Kapitel 49

Legolas Sicht

Einige Tage sind vergangen, seit wir an diesem merkwürdigen Ort, dem weißen Kloster eingetroffen waren. Meine Frau bekam Unterricht von Arrian und wurde jeden Tag stärker. War es nicht meine Aufgabe als ihr Mann, sie vor sämtlichen Gefahren auf dieser Welt zu beschützen? Ich würde für sie sterben aber das bedeutete auch ihren Tot. Ich nutzte die Zeit und erkundete die Mauern des Klosters. An jenem schicksalhaften Tag begegnete ich bei einen meiner Rundgänge eine schöne Elbin, die sich gerade mit Holz auf den Armen abmühte. Ein Kind, das anscheinend zu ihr gehörte, rannte zwischen ihren Beinen und brachte sie zum stolpern. Schnell und ohne nach zu denken, eilte ich ihr zu Hilfe. Ich fing sie auf, damit sie sich oder gar das Kind nicht verletzte. Bei der Berührung bemerkte ich gleich, wie zierlich und unbeholfen sie war. „Habt Dank mein Herr. Verzeiht meine Ungeschicklichkeit." sie war sehr höflich und förmlich. Ihr Lächeln war bezaubernd. „Entschuldigt Euch nicht meine Dame. Würdet Ihr mir euren Namen verraten?" Sie lief rot an und senkte schüchtern den Blick. Sie griff nach ihrem Kind, als sie es gerade zu fassen bekam. Es war ein hübsches Mädchen nicht älter als 4 Jahre. Dieses Kind war ein blonder Engel. Ich erinnerte mich an die Wochen, in denen nicht gewiss war, ob Lenya schwanger wäre oder nicht. Mit jeder Woche die verging wagte ich mehr zu hoffen, dass sie es war. In Gedanken stellte ich mir das Kind so vor, wie dieses hübsche Mädchen. Als sich herausstellte, das die Natur keine Ausnahme bei ihr machte, war ich doch etwas betrübt. Lenya hingegen war eher erleichtert. „ Mein Name ist Zynthia. Meine Tochter heißt Lorrena. Ihr seid der Prinz aus Düsterwald – Legolas, nicht wahr mein Herr?" Ich nickte nur. Ich nahm ihr die Holzscheite ab und trug sie zu ihr nach Hause. Sie bedankte sich überflüssig oft und verneigte sich zum Abschied. Lorrena winkte mir freudestrahlend hinter her. Ich suchte meine Frau und fand sie schon bald. Sie erzählte mir, was sie heute lernte und war vollkommen in ihrem Element. Ich freute mich für sie, dass sie einen erfolgreichen Tag hatte. Mit jedem Tag an dem sie Fortschritte machte, rückte der Tag der Abreise näher und wir könnten weiter ziehen. In diesem Kloster wo nur verwitwete Frauen und Kinder lebten, gab es keinen gleichgesinnten, keine Beschäftigung für mich.

Auf einen meiner Spaziergänge entdeckte ich die hübsche Zynthia wieder. Sie hatte ihre langen weiße Haare zusammengeflochten und war gerade dabei Holz zu hacken. Eine Lady wie sie, sollte nicht solche schweren Tätigkeiten nach gehen. Ich ging zu ihr und grüßte sie freundlich. Ich bat sie mir die Axt zu geben und mich weiter machen zu lassen. Sie schaute mich erstaunt an und um zu verhindern, dass sie meine Bitte abschlagen würde, nahm ich ihre Hand mit der Axt. Unsere Blicke trafen sich bei der Berührung. In ihren schönen grünen Augen lag Dankbarkeit. Ich konnte meine Augen nicht von ihr abwenden, so fasziniert war ich davon. Erst als Lorrena gegen mein Bein lief, wurde der Blickkontakt unterbrochen. Auf einmal sah ich Lenya in meinem Blickfeld. Ihr Blick war finster. Ohne Zweifel musste sie mich und Zynthia gesehen haben, wie wir uns ewig in die Augen schauten. Ehe ich etwas tun oder sagen konnte ging sie wieder. Ich würde heute Abend mit ihr darüber sprechen. So ergriff ich die Axt und hackte das restliche Holz. Zynthia beschäftigte sich währenddessen mit Ihrer Tochter. Sie erzählte mir, dass sie am morgigen Tag in den Wald gehen wollte, um Beeren zu sammeln. Ich wollte mich ihr anschließen und so verabredeten wir uns. Wie ich das allerdings Lenya beibringen bzw begründen sollte, wusste ich auch noch nicht. Meine Frau war eine sehr eifersüchtige Elbin obwohl ich ihr immer wieder aufs neue versuche zu beweisen, dass mein Herz nur für sie schlägt. Zum Abendessen trafen Lenya und ich uns. Sie wirkte ganz normal und nicht verärgert oder täuschte sie das nur vor. Immerhin unterrichtete sie Arrian im mentalen Training. Lenya lies sich zumindest nichts anmerken und erkundigte sich nur nach der Frau mit dem Kind. Ich berichtete ihr alles wahrheitsgemäß und was ich über sie wusste. Ihr Mann ist in der Schlacht vor Erebor gefallen und hat sie mit ihrer damals 1 jährigen Tochter zurück gelassen. Was ich Lenya jedoch nicht erzählte, dass mir Zynthia und Lorrena das Gefühl gaben gebraucht zu werden und meinen Beschützerinstinkt weckten. Die fesselnden grünen Augen erwähnte ich auch lieber nicht. Seit wann hatte ich Geheimnisse vor meiner Frau... Sie war und ist meine Seelenverwandte...

Ich war mir sicher, dass Lenya es einfach nicht verstehen würde. Lenya ist eine starke, unabhängige Frau und noch dazu eine verdammt gute Kriegerin. Sie brauchte von niemanden Schutz. War es nicht sogar so, dass sie mir bereits mehr als einmal das Leben rettete?! Lenya hatte keine Einwände als ich ihr erzählte, dass ich mit der Frau und ihrem Kind morgen in den Wald gehen würde. Hat sie das mentale Training gleichgültig und kalt werden lassen? Oder vertraute sie mir so sehr und blind? Der nächste Tag kam und ich freute mich auf die Abwechslung. Wir streiften durch die Wälder. Zynthia hatte keinerlei Waffen bei sich. Bei einem Überfall wäre sie dem Gegner schutzlos ausgesetzt. „Sagt habt ihr keinerlei Waffen zum Schutz?" „Aber wozu? Ihr seit doch da und würdet mich wie es sich für einen edlen Prinzen gehört beschützen?!" antwortete sie mit einen schelmischen Grinsen und berührte meinen Oberarm dabei. „Natürlich, das steht außer Frage. Aber ich werde nicht immer hier sein und euch beschützen können. Habt ihr keinen Umgang mit irgendeiner Waffe erlernt?" Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht so kampferfahren wie eure Frau mein Herr. Um genauer zu sein habe ich noch nie eine Waffe in der Hand gehalten. Könnt ihr mir das vielleicht beibringen, bevor ihr mich verlasst?" Ihre großen grünen Augen schauten mich hoffnungsvoll und fragend an. Unmöglich der Gedanke, ihr die Bitte ab zu schlagen. So verabredeten wir uns für den nächsten Tag zum Training. Ich war sehr erfreut, endlich wieder eine Aufgabe zu haben. Bevor ich mich beim Abendessen blicken lassen würde, wollte ich mir saubere Sachen anziehen. Ich zog mir gerade mein Hemd aus, als eine sanfte Hand mir zärtlich über den Rücken strich und sanfte Lippen meine Narbe küssten. Bei der Berührung bekam ich Gänsehaut. So schnell wie die Berührung da war, war sie auch wieder fort. Ich sah mich um, im Zimmer war niemand mehr zu sehen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es Lenya war. Berührungen oder Liebkosungen dieser Art lagen schon mehrere Wochen zurück. Ihr Training zehrte so sehr an ihren Kräften, dass sie Nacht für Nacht sofort in meinen Armen einschlief. War Zynthia hier? Bei dem Gedanken breitete sich ein merkwürdiges Gefühl im Magen aus. Ich machte mich fertig und ging zu Lenya. Sie sah erschöpft aber zufrieden aus. „Und Meldo wart ihr heute erfolgreich?" Ich schluckte kräftig. Ich wollte mit ihr nicht über Zynthia sprechen. Könnte sie doch bemerken, dass diese Elbin mir nicht egal war. So gleichgültig und beiläufig wie möglich antwortete ich ihr. Ich konnte ihr nicht in die Augen sehen. Das Training mit Zynthia war im vollen Gange. Sie war äußerst gelehrig und geschickt. Am liebsten brachte ich ihr das Bogenschießen bei. Dann hatte ich einen Grund ihr nahe zu sein und ihren Duft von Rosen in mich auf zu nehmen. Der Abschied veränderte sich von Tag zu Tag. Erst war es ein erwärmendes Lächeln, dann eine Umarmung, dann ein Kuss auf die Wange. Mit jedem Tag der Verging, konnte ich meiner Frau weniger in die Augen schauen. Lenya war eine äußerst feinfühlige Elbin. Ich konnte mir nicht vorstellen, das sie keine Veränderung an mir bemerkte auch wenn ich noch so bemüht war es zu verbergen. Sie verkündete mir eines Abends, dass sie darüber nachdachte in den nächsten Tagen auf zu brechen und weiter zu ziehen. Ich bestärkte sie und war froh und traurig zugleich über diesen Beschluss.

Beim nächsten Training verkündete ich diese Nachricht Zynthia. Ich war auf ihre Reaktion gespannt. Ich war mir ziemlich sicher, des öfteren Hoffnung in ihren Augen gesehen zu haben. Vermutlich hegte sie den geheimen Wunsch, meine Geliebte zu werde. Ich sah Tränen in ihren Augen aufsteigen als ich ihr verkündete, dass ich mit meiner Frau demnächst weiterziehe – ohne sie ... weder als Geliebte noch sonst etwas. Ich machte ihr ein Geschenk als Zeichen unserer Freundschaft. Ich übergab ihr einen kleinen Dolch, den sie gut und griffbereit am Körper tragen konnte. Zynthia bedankte sich und umarmte mich lange. Ich ließ es zu und wollte noch einmal ihren lieblichen Duft in mich aufnehmen. Sie löste sich und drückte mir unerwartet ihre Lippen auf meine. Vor Überraschung handelte ich verzögert und schob sie von mir. Das war wohl nötig, um mir die Augen zu öffnen. Ich hasste mich selber dafür, dass ich Lenya kein guter Mann war. „Zynthia, was hat das zu bedeuten? Ich bin ein verheirateter Mann und liebe mein Frau über alles. Ihr seid wunderschön und habt eure Vorzüge, keine Frage aber ihr seit nicht -" „- Lenya!" beendete sie den Satz. Ich drehte mich um und sah, dass meine Frau hinter mir stand. Wunderschön und dieses mal in einem Kleid statt Kampfausrüstung gekleidet. Sie atmete schwer und ihre Stirn war gerunzelt. Sie sprach kein Wort sondern streckte lediglich ihre Hand nach mir aus, wie sie es schon oft tat. Ich ergriff sie und kaum das ich mich versah lagen wir in einer versöhnlichen Umarmung. Sie duftete so wunderbar nach Lilien, ich habe diesen Geruch schon zu lange nicht mehr an ihr wahrgenommen. Ich vernahm schnelle Schritte hinter uns und sah eine wütende Zynthia, die mit erhobenen Dolch auf meine Frau, die in meinen Armen lag, zu rannte. Ich konnte den Angriff nicht mehr abwehren außer Lenya mit meinem Körper zu schützen. Mit meiner Frau im Arm drehte ich mich schnell mit dem Rücken zu Zynthia. Sie sah das nicht kommen und brach ihren Angriff nicht mehr ab. Der Dolch bohrte sich unter meinen Schulterblatt zwischen den Rippen. Der kalte Stahl musste eine ungünstige Stelle getroffen haben. Ich brach zusammen und Finsternis umgab mich. In der Ferne hörte ich Lenyas Stimme, die Einzige die wirklich jemals Einfluss auf mich haben würde und die mir etwas bedeutete.

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