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ich will hier raus, will endlich wieder atmen können.

die decke scheint mir auf den kopf zu fallen und ich bin richtig unzufrieden - egal was ich tue, es kommt mir so unwichtig und dumm vor.

ich komme mir unwichtig und dumm vor.

doch es scheint, als habe sich eine unsägliche müdigkeit in meine knochen eingenistet, seit meine schriftlichen prüfungen vorbei sind.

mittwoch habe ich meinen allerletzten schultag.

und danach?

gut. ich muss für die mündlichen prüfungen lernen, treffe am donnerstag meinen vater und meinen bruder; hab am freitag ein vorstellungsgespräch.

ich hab vor, mit dem schwimmen anzufangen, wieder mehr zu fotografieren und mich meinen büchern zu widmen.

ich will theoretisch meine ernährung auf komplett vegan umstellen, hab bald einen netflix account und werde den vollkommen ausnutzen.

ich will mich mit meinen freunden treffen, einjähriges mit meiner besten freundin feiern, an einem chorprojekt teilnehmen und dann meinen umzug planen.

und ich hab sogar plan b und c, falls mein vorstellungsgespräch nicht klappt.

ich könnte nach amerika reisen oder erstmal ein praktikum in einem verlag machen - ja und sollte mein abi nicht klappen, habe ich schon eine arbeitsstelle, um mein fachabi zu machen.

eigentlich weiß ich, was kommt, und doch bin ich fahrig, fühle mich unvorbereitet und komplett ahnungslos.

verloren in dieser welt.

ich will weg, losgelöst von allen verpflichtungen.

ich will mich erst mal selbst auskosten, lieben, leben, genießen.

dass ich das trotz den kommenden plänen kann, weiß ich rational, aber mein herz zieht sich schmerzhaft zusammen.

einsamkeit ist das, was mich umgibt und ich habe das gefühl, dass mich die welt nicht versteht, oder ich sie nicht.

es macht mich fertig, zu wissen, dass ich bei schönstem wetter zuhause bin und schreibe, während alle anderen grillen, in pools planschen oder cabrios fahren.

dabei will ich ja schreiben.

ich hab mir vorgenommen, die zeit, die mir momentan so schwierig erscheint, bewusst für mich zu nutzen. ich wollte mir eigentlich erlauben, nach 13 jahren schule, nach so vielen letzten klausuren, nach 2 jahren recovery und nach 19 jahren immer wieder kämpfen, risiken eingehen und meine eigenen grenzen überschreiten, einfach mal ein bisschen nichts zu machen.

allerdings kann ich das nicht genießen, weil ich das gefühl habe, ich muss etwas machen, so wie alle anderen.

immerhin bin ich teenager.

ich hab wirklich das gefühl, ich bin unzufrieden, da ich nicht unterschwelligen erwartungen entspreche und eigentlich auch nicht entsprechen möchte.

dieses problem habe ich schon immer und meistens lächle ich es weg, lasse mein lieblingslied laufen, ziehe meine lieblingshose an und erinnere mich, wer zum teufel ich denn wirklich bin und wie toll ich bin.

in diesem augenblick jedoch, jetzt, wo für die nächsten monate mein gerüst aus schule fehlen wird, und ich plötzlich ganz auf mich allein gestellt bin, ist dieses problem auf einmal größer als je zuvor, umhüllt mich und flüstert mir leise zu:

»andere planen ihr auslandsjahr in australien mit ihren partnern, du freust dich, weil dein bruder dich zu einer feier eingeladen hat im juni. wie armselig.«

dabei finde ich das gar nicht armselig! ich kann es kaum erwarten, wieder dorfluft zu schnuppern und mir endlich keine gedanken mehr über die schule zu machen.

ich freue mich darauf, hier in deutschland im kommenden jahr irgendwo fuß zu fassen und mich selbst zu erfinden.

ich freue mich auf lange schreibnächte und dieses berauschende gefühl, wenn ich mich in meine charaktere verliebe - zumindest ein kleines bisschen.

ich freue mich eigentlich, für mich selbst da zu sein und mit voller stolz auf die letzten jahre zurückblicken zu können.

wieso kann ich mir diese pause nicht gönnen und einfach mal faul sein, nur weil andere vielleicht schon wieder die welt erobern müssen?

es macht mich kaputt, auch wenn ich nicht so sein will, wie andere.

denn andere sind nicht ich.

andere verstehen vielleicht nicht, wie wertvoll es ist, einfach mal das beisammensein der familie zu genießen oder wie gut es sich anfühlt, kapitel um kapitel zu schreiben.

die einzige welt, die ich retten will, ist meine eigene - und die scheint gerade in flammen zu stehen - gezündet von dem inneren druck, anderen nacheifern zu wollen, nur um dann am ende des tages sagen zu können:

ich bin wie andere, also lebe ich.

dabei ist das quatsch.

mich interessiert nicht, über wen meine klassenkameraden bei einem bier am weiher lästern - zumindest im moment nicht.

im moment interessiert mich nur, wie ich das beste aus mir raus holen kann - künstlerisch, körperlich und physisch.

und das fängt am besten mit einer pause an.

durchatmen, ganz tief, danach darf ich wieder die welt retten.

aber nur meine eigene.

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