#40Z Tom & Mirko: Ein erster Kuss

Tom

Gegen Mittag werde ich erst wieder wach. Aufzustehen verspüre ich dennoch wenig Lust. Also kommt der unvermeidliche Griff zum Smartphone.

Joao: >"Hi my sunshine! Du klingst bedrückt, ist alles okay bei dir? Ich denke an dich!"

Es tut gut seine Stimme zu hören.

Mirko: >Kann ich heute vorbeikommen?<

Mirko: >Lebst du noch?<

Mirko: >Hallo?<

Ich>Mirko: >Ja lebe noch...<

Mirko: >Kann ich was von den Klamotten holen?<

Ich>Mirko: >Jederzeit<

Mirko: >Bin so vier Uhr da<

Ich>Mirko: >Ok<

Marco: >Was machst du heute?<

Ich>Marco: >"Ich glaube garnichts, ich bleib im Bett"<

Marco: >"Hey was los, du klingst depri, bist du krank?"<

Ich>Marco: >"Ne war gestern mit dem Kind in so'ner LGBTQ Jugendgruppe, der Leiter da hat mir gleich mal klargemacht, dass Nutten wie ich nicht willkommen sind. Hat mich echt mehr runtergezogen als gedacht."<

Marco: >"Bitte was? Du verarscht mich doch?"<

Ich>Marco: >"Du bist wohl nicht der einzige jüngere, der das Profil mal gefunden hat"<

Marco: >"Willst du zu mir kommen?"<

Ich>Marco: >"Danke für das Angebot, aber ich fühl mich im Moment einfach nur schmutzig und das würde nicht besser wenn ich jetzt zu dir komme..."<

Marco: >Verstehe, melde dich wenn ich was tun kann<

Ich>Joao: >"Was in a gay group for young people yesterday. The leader told me I should better go cuz they don't like whores. Has brought me really down. I wish it would be summer already."<

In mir kommt dieses grässliche Gefühl aus der Schulzeit wieder hoch. Ich bin allein. Ich bin nicht gut genug für irgendjemanden. Ich bin eine Enttäuschung. Ich werde es nie schaffen. Ich bin dumm und hässlich und feige.

Und ich verstehe es nicht. Eigentlich will ich doch einfach nur nett sein zu anderen Menschen. Und dass die mich vielleicht ein bisschen mögen. Aber warum komme ich mir dann immer wieder vor wie jemand, der mit der weißen Flagge in der Hand vor einer Alienarmee steht und mit denen verhandeln soll, ohne dass er sie versteht und die überhaupt verhandeln wollen? Wahrscheinlich wissen die Aliens nicht mal, was die weiße Flagge bedeutet.

Ich könnte zu meiner Familie fahren. Wäre nur eine halbe Stunde mit dem Auto. Und dann? Mache ich da mein Coming-Out, erzähle dass ich ein Callboy war und das ich Probleme habe? Alleine die Tatsache, dass niemand aus meiner Familie scheinbar mitbekommen hat, dass ich nicht auf Weibsvolk abfahre sagt doch schon alles... Meine Mutter wird enttäuscht sein und keine Lust auf meine Probleme haben, ich habe noch vier jüngere Geschwister und die machen mehr Probleme als genug - Probleme von denen meine Eltern auch mitbekommen. Das war schon früher so. So lange ich gute Noten hatte, war alles egal. Und mein Vater ist eh mit seiner neuen Freundin beschäftigt.

Also bleibe ich in meinem Bett und höre traurige Musik. Mich unter der Bettdecke verstecken und mit geschlossenen Augen in eine andere Realität abtauchen, das kann ich schon immer gut.

Mirko

Das mit der Jugendgruppe warschon mal eine gute Idee. Die waren da wirklich voll nett und dieser Lucas hat sich ziemlich um mich bemüht. Und ich kann nicht behaupten, dass mir das nicht gefallen hat. Auch dass er mich kaum das ich daheim war schon angeschrieben hat. Und mit Fotos von ihm bombardiert. Naww, er ist aber auch cute! Eines kam zum anderen und jetzt bin ich heute Abend mit ihm fürs Kino verabredet.

Dafür brauche ich aber die neuen Sachen die noch bei Tom herumliegen. Nachdem meine Mutter sich gestern schon über die Sachen gewundert hat und ich mich nur mit der Ausrede "Ich hab doch seit April so einen Nebenjob..." lahm herausgeredet habe, ist es wohl besser wenn ich den Rest bei Tom lasse, mich da umziehe und später am Abend wieder zurück umziehe.

Die Sache hat nur einen Haken: Ich weiß nicht wie ich das Tom sagen soll. Ist es okay für ihn wenn ich mit Lucas ausgehe, oder behalte ich das besser für mich, weil er sonst enttäuscht wäre? Er hat ja gesagt er erwartet nichts von mir, aber wie ernst war das gemeint? Mal ganz davon abgesehen, dass ich auch nicht genau weiß was ich von ihm will - oder von Lucas. Versuche ich mir gerade alle Optionen offen zu halten? Ich bin unmöglich - vor einer Woche war ich noch mit dem Kopf im Schulklo und jetzt ist mein einziges Problem wie ich mir die Option auf Sex bei zwei Typen gleichzeitig offen halte. Oh Gawd, was läuft bei mir falsch?

Whatever, ich werde jetzt zu Tom gehen und mich da umziehen, vielleicht fragt er ja garnicht.

Mit "Bin mit Freunden im Kino" rausche ich zur Haustür raus, höre noch gerade so wie meine Mutter mir hinterherkräht: "Um eins bist du wieder zu Hause!"

Flott jogge ich die Strecke zu Tom. Hoffentlich kann ich da nochmal duschen. Bei ihm angekommen klingele ich stürmisch, es dauert aber einige Zeit bis er den Türöffner bestätigt. Ich sprinte die Treppe hoch und als sich die Wohnungstür öffnet bietet sich mir ein Anblick den ich so nicht erwartet habe. Ein verschlafen dreinblickender Tom steht vor mir und er hat nichts an außer einem AussieBum Wonderjock und ich will nicht wissen, wovon er gerade geträumt hat, aber dass sein Teil in dem Jock nicht im inaktivierten Zustand ist, ist nicht zu übersehen. Mit einer Hand fährt er sich durch die Haare und murmelt: "Komm' rein!" Peinlicherweise bewege ich mich nicht sofort sondern glotze auf seine Körpermitte. "Du starrst, Kleiner!" leise grinst Tom, dann jedoch blickt er an sich herunter. "Fuck" zischt er und wird knallrot bevor er sehr schnell im Wohnzimmer verschwindet und auf dem Sofa die Decke über sich zieht. Dass ich nun anfange hemmungslos zu lachen, macht die Sache nicht besser, den er guckt ein wenig angesäuert und meint: "So lächerlich seh' ich also aus?" Jetzt werde ich wohl rot, denn Tom grinst mich wissend an: "Oder hat es dir bei meinem Anblick die Sprache verschlagen?" "Es...es war nur... nur etwas unerwartet..." stottere ich. Er lächelt mich jetzt freundlich an und meinte: "Ist schon gut, was führt dich denn zu mir heute?"

"Ähm, also, ich würde mich gerne frisch machen und dann was von meinen neuen Sachen anziehen!?" unsicher huscht mein Blick im Raum herum. Tom fragt ganz ruhig: "War das dein Plan oder eine Bitte?" "Ähm - beides?" erwidere ich unsicher. Sein Blick liegt ruhig auf mir: "Kein Problem. Wo geht's denn hin heute Abend?" "In's Kino!" murmele ich und versuche seinem Blick auszuweichen. "Mit den Mädels?" fragt er.

Jetzt könnte ich lügen! Aber irgendwie kann ich es nicht.

"Nein..." antworte ich zögernd, "mit Lucas.." So, jetzt wird er sauer werden. Unbewusst ducke ich mich weg. "Das ist der Cutie von gestern?" höre ich ihn mit sanfter Stimme entspannt fragen. Ich nicke zur Bestätigung. "Das ist doch schön, was machst du denn für ein Gesicht als wenn dich jemand gleich schlagen würde?" fährt er fort. Überrascht schaue ich zu ihm und er schmunzelt. "Du....du bist nicht böse?" rutscht es mir raus. "Nein, wieso sollte ich?" entgegnet er. "Na ja, ich dachte du willst... ich meine, ich dachte du erwartest von mir... ich bin mir selbst nicht so sicher" stottere ich. "Ich erwarte nichts!" bekräftigt Tom und fährt dann leiser fort: "Auch wenn andere wohl denken ich bin nett zu dir um dich ins Bett zu kriegen..." "Oh sorry..." murmele ich. Plötzlich grinst er mich schelmisch an: "Nur dass du es weißt, du bist ein Hottie und ich müsste lügen, wenn ich bestreiten würde, dass ich dich nicht von der Bettkante stoßen würde, aber..." Er macht eine Pause. Er findet mich also heiß und könnte sich was mit mir vorstellen? "...aber, ich bin nicht Single" hebt er wieder an, "ich habe einen Freund. Oder sowas ähnliches, wie auch immer, ich bin nicht frei!"

"Du hast einen Freund?" jetzt bin ich neugierig, "Zeigst du ihn mir mal?" Toms Gesichtsausdruck wird traurig und er sagt nur: "Er ist in Brasilien...." Bevor ich wieder etwas fragen kann, geht er in sein Schlafzimmer und holt ein Handtuch, welches er mir mit den Worten "Du weißt ja wo das Bad ist." reicht. Als ich nicke meint er: "Dann mach ma' hinne, du willst den Lucas doch nicht warten lassen." Ohne eine Reaktion von mir abzuwarten geht er ins Schlafzimmer und zieht die Tür hinter sich zu. Ich greife mir die Tüten mit meinen neuen Sachen und gehe ins Badezimmer. Warum nur war er so traurig wegen seinem Freund?

Als ich mit Duschen, Stylen, Anziehen und so weiter fertig bin, denke ich nicht mehr an Tom sondern bin nur noch aufgeregt. Das wird immerhin das allererste Date meines Lebens. Ich klopfe an die Schlafzimmertür und rufe "Bin dann weg!" Tom ruft zurück: "Wenn ich dich irgendwo abholen soll oder du nachher noch vorbeikommen willst, melde dich, ich bin hier." "Okay, Danke..." damit stürme ich die Treppe runter, aus dem Haus raus und auf zur Straßenbahn.

Am Hauptbahnhof verlasse ich die Tram. Mit Lucas habe ich ausgemacht, dass wir uns an der Grünfläche vor dem Ethnologischen Museum treffen bevor wir dann zum Cinemaxx rüberlaufen.

An der, der Tramstation zugewandten Ecke der Grünfläche sehe ich Lucas sofort stehen, er ist in sein Smartphone vertieft. Sofort sprinte ich auf ihn zu, nur um kurz darauf innezuhalten, da der Gedanke mein allererstes Date, mich nun nicht mehr freudig aufregt sondern verunsichernd.

Tausende Gedanken wuseln plötzlich in meinem Kopf durcheinander. Wie begrüße ich ihn? Was wenn er mehr will? Wie weit will ich gehen? Kann ich überhaupt küssen? Würde er mich überhaupt wollen? Bevor ich mein inneres Chaos bändigen kann schaut Lucas hoch und sieht mich. Ein freudiges Strahlen erhellt sein Gesicht und er winkt und ruft nach mir: "Hey Mirko, hier..." Große Gelassenheit vortäuschend - oder zumindest vortäuschen versuchend - schlendere ich zu ihm hin. Hoffentlich merkt er nicht wie aufgeregt ich bin, er wirkt so selbstsicher! "Hi Lucas!" begrüsse ich ihn und versuche lieb zu lächeln und gleichzeitig cool 'rüberzukommen. Keine Ahnung ob mir das gelungen ist, aber mit den Worten "Schön dass du da bist." umarmt mich Lucas, also ist es zumindest nicht total daneben gegangen. Nachdem er mich wieder losgelassen hat, stehe ich unschlüssig da, aber Lucas lässt mir keine Zeit weiter Nachzudenken, denn er greift mit seiner Linken meine rechte Hand und läuft los Richtung Kino.

Ich laufe händchenhaltend (!) mit einem Jungen (!!) über unseren Bahnhofsvorplatz!

Auch als wir am Cinemaxx angekommen sind macht Lucas keine Anstalten meine Hand loszulassen. Und ich freue mich darüber, auch wenn ich versuche mir nichts anmerken zu lassen. Während wir in der Schlange vor der Kinokasse warten lehnt Lucas plötzlich seinen Kopf auf meine Schultern und sagt leise zu mir: "Ich freue mich wirklich, dass du mit mir hier bist." Ohne nachzudenken lehne ich meinen Kopf gegen seinen und whispere zurück: "Und ich erst mal. Letzte Woche um die Zeit war ich noch der Prügelknabe meiner ganzen Klassenstufe..."

Das kommt mir vor als wenn es ewig lange her wäre. Dabei ist es noch nicht einmal eine Woche her, dass Tom mich aus den Fängen von Mehmet, Sebi und Co. befreit hat.

"Gab's Probleme weil du..." hebt Lucas an, führt die Frage aber nicht zu Ende. "Ich gehe auf die Schule am Magazinberg, was denkst du?" erwidere ich sarkastisch. "Oh, verstehe" erwidert er, "das tut mir leid." "Muß dir nicht leid tun" versichere ich ihm, "Tom hat's beendet, hoffe dass es hält." Bevor Lucas erneut was sage kann wechsle ich das Thema in dem ich frage: "In welchen Film wollen wir denn?" "Wie wäre es mit dem aktuellen Iron Man?" fragt Lucas, "Gibt sonst nicht viel brauchbares..." Ein Blick auf die Tafel mit den zur Zeit laufenden Filmen zeigt mir, dass er Recht hat, also stimme ich zu: "Jo passt schon!" Dass Lucas sofort beide Tickets bezahlt und sich auch weigert, Geld von mir anzunehmen, ärgert mich auf der einen und schmeichelt mir auf der anderen Seite. Ich revanchiere mich in dem ich schneller bei Popcorn, Softdrinks und Co. bin und nachdem ich ihn gefragt habe, was er will, einfach für ihn mit bestelle und bezahle. Seine Avancen jetzt mir sein Geld aufzudrängen ignoriere ich geflisstentlich.

Im Filmsaal angekommen stelle ich natürlich sofort fest, dass Lucas für uns einen dieser Doppelsitze ohne Zwischenlehne besorgt hat. Zwangsläufig werden wir während des Filmes aneinanderlehnen. Und ich wette, das genau ist seine Absicht. Tatsächlich, kaum sitze ich richtig und die Werbung läuft, merke ich schon, wie Lucas Arm um mich herum wandert und seine Schulter sanft an meine stößt.
Irgendwann im Laufe des Filmes wird mir sein Arm, mit dem er zunehmend auch an mir hängt, um mich unbequem und ich schiebe ihn sanft weg und lege dafür meinen Arm um seine Schultern. Sofort legt er allerdings seine Hand auf meinen Oberschenkel und wenig später fängt er an, sanft über meinen Oberschenkel zu streicheln, dann wandert er langsam auf die Innenseite meiner Schenkel. So berührt zu werden genieße ich duchaus, als er seine Hand aber dann in Richtung meines Schrittes wandern lässt, geht es mir doch ein wenig zu schnell. Sanft aber bestimmt nehme ich seine Hand mit meiner noch freien Hand und lege sie zurück auf mein Knie.
Für den Rest des Filmes macht Lucas auch keinen weiteren Versuch XXXX XXXX XXXX
Als allerdings der Abspann zu laufen beginnt, richtet er sich ein wenig auf und dreht sich dann zu mir. Neugierig wende ich meinen Kopf zu ihm, als er plötzlich seine linke Hand an meine rechte Wange legt und dann langsam in meinen Nacken wandern lässt. Im Halbdunkeln kann ich erkennen, dass er sich zu mir beugt und dann spüre ich seine Lippen auf meinen. Kurz erstarre ich und die Erinnerung an meinen Versuch mit Sebi sind sehr präsent, aber dann entspanne ich mich und presse meine Lippen auf sein. Ein wenig öffne ich meine und dann spüre ich wie er vorsichtig und dann zunehmend nachdrücklicher mit seiner Zunge Einlaß begehrt und dann fordert. Es fühlt sich unbeschreiblich gut an und ein leises Kribbeln durchfährt mich und konzentriert sich dann in meinem Bauch. Ob das die berühmten Schmetterlinge sind? Vorsichtig mache ich mich mit meiner Zunge daran ihn zu erkunden, dabei schließe ich meine Augen, das Gefühl ist wunderschön und lässt mich kurz aufseufzen. Seine Hand verschwindet von meinem Nacken und seine Lippen lösen sich von meinen. Ich öffne meine Augen wieder und sehe direkt in seine, die groß und dunkel auf mir Ruhen. Und das sicher nicht weil es immernoch dunkel ist im Saal. "Das war schön" hauche ich. Lucas lächelt mich zufrieden an. "Das war mein erster richtiger Kuss", stelle ich fest und hoffe, dass meine Mimik verrät, dass ich es alles andere als bereue. In dem Moment geht das Licht an und Lucas Blick verrät Überraschung: "Dein erster? Oh, wenn ich das gewußt hätte..." er wird ein wenig rot. Plötzlich ist er so unsicher und dabei verdammt süß. "Es war schön!" beruhige ich ihn, "ich bereue nichts!" Die Erleichterung ist ihm ins Gesicht geschrieben. "Gehen wir noch was trinken? Zur Feier dieses epochalen Ereignisses." schelmisch grinst er mich an und hat seine Fassung wohl komplett zurück erlangt. "Mit so einem umwerfend aussehenden Gentleman doch immer gerne." frozzele ich zurück während er aufsteht. Dann streckt er mir seine Hand hin: "Darf ich es wagen ihm meine Hand und Geleit anzutragen?" Beide können wir unser Lachen nicht mehr halten und ich frage ihn: "Lass' mich raten, Deutsch ist ein Lieblingsfach?" Er nickt immernoch lachend und wir lachen noch als wir Hand in Hand den Saal und dann das Kino verlassen.

Während wir nun uns zu Fuß auf den Weg ins Flußtorviertel machen, nutze ich die Gelegenheit ein wenig mehr über Lucas zu erfahren. "Auf welche Schule gehst du denn?" frage ich ihn, wo ich hingehen weiß er ja schon. "Auf's August-Lyrssen" antwortet er knapp. Das August-Lyrssen-Gymnasium ist das Nummer-1-Gymnasium unserer Stadt. "Uff" tue ich mein Erstaunen kund um ihn dann zu necken: "Date ich gerade einen Starkhausen-Schnösel?""Bilde dir nur nichts drauf ein", betont gelangweilt zuckt er mit den Schultern um dann seinen Blick an mir herunter gleiten zu lassen: "So ganz arm siehst du deinen Klamotten nach nicht aus..." Ich erwähne Toms Anteil daran jetzt besser nicht, obwohl, vielleicht sieht so ein Junge aus dem Nobelviertel Starkhausen das als Wettbewerb? Sekunden später schäme ich mich für den Gedanken Tom und Lucas zu meinem Vorteil gegeneinander auszuspielen. Obwohl es ja durchaus seinen Reiz hätte, zwei heiße Typen um mich fighten zu sehen. Diplomatisch erwidere ich: "Es ist nicht alles immer so wie es aussieht." Lucas sagt nichts und wir laufen stumm nebeneinander her. bis ich ihn an der Schulter fasse und sage: "Hey, ich würde nicht mit dir hier sein, wenn mich das wirklich stören würde." Er legt seinen Arm um meine Hüfte und sagt: "Ich hatte gehofft, dass du das nicht ernst meinst." "Und ich hoffe, dass du es ernst meinst" entgegne ich spontan. Amüsiert schaut er zu mir herüber, kurz wird er ein wenig rot, dann meint er nur: "So, so...." Jetzt bin ich derjenige der errötet. Hab' ich ihm gerade gesagt, dass ich hoffe er meint es ernst mit mir?

Als wir im Flußtorviertel ankommen, gehen wir in ein lauschiges Cafe, welches im Gebäude einer alten Apotheke untergebracht ist. Beide bestellen wir einen Cocktail und zu meiner Überraschung bekommen wir ihn auch, ohne dass irgendwer nach unserem Alter fragt.

Der Alkohol lässt uns lockerer werden und wir unterhalten uns über alle möglichen Themen von 'Coming Out bei der Familie' (er ja, ich nein) über Probleme in der Schule wegen Schwulsein (er nein, ich ja) bis hin zu Reisen ins Ausland (er viel, ich nie). Ich bin überrascht wie vertraut wir miteinander umgehen nach so kurzer Zeit und ja, dass Lucas mich immer wieder mit glitzernden Augen anschaut, genieße ich mehr und mehr. Als wir plötzlich beide still sind, beuge ich mich entschlossen vor und schaue ihm tief in die Augen: "Darf ich um einen zweiten Kuss bitten?" Er bekommt große Augen, dann greift er stürmisch nach meinem Kopf und zieht mich zu sich her. Stürmisch pressen sich seine Lippen auf meine und seine Zunge bohrt sich durch meine Lippen. Ich erwidere seine Küsse ebenso fordernd wie er mich küsst. Und wieder kommt dieses angenehm berauschene Kribbeln. Allerdings merke ich auch, dass es dieses Mal meine Körpermitte nicht unbeeindruckt lässt.
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Und da fällt mir plötzlich ein, dass ich um ein Uhr daheim sein muß. "Wie spät ist es?" frage ich noch immer ein wenig außer Atem. "Kurz vor zwölf" antwortet Lucas mir. Oh Mist, ich soll um eins daheim sein, vorher noch bei Tom die Klamotten abladen und die nächste Nachtlinie fährt erst um 0:30 Uhr. "Scheiße..." fluche ich, dann fällt mir etwas ein: "ich frag Tom ob er mich abholt!"

Bei der Erwähnung dieses Namens verdunkelt sich Lucas Miene und etwas enttäuscht murrt er: "Ich hatte gehofft wir gehen noch zu mir...." "Auch wenn dich das enttäuscht, ich hatte nicht vor mein Erstes Mal wenige Stunden nach meinem Ersten Kuss zu haben" erwidere ich ein wenig schnippisch. Lucas zuckt zusammen und schaut betreten zu Boden. Ich gehe zu ihm hinüber und lege meine Hände auf seine Schultern, dann beuge ich mich zu ihm herunter und flüstere: "Das heißt aber nicht, dass du dafür nicht in Frage kommst, aber ein bisschen Zeit um dich kennenzulernen solltest du mir schon geben." Nach einer kleinen Pause fahre ich fort: "Zumindestens wenn es dir ernst ist. Und um dich zu beruhigen: Du stehst in keinerleit Wettstreit mit Tom was das angeht." Ich kichere leise und grinse ihn an als sein Kopf herumfährt und er mich überrascht anstarrt. "Aber, was ist das dann mit Tom, ich habe gehört, er ist kein guter Umgang?" forschend schaut er mir in die Augen. "Wer immer dir sowas erzählt hat, er hat keine Ahnung. Tom hat mich vor meinen Peinigern an der Schule gerettet, er hat dem Direx Druck gemacht und ihm verdanke ich das was ich gerade anhabe. Und er will mich nicht ficken als Gegenleistung, er hat einen Freund..." fasse ich zusammen was es mit Tom und mir auf sich hat.

Dann rufe ich Tom an, der sich nach einigem Klingeln auch etwas verschlafen meldet. "Kannst du mich im "Zum Engel" abholen, im Flußtor?" frage ich und mit einer tiefen und verschlafenen Stimme antwortet er: "Klar, gib mir 15 Minuten..."

"Wenn er das alles ohne Hintergedanken macht, kannst du froh sein ihn zum Freund zu haben" sinniert Lucas und ich komme nicht umhin ihm zuzustimmen.

Nach etwas mehr als einer Viertelstunde fährt Tom vor dem Cafe vor und macht kurz mit Blaulicht auf sich aufmerksam. "Die Bullen?" fragt Lucas irritiert und sein Blick wird unbeschreiblich als ich antworte: "Nee, nur Tom.." "Ich bring dich zum Auto!" bestimmt Lucas und legt besitzergreifend seinen Arm um meine Hüfte. Am Wagen angekommen fragt Tom sofort Lucas: "Soll ich dich auch nach Hause fahren? Ich hoffe es ist nicht Hochneuland?" Lucas mißtrauischer Blick weicht einem dankbare und er meint: "Nee, nur Starkhausen..." "Das liegt ja fast auf dem Weg..." antwortet Tom, "dann mal rein."

Gerade als ich vorne einsteigen will bedeutet Tom mir mit einem Blick mich nach hinten zu Lucas zu setzen. Schnell steige ich hinten ein und schnalle mich an. Lucas schaut Tom nun neugierig an und fragt: "Du hast Blaulicht?" Tom dreht sich grinsend um und fragt: "Hab' ich das? Du hast nichts gesehen..."

Lucas lehnt sich zu mir herüber: "Weißt du?" Leise flüstere ich zurück: "Nein und du hast ja gesehen, er mag die Frage nicht..." Dann erklingt Toms Stimme von vorne: "Und, ihr zwei Tuschler, hattet ihr einen schönen Abend?" "Ja" antworten wir beide gleichzeitig was Tom ein leises Lachen entlockt. Dann fragt er Lucas nach dessen Adresse während dieser wieder nach meiner Hand greift und sie festhält. Jeder von uns hängt seinen Gedanken nach während Tom zu Lucas Zuhause fährt. Als er dort anhält bedankt sich Lucas höflich bei ihm, dann küsst er mich ganz schnell nochmal und zwinkert mir zu: "Das war nicht unser letztes Date!" Elegant springt er aus dem Wagen und ohne sich noch einmal umzusehen springt er die Treppe zur Haustür hoch. Aus dem abfahrenden Wagen sehe ich noch, wie er die Tür öffnet, dann biegt Tom um die Ecke und ich verliere ihn aus den Augen.

"Erzähl schon!" fordert Tom mich auf. "Oh mein Gott, er hat mich geküsst!" bricht es aus mir hervor. "Mein erster Kuss!" meine Stimme kiekst wie bei einem verknallten Teenie-Girl. "Und, kannst du dir mehr vorstellen? fragt er. "Ich denke schon" erwidere ich. "Und er?" fragt Tom weiter. "Nun, da er schon im Kino seine Hand eindeutig wandern ließ, denke ich mal ja" sage ich und kichere dabei albern herum. "Na, der geht ja ran wie Blücher..."grinst Tom. Wer immer jetzt Blücher war, aber ja!

Dank Toms Hilfe schaffe ich es trotz Wechsel der Klamotten bei ihm um 0:56 Uhr daheim anzukommen. Tatsächlich ist meine Mutter noch wach und kommentiert mein unübersehbar fettes Grinsen mit: "Muss ja ein toller Abend gewesen sein - oder ein tolles Mädchen?" Ich brummele etwas zustimmend-unkonkretes und begebe mich rasch ins Bad und dann zu Bett. Irgendwann muss ich es ihr und Papa sagen. Und davor graut es mir.

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