22.

„Jetzt beruhige dich doch mal!”, dabei schüttelte er mich an meinen Schultern.

„Nein ‚Dad’, ich will mich nicht beruhigen. Du hast, verdammt nochmal, meine Mutter betrogen.”, schrie ich ihm entgegen und schlug seine Arme weg.

„Du verstehst das doch gar nicht!”, schrie er nun auch zurück.

„Dann erklär's mir!”

„Ich liebe sie!”

„Dann hättest du mit meiner Mutter Schluss machen sollen und dann zu ihr gehen sollen!”, entgegnete ich aufgebracht.

„Denkst du, ich hätte deine Mutter einfach so verlassen können? Sie war schließlich meine erste große Lieb!”

„Anscheinend hast du sie ja doch nicht so sehr geliebt, sonst hättest du sie nicht angelogen, während du dich mit deiner Neuen getroffen hast!”

„Werd du erstmal erwachsen, dann verstehst du, dass Liebe nicht so einfach ist.”

„Für mich scheint das alles ziemlich einfach: du hast uns im Stich gelassen und belogen. Und jetzt willst du, dass ich dir einfach so verzeihe.”, langsam wurde mein Hals raus, vom vielen Geschrei, doch ich konnte einfach nicht mehr aufhören.

„Ich möchte nicht, dass du mir einfach so verzeihst. Ich möchte, dass du meine Freundin akzeptierst, schließlich hat sie keine Schuld.”

„Vielleicht will ich sie aber gar nicht kennenlernen und akzeptieren. Vielleicht will ich sie doch einfach nur hassen, weil sie meine Familie auseinander gebracht hat.”, und plötzlich wurde ich so emotional, dass mir die Tränen kamen. Ich vermisste die Zeiten, als wir noch zusammen waren. Als noch alles gut schien. Doch kein Vater hatte es zerstört. Vorsichtig schloss er mich in seine Arme. Am liebsten hätte ich ihn weg geschubst und angeschrien, doch ich bräuchte diese Umarmung jetzt einfach. Still weinte ich vor mich hin und auch er konnte nicht neutral bleiben.

„Wir gehen morgen mit ihnen essen...”, sagte er nach einer Weile der Stille.

„Mit ihnen?”

„Mit ihr und ihrem Sohn...”

„Sie hat einen Sohn?! Warum hast du das nicht erwähnt?”, empörte ich mich. Wieso verschwieg er mir solche wichtigen Informationen immer.

„Ja, ein Sohn. Er müsste sogar in deinem Alter sein...”, mein Vater schien von dem Ganzen sehr begeistert und war schon richtig aufgeregt.

„Und wieso gehen wir mit ihnen essen?”

„Na, um sie näher kennenzulernen. Und damit du ihren Sohn kennenlernen kannst.”

„Aha....”

Damit war das Gespräch beendet und jeder ging wieder seiner Wege. Ich verschwand in meinem Zimmer und legte mich auf mein Bett.
Morgen sollte ich die Frau, die für meine Familiensituation verantwortlich war, kennenlernen. Und was war, wenn ich sie nicht mögen würde. Und ihr Sohn... Ob er nett sein würde.
Fragen über Fragen, doch die Antworten fand ich nur, wenn ich mit meinem Vater zu diesem Essen gehen würde...

Erik: Hey, wollen wir morgen ins Kino gehen?

Grinsend starrte ich auf die Nachricht. Er wollte mir irgendwie immer nah sein und so viel wie möglich Zeit mit mir verbringen.
Schnell schrieb ich ihm, dass ich nicht konnte, weil ich mit meinem Vater essen gehen würde. Er las es sofort und nur ein paar Sekunden später rief er mich an.
Verwirrt nahm ich ab:

„Hast du dich wieder mit ihm versöhnt?”, kam es sofort aus dem Telefon.

„Ähm, naja... So halb...”

„Aber wenn ihr Essen geht... Das klingt schon nach einer Versöhnung...”

„Wir gehen nicht nur zu zweit essen. Er will mir seine neue Freundin und ihren Sohn vorstellen...”, erklärte ich mich schnell.

„Seine Freundin... Und was denkst du darüber?”, er klang nachdenklich und machte sich wohl wirklich Gedanken über die Situation.

„Ich finde, dass das alles viel zu schnell geht...”

„Geh morgen mit ihm zu diesem Essen und danach kannst du dir ja immer noch eine Meinung bilden.”, erklärte er ruhig.

Wir redeten noch eine Weile über Gott und die Welt, bis ich schließlich Hunger bekam.

„Du, ich muss jetzt auflegen. Ich habe heute noch nichts gegessen.”

„Na gut, tschüß...”, sagte er, ein wenig enttäuscht.

Ich ging runter in die Küche und machte mir etwas zu Essen. Während ich da saß und aß, kam mein Vater in die Küche.

„Hast du Mittagessen gemacht?”, fragte er sofort. Ich murmelte zustimmend.

„Steht in der Küche...”

Nach ein paar Minuten kam er wieder aus der Küche zurück und setzte sich zu mir an den Tisch.

„Jetzt erzähl doch mal, was zur Zeit so los ist.”, begann mein Vater ein Gespräch.

„Da gibt es nicht viel zu erzählen.”, probierte ich, ihn abzuwimmeln.

„Naja... Wie geht's denn John?”, fragte er wieder ganz enthusiastisch.

„Ähm... Gut... Denke ich.”, den letzten Teil flüsterte ich, damit er keinen Verdacht schöpfte.

„Ich habe ihn in letzter Zeit hat nicht mehr gesehen. Habt ihr euch gestritten?”

„... Ist etwas kompliziert.”

„Möchtest du es mir trotzdem erzählen.” Ich seufzte.

„Wegen ihm, wurde etwas in der Schule herumerzählt und jetzt meiden mich die anderen Schüler.”

„Oh... Hat er dich mit Absicht bloßgestellt?”, fragte mein Vater mitleidig.

„Ähm... Nicht direkt... Er hat es eher getan, weil er dachte, dass es das richtige wäre.”, sagte ich und schob mir den letzten Bissen in den Mund.

Ich stand auf und brachte mein Geschirr in die Küche. Auf dem Weg in mein Zimmer, sah ich meinen Vater, wie er immer noch am Tisch saß und grübelte. In meinem Zimmer warf ich mich wieder auf mein Bett und schnappte mir mein Handy. Ich hatte sogar ziemlich viele Nachrichten, aber es waren leider nur Hater-Nachrichten. Viele davon stammten von Daniel, der jetzt - Dank mir - angeklagt wurde. Seufzend suchte ich mir einen Film raus, den ich anschauen könnte.

Der Film war schneller zuende, als es mir lieb war. Seufzend durchsuchte ich mein Telefon nach irgendetwas, womit ich meine Zeit verbringen könnte. Bis ich schließlich auf Instagram landete. Jemand hatte einen Account erstellt, der „Schwuchtel-Club” hieß. Das Profilbild war ein Bild von Erik und mir. Nämlich genau das gleiche, was auch in unserer Schule gezeigt wurde.
Hochgeladen wurden mehrere Bilder, auf denen Erik und ich zusammen zu sehen waren. Die Kommentare darunter waren alles andere als freundlich, aber ich hatte ja auch nichts anderes erwartet. Ich schrieb das Profil an:

Tim: Wer bist du?

Während ich auf eine Antwort wartete, schaute ich mir die Bilder genauer an. In den meisten Situationen waren wir gar nicht zusammen gewesen. Auf einen Bild zum Beispiel liefen wir nur aneinander vorbei und er lächelte mich zur Begrüßung an. Die Frage war nur, wer stalkte uns - sogar auf dem Nachhauseweg - , um solche Fotos zu machen? Da ich heute vermutlich keine Antwort mehr bekommen würde, fing ich an, mein Zimmer aufzuräumen.

Ein Klingeln riss mich aus meinen Gedanken, während ich auf dem Fenster starrte. Schnell lief ich mach unten zur Tür.

„Hallo-”, wurde ich sofort unterbrochen.

„Heyy, darf ich rein kommen?”, fragte mein Gegenüber ganz enthusiastisch und schob sich einfach an mir vorbei, ins Haus.

„Ähm... Alec? Was machst du denn hier?”, verwirrt schaute ich ihm hinterher, als er im Wohnzimmer verschwand.

„Ich wollte dich besuchen... Können wir einen Film anschauen?”, damit machte er es sich auf dem Sofa gemütlich.

„Ähm, von mir aus...”, seufzend setzte ich mich neben ihn.

„Habt ihr was zu trinken?”

Schnell stand ich auf und ging in die Küche. Was wollte der denn hier. Eigentlich hatte ich gar keine Lust, jetzt einen Film mit ihm zu schauen. Ich suchte etwa zu Trinken und Knabberzeug zusammen, damit er mich endlich in Ruhe lassen würde. Als ich wieder in's Wohnzimmer kam, stand er gerade neben dem Fernseher und hantierte an einem Schrank herum.

„Was machst du da?”, erschrocken drehte er sich zu mir, lächelte aber sofort wieder.

„Ich hab' die DVDs gesucht.”, meinte er und k auf mich zu.

„Die sind da...”, dabei zeigte ich mit meinem Kopf zu einem Regal, in dem die DVDs standen.

„Oh, die hab ich vorher gar nicht gesehen.”, lachend wendete Alec sich dem Regal zu und suchte sich einen Film raus. Und nachdem ich sah, welchen Film er sich rausgesucht hatte, wünschte ich mir, dass Erik und nicht Alec vor mir stehen würde.

„Eine schnulzige Komödie...”, genervt ließ ich mich wieder auf Sofa fallen.

„Der ist doch toll...”, meinte Alec aufgedreht. Er legte die DVD in's Laufwerk und startete den Film.

Und, wie erwartet, war der Film extrem langweilig. Es ging die ganze Zeit nur um irgendwelche Liebesverstrickungen. Und nach einer Weile wusste ich auch gar nicht mehr, wer mit wem zusammen war. Es war also kein Wunder, das ich innerhalb kürzester Zeit einschlief.

„Hey... Tim”, rüttelte mich jemand leicht.
„Tim! Der Film ist zuende...”

Müde schlug ich meine Augen auf und hätte sie am liebsten wieder geschlossen, als ich in Alec's grinsendes Gesicht sah.

„Ich bedanke mich herzlichst für den Abend; muss jetzt aber auch wieder los.”, dabei verbeugte er sich leicht und verließ dann das Haus.

Verwirrt setzte ich mich auf und rieb meine Augen. Das Knabberzeug war komplett leer, obwohl ich nichts gegessen hatte. Nur von dem Trinken war noch etwas da. Schnell schnappte ich mir eine Flasche und trank ein paar große Schlucke. Erschöpft fiel ich wieder auf's Sofa und ließ den Abend noch mal revue passieren. An den Film konnte ich mich fast gar nicht mehr erinnern und auch nicht daran, wie Alec - zumindest ein bisschen - aufräumte.
Plötzlich kam mein Vater aus seinem Arbeitszimmer.

„Ist der komische Typ weg?”, fragte er vorsichtig.

„Alec...? Ja der ist gerade gegangen.”

„Warum war der hier? Der war richtig gruselig.”

„Wir haben einen Film angeschaut. Und was meinst du mit gruselig?”, fragte ich meinen Vater, der dich gerade mit zu mir auf's Sofa setzte.

„Na, der hat die ganze Zeit so komisch gegrinst.”, erwiderte mein Vater und sah dabei ein wenig verstört aus.

„Achso, ja... Das macht er irgendwie immer. Aber wie konntest du das sehen, wenn du in deinem Arbeitszimmer warst? Hast du uns etwa beobachtet?!”, fragte ich empört.

Mein Vater lächelte nur leicht, dann stand er auf und ging in die Küche. Ich hörte, wie das Geschirr klapperte und er Abendbrot machte. Als er fertig war aßen wir noch zusammen, bevor ich in mein Zimmer verschwand. Erschöpft warf ich mich auf mein Bett und dachte daran, was heute alles komisches passiert war. Irgendwann zog ich mir dann Schlafsachen an und ging ins Bett. Kurz bevor ich einschlief, erinnerte ich mich wieder ab Teile des Films, aber diese verdrängte ich genervt.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top