#143 Marco/Mirko: Dance of Destiny

Marco

Wenig überraschend ist Tom heute nicht in der Uni erschienen.
Etwas mehr überraschend ist allerdings, dass er bei der Begrüßung des Prinzen als Bild zum zugehörigen Artikel über den Empfang ziemlich prominent im heutigen Hanse-Kurier prangt.
Eine Überraschung, die meinen Vater heute in der Früh schon zum Schäumen brachte.

Zu meinem Bedauern hat natürlich nicht nur mein Vater Tom auf dem Bild wiedererkannt, denn es dauert keine fünf Minuten und Vergil steht bei mir und will sofort wissen: "Was hatte Tom denn da gestern Abend zu suchen?"
"Ähhh, der..." stottere ich, "...also der war dazu engagiert weil..." Lass dir was einfallen Marco! "...weil der den Prinz schon kannte durch seinen Freund und wir dachten, dass das für eine bessere Atmosphäre sorgt..."
Vergil schaut skeptisch und dann meint er: "Für eine bessere Atmosphäre? Echt jetzt?"
"Wie das Bild zeigt, hat das gut funktioniert" kontere ich schmallippig.
"Hmm..." kommt es von ihm, "hätte echt nicht gedacht, dass sich so ein stolzer Scheich mit kleinen Schwuchteln abgibt..."
"Liegt vielleicht daran, dass das mit dem Denken bei dir so eine Sache ist" raunze ich.
"Scheint ja so gut funktioniert zu haben, dass Tom heute garnicht hier ist" kommt es lauernd von ihm.
"Offensichtlich" antworte ich knapp.
"Will ich wissen wie Tom das gemacht hat?" fragt er.
"Oh ich bin sicher, dass du das wissen willst" höhne ich, "allerdings bin ich mir noch mehr sicher, dass du das nie erfährst!"
Vergils Augen weiten sich in plötzlicher Erkenntnis und er raunt mit perplexer Stimme: "Er hat mit ihm geschlafen?"
"Vorsichtig Vergil" warne ich, "mit solchen Behauptungen wäre ich ganz vorsichtig, denn vom Prinzen über Pinkcom, Orbital, JMZ bis hin zu Lyrssen gibt es viele, denen du mit solchen Behauptungen ganz übel auf die Füße trittst."
Zu meiner Freude wirkt meine Warnung bei Vergil, denn er wirkt ein wenig verunsichert bevor er dann sein Pokerface aufsetzt und mit den Worten "Ist ja schon gut, geht mich auch nichts an" zurückrudert.

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Mirko

Während mein geliebter Boyfriend bereits mit seinen Abiturprüfungen durch ist, muss ich weiterhin zur Schule. Um so mehr wundert es mich, dass ich von ihm in aller Frühe eine Textnachricht bekomme die da lautet: >Was hatten Tom mit der Waffenindustrie zu tun?<
Ja dir auch einen guten Morgen denke ich nur, woher soll ich das wissen?
Dann texte ich zurück: >HÄ?<
Und kurz darauf klingelt auch schon mein Handy weil Lucas anruft.
"Moin Lucas" melde ich mich mit dem Maximum an Enthusiasmus, dass ich gerade aufbringen kann.
"Hey duuuu" kommt es von ihm.
"Waffenindustrie, wat?" komme ich ohne Umschweife auf seine Frage.
"Heute ist ein Artikel im Hanse-Kurier über die Verkaufsverhandlungen von Kriegsschiffen an irgendwelche Ölscheichs - mein Vater hat sich echt fürchterlich aufgeregt - und auf dem Bild dazu ist eindeutig Tom zu sehen der mit so'nem Araber labert" rattert mein Freund auch sofort los.
"Der Tom arbeitet doch im Dienstleistungsbereich" erwidere ich.
"Wie ein Kellner sah der jetzt aber nicht auf, auf dem Bild" widerspricht mir Lucas.
"Was weiß ich wen der durch João alles kennengelernt hat..." merke ich nur an, Lucas ist mir für die Uhrzeit deutlich zu wach und zu schwatzhaft.
"Hmmm das stimmt auch wieder..." sinniert der zu meinem Glück.
"Ich geh' nachher mal bei ihm vorbei und frag' ihn wenn er da ist" brumme ich.
"Melde dich mal wenn du mit der Schule fertig hast" sagt Lucas, "ich hab' eh noch was wichtiges zu fragen. Dich zu fragen!"
"Okay..." antworte ich und bin immer noch nicht wach genug um mir auch nur Gedanken zu machen, was er mich wichtiges fragen möchte.
"Dann bis nachher" trällert er und legt auf.
Wie kann man nur so früh am Morgen so wach sein? Das ist wider die Natur!

Der Schultag wird mir aber in der Pause unerwartet mehr als versüßt als der kleine Bruder von Sebi bei mir ankommt.
Wobei kleiner Bruder jetzt vielleicht ein falsches Bild vermittelt, denn Tobias ist immerhin auch schon fünfzehn Jahre alt.
Ein wenig unsicher fragt er: "Hey Mirko, darf ich dich was fragen?"
"Ja klar" erwidere ich neugierig.
"Du bist doch schwul und geoutet?" will er wissen.
"Ja?" sage ich ein wenig verwundert.
"Wie hast du das meinem Bruder beigebracht?" will er wissen.
"Warum willst du das wissen?" reagiere ich mit einer Gegenfrage.
"Weil ich..." er bricht ab und fängt dann fast flüsternd neu an: "Meine Ellis wissen es schon aber ich weiß nicht wie ichs Sebi beibringen soll..."
Warte WAS? Sebis kleiner Bruder ist schwul?
Und wo man vom Teufel spricht, kommt er auch schon.
"Lass' meinen Bruder in Ruhe du... du.." blökt er sofort los.
"Du Schwuchtel? Du Perverser?" versuche ich ihm sarkastisch bei der Beendigung seines Satzes zu helfen.

Tobias Augen weiten sich entsetzt.
"Verstehst du nun, warum du mich seit über zwei Jahren nicht mehr bei euch gesehen hast?" wende ich mich mitleidig an ihn.
Dann fixiere ich Sebi mit einem abfälligen Blick während ich weiter zu Tobias spreche und sich der Sarkasmus nur so durch meine Worte ätzt: "Ich hab' versucht ihn zu küssen, so hab' ich es ihm beigebracht. Davon würde ich abraten, denn er hat mich mit seinen neuen Freunden dann so lange zusammengeschlagen, bis ich kurz davor war nicht mehr weitermachen zu wollen."
Aus Sebis Gesicht spricht Schuldbewusstsein während sich in dem seines Bruders Entsetzen breit macht.
"Wie hast du das beendet?" fragt Tobias mich aufgeregt.
"Mein heutiger bester Freund hat das beendet" erkläre ich ihm.

"Was mach ich denn nun?" stammelt Tobias völlig konsterniert.
"Du sagst es ihm" versuche ich ihn zu beruhigen, "und wenn er nur einen falschen Mucks macht, dann werden ich und meine Freunde ihn derart rund machen, dass er danach nicht mehr weiß wie er heißt!"
Bei den letzten Worten richte ich meine Augen mit einem drohenden Blick auf Sebi.

Der aber begreift nicht was hier passiert und greift nach der Hand seines Bruders um ihn von mir wegzuziehen: "Komm' jetzt, gib dich nicht mit dem ab!"
Tobias aber schlägt seine Hand weg und faucht ihn an: "Fass' mich nicht an!"

Dann schaut er seinen Bruder herausfordernd an und sagt ihm: "Nur damit du es weißt, ich bin auch schwul!" Sebi scheint ernsthaft schockiert zu sein und noch bevor er etwas sagen kann, setzt Tobias nach: "Überlege jetzt gut was du nun sagst - oder machst! Mama und Papa wissen es schon."
"Ich kann nicht glauben, dass das für unsere Ellis okay ist" kommt es trotzig von ihm. Die nächsten Worte spuckt er förmlich aus: "Ich habe sicher keine Schwuchtel als Bruder!"
Sein Bruder zuckt zusammen als hätte man ihn geschlagen.

"Er hatte ja auch keine Schwuchtel als besten Freund" höhne ich, "wenn er so weiter macht, hat er bald garnichts mehr!"
Wütend baut er sich vor mir auf und versucht mir zu drohen: "Halts Maul sonst..."
"Sonst was?" unterbreche ich ihn verächtlich, "schlägst du mich?"
"Ach fick dich doch!" keift er, dann spuckt er vor mir auf den Boden, dreht sich um und rennt weg.

"Und jetzt?" Tobias schaut mich ratlos an.
"Deine Eltern stehen hinter dir?" erkundige ich mich.
"Ja!" sagt er und ich bin nicht überrascht, denn ich habe Sebis Eltern immer als liberaler als meine erlebt.
"Erzähl ihnen warum ich seit über zwei Jahren nicht mehr bei euch war" fordere ich ihn auf.
Er überlegt, dann meint er halblaut und mehr zu sich selbst: "Die schmeißen ihn dann raus wenn er mir blöd kommt..."
Soll' ich da jetzt Mitleid haben?
"Da kann ich kein Mitleid haben" sage ich.
"Aber er ist doch mein Bruder..." kommt es von Tobias verzagt.
"Nur solange er das auch so sieht" kontere ich mit fester Stimme.
Die Klingel zum Ende der Pause unterbricht unser Gespräch.
"Komm' zu mir wenn du Hilfe brauchst!" raune ich ihm zu, bevor wir in unsere Unterrichtsräume zurückkehren.

Kaum, dass der Unterricht vorbei ist, schicke ich Lucas eine Nachricht: >Hab' fertig!<
Er antwortet sofort: >Gehst du jetzt zu Tom?<
Stimmt, da wollte ich noch hin..
>Ja< schreibe ich.
>OK, ich komm' dahin< ploppt seine Antwort Sekunden später auf.
So mache ich mich auf den Weg zu Tom.

Dank des Schlüssels komme ich problemlos in Toms Wohnung, als ich ihn allerdings im Tiefschlaf auf seiner Couch vorfinde, frage ich mich, ob ich nicht besser geklingelt hätte.
So aber beschließe ich, ihn nicht zu wecken und setze mich still in einen der Sessel.

Dass das eine blöde Idee war, wird mir fünfzehn Minuten später klar als Lucas Sturm klingelt.
Tom fährt aus dem Schlaf hoch wie eine startende Minuteman und starrt mich an wie einen Geist.
Dann erkennt er mich und lässt sich zurück in die Matratze fallen während er mault: "Es klingelt, mach mal auf..."
Ich beeile mich seinem Befehl zu folgen und sprinte los um Lucas hereinzulassen.

Als wir zusammen wieder hochkommen, ist Tom deutlich wacher, sitzt aber dafür splitternackt auf dem Schlafsofa, gerade mal mit einem Laken was seine Körpermitte verhüllt.
"Hab' ich was verpasst? Hatten wir eine Verabredung?" will er dann wissen und wirkt etwas verwirrt.
"Nein" erwidere ich, "wir wollten nur mal nach dir gucken..."
"...und wissen warum du heute im Hanse-Kurier abgebildet bist" platzt mein Freund gleich heraus.
"Häää, was?" Tom schaut uns an, als wenn wir nicht ganz dicht wären.
Aber Lucas ist vorbereitet und hält ihm die Seite der Zeitung direkt vor die Nase: "Tadaaa!"

Tom blickt darauf, dann wirkt er ganz kurz alarmiert bevor er ein wenig resigniert seufzt: "Och nöööö, Scheiße!"
"Was hast du da gemacht?" beginnt Lucas gleich ein Verhör.
"Gearbeitet..." brummt Tom.
"Dienstleistungsbranche hat er mir gesagt" werfe ich ein.
"Da unterhält man sich so mit einem Prinzen?" Lucas ist skeptisch und zeigt das auch.
"Hab' den schon mal mit João getroffen" erwidert Tom ein wenig mürrisch.
Lucas guckt betroffen und bereut augenblicklich seine Fragerei.

Die unangenehme Stille unterbrechend frage ich: "Wisst ihr noch wer Sebi ist?"
"Der Wichser dem ich eine verpasst hat?" kommt es von Tom.
"Dein ex Besti?" meint Lucas.
"Genau der!" erwidere ich. "Und ratet mal wessen kleiner Bruder sich heute bei mir geoutet hat?"
"Oh Mann, echt?" Tom weiß nicht ob er Mitleid haben soll oder lachen, "will er den jetzt auch totprügeln?"
"Die Eltern stehen hinter dem Kleinen, also wenn Sebi sich nicht benimmt, fliegt er raus daheim" berichte ich.
"Haha, das geschieht dem recht!" spottet Lucas.
"Ich kann ihm gerne nochmal eine verpassen" knurrt Tom und ich schmunzele und sage: "Hab ihm schon angedroht, dass wenn er Tobias ein Haar krümmt wir ihn richtig vertrimmen..."
"So ein bisschen Frustabbau käme gerade gut..." merkt Tom sarkastisch an.
"Wie alt ist der Kleine denn?" erkundigt sich Lucas.
"Erst Fünfzehn" erwidere ich.
"Schon im benutzbaren Alter" flachst Tom und wir beide schauen ihn so entsetzt an, dass er meint: "Was denn? Isso!"

Zum Glück fällt mir ein, dass Lucas noch etwas von mir wollte und so frage ich ihn: "Was wolltest du mich eigentlich fragen?"
Lucas wird ein bisschen rot und meint dann: "Ich wollte dich bitten mit mir, als Paar, auf meinen Abiball zu kommen."
Ein wenig unsicher guckt er mich an während ich mich so glücklich fühle wie ein Teenager, der von seinem Crush gefragt wurde, ob er mit ihm gehen will.
Moment, ich bin ein Teenager.
"Ja, ja, natürlich will ich das!" jauchze ich.
Dann fange ich an zu überlegen.
"Brauche ich einen Anzug?" ist das Erste was mir einfällt.
"Ja schon..." nickt Lucas.
Habe ich befürchtet, denke ich, aber bevor ich etwas sagen kann meint Tom ganz ruhig: "Na, dann gehen wir zwei mal wieder Shoppen..."
Lucas schaut Tom an als wäre der ein Gott, dann meint er nur: "Danke!"
"Schon gut..." murmelt der nur.
"Ich kann aber nicht tanzen" gebe ich zu bedenken.
"Warst du nicht in der Tanzschule?" Lucas ist ganz überrascht.
"Ey Siede ne, nicht Starkhausen..." maule ich.

"Wie lange ist das noch hin?" mischt sich Tom ein.
"Ende des Monats" sagt Lucas.
"Bringe ich dir bei" meint Tom ganz ruhig. "Zumindest Walzer und Foxtrot..."
"Äh...." mache ich nur.
"Zwei Mal die Woche nachmittags bist du hier. Mit oder ohne Lucas" sagt Tom bestimmt.
"Okay, ja...." stammele ich.
Noch kann ich das Ganze nicht fassen.
Wieviel vom Körper berührt sich eigentlich beim Tanzen?

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