Eine neue Welt

Es ist einfach, Orks zu töten. Es ist einfach, Wargs zu töten. Alles erscheint wie ein Kinderspiel, wenn man probiert, einer der erfahrensten Krieger aus Lothlórien zu Fall zu bringen. Meine Muskeln brennen und mein Atem flutet wie ein Wasserfall in mich; meine Flanken beben unkontrolliert, meine Kehle fühlt sich knochentrocken an. Alles, was ich mir vor dem Kampf eingebläut und vorgebetet habe, ist wie eine Sturmflut hinweggefegt und zusammen mit meinem Gehirn aus mir hinaus gestoben. Jetzt bin ich nur noch ein Bündel aus Fleisch und Knochen, das nur darauf wartete, geboxt und malträtiert zu werden.

Erneut fliegt mir plötzlich einer seine zahllosen Füße entgegen und bohrt sich in meine empfindliche Seite. Keuchend springe ich weg, aber wieder einmal bin ich zu spät. Mein Ausweich Hüpfer, als Sprung will ich das ganze nicht bezeichnen, reicht nicht aus um der steinharten Fußkante zu entgehen. Der klägliche Rest aus meinen Lungenflügeln wird mir geraubt und nur meiner eisernen Disziplin kann ich es zurechnen, dass meine zitternden Knie nicht nachgeben, nach der Wucht des Aufpralls.

„Wo steckst du mit deinen Gedanken, Ariel?" ertönt die gereizte Stimme Argors. Selbst wenn ich die Luft gehabt hätte, ihm zu antworten, wäre mir keine passende Erwiderung eingefallen. Inzwischen kann ich Sindarin fließend sprechen; die Sprache ist zwar schwer zu erlernen, aber dank der Fürsorge von Haldir kann ich mich jetzt umfassend verständigen.

Ein Knurren entfleucht meinen Lippen und ohne groß nachzudenken, schwinge ich meine Arme und sammle so den Schwung für eine Drehung. Mit voller Kraft reiße ich meinen Fuß hoch und springe gleichzeitig mit den anderen hoch. So entgehe ich dem Verteidigungsfußkick, den mir Argor reindrücken wollte. Mit vollem Genuss lande ich in der Seite des Kriegers und werfe ihn so um. Triumphierend strahle ich und als meine Handkante sich seinem Nacken nähert, feiere ich innerlich schon meinen Sieg. So weit bin ich noch nie gekommen, kein einziges Mal in den zwanzig Jahren, in denen mich dieser Griesgram von Elb ausbildet.

Aber so einfach wollte sich der renommierte Kriegsheld nicht geschlagen geben. Als meine Fingerspitzen seinen Hals berühren, ist er an der Reihe: Mir wird nun der Boden unter den Füßen weggerissen. Schnaubend komme ich auf dem harten Sand auf und bevor ich noch einmal nachdenken kann, befindet er sich schon über mir und hält mir seinerseits die Handkante an den Hals. Das Symbol, dass er mich, wenn er den wollen würde, mit einem harten Schlag ins Schlummerland schicken könnte.

Wütend blinzle ich ihn an, in seinen dunklen Augen kann ich Schadenfreude erkennen. Lässig bläst sich der braunhaarige Elb, seine Matte aus Haaren aus dem Gesicht. Das arrogante Lächeln würde ich ihm so gerne aus der Visage prügeln, aber ich würde noch nicht mal in die Nähe von seiner Nase kommen. Würde ich je gegen ihn gewinnen? Schließlich gehörte es zu seinen Lieblingsbeschäftigungen, mich auf den Boden der Tatsachen zurückzuschleudern.

Seufzend rapple ich mich auf, wie immer ignoriere ich seine dargebotene Hand. Nach so einem Kampf bringe ich es nicht über mich, sein Friedensangebot anzunehmen. Die seltenen Zweikämpfe, die wir uns leisteten, fanden inzwischen nur noch alle halben Jahre statt; diese weitere Niederlage muss ich erstmal verdauen.

„Du warst nah dran, allerdings musst du im Nahkampf deine Sinne noch mehr schärfen, du lässt deine linke Seite oft komplett offen."

Ein Grummeln ist der einzige Laut, der über meine Lippen kommt. Griesgrämig fahre ich einmal über mein Leinenhemd und meine braune Stoffhose, um wenigstens den größten Schmutz zu entfernen.

„Mit den Messern bist du inzwischen einer der besten Kämpferinnen, aber das schützt dich nicht vor dem Ernstfall. Du solltest den Teil deiner Ausbildung nicht so vernachlässigen, Ariel", ertönt seine mahnende Stimme. Mit einem tiefen Atemzug kontrolliere ich die Frustration, die sich in meinen Magen ballt. Im Laufe der Zeit, hier in Mittelerde, habe ich es geschafft, mein wildes Temperament zu zügeln. Allerdings lässt sich mein menschliches Herz in diesem Elben Körper nicht verleugnen. Zwar ist das nicht unbedingt eine meiner Schwächen, da ich dadurch in der Wache gelandet bin und nicht als einfache Zofe mein Dar sein frusten muss, aber ich würde es auch nicht unbedingt als meinen Vorteil auslegen, wenn man seinen Kommandanten regelmäßig den Kopf abreißen will.

„Das ist mir klar", ist die einzige, zugegeben etwas platte, Erwiderung, die mir darauf einfällt, dem erwarteten Höflichkeit-Niveau entspricht und ihm so nicht vor dem Kopf stößt.

Er nickt mir einmal knapp zu und fängt an, unsere Trainingswaffen einzusammeln. Schnell haben wir alle Utensilien verstaut und da es langsam dämmert, mache ich mich nach einer kurzen Verabschiedung auf dem Weg zu meinem Talan.

Mich von der Trainingslichtung entfernend, nähere ich mich dem Herz von Lothlórien. Der Boden in diesem Wald ist gut begehbar und nur wenige Büsche stellen sich mir den Weg. Die Tiere hier sind viel zutraulicher, da sie keine Gefahr kennen und so weiche ich ein paar Eichhörnchen auf dem Boden aus und freue mich über einen Specht, der fröhlich an einem Baum herumpickt, den ich auf meiner linken passiere. Wenigstens die Tiere ähnelten den aus meiner Welt, ein Stück Heimat.

Alles wirkt so unnatürlich friedlich, dass man fast vergessen könnte, was für ein Unheil außerhalb des Waldes herrscht. So in Gedanken setzte ich meinen Weg fort. Nachdem ich die Stadtgrenze passiert habe, natürlich nicht ohne einen prüfenden Blick nach oben zu werfen und so den Wachen ein Nicken zuzuwerfen, wird meine Ruhe gestört und viele Elben wirtschaften um mich herum.

Soldaten, gekleidet in den typischen dunkelgrünen Umhängen, sowie einen Lederharnisch, der Ihren Oberkörper ziert und bewaffnet mit dem Langbogen, traben an mir vorbei, während andere in Bücher vertieft auf den Bäumen sitzen. In der Ferne sehe ich eine Elbin einem Kind hinterherrennen, das ziemlich unelbisch quietschend und stolpernd das Weite sucht.

Mit einem leichten Lächeln schaue ich den beiden verträumt zu. Elbenkinder sah man nur noch sehr selten; der Krieg und das drohende Ende dieses Zeitalters, unseres Zeitalters, waren Gründe genug, sich lieber in die unsterblichen Lande zu verziehen, als sich hier an dieses sterbende Land zu binden. In den letzten Jahren habe ich viel über die Elda, denen ich nun wohl oder übel angehörte, gelernt. Ihnen/Uns war es sehr selten vergönnt, Nachwuchs zu kriegen. Noch ein erschreckender Unterschied zu meinem alten Leben.

Schließlich war es schon schwer genug, einen Partner zu finden, wie ich selber am eigenen Leib erfahren musste. Was wohl aus Jens geworden ist? Manchmal kommt mir mein altes Leben wie ein längst vergessener Traum vor. Inzwischen bin ich der festen Überzeugung, dass ich bei dem Unfall gestorben bin. Wie ich hierher in diesen Körper gekommen bin, übersteigt meine Vorstellungskraft, aber ich habe aufgehört, mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Hier in der Bibliothek habe ich keinen ähnlichen Fall gefunden und herumfragen wäre zu auffällig gewesen.

Nach meiner Begegnung mit Haldir und den seinen wurde ich in die Gemeinschaft integriert. Nie habe ich jemandem etwas über meine wahre Herkunft erzählt. Zwar bin ich mir bei Galadriel nicht ganz sicher, ob sie nicht sowieso jeden Gedanken aus meinem Gehirn lesen kann, aber ausgesprochen habe ich das Ganze nie. Am Anfang hatte ich noch lange geglaubt, dass das Ganze ein schlechter Traum wäre, doch nun, nach zwanzig Jahren, ein Viertel meines Menschenlebens, habe ich aufgegeben zu glauben, dass ich je wieder zurückkann.

In den Jahren hatte ich viele Elben kennengelernt, habe versucht, mich Ihnen anzugleichen, aber es ist schwierig. Ich hadere mit der Sprache, mit dem Gang und vor allem mit der Art.

Als Mensch muss man Dinge zeitnah erledigen, denn andernfalls schaffte man es vielleicht nicht mehr. Doch, hier? Zwanzig Jahre, in denen ich kämpfe, sprechen und sogar laufen neu erlernt hatte. Nicht mehr und nicht weniger. Die Zeit drängt nicht.

Im Laufe meines Lebens wurde es einfacher, aber nicht zu verbittern und alles aufzugeben ist schwierig. Das einzig Gute ist, dass ich niemanden vermisse. Das verlieh meinem Leben davor eine bittere Note, aber außer meinen Eltern, die ich wirklich gerne noch einmal gesehen hätte, gibt es nichts, was mich an meinem alten Leben festhalten lässt.

Trotzdem, der Job in der Wache ist nicht besonders einfach und Tage wie diese, lassen das luxuriöse Leben noch heller und verlockender erscheinen, teilweise träume ich von fließenden Wasser und einer Waschmaschine. Das ist dann aber auch schon alles.

Endlich erreichte ich meinen Talan und mit wenigen Schritten betrete ich den kleinen hölzernen Verschlag. Mit einer geübten Bewegung ziehe ich den Vorhang hinter mir zu und befreie mich endlich von diesen durchgeschwitzten Klamotten. Nachdem ich mich ein wenig gewachsen, mir meine Uniform angezogen und meine braunen Haare zurecht geflochten habe, werfe ich noch einen Blick in den Spiegel. Mein Antlitz hatte sich kein bisschen verändert, immer noch diese riesigen blauen Augen, umrahmt von einem dichten Wimpernkranz. Das Einzige, was sich verändert hat, ist meine Ansicht auf die Dinge. Ich habe mich daran gewöhnt. Die Frage, ob ich mich überhaupt an mein altes Gesicht erinnere, erschreckt mich und schnell wende ich mich ab. Kopfschüttelnd verlasse ich meine Hütte und atme die frische Luft des Waldes ein. Meine kleinen, in elbischer Art zusammen gedrehten Haare wehen im Wind und ich genieße das Gefühl, wie ein Vogel über dem Waldboden zu schweben. Nicht alles ist schlechter geworden, durch meine ungeplante Reise hier her.

„Ariel!" Lächelnd beobachte ich, wie Haldir auf mich zu stolziert. In den letzten Jahren waren wir gute Freunde geworden. Er hat mir, außer dem Kämpfen, alles beigebracht und ist sogar mein persönlicher Betreuer. Inzwischen brauche ich seine Hilfe eigentlich nicht mehr. Immerhin bin ich eine voll ausgebildete Wache, auch wenn Argor sich weigerte, meine Ausbildung als beendet anzusehen. Er hat schon viele Elben ausgebildet. Allerdings sieht er wohl irgendetwas in mir, sodass er sich dazu entschlossen hatte, mich weiter zu quälen, bis ich den Grad an Perfektion erreichte, den er sich für mich vorstellte. Allerdings kann ich mir ein Leben ohne die beiden kaum mehr vorstellen. Haldir legte vor mir seine Hand aufs Herz, ich tue es ihm gleich.

„Mae govannen" Ich lächele ihn an und seine Mundwinkel zucken, immerhin. Haldir ist eher der eiserne kalteTyp. Aber nachdem ich herausgefunden habe, dass das einfach seine abgebrühte harte Elbenseite ist und es nichts mit mir persönlich zu tun hat, komme ich damit besser klar. Allgemein sind die Loth Lórien Elben ein wenig unterkühlt in Ihrem Gemüt, ich frage mich, ob das auch für den Grünwald oder die Elben aus Imladris gilt.

„Die Herrin Galadriel möchte mit dir sprechen!" Überrascht öffne ich meinen Mund. In meinen zwanzig Jahren in Lothlórien habe ich bisher nur einmal mit der Herrin geredet und dies war bei meiner Ankunft gewesen. Was sie nun, nach so vielen Jahren, von mir wollen würde?

„Danke, mellon, ich werde mich sofort auf den Weg machen!" Haldir nickt mir nur ernst zu und wendet sich schon wieder ab. Small Talk ist nicht so unser Ding, schließlich hatte Haldir als Anführer unserer Wache viel Verantwortung und wenig Zeit.

Schnellen Schrittes nähere ich mich dem Herz Caras Galadhon. Dem schmalen Waldpfad weicht ein gepflasterter Backsteinweg; ich passiere die Stadtmauern und schon stehe ich vor dem Springbrunnen, der die Mitte der Stadt kennzeichnet. Helle Treppen führen mich nach oben und meine geübten Füße verfallen in eine Art Laufschritt und Runde um Runde schlängle ich mich nach oben. Nach wenigen Minuten stehe ich auf der letzten Plattform und voller Bewunderung betrachte ich die kunstvolle Verzierung, die den Eingang des Palastes schmückt. Obwohl ich schon seit Jahren hier wohne, kann ich mich nie daran satt sehen, mit wie viel Mühen, Arbeit und Liebe für das Detail die ganze Stadt ausgearbeitet wurde. Während mein Blick durch die Äste wandert und an unzähligen kleinen Lichtern hängen bleibt, erklingt ein Räuspern, was mir bekannt vorkommt. Erschrocken zucke ich zusammen und als meine Augen die der Königin finden, straffe ich meine Schultern.

„Elen sila lumenn omentilvo, Ariel" (ein Stern scheint auf die Stunde unserer Begegnung) wispert ihre Stimme in meinen Kopf, Ihre Lippen bewegen sich dabei nicht.

Ich sinke in eine tiefe Verbeugung und probiere mir, den Schock nicht anmerken zu lassen.

„Anor feanol a sîdh uireb" (Strahlende Sonne und ewigen Frieden), erwidere ich, allerdings laut. Langsam erhebe ich mich.

„Ihr habt mich gerufen, meine Herrin?", frage ich vorsichtig.

„Ariel, ich habe im Spiegel etwas gesehen, ich habe dich gesehen." Meine Augen werden groß. Da das Thema Magie in meiner Welt keine Bedeutung mehr hat, fasziniert mich das Thema hier umso mehr. Ich erinnere mich an Haldirs Worte zu dem Spiegel, als wenn es gestern wäre:

„Der Spiegel ist tückisch und kein Spielzeug!" Ich blinzle Haldir unschuldig an.

„Mein Interesse ist nur aus deiner, mir zugeordneten Lektüre entstanden, Haldir. Da musst du schon mit neugierigen Nachfragen rechnen." Er seufzt, eigentlich hat er gar keine Zeit für mich. Das Schöne daran ist, er hat mir gegenüber eine Lehrpflicht und wird mich so nicht so schnell los.

„Ich weiß, dass dich solche Dinge faszinieren, Ariel." Sein tadelnder Blick trifft mich, aber ich lächele ihn einfach offenherzig an und ignoriere seine versteckte Kritik. Wenn es nach seiner Nase tanzen würde, würde ich Wochen über Wochen, Jahre über Jahre nur diese doofen Geschichtswälzer über irgendwelche Kriege pauken. Das kann er sich abschminken.

Ich liebe magische Gegenstände, ich könnte jede Lektüre dazu verschlingen, allerdings war mein Quenya noch zu schlecht dafür, weswegen Haldir hier herhalten musste.

„Der Spiegel kann viele Dinge enthüllen, allerdings kann er einem auch Handlungen zeigen, die man verlangt, sehen zu wollen. Doch er würde dir auch nicht erbetene Dinge zeigen; diese sind oft merkwürdiger oder nützlicher als jene Dinge, die man zu erblicken wünscht. Er zeigt Dinge, die waren, Dinge, die sind und Dinge, die noch sein mögen." liest er in einem erstklassigen Lehrerton vor. Nachdenklich stütze ich mein Gesicht auf den Händen ab.

„Das heißt, der Spiegel kann einem alles zeigen. Aber nichts von dem, was man sieht, darf man für bare Münze nehmen." Haldir runzelt die Stirn über die letzte Redewendung. Manche Gewohnheiten kann man wohl nicht ruhen lassen.

„So ungefähr. Darf ich jetzt weiter arbeiten?" Ich habe das Gefühl, dass er mir noch etwas verschweigt, aber ich will ihn nicht weiter aufhalten.

„Gut, danke schön, mein Freund." Mit diesen Worten will ich mir gerade das nächste Buch schnappen, also von unten ein lautes Rufen ertönt.

„Haldir! Versteckt sich Ariel bei dir? Sie verpasst gleich ihr Training."

Mit einem bösen Lächeln dreht sich Haldir um, doch bevor ich ihn bedrohen oder etwas nach ihm werfen kann, da hat er mich schon an Argor verraten. Diese Ratte!

Wütend funkle ich ihn an und werfe ihm meine beste Beleidigung entgegen:

„Mi dôl chîn tuia thâr!" (In deinem Kopf wächst Stroh!) zugegeben, in Englischen hätte ich noch einige bösere Kommentare los gelassen, allerdings würde dieser versnobte Elb dies nicht verstehen. Mein Tutor fängt nur an zu lachen und macht eine gekünstelte Verbeugung vor der Hängeleiter. Einfach ein richtiger Gentleman.

Schnell verdränge ich mein Flashback. Mit dem Kopf schüttelnd, richte ich meine Aufmerksamkeit wieder Galadriel zu.

„Was habt ihr gesehen, meine Herrin?" Nachdenklich erhebt sich die Elbin und schreitet an mir vorbei zu dem Geländer auf der gegenüberliegenden Seite. Andächtig folge ich ihr. Ihre langen strahlend blonden Haare wehen im Wind und ihr Blick ist dem Himmel zugewandt. In ihren Augen leuchtet eine Weisheit, die ich wohl nie erreichen werde.

„Es wird Krieg kommen, Ariel. Viele Schlachten werden wir schlagen müssen, bis wir das Land mit reinem Herzen verlassen können" sie seufzt,
„Mein Herz verzehrt sich nach Valinor, doch noch ist es mir nicht gestattet heim zu kehren." Ihre Hand wandert zu ihrem Herzen und der schmerzvolle und sehnsüchtige Blick löst sich vom Horizont.

„Deine Aufgabe liegt nicht mehr hier, Ariel. Das habe ich gesehen. Reite nach Westen, erfülle deine Pflicht. Der Tag wird kommen, da wirst du verstehen, warum dieser Abschied sein musste."

Mit einem traurigen Lächeln legt sie mir ihre Hand auf die Schulter.

„Es wird einige hier geben, die dich nicht gehen lassen wollen. Aber du musst diese Aufgabe alleine erfüllen."

War das jetzt ein Raus Wurf, oder wie durfte ich das verstehen? Verwirrt blinzle ich sie an. Über meinen Gedanken schmunzelt Galadriel und erschrocken stelle ich fest, dass sie ja immer noch meine Gedanken lesen kann.

„Es tut mir leid, meine Herrin, vergebt mir." Erschrocken lasse ich mich auf die Knie fallen. Eine Hand hebt meinen Blick und sie zieht mich wieder in den Stand.

„Es fällt dir schwer, dich von deinem Leben hier zu trennen. Ein größeres Geschenk, als dass du Lothlórien als deine Heimat ansiehst, hättest du uns nicht geben können. Es gibt nichts zu verzeihen, i han hûn erin i lam col (Die, die das Herz auf der Zunge trägt)."

Ihr Lächeln beruhigt mich, auch wenn ich mich immer noch sehr unwohl fühle, mit dem Gedanken, mein Heim nach zwanzig Jahren wieder zu verlassen. Galadriel ist nicht weiter auf meine Aufgabe an sich eingegangen, aber ich werde ihre Weisheit nicht hinterfragen. Wenn mein Weg mich hier herausführt, dann muss es wohl so sein.

Nach dem Gespräch packe ich meine Sachen. Es gibt nicht viel, was ich besitze ein paar alte Bücher finden den Weg in meine Tasche, sowie Seile, Ersatzklamotten und mein altes Handy. Es gibt keine Möglichkeit mehr, es zu starten, der Bildschirm hat sich inzwischen komplett verabschiedet. Trotzdem könnte ich mich nie davon trennen. Ein Gegenstand aus der Vergangenheit zu besitzen, hilft mir, nicht verrückt zu werden.

Der Abschied fällt mir schwerer als das Packen. Haldir und ich umarmen uns lange. Nie hatte ich bisher einen engeren Freund. Er hat mein Herz heilen lassen, mir das Vertrauen zurückgegeben, sodass ich wieder offen in die Welt gucken kann. Nie habe ich jemandem von meinem vorherigen Leben erzählt, allerdings gab es genug Momente, in denen er gemerkt hat, wie es um mein Seelenheil stand. Doch er ist mir immer ein Verbündeter geblieben, egal, wie oft ich ihn von mir weg gestoßen habe. Sein Abschiedsgeschenk beinhaltet einen neuen Kurzbogen mit einem Köcher, der mehr als 50 Pfeile fasst. Als ich über die Anzahl der Pfeile stolpere, lächelt er mich schief an:

„Damit du nicht losgehen musst und alle wieder einsammelst, bevor die zwei Orks tot sind." So erinnert er mich liebevoll daran, das meine Bogenschießkünste für eine Elbin in der Wache noch eindeutig Verbesserungswürdig sind.
Die Bemerkung kommentiere ich niveauvoll, indem ich ihm ganz erwachsen meine Zunge herausstrecke.

Argor schenkt mir zum Abschluss seine beiden Dolch ähnlichen Kurzschwerter.

„Ich habe dir so viel beigebracht, wie ich konnte. Nun ist es an der Zeit, dass du das Gelernte umsetzt. Ich bin stolz auf dich! Du wirst deinen Weg gehen, deine Gegner werden dich fürchten und du wirst sie alle schlagen!"

Seine Hand ruht fest auf meiner Schulter und ich unterdrücke die Tränen, die in mir aufsteigen. Argor war mir mehr ein Vater gewesen, als mein richtiger Vater es je hätte sein können.

„Ich werde so lange siegen, bis wir uns wieder sehen. Im gwesta ha (ich schwöre es)."

Sein Lächeln vertieft sich und dann ist der Moment vorbei. Vorsichtig trete ich zu meinem Hengst Schneefall, der wild herumtänzelt. Es wäre einfacher gewesen, älteres und erfahreneres Tier auf die Reise mitzunehmen, als einen zweijährigen Hengst, der gerade einmal eingeritten worden war. Aber da ich nicht wusste, wie lange ich unterwegs sein würde, riet mir Argor zu diesem Tier. Mit einem Schnalzen sitze ich auf und Schneefall trabt energisch los, motiviert ist der Kleine ja. Der letzte Blick zurück ist schwer. Argor und Haldir legen beide Ihre Hand auf die Brust. Ich nehme die Zügel in die eine Hand und tue es ihnen gleich. Weiter hinten scheint Galadriel am Geländer zu stehen, aber vielleicht bilde ich es mir auch nur ein. Als ich um die erste Biegung reite, verschwindet mein Zuhause und ich muss wieder nach vorne gucken. Ich werde meinen Weg gehen, egal wo er mich hinführt.

"Und ich werde wieder zurückkehren!"

Murmle ich leise, als ich die Zügel ergreife und Schneefall zum Galopp antreibe.

***

Hallo ihr Lieben,

hier ist das dritte Kapitel - Ab dem nächsten Kapitel gehts  dann richtig los.

Liebe Grüße

Mia


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