Kongo
Ihr ist langweilig im Religionsunterricht. Warum muss sie wissen, was Gott alle gemacht hat? Sie muss doch auch nicht wissen, was Harry Potter alles gemacht hat. Beides sind bloß imaginäre Personen. Also schlägt sie einfach ihr Buch auf und liest sich die Seite durch.
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"Stop!", brüllt ein Mann. "Stehen bleiben!"
Niemand der Kinder lässt sich davon beeinflussen. Sie fühlen sich stark, unsterblich, allesamt. Für sie sind sie unsterblich. Die Leute, die ihnen geholfen haben, sagten es schließlich. Das Einzige, was sie dafür tun müssen, ist Pillen schlucken, aber dafür die Unsterblichkeit. Jeder wünscht sie sich und sie haben sie, einfach so.
Also rennen sie weiter.
"Wenn ihr nicht stehen bleibt, müssen wir schießen!" Ein letzter Versuch.
Einfach weiter.
Dann hebt er die Waffe, schießt. Eines der Kinder fällt. Niemand glaubt, dass es tot sei. Jedenfalls keines der Kinder.
Der nächste Schuss fällt, ein Junge im Alter von acht Jahren hat gezielt und getroffen. Sie sind gut ausgebildet. Zum Töten.
Für sie ist es normal, dass sie täglich schießen müssen, es gibt nichts, was sie sonst können.
Der Kampf endet, als ein Junge weinend zusammenbricht, neben sich die Leiche eines Freundes.
"Ihr habt gesagt, durch die Pillen wären wir unsterblich." Böse sieht er die Männer an, so sollte eigentlich kein Kind gucken.
"Morgen kommen wir wieder, da leben sie bestimmt wieder." Die Männer gehen, die Kinder folgen.
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In ihrem Magen zieht sich etwas zusammen, als sie diese Worte schreibt. Natürlich waren die Kinder am nächsten Tag noch immer tot.
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Er sitzt ganz alleine außerhalb seines Dorfs.
Freunde und Familie sind allesamt weg, tot, im Krieg. Jedenfalls nicht bei ihm.
Gähnende Leere macht sich seit ihrem Verschwinden in ihm breit.
"Guten Tag", spricht ein Mann ihn an.
"Guten Tag, Sir."
"Du siehst hungrig aus. Ich muss ins Dorf und wollte etwas Essen gehen. Möchtest du vielleicht mit?"
Wie zur Bestätigung knurrt sein Magen, aber er weiß nicht, ob er mitgehen soll. Er möchte niemandem das Geld aus der Tasche ziehen.
"Gerne, Sir", sagt er schließlich, "Danke."
"Dann komm mal mit, Junge."
Die anderen Kinder im Dorf starren den Jungen verblüfft und neidisch an, als er mit diesem reich aussehenden Mann ankommt und mit ihm in ein Restaurant geht. Sie wünschen sich alle das Selbe, etwas zum Essen, was ihnen der Mann bestimmt geben kann.
"Was willst du denn essen?", fragt er freundlich den traurigen Jungen.
"Keine Ahnung", antwortet dieser, weil er nie die Chance hatte, sich selbst etwas auszusuchen, "Vielleicht...Reis mit Fleisch?"
Der Mann winkt eine Kellnerin heran. "Eine Portion Reis mit Fleisch und zwei Gläser Bier, bitte." Dabei lächelt er.
"Natürlich, gerne", sagt diese, notiert sich die Bestellung und geht wieder.
"Willst du eine Zigarette?", fragt der Mann.
Der Junge weiß nicht, ob es unhöflich wäre, das Angebot auszuschlagen.
"Du musst nicht, wenn du nicht willst", fügt der Mann hinzu.
Dann schüttelt der Kleine den Kopf.
"Wie heißt du überhaupt, Kleiner?"
"Abiola, Sir", murmelt dieser und ist froh, dass in diesem Augenblick das Essen gebracht wird. Irgendwie ist ihm dieser Mann sehr sympathisch.
"Abiola", wiederholt er. "Ein schöner Name."
"Danke."
"Sag mal, Abiola, würdest du deinem Land gerne eine Ehre erweisen? Du würdest unsterblich werden."
Nun wird Abiola stutzig und neugierig. "Wie denn?", fragt er.
"Du könntest mit mir kommen. Ich würde dir Essen und Trinken geben. Ein Dach über dem Kopf, alles, was du willst." Die Augen des Manns funkeln.
Abiola überlegt. Er hat nichts mehr, was ihn hier hält. Seine Familie ist tot und Freundschaften sind sehr schwer zu schließen, in Zeiten wie diesen. Die Hungersnöte überrollen die Länder, es gibt kaum Wasser mehr. Eigentlich kann der Junge bloß gewinnen, denkt er jedenfalls.
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Für sie ist das Thema nun beendet, sie hält es nicht mehr aus. In ihrem Buch sowas Schreckliches zu lesen. Dennoch ist sie auch irgendwie froh über diese Informationen, sie weiß Bescheid, im Gegensatz zu vielen anderen Menschen.
"Ich danke Ihnen, Frau Beckers."
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