Neun

Wir hatten nun schon einen weiten Weg zurückgelegt und es wurde langsam wieder dunkel. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, da sah ich im Busch einen bunten, großen Flügel. Ich tippte Mars auf die Schulter. Als er mich fragend ansah, deutete ich auf das Gebüsch. Er machte große Augen und sah mich grinsend an.

Wir machten die Anderen auf den Enoris aufmerksam und ritten dem Tier dann hinterher. Es war schwer, ihn im Auge zu behalten, da es immer dunkler wurde. Nur der Mond schien über uns. Er tauchte alles in ein silbergraues Licht und die Welt um uns herum fing an, sich in einen wunderschönen Märchenwald zu verwandeln.

Nach einiger Zeit flog der Enoris durch einen Spalt in einem Felsen.

„Wir müssen absteigen. Die Fenjas passen hier nicht durch." sagte Mars und schwang sich geschickt von dem großen Tier. Dann half er mir runter und band den Fenjas an einem Baum an. Er machte zwei Rucksäcke von dem Sattel ab und reichte mir einen. Ich setzte ihn auf und dann gingen wir, zusammen mit Glenn und Perion, durch den Spalt.

Mars war der erste, der die große Höhle betrat. Durch sein erstauntes Keuchen war ich schon etwas auf das, was mich erwartete, vorbereitet. Dachte ich jedenfalls. Im Inneren der Höhle wuchsen überall kleine weiße Blumen, die die Höhle in ein strahlendes Licht tauchten. In der Mitte stand eine große Säule. Sie war voller Löcher und aus jedem der Löcher ragten Fühler hinaus.

„Da verpuppen sich die Enoris." erklärte Glenn und deutete auf die Säule. Ich ging noch ein bisschen weiter in die Höhle und sah mich um. Die Decke war sehr hoch und überall flogen Enoris herum. Und dann sah ich Mr. Skibbles. Er hockte unter einem kleinen Felsvorsprung und kläffte die Riesenschmetterlinge an. Ich rannte auf ihn zu und als er mich sah, sprang er auf und sprintete auf mich zu. Ich ließ mich auf die Knie fallen und er sprang in meine Arme.

Ich war so erleichtert, dieses kleine, weiße Fellknäul in den Armen zu halten, das mir Tränen über die Wangen kullerten. Mr. Skibbles winselte und leckte mir mit seiner langen Zunge einmal quer übers Gesicht. Ich musste lachen und stand auf, was gar nicht mal so einfach war. Schließlich benötigte ich meine Hände, um den Hund festzuhalten. Als ich dann doch zum Stehen kam, drehte ich mich zu meinen Begleitern um und sah sie glücklich an.

Wir verließen das Enoris-Nest und stiegen wieder auf die Fenjas, um uns auf den Rückweg zu machen.

„Wie heißt dein Hund eigentlich?" fragte Mars.

„Mr. Skibbles." sagte ich und strich dem Hund über den Kopf.

Glenn schnappte nach Luft. „Wie, wie bist du darauf gekommen?" fragte er und sah mich erstaunt an.

„Er ist ziemlich verrückt. Immer, wenn er einen Vogel sieht kläfft er ihn an und wenn der Vogel dann wegfliegt, dreht er sich im Kreis und jault. Oder wenn man in die Hände klatscht, stellt er sich auf die Hinterbeine und taumelt herum. Als würde er tanzen und das hat er schon von Anfang an gemacht. Wir haben ihm das nicht beigebracht." Ich lachte.

„Wie ist der Nachname deiner Großmutter?" fragte Glenn. Er hatte Tränen in den Augen.

„Campbell. Aber sie hat ein zweites Mal geheiratet. Davor hieß sie Steward glaube ich." antwortete ich verwirrt.

„Deine Großmutter heißt Mary oder?" nun liefen ihm die Tränen über die Wangen und er schluchzte.

Ich nickte langsam. „Kanntest du sie?" fragte ich und sah ihn erwartungsvoll an. Er lächelte. „Ist sie tot?" seine Stimme war kaum hörbar. Fast ein Flüstern. Ich nickte. „Sie ist vor einem Jahr von uns gegangen." Ich sah in den Himmel und lächelte.

Glenn atmete tief ein und wieder aus. „Ich war mit ihr verheiratet. Mein Name ist Glenn Steward und ich komme aus Dunbar. Ich dachte, sie wäre tot. Ich dachte ich hätte euch verloren. Ich habe gesehen, wie unser Haus von den Flammen verzehrt wurde und ich dachte, ich hätte euch somit ebenfalls verloren. Deine Mutter, Blair. Sie war mit dir schwanger. Oh Gott. Ihr lebt." Glenn schluchzte nach jedem dritten Wort heftig und es war schwer, ihn zu verstehen.

Erst als Mr. Skibbles mir winselnd über die Wange leckte, merkte ich, dass ich weinte. Mein Großvater lebte.

„Schon als ich dich das erste Mal sah, hatte ich das Gefühl, als würde ich dich schon ewig kennen. Nun weiß ich warum. Mein Blut fließt in deinen Adern." Er schüttelte, vor Glück weinend den Kopf und wischte sich die Tränen von den Wangen. Perion lächelte und drückte seine Schulter.

Ich sah meinen Hund glücklich an. Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass dieses kleine Fellbüschel mich zu meinen Großvater führen würde. „Danke." flüsterte ich und drückte dem Hund einen Kuss auf die Stirn.

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