbeit geleistet.
Und ich machte mir wirklich Sorgen. Was ist, wenn Moriarty nicht locker ließ?
Wir hatten Greg und Mycroft nichts von dem kleinen Vorfall mit dem Brief erzählt, aber dieser zeigte doch bereits, wie stur Moriarty war.
Einen Mordfall auf meiner eigenen Hochzeit konnte ich nicht gebrauchen, auch, wenn Sherlock bestimmt begeistert wäre.
Mein Sherlock.
Ich lächelte.
Es war immer noch so unwirklich, dass wir bald heiraten würden. Ich wollte zwar, dass Sherlock nicht durchdrehte, aber manchmal hatte ich das Gefühl, selbst bald durchzudrehen.
Wieso konnte uns Moriarty nicht einmal in Ruhe lassen?
War das zu viel verlangt?
Anscheinend schon...
Momentan war Greg bei uns in der Bakerstreet und wir beide tranken zusammen eine Tasse Tee, die uns Mrs. Hudson gemacht hatte, als Greg mich aufeinmal anstupste: „Rate mal, was Mycroft und ich heute gemacht haben?"
Leicht verunsichert starrte ich ihn an.
„Will ich das wissen?", fragte ich und hatte wohl einen ziemlich angeekelten Gesichtsausdruck aufgesetzt.
„Ach, John! Das meinte ich nicht. Obwohl..."
„....ahhhhhhhh!!!! Das will ich gar nicht wissen.", schrie ich leicht panisch, „Aber was habt ihr denn heute gemacht?"
„Wir haben eure Ringe abgeholt."
Lachend verdrehte ich die Augen.
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