Sechs

Als ich am nächsten Morgen meine Augen aufschlug, sah ich auf einmal ein großes Wesen mit einem langen, schwarzen Schnabel und fellbedeckten Flügeln an der Decke über mir hängen. Seine großen, hellblauen Augen starrten in meine und er öffnete den Schnabel, um ein lautes, hohes Krächzen auszustoßen.

Ich schrie auf. Das Wesen ahmte meinen Schrei nach und Mars stürmte in das Zimmer.

„Eliah, omel sens tevoir!", sagte er und das Wesen stieß einen leisen Schrei aus. Mars sah es böse an und es kletterte kopfüber an der Decke zu ihm. Dann ließ es sich auf seiner Schulter nieder und kratzte sich unter seinem Flügel.

Ich setzte mich auf und sah es mit offenem Mund an. Sein Körper sah aus wie der eines Vogels, eines sehr großen Vogels. Sein Fell war bunt, wie der Regenbogen. An seinem Bauch und seiner Brust war es dunkelblau und auf seinem Kopf befand sich ein feuerroter Streifen, der sich über seinen Rücke bis zu seiner Schwanzspitze entlang zog. Seine Klauen waren schwarz und das Fell an seinen Beinen grün.

Mars lächelte mich an. „Tut mir leid Beatrice. Eliah ist manchmal etwas neugierig." sagte er.

„Was ist das?" fragte ich staunend.

„Er ist ein Nolei. Wir halten sie hier als Haustiere." erklärte er und ließ Eliah auf seinem Arm herumklettern.

„Er ist wunderschön." Ich sah lächelnd zu dem Nolei.

Mars nickte und strich dem Vogel über das weiche Fell.

„Skyjar hat mir ein paar Sachen gegeben, die du anziehen kannst." sagte er und gab mir eine Hose und ein Oberteil, beides aus einem weichen, braunem Leder. Ich lächelte dankbar und Mars verließ mit Eliah auf dem Arm das Zimmer.

Ich stand auf und begann, mich um zu ziehen. Die Hose war eng und das weiche Leder schmiegte sich an meine Haut. Das Oberteil hatte keine Ärmel und einen etwas tieferen V-Ausschnitt. Am Ausschnitt waren kleine blaue Perlen eingenäht. Es war eng und reichte bis über meinen Po. Ich zupfte die Sachen zurecht und betrachtete mich in einem Spiegel. Die Sachen sahen fehl am Platz aus. Ich hatte zwar schon oft Hosen getragen, aber sie waren immer mit einer schönen Bluse kombiniert und sahen mädchenhaft aus. An Skyjar sahen solche Sachen gut aus, aber an mir... Ich fühlte mich etwas unwohl.

Seufzend versuchte ich meine roten Wellen zu bändigen und band sie mir zu einem französischen Zopf. Ich sah erneut in den Spiegel und betrachtete mein Gesicht. Ich war eigentlich immer zufrieden mit meinem Aussehen, aber an diesem Tag fand ich meine Nase zu groß, meine Augen zu klein und meine Lippen zu dünn. Ich strich mit den Fingern über meine Wange. Dann richtete ich mich auf und strich über das Top. Ich verließ das Zimmer und sah mich in der kleinen Hütte um.

Die Wände waren aus Steinen und Lehm. Die Möbel aus hellem Holz. Kerzenständer standen in den Ecken der Räume und hier und da lagen Bücher und Zettel.

Die Hütte bestand aus drei Zimmern: dem Gästezimmer, einem anderen Schlafzimmer und einem Raum mit einem großen Kamin und einem Tisch. Dieser Raum war auch der, in den man trat, wenn man das Haus betrat.

Ich ging aus dem Haus. Staunend sah ich mich um. Auf den Wegen waren große Tiere, die man mit einem Pferd vergleichen konnte. Sie waren grau und hatten anstatt Ohren kleine Löcher am Kopf. Die Tiere waren etwa so groß wie zwei erwachsene Männer und hatten ein breites Maul mit großen Nüstern. Die Augen waren klein. Ihre Haut war Ledrig und sie hatten Hufe wie eine Ziege.

Auf ihren Rücken trugen sie ein oder zwei der türkishäutige Leute und entweder Früchte oder Fleisch.

Mars trat an meine Seite und beugte sich zu mir.

„Das sind Fenjas. Sie kommen aus Unbara. Die Reni, ein anders Volk, das hier lebt, haben sie gezähmt und verkaufen sie oder bringen auf ihnen Sachen ins Dorf. Wir können die Sachen dann kaufen. Wir werden gleich auch auf Fenjas reiten." sagte er. „Aber erstmal werden wir zu Manuuk gehen. Er muss uns noch einen Krieger mit geben, damit wir dich und Glenn auch gut beschützen können." Er ging los und ich folgte ihm.

„Warum denn beschützen?" fragte ich.

„Wir wollen doch deinen Hund finden. Er kann zwar nicht allzu weit gekommen sein, aber der Wald ist gefährlich. Das Tier, das dich angegriffen hat, davon gibt es noch mehr weißt du."

Ich sah Mars ängstlich an. „Glaubst du, es geht ihm gut?" fragte ich. Er nickte. „Glenn hat erzählt, dass Hunde schlau sind. Wenn er auf seinen Instinkt hört, hat er sich sicherlich irgendwo gut versteckt."

Ich sah auf den Boden. Ich machte mir echt Sorgen. Mars sah mich an und blieb stehen. Er sah mir in die Augen und lächelte. „Keine Angst. Es geht ihm sicher gut. Wir finden ihn. Das verspreche ich dir." Er drückte meine Hand und ging dann weiter.

Als wir an den drei Häusern ankamen, wartete Skyjar schon ungeduldig auf uns. „Da seid ihr ja endlich. Manuuk ist schon total genervt." Wir gingen in das mittlere Haus und ein älterer Mann mit dunkelblauen, kinnlangen Haaren kam auf uns zu. Eine lange Narbe zog sich über sein Gesicht. Mars und Skyjar verbeugten sich leicht und ich tat es ihnen nach.

Manuuk ging zu einem Tisch und beugte sich über eine Karte. „Ich habe uns diese Karte vorbereitet. Das Tier müsste in diesem Umkreis hier sein." sagte Glenn. Er war in das Haus getreten und verbeugte sich. Dann zeigte er auf einen roten Kreis.

Mars nickte. „Gut. Wer wird mit uns kommen?"

„Perion." sagte er. „Aber Skyjar bleibt hier. Die Mee werden morgen wieder durch das Dorf ziehen und ich will nicht, dass das wieder so ein Chaos wir, wie beim letzten Mal." sagte er.

Skyjar nickte. Ein Mann mittleren Alters kam in das Haus und verbeugte sich leicht.

„Ich habe euch zwei Fenjas zur Verfügung gestellt. Proviant ist schon gepackt. Skyjar hat dir ein paar Sachen gepackt. Sie sind schon in der Satteltasche." Sagte Manuuk.

Mars verbeugte sich erneut und ich tat dasselbe. Dann gingen wir mit dem Mann nach draußen.

„Ich bin Perion. Ich werde euch bei der Suche begleiten." sagte er und lächelte mich an.

Wir gingen den Weg entlang und blieben bei zwei Fenjas stehen, die an einem Pfahl angekettet waren. Perion machte sie los und kletterte auf den einen. Er war vollgepackt mit essen und Waffen. Dann half er Glenn beim Aufstieg.

Mars kletterte auf den anderen und sah mich abwartend an. Ich ging zu dem großen Tier. Etwas unschlüssig sah ich an ihm hoch.

Es schnaubte und ich hatte das Gefühl, die Erde würde beeben. Ich wich einen Schritt zurück. Mars seufzte. „Komm. Sie tut nichts." Er streckte sich nach unten und hielt mir eine Hand hin.

Vorsichtig ging ich wieder zu dem Tier. Ich stellte meinen Fuß in eine Schlaufe und stemmte mich nach oben. Bei mir sah das Ganze sicherlich nicht mal ansatzweise so elegant aus, wie bei Mars und Perion.

Ich hielt mich an dem Sattelgurt des Tieres fest und stellte meinen Fuß in eine andere Schlaufe. Dann stemmte ich mich wieder hoch und ergriff Mars' Hand. Das Tier machte einen Schritt nach hinten und ich verlor den Halt. Ich dachte schon, ich würde fallen aber Mars zog mich zu sich hoch.

„Oh Gott." sagte ich und klammerte mich an ihm fest. Er lächelte. „Setz dich hinter mich." sagte er und half mir, mich hinzusetzen. Er griff um mich und legte jeweils ein Lederband um meine Beine und hackte sie vorn ein.

Dann nahm er sich zwei Seile, die bei ihm vorn lagen und zog an ihnen. Damit zog er ein Dach, welches vorher auf dem Hinterteil des Tieres lag, nach oben, er machte die Seile fest und nahm die Zügel in die Hand.

Er trieb das Tier an und wir ritten los. Perion und Glenn ritten hinter uns.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top