/zehn/
Mein Blick lag auf Ney, welcher wie so oft in den letzten Tagen einfach nur stumm in seinem Bett lag und an die Decke starrte. Seit er die Diagnose bekommen hatte, dass er keinen Leistungssport mehr betreiben durfte und konnte, war er nicht mehr er selbst. Er war wie ein Schatten seiner selbst. Nachdem ich ihn noch am selben Tag in den Arm geschlossen hatte und ihm so stillen Beistand geleistet hatte. Doch nachdem wir eine Stunde so da gesessen hatten, hatte Ney sich aus meiner Umarmung gelöst und mich mit emotionsloser Stimme gebeten sein Kopfteil wieder runter zustellen. Ich hatte seiner bitte stumm Folge geleistet und ihm somit zurück in eine liegende Position verholfen. Ney hatte sich stumm auf den Rücken gelegt und seine Hände auf seinem Bauch zusammen gefaltet. Sein Blick war starr an die Decke gerichtet und blieb da auch erstmal.
Ich konnte mir bloß vorstellen, wie schlimm diese Diagnose für ihn sein musste. Es musste für ihn wie ein Schlag ins Gesicht sein. Fußball war seine Leidenschaft, er spielte es, seit es laufen konnte und kannte ein Leben ohne gar nicht. Dann bekam er urplötzlich die Nachricht, dass er diese Leidenschaft, diese Konstante, die schon immer in seinem Leben war und eine tragende Rolle gespielt hat, er hat sein Leben, ab einem gewissen Punkt nach dem Fußball gerichtet und vieles dafür geopfert. Das alles schien jetzt um sonst, denn wenn er nicht mehr spielen konnte, dann konnte ich verstehen, dass er sein ganzes Leben hinterfragte. Ich konnte mir vorstellen, dass er sich gerade fragte, ob das alles überhaupt noch Sinn machte, wenn die letzten Jahre seines Lebens jetzt sozusagen für die Katz waren.
Trotzdem reichte es jetzt langsam. Er musste endlich aus diesem Loch, in welches er seit der Diagnose gefallen war, raus kommen. Es konnte nicht sein, dass er aus dem Koma aufgewacht war, was keiner der Ärzte wirklich erwartet hatte und sein wieder gewonnenes Leben jetzt einfach so an sich vor bei ziehen ließ. Ich konnte nachvollziehen, warum es ihm so ging. Trotzdem war es, als sein Freund, meine Aufgabe ihn auch jetzt zu unterstützen. Ich setzte mich auf und legte meine Hand auf Neys Schulter.
„Ney?", fragte ich nach. Vielleicht würde er es mir ja ein bisschen einfacher machen und sich auf meine Versuche ihn aus diesem Loch raus zuziehen eingehen. Ansonsten müsste ich ihn da wahrscheinlich komplett selbstständig raus holen. Ney zeigte keine Reaktion. Ich seufzte und rüttelte leicht an seinen Schultern.
„Ney, guck mich an", verlangte ich. Wieder kam keine Reaktion. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte man meinen das vor mir war nicht mein Freund sondern irgendeine Wachsfigur.
„Verdammt Ney, guck mich an", verlangte ich wieder, dieses Mal lag in meiner Stimme mehr Nachdruck. Trotzdem reagierte er immer noch nicht.
„Ich hoffe du weißt was für ein Arschloch du bist, wenn du einen Kuss auch ignorierst", murmelte ich noch, bevor ich mich zu ihm runter beute und unsere Lippen mit einander verband. Seit der Diagnose hatte ich ihn nicht mehr geküsst. Er war viel zu abwesend und abweisend, als das ich ihn hätte küssen wollen. Doch jetzt sah ich keinen anderen Weg mehr, um ihn aus dieser Starre zu holen. Es dauerte etwas und ich dachte wirklich schon, dass er den Kuss nicht erwidern würde, doch dann kam endlich eine Reaktion. Wenn auch nur eine ganz leichte, es gab eine. Er drückte seine Lippen etwas gegen meine. Nach dieser Reaktion löste ich meine Lippen wieder von ihm und sah mit einem liebevollen Lächeln zu ihm runter. Ney hatte jetzt endlich seinen Blick von der Decke gelöst, dafür sah er mir jetzt in die Augen.
In seinen Augen spiegelten sich Tränen. Sofort beugte ich mich wieder zu ihm runter und schlang meine Arme hinter seinem Nacken und seinem Hinterkopf entlang, um seinen Kopf gegen meine Brust zu drück. Früher, wenn es ihm schlecht ging, kam er oft bei mir an und drückte seinen Kopf von selbst gegen meine Brust. Ich wusste nicht wieso, aber es hatte irgendwie eine beruhigende Wirkung auf ihn. Er hatte mal versucht mir zu erklären, dass die Kombination aus meinem Herzschlag, meiner Körpertemperatur und meinem Geruch ihn beruhigte und das Gefühl gaben in Sicherheit zu sein.
Seit dieser Erklärung, nahm ich seine Art auf diese Weise Nähe zu suchen einfach so hin. Ich hatte das Gefühl, dass er es einfach brauchte, dass er dieses Gefühl von Schutz und Sicherheit gerade einfach brauchte. Deswegen drückte ich ihn jetzt an mich und kraulte dabei seinen Hinterkopf. Ney drückte sich näher an mich. Ich hörte sein Schluchzen und wusste, dass ich seine Mauern endlich brechen konnte. Ich wusste, dass er mich jetzt endlich an sich ran lassen würde und ich die Chance bekam ihn wieder aufzubauen.
Wir bleiben eine ganze Weile so sitzen beziehungsweise liegen. Ich bot ihm einfach so viel Halt an, wie ich konnte und hoffte, dass ich ihm so weiter stillen Beistand leisten konnte. Irgendwann löste Ney sich wieder von mir und ließ sich zurück in die Matratze sinken. Er strich sich über die Augen.
„Es tut so weh Kylian", gab er mir leise zur Kenntnis. Ich wusste, dass er keine körperlichen Schmerzen meinte. Er bekam mehr als genug Schmerzmittel, als das er noch irgendwas merken konnte. Ich wusste, dass er meinte, dass er keinen Fußball mehr spielen konnte.
„Ich weiß Amour, wirklich, aber du musst aus diesem Loch raus kommen. Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie es für dich sein muss, doch ich weiß, dass dein Körper sich regenerieren muss. Ich weiß, dass es deinem Körper mehr als schwer fallen wird wieder gesund zu werden. Damit er überhaupt gesund werden kann, musst du dich aber auch um ihn kümmern, du musst ihn dabei unterstützen. Das weißt du genauso gut wie ich. Deswegen bitte ich dich, verlass endlich dieses Bett. Geh raus, rede mit mir, iss wieder richtig und fang mit der Therapie an. Du und dein Körper braucht das, dass wissen wir beide. Ich werde immer an deiner Seite stehen, dass verspreche ich dir, aber dazu gehört auch, dass ich dich dazu zwinge deinen Allerwertesten wieder in Bewegung zu kriegen", versuchte ich ihn zu überzeugen mich endlich ihm helfen lassen.
Ney sah mir eine Zeit lang in die Augen, ich wusste nicht, was er dort suchte, aber was auch immer es war, ich hoffte er fand es. Irgendwann nickte er dann
„Okay", flüsterte er. Sofort bildete sich ein zufriedenes Grinsen auf meinen Lippen „Dank Amour, ich liebe dich", damit legte ich meine Lippen auf seine. Dieses Mal erwiderte Ney den Kuss sofort.
„Okay, gib mir fünf Minuten, dann bin ich wieder da", erklärte ich meinem Freund. Er nickte und somit verließ ich schnell das Zimmer. Auf dem Flur lief ich ziemlich direkt seiner Krankenschwester über den Weg.
„Entschuldigen Sie kurz", bat ich sie. Sie blieb stehen und sah auffordernd zu mir. „Könnte ich vielleicht einen Rollstuhl kriegen? Ich würde gerne mit Neymar an die frische Luft", erklärte ich ihr.
„Will er das denn auch?", fragte sie skeptisch nach. Sie wusste, dass Ney in letzter Zeit nur an die Decke gestarrt hatte und nicht mal wirklich etwas gegessen hatte, sodass sie ihm sein Essen in Flüssiger Form zuführen musste. Ich nickte „Na gut", damit händigte sie mir einen Rollstuhl aus.
„Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie erstmal auf dem Gelände bleiben könnten", erklärte sie noch. Ich nickte „Natürlich", damit machte ich mich zurück auf den Weg zu Neys Zimmer.
Ney hatte sich schon auf gesetzt und hielt sich jetzt an der Bettkante fest. Scheinbar war sein Kreislauf nicht mehr so ganz auf der Höhe, was aber auch kein Wunder war, wenn er über eine Woche einfach nur im Bett lag und nicht einmal selbstständig aß oder trank. Ich ließ den Rollstuhl los und eilte zu ihm. Bei ihm angekommen legte ich ihm direkt eine Hand stützend auf den Rücken „Geht es?", harkte ich nach. Ney nickte zögerlich. Ich lächelte ihn an, als er zu mir hoch sah.
„Du weiß aber schon, dass ich nicht gehen kann oder?", harkte er nach. Ich nickte „Deswegen werde ich dich auch schieben", war meine simple Erklärung darauf. Ney sah sich um und erblickte schließlich den Rollstuhl.
„Kiki.. du weißt, dass ich es hasse auf die Hilfe von anderen angewiesen zu sein", murrte er. Ich seufzte und ging vor ihm in die Hocke.
„Ich weiß Ney, aber du kannst nun einmal nicht laufen. Ich verspreche dir es nicht auszunutzen, dass du meine Hilfe brauchst. Ich weiß wie schieße das ist, aber ich bitte dich darum trotzdem mit raus zu kommen. Wir haben keine Wirkliche Wahl, bitte", flehte ich. Ich wusste aus eigener Erfahrung wie demütigend es war durch die Gegend geschoben zu werden. Ney seufzte „Nur weil ich dich liebe", murmelte er. Ich lächelte und küsste ihn zum dritten Mal heute „Danke Amour, ich liebe dich auch", ließ ich ihn wissen.
Dann holte ich ein paar Klamotten für ihn, damit er nicht in der Krankenhaus Kleidung aus dem Zimmer musste und half ihm sich umzuziehen. Wir blieben etwas mehr als eine Stunde draußen und ich wusste, dass das der erste Schritt in Richtung Besserung war. Auch wenn es noch ein langer Weg werden würde, den ersten Schritt hatten wir getan.
...
Ich hoffe es hat euch gefallen, lasst mir gerne ein Kommentar da, bis nächste Woche.
Kommentar von dreaming_t
[aw Bbys, es ist gut, dass Kylian sich so um Ney kümmert und für ihn da ist, ihn aus seinem Zimmer rausholt. Zusammen stehen die das durch<3]
Kommentar von HadesMaedchen
»Du bekommst trotzdem kein Ich liebe dich von mir... auch wenn das wirklich süß war...«
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