#20 Joao/Tom: Messaging

Joao

Ich bin wieder zurück in Sao Paulo, auch mein Studium setzt leider voraus, dass ich die Universität von innen sehe, wenigstens gelegentlich.

Von daher sitze ich nun im Hörsaal neben Ricardo und versuche den Ausführungen des Professors über Prozessoptimierung zu folgen. In Gedanken bin ich aber mehr damkt beschäftigt, wie ich es anstelle, dass ich möglichst bald nach Deutschland komme und Tom sehe. Ich beschließe meinen Vater zu fragen ob er irgendwas in nächster Zeit in Europa zu tun hat und ob er mich mitnimmt. 

Heimlich zücke ich mein Smartphone und schreibe an Tom: > Hoffe bald dich besuchen zu kommen < . Seine Antwort lässt nicht lange auf sich warten: > Really? that would be sooooo great <.

Ricardo sieht natürlich, dass ich chatte und fragt mich sofort: "Mit wem schreibst du da?" Ich schaue zu ihm und seufze leise. "Der hat dich ja voll erwischt..." grinst Ricardo "...warte, ist es er?" Ich nicke vorsichtig und flüstere zu Ricardo: "Ja es ist er und er heißt Tom."  "Ich will alles wissen!" verlangt Ricardo. "Nach der Vorlesung" erwidere ich und dann kann ich mir einen leicht überheblichen Unterton nicht verkneifen "aber eins kann ich dir jetzt schon verraten: Auf deiner nächsten Party werden wir Ricero als Traumpaar locker in den Schatten stellen!" Ricardos Augen glimmen kurz empört aus, wenn man etwas gegen ihn und Cicero sagt, kratzt das an seinem Ehrgeiz des perfekten Paares. "Lebt der Tom denn in Brasilien?" erkundigt er sich neugierig. "Nö, in Deutschland leider..." seufze ich. "Wie willst du das anstellen? Meine nächste Party ist im April" verkündet Ricardo selbstgefällig grinsend. "So ein Flugticket kann ich mir gerade noch leisten." maule ich ihn an. "Du bist ja sehr sicher, dass dieser Tom springt wenn du ihn rufst" stichelt er weiter. Ich schaue in ernst an und sage dann: "Ja, das bin ich mir!"

Auf ein eindringliches Räuspern und deutliche Blicke des Dozenten in unsere Richtung stellen wir dann unsere Unterhaltung doch ein.

Dass Ricardo und ich an der USP studieren ist eher ungewöhnlich, Kinder aus wohlhabenden Familien werden beim Bewerbungsverfahren nämlich nachrangig berücksichtigt um die Diversität in der Studentenschaft zu erhöhen. Aber womöglich hat uns beiden geholfen, dass wir zu dem Zeitpunkt schon geoutet waren und irgendwie als Angehörige von Minderhalten galten. Nicht, dass unsere Familien sich nicht auch eine private Uni für uns hätten leisten können, aber die Universität von Sao Paulo gilt als eine der Besten in ganz Südamerika.

Nach der Vorlesung gehen wir in ein Kaffee in der Universitätsstadt und auch Cicero trifft zu uns, der hier irgendwas mit Kunst studiert.

Natürlich muss Ricardo ihm alles brühwarm weitererzählen: "Joao ist verliebt, er heißt Tom und kommt aus Deutschland und Joao meint sie wären mehr Traumpaar als wir!" Cicero guckt zu mir und lächelt mich an, dann spricht er: "Oh, das ist ja toll, Joao, freut mich echt für dich. Erzähl mir Details, ich will alles wissen!"

Also erzähle ich wie ich Tom in Rio wiedergefunden habe und was wir gemacht haben. "Und wie ist er so, dieser Tom, so als Typ?" will Cicero dann noch wissen.

"Er ist unheimlich intelligent - glaube ich zumindest" fange ich an über meine Liebe zu schwärmen "aber er ist auch schüchtern, wenn er einem allerdings vertraut ist er sehr extrovertiert. Er ist anders als alle die ich bisher kennengelernt habe. Er wirkt einerseits sehr unsicher und andererseits hat man den Eindruck, dass er sehr bemüht ist, niemanden zu verletzen. Manchmal scheint er ein wenig naiv zu sein, aber er ist alles andere als dumm. Beim Sex allerdings ist er hemmungslos, aber auf eine Art und Weise die schwer zu beschreiben ist." "Wie, schwer zu beschreiben?" fragt Ricardo. "Nun ja..." ich überlege und fahre dann fort "selbst wenn er einen Schwanz im Mund hat oder man ihn fickt und er echt voll abgeht wirkt er gleichzeitig auf eine gewisse Weise unschuldig und einfach süss." Ricardo nickt und meint dann: "Ja, das kenne ich von Cicero!" Cicero schaut uns verlegen an und bekommt rote Wangen. "Das kann ich mir bei Cicero sehr gut vorstellen" antworte ich lachend "aber um das beurteilen zu können müsste ich ihn natürlich mal ausprobieren." Jetzt wird Cicero dunkelrot und guckt nur noch auf den Boden. "Ich leih dir Cicero und du mir Tom?" kichert Ricardo.  "Mal sehen was die Zukunft bringt..." sage ich ausweichend. "War doch nur Spaß" versichert mir Ricardo nachdem Cicero ihm einen eindeutigen Blick zugeworfen hat.

Das Vibrieren meines Smartphones erinnert mich daran, dass ich meinem Vater noch schreiben wollte.  Ich tippe also schnell: >Querido pai! Ich wollte mal fragen ob du in nächster Zeit eventuell nach Europa musst und ob du mich mitnimmst?<

Also nicht, dass ich ihm Tom jetzt gleich vorstellen will, aber wenn ich mit ihm unterwegs bin, ist das Fernbleiben von der Uni nicht so ein Drama.

Die Antwort meines Vaters kommt überraschend zügig: >Meu querido filho, ich muss tatsächlich in zwei Wochen nach Deutschland. Ich habe ein Meeting in Hamburg, mit dem Hafen, wegen der Erzverschiffung von Cascanave. Wenn du so dringend nach Europa musst, kannst du natürlich mitkommen. <

Hamburg, ob das weit weg ist von Tom?

Ich schreibe ihm sofort: >Wie weit ist es von dir nach Hamburg?< dann schreibe ich meinem Vater: >Ja, ich würde sehr gerne mitkommen, danke, du bist der beste Vater ever!<

Tom antwortet sofort: >Hamburg, ist eine Stunde mit dem Auto, etwa 120km<

Mein Vater schreibt: >Ich weiß, ich lasse dir dann mal ein Zimmer buchen, du willst die Nächte ja sicherlich nicht mit deinem Vater verbringen<.  Ich habe so ein Glück so einen coolen Vater zu haben.

Tom schreibt nochmal: >Warum fragst du?<

Ich antworte Tom: >Bin da in zwei Wochen, melde mich später nochmal.<

"Was freut dich denn so sehr, dass man es dir auf 5km ansieht?" höre ich plötzlich die spöttische Stimme von Ricardo.  "Mein Vater, er nimmt mich in zwei Wochen mit zu Tom" teile ich freudestrahlend mit. "Dein Vater fliegt mit dir deinen neuen Lover besuchen?" fragt mich Ricardo und sein Gesichtsausdruck ist dabei mehr als nur verwirrt. Okay, das habe ich jetzt vielleicht ein bisschen arg zusammengefasst. "Nein Rico!" ich schaue ihn an wie ein dummes Kind "Mein Vater fliegt geschäftlich nach Hamburg und nimmt mich mit und dann sehe ich da Tom, agora entendido?"

"Du hast ein Glück" seufzt Ricardo "meiner fliegt höchstens mal nach Japan." "Ja und?" antworte ich "Cicero ist ja auch bei dir und nicht in Japan." "Dann hol' diesen Tom doch einfach her" schlägt Rico mir vor. "Würde ich nur zu gerne" erwidere ich "und so sehr ich das genießen würde, ihn von mir abhängig zu machen und zu dominieren, geht das im Moment einfach nicht. Er spricht kaum ein Wort Portugiesisch und ich weiß auch nicht ob er mir jetzt schon so sehr vertraut, dass er sich darauf einlässt. Ich mein was soll ich mit ihm machen, ihn den ganzen Tag in meiner Bude ans Bett fesseln?" "Das würde dir doch gefallen!" spottet Ricardo und Cicero kichert hämisch. "Ja mir schon" fauche ich beide an "aber ich möchte auch, dass es ihm gefällt und nicht, dass er alles mit sich machen lässt nur weil er von mir abhängig ist." Böse schaue ich beide an als Ricardo besänftigend sagt "Ist schon gut Joao, war nicht ganz ernst gemeint. Aber wie sollen wir euch denn jetzt nennen? Joto oder Tojo?" fragt er und grinst mich schon wieder provozierend an. "Echt jetzt?" grummele ich genervt "das wird mir jetzt zu blöd, ich gehe schon mal zur nächsten Vorlesung." "Oh Joao....." höre ich Ricardo noch sagen, während Cicero schon wieder kichert.

Aber er hat natürlich nicht ganz Unrecht, ich muss mit Tom doch einiges besprechen was unsere Beziehung angeht denke ich.

Das Büro meines Vaters schickt mir in dem Moment die Flugdaten und Hotel und so weiter.

Also schreibe ich an Tom: >Also, wir fliegen am 17. März nach Hamburg, wir übernachten dann im Hotel 'Vier Jahreszeiten'. Am 22. März fliegen wir zurück.<

Toms Antwort besteht aus einem Wort: >Wir?<

Grinsend schreibe ich ihm zurück: >Wir = Mein Dad und ich<

Nach einer kurzen Pause schreibt er: >Gibt es irgendwas, dass ich wissen muß über deinen Dad? Lerne ich ihn kennen?<

Will ich ihn meinem Vater vorstellen? Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.

Ich texte: >Weiß ich noch nicht, muß ich nachdenken. Er ist aber ein cooler Dad, also keine Panik.< Dann schicke ich eine weitere Nachricht: >Würdest du es denn wollen?<

Er antwortet: >Richte mich nach dir. Wenn du willst will ich auch.<

>Ich denk drüber nach. Freu mich jetzt schon sehr!< antworte ich.

Als Antwort schickt Tom mir eine Sprachnachricht. Ich öffne sie sofort und dann höre ich seine süsse, unsichere Stimme mit dem deutlichen Akzent: "I'm so happy. I miss you so much!" Nach einer Pause haucht er "Te amo muito" wobei er mit der Ausprache von 'muito' kämpft. Dann sagt er noch. "and I do not say that lightly. You are one of two persons who ever heard this from me." Dann flüstert er: "And you are the only one still alive..."

Betroffen schaue ich auf mein Smartphone als Ricardo sich neben mir setzt und mich anschaut und dann fragt: "Was jetzt wieder los?" Wortlos schiebe ich ihm mein Smartphone rüber und lasse Toms Sprachnachricht ablaufen. Nach einer Zeit des Schweigens meint Ricardo zu mir: "Er klingt so nach alleingelassen?" Hilflos gucke ich ihn an. Rico schaut mich ernst an und sagt dann mit Nachdruck: "Du schaffst das. Er braucht dich so sehr wie du ihn liebst." "Danke Rico!" sage ich nur, und dann beginnt der Dozent auch schon mit der nächsten Vorlesung.

Tom

Die Semesterferien sind vorbei und es gibt wieder Vorlesungen. Und das leider auch noch Nachmittags. Aber Dank des hervorragenden WLAN in der gesamten Universität kann man auch in der Vorlesung wunderbar chatten und durch das Internet stromern.

Und so bemerke ich auch sofort, dass Joao mir Nachrichten schickt. Er will wissen wie weit es nach Hamburg ist, ich teile es ihm mit und will wissen wieso er mich das fragt.

Dann schreibt er mir, dass er in zwei Wochen nach Hamburg kommt, also mit seinem Vater.

Das mit seinem Vater beunruhigt mich. Wird er mich ihm vorstellen?

Besser ich frage ihn, also schicke ich ihm: >Is there anything I need to know about your dad? Do I get to know him?<

Joao antwortet mit einer Gegenfrage: >Would you want it?<

Würde ich das wollen? Einerseits, wenn man jemand seinem Vater vorstellt, dann bedeutet das ja was, oder? Andererseits, irgendwie jagt mir das auch ein wenig Angst ein...

Also antworte ich ihm ausweichend, dass ich mich nach ihm richten würde.

Joao erwidert darauf: >I will think about it. I'm already very happy.<

Ich will jetzt nicht mehr texten also tue ich so, als wenn ich zur Toilette muss und verlasse den Hörsaal. Draussen im Flur schicke ich Joao eine Sprachnachricht. Ich gebe mir sogar die Mühe "Ich liebe dich sehr" auf portugiesisch zu sagen.

Dann frage ich mich, ob das zu früh war, ihm das zu sagen? Aber es fühlt sich richtig an. Und er ist ohnehin die einzige lebende Person, der ich das je gesagt habe.

Leider warte ich vergebends auf eine Antwort und als die Vorlesung vorbei ist, mache ich mich auf den Weg zu Marco.

War das zu früh? War das to much für ihn? Während ich mit dem Auto fahre, überlege ich warum Joao nicht geantwortet hat. Aber vielleicht sitzt er ja gerade auch noch in einer Vorlesung? Ich sollte mich beruhigen.

Dann erreiche ich die Auffahrt zu Marcos Haus.

Ich parke das Auto und schleiche durch die Villa bis zu Marcos Räumen.

Marco öffnet mir und begrüßt mich freudig, dann schaut er mich fragend an: "Tom, alles gut? Alles in Ordnung?"

Kann man mir so leicht ansehen was ich fühle? Offenbar schon. Ich bin ein offenes Buch für andere, während ich andere nur schwer lesen kann. Marco stupst mich fragend an und holt mich so aus meinen Gedanken.

"Geht gleich wieder, ich habe nur über Unsinn unnötig gegrübelt" sage ich.

Ich weiß das Marco noch ein wenig Spaß mit mir möchte. Reiß dich zusammen sage ich mir selbst Marco ist der Letzte der das jetzt ausbaden sollte.

Also zwinge ich mich zu einem Lächeln, lerne mit Marco und sorge dafür, dass er später im Bett auf seine Kosten kommt.


























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