Legolas

Ich erstarre zu Eis. Meine Finger, die ich eben noch so intensiv gemustert habe, verschwinden aus meinen Blickfeld und ganz langsam mache ich einen kleinen Schritt rückwärts. Wenn ich aus der Burg heraus komme, bevor der Elb sich zu mir durchgekämpft hat, habe ich eine Chance in der Masse zu verschwinden.
Allerdings ringen sich innerlich in mir zwei Kontrahenten. Entweder ich gehe zurück, im Pferdestall schlafen und wahrscheinlich in den nächsten Tagen zusammen mit den Rohirim sterben, oder ich ergreife die Chance jetzt und verbringe meine letzten Momente vielleicht damit, meiner Bestimmung näher zu kommen. Nun da mich der Mensch, Aragorn, ebenfalls anstarrt, sagt mir ein unbestimmtes Gefühl, dass ich in seiner Nähe bleiben soll.

So ist die Entscheidung gefallen. Anstatt wie von mir und anscheinend auf von dem Elben erwartet, wegzurennen, bleibe ich wie fest geschweißt stehen. Das er damit nicht gerechnet hat wird mir klar als er mit hoher Geschwindigkeit in mich hineinrennt. Seine Hände umfassen fest meine beiden Arme und er rammt seine Füße in den Boden, allerdings ist es nur meinen geistesgegenwärtigen Schritt nach hinten zu verdanken, dass wir beide nicht den Erdboden küssen.

Keuchend starrt mich der blonde Elb an. Wie schon im Zimmer, verbinden sich unsere Blicke. Eine Stille tritt um uns herum ein und ein Zittern läuft über die Stellen meiner Haut, an denen sich seine Hände um meine Haut schließen. Seit dem Wechsel meines Körpers, fühlt sich alles so intensiver an. Ich merke das sich seine Haut genauso glatt und makellos anfühlt wie meine.
An seinen Unterarmen zeichnen sich Muskeln ab, die typisch sind für einen Krieger seiner Statur. Seine blonden Haare sind anders geflochten als das letzte mal, dass alles nehme ich wahr ohne den Blickkontakt zu ihm abzubrechen.
In seinen Augen liegt ein Schimmer, der mich fasziniert. Ich möchte dem Glühen hinterher jagen, mich in seinen meerblauen Augen verlieren. Fast fühlt es sich an, also würde ich gar nicht mehr in meinem Körper sein. Sondern mit Glühwürmchen auf das Meer hinausstarren.
Eine Bewegung löst den Zauber etwas. Ich nutze die Pause um zitternd Atem zu holen. Seine eine Hand löst sich von meinem Arm. Die Reibung jagt mir eine Gänsehaut ein, was war mit mir los. Warum fühlt sich alles so aufregend an?
Mit seinen Fingern nähert er sich meinem Gesicht. Erschrocken blicke ich ihn an. Ich will zurück weichen, aber sein Griff hält mich an Ort und Stelle.
Vorsichtig berührt er mich im Gesicht. Mein Mund wird ganz trocken, was hat er vor? Träge fährt er über meine Stirn, bis er bei dem Stoff angekommen ist, der meine Ohren verdeckt. Er legt den Kopf schief, als würde er sich eine Frage stellen. Dann zieht er leicht daran und ich spüre wie meine Deckung langsam aber stetig meine wahre Identität frei gibt. Beide Tücher wandern zu meinem Hals, an dem seine Finger halt machen.
„Alae (Siehe an), Warum versteckst du dich?", flüstert er leise. Er hebt mein Kinn. Nun sind wir uns so nahe, das unser Atem miteinander verschmilzt. Mein Herz rast in meiner Brust, fast tut es weh. Sein Gesichtsausdruck verrät mir nicht was er denkt, er wirkt verschlossen, trotz dessen das kaum noch Abstand zwischen uns ist.

„Eine Elbin, seht ihre Ohren!" Die Worte der alten Frau, erlösen mich in mehreren Wegen.. Nachdem der Bann gebrochen ist, reiße ich mich los und hole zitternd Luft.
Meine Augen weichen keine Sekunde von den anderen Elben ab, überall spüre ich ihn noch auf meiner Haut, als hätte er heiße Striemen auf ihr hinterlassen. Geistesabwesend fahre ich mir mit der einen Hand über mein Handgelenk. Auch mein Kompanion scheint etwas desorientiert zu sein. Er fährt sich einmal durch sein langes Haar. Auch wenn sich der Schlagabtausch zwischen uns angefühlt hat wie eine Ewigkeit, kann er nicht besonders lange gedauert haben.

Das Treiben um uns herum, hat trotzdem innegehalten. Wir werden von allen Seiten angestarrt. Ich muss schlucken, dass war einer der Gründe warum ich meine Deckung nicht aufgeben wollte. Hier in mitten der Lande der Menschen ist eine Elbin nicht unbedingt willkommen, einst kämpften Menschen und Elben zwar Seite an Seite, das ist nun aber lange her. Inzwischen sind wir hier eher eine Kuriosität und Fremde. Gastfreundschaft zu erwarten ist gefährlich vor allem, wenn man selber nicht erklären kann warum man jetzt genau nach Rohan gekommen ist.
Meine aufgebaute Stärke der letzten Jahre brökelt, als ich in das unfreundliche Gesicht der alten Frau blicke. Mein Blick wandert weiter. Gott sei Dank scheinen nicht alle, die Einstellung der alten Schachtel zu teilen.

Legolas." Aragorn tritt zu uns und schaut seinen Freund ungeduldig an. Seine Augen treffen meine nur kurz, verweilen nur eine Sekunde bei meinen Ohren und wendet sich dann wieder ab. Ich senke meinen Blick und instinktiv fange ich an an meinen Tüchern herum zu spielen. Legolas heißt also dieser Elb. Irgendetwas sagt mir der Name, ich habe ihn schon einmal gehört, allerdings entgleitet mir die Information, bevor ich sie ergreifen kann.

„Ich muss mit dem König reden, könnt ihr das auf später verschieben?"
In seiner Stimme liegt Stress und plötzlich fällt mir der Grund meiner Verfolgungsjagd wieder ein.
„Das werden wir", Legolas bestimmte Stimme lässt mich zusammen zucken, so schnell würde ich ihn wohl nicht wieder los werden. „Mellon, ein Moment noch." Neugierig beobachte ich wie Legolas Aragorn etwas überreicht. Ich sehe nicht viel, aber ein kleiner glänzender Gegenstand wird ausgetauscht. Die Augen des Zweitgeborenen weiten sich und das erste mal sehe ich ihn lächeln.
„Danke." Seine Worte kommen gepresst aus ihm hinaus, als würden ihm die Worte schwer fallen

Als ich einen Schritt nach vorne machen will, um vielleicht noch einen Blick darauf zu erhaschen lässt er ihn verschwinden.
„Dann los." Aragorn macht den Anfang und hetzt Richtung Thronsaal. Ich komme noch nicht einmal dazu, in Richtung des Ausgangs zu schielen, da deutet Legolas eine gekünstelte Verbeugung vor mir an:
„Nach dir, al sína (unbekannte)"
Ich verdrehe die Augen, eine ebenfalls ziemlich unelbische Angewohnheit. Schnellen Trittes lasse ich Legolas hinter mir und hole so zu dem Menschen auf. Da meine Tücher bleiben wo sie sind, ernte ich einige verblüffte und neugierige Blicke. Ich probiere sie mit erhobenen Kopf hinter mir zulassen. Vor mir drückt der Mensch theatralisch die Türen auf, dass konnte ja etwas werden.

***

„Wie viele?"
Die Furchen im Gesicht des Pferde Herrn von Rohan vertiefen sich. Sorge und Angst haften ihm an.

„Zehntausend Kopf stark, mindestens." Aragorns Antwort lässt mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Es ist schlimmer als ich es mir je hätte vorstellen können. Das Enge Gefühl und die dicken Mauern haben mich zwar unwohl fühlen lassen, aber die Vermutung das diese Mauern ihren Zweck erfüllen würden, schwindet dahin. Diese Hoffnungslosigkeit lässt nackte Panik in mir hochkochen.

„Zehntausende!" ruft Theoden aus. Seine blonden Haare erzittern und ich sehe das ihm der Schock inne sitzt.

„Es ist eine Armee, gezüchtet für einen einzigen Zweck." Seine erbarmungslose Stimme hallt in den Wänden der großen Halle wieder. Der Pferdeherr dreht sich zu Aragorn um und geht ein paar Schritte auf ihn zu.

„Die Welt der Menschen zu vernichten." Theodens Blick bohrt sich in ihn. Doch dieser lässt sich nicht unterkriegen, seine Haltung verändert sich nicht. Er hat die Wahrheit gesprochen. Gegen diese Armee können wir nicht gewinnen. Mein Mund, staubtrocken wie die Wüste, öffnet und schließt sich wieder. Ich kann nichts ausrichten. Legolas neben mir strafft die Schultern, auch aus seinen Augen strahlt die Verzweiflung.
„Bei Einbruch der Nacht sind sie da." Somit beendet Aragorn seinen Bericht, auf den ich gewartet hatte. Das war also unser aller Schicksal.
Doch wieder einmal überraschen mich die Menschen. Theoden wendet sich langsam von uns ab. Ich erwarte einen Nervenzusammenbruch oder Schimpftiraden. Aber das einzige was der König Rohans uns zuruft, während er sich auf dem Weg aus dem Thronsaal macht sind folgende Worte:
„Dann lasst sie kommen!"

***

Auf dem Weg aus dem Thronsaal, bleibt Legolas stets an meiner Seite. Ob es nun dazu da ist den Schock zu verkraften oder sicher zu stellen, dass ich nicht das Weite suche.. ich bin mir nicht sicher.
Auf dem Weg über die Befestigungsmauern treffen wir den Zwerg. Er grüßt die anderen, mich starrt er nur missgünstig an.

„Noch einer von der Sorte." brummt er in seinen Bart hinein.
Ich runzle die Stirn.

„Eine merkwürdige Art mich zu begrüßen, schließlich habt ihr eure Reisebegleitung wohl freiwillig ausgesucht."
Er zieht die Augenbrauen hoch.

„Freiwillig würde ich das nicht unbedingt nennen. Aber gut. Ihr wollte eine richtige Begrüßung, hier kriegt ihr sie. Ich bin Gimmli und Ishkhaqwi ai durugnul (Ich spucke auf dein Grab)!"

„Gimmli!" knurrt Legolas und auch Aragorn wirft dem Zwerg ein mehr als bösen Blick zu.

„Wenn das der Standard eurer Begrüßungen ist, dann wundert es mich nicht das ihr eure Reisebegleitung außerhalb eures Volkes suchen müsst. Mal abgesehen davon das ich eure Sprache nicht verstehe scheint ihr nicht unbedingt ein angenehmer Zeitgenosse zu sein. Ach ja und ich bin Ariel, falls ihr eure Beleidigung darauf ausweiten wollt" ich will mich schon abwenden und dem König weiter folgen, dann stocke ich aber doch noch einmal:

„Ach ja und wenn wir schon dabei sind, Noro mi maw pale teliâdhys!" (Geht in den Dreck, wo ihr hergekommen seid!) schnippisch und mit einem kleine gemeinen Lächeln folge ich nun, als erstes dem König und lasse einen lachenden Legolas und einen lächelnden Aragorn hinter mir. Ich kann noch hören wie der Zwerg grummelt und schließlich als das Gelächter verstummt, motzt:
„Sehr witzig, übersetzt mir das jetzt jemand?"


***

Und weiter gehts ;D

Lg


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