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"Ach Kyrina. Jetzt sei doch nicht so! Du verdirbst mir ja den ganzen Spaß! Komm sofort raus, sonst-", rief das Mädchen. Aber schon wurde sie von einer hellen und lauten Stimme unterbrochen.
"Nur weil du mich lieb darum bittest, heißt das nicht, dass ich dich gewinnen lasse! Du bist eben zu langsam!", rief Kyrina lachend und das Mädchen drehte sich um, den Blick nach Kyrina suchend umherhuschend.

Diese schwamm jedoch nicht vor ihrer Freundin weg, fest davon überzeugt, so den Kampfgeist ihrer Freundin zu wecken, obwohl beide insgeheim wussten, dass Camilla zu langsam oder Kyrina einfach zu schnell war. Aber diese kam nicht. Kyrina stutzte, drehte sich um und suchte mit den Augen nach ihrer Freundin. Camilla schwamm auf derselben Stelle wie vor ein paar Minuten, hatte aber den Blick neugierig in Richtung Wasseroberfläche gerichtet und schien in Gedanken versunken zu sein.

Kyrina kam auf sie zu und wedelte mit ihrer Hand vor deren Gesicht herum: "Hallo? Camilla? Ist alles okay? Was ist denn mit dir los?", feixte sie lachend. ''Hast du einen Menschen gesehen?''
Kyrinas Lachen verstummte, denn sie hatte die Ursache selbst entdeckt. Dort oben an der Wasseroberfläche schwamm ein menschlicher Körper - ohne Fischschwanz. Aus ihrem spaßig gemeinten Scherz war die Realität geworden. Kyrina riss panisch die Augen auf: "W-Wir müssen hier sofort weg!" Sie packte Camilla blind am Arm, um sie mitzuziehen, doch sie fasste ins Leere.

Kyrina fuhr überrascht herum und sah Camilla auf den leblosen Menschen zuschwimmen. Entsetzt riss sie ihre grasgrünen Augen auf. "Camilla! Camilla, was tust du denn da? Wir sollten schleunigst abzischen!" Kyrina schwamm los und hatte sie nach kurzer Zeit eingeholt. Ihre Stimme zitterte, als sie erneut nach der Hand ihrer besten Freundin griff, die in einen tranceähnlichen Zustand verfallen war: "Cami, wir -"

"Nein! Wir müssen ihr helfen! Sieh doch, sie atmet!" Damit riss sie sich von Kyrina los und schwamm zu dem leblosen Körper. Behutsam ließ sie ihre Flosse durch die Wellen gleiten und näherte sich dem Körper langsam. Sie musste nicht auf ein erstklassiges Internat gehen, um zu wissen, dass Menschen normalerweise nicht mehr lebten, wenn sie bewegungslos gute zwanzig Meter unter der Wasseroberfläche trieben. Camilla traute sich bis auf zwei Meter heran und stupste den Körper blitzschnell mit ihrem Zeigefinger an. Reflexartig rauschte sie danach mindestens drei Meter nach hinten und wartete auf eine Reaktion. Nichts passiert und sie sah sich ratlos nach ihrer besten Freundin um, die etwa dreißig Meter unter ihr hinter einem Korallenriff Schutz gesucht hatte. 

Ihr ängstlicher Blick war einem ahnungslosen gewichen und sie zuckte leicht mit den Schultern. Seufzend wandte sich Camilla von ihr ab und straffte die Schultern. Der Mensch hätte sich bestimmt bewegt, wenn er gekonnt hätte. Sie atmete tief ein und frischer Sauerstoff floss ihr mit etwas Meerwasser in die Lungen. Dann schlug sie wieder mit ihrer Flosse und schwamm erneut auf den Körper zu. Ihre Unsicherheit wurde durch Neugierde ersetzt und sie sah dem Menschen ins Gesicht. 

Es war ein Mädchen, genau wie sie und Kyrina. Camilla hatte noch nie einen Menschen gesehen und war fasziniert, obwohl die junge Frau genauso aussah wie sie, nur ohne Flosse. Sie öffnete gerade den Mund, um zu testen, ob das Mädchen sie hörte, als eine Vibration durchs Wasser schoss. Erschrocken quietschte sie auf und warf Kyrina einen tödlichen Blick zu, als sie ihre beste Freundin erkannte. ''Lebt es?''

''Es ist eine sie, Kyrina. Und ja, ich glaube schon.'' - ''Wir sollten sie ansprechen und schauen, wie sie reagiert.'' 

Beide starrten in das Gesicht des Menschen und Camilla ergriff zögerlich das Wort: ''Kannst du uns verstehen? Kannst du uns überhaupt hören?'' Abwartend beobachteten sie die geschlossenen Augen, bis Kyrina flüsterte: ''Ich glaube, sie schläft.'' Skeptisch warf Camilla ihr einen Blick zu und schüttelte entschieden den Kopf.

''Also ich weiß ja nicht, was du über die Menschen weißt, aber ich glaube nicht, dass sie unter Wasser schlafen. Soweit ich weiß, ersticken sie.'' - ''Sie sieht aber nicht so aus, als würde sie ersticken.'' - ''Hast du schonmal jemanden gesehen, der erstickt ist, Kyrina?'' - ''Nein.''

Nach einer kurzen Stille der Beobachtung sprach diese weiter: ''Aber ich glaube nicht, dass sie erstickt ist.'' - ''Und woran siehst du das bitte? Ich meine, klar habe ich gesagt, dass sie lebt, aber...'' 

''Ich denke, wir sollten sie einfach hier lassen. Falls sie wirklich noch nicht tot ist, wird uns der nächste Hai sicher danken'', murmelte Kyrina und wollte sich abwenden. Ihr war die ganze Sache nicht wirklich geheuer. Entsetzt sah Camilla sie an. ''Wir können sie nicht hier lassen! Vielleicht lebt sie tatsächlich und braucht Hilfe!'' Verständnislos starrten beide sich an. Seufzend fragte Kyrina ihre Gegenüber: ''Und was schlägst du dann vor?'' 

''Wir nehmen sie mit.''

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"Es war sehr unverantwortlich, was ihr getan habt. Ihr könnt dafür hart bestraft werden! Was habt ihr euch nur gedacht!? Wir können sie hier nicht verstecken, sie ist ein Mensch!" Camillas Tante schwamm hektisch und ungeduldig umher, die Hände in die Hüfte gestemmt. So machte sie Camilla am meisten Angst. 
"Wie kamt ihr nur darauf?! Das bereitet euch und auch mir große Schwierigkeiten. Ich könnte wegen euch meine Arbeit verlieren! Und ihr...!" Betroffen blickten die beiden Mädchen auf ihre Flossenspitzen. Camilla flüsterte leise: "Es tut uns ja leid, aber sie war so hilflos und die Regel besagt, wir sollen allen helfen, die unsere Hilfe brauchen."

Kyrina sah langsam auf und ihre Augen funkelten. "Nicht wir. Du! Ich habe gar nichts gemacht! Ich wollte sie dort zurücklassen, aber du meintest ja, sie mitnehmen zu müssen. Du bist schuld! Du ganz allein, Camilla!", fuhr sie ihre beste Freundin wütend an, die schuldbewusst den Kopf senkte und sich am liebsten verkriechen wollte. Kyrina schnaubte wie eine jähzornige Seekuh, bevor sie aus dem Haus preschte.

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Melody fuhr hoch. Sie hatte eine Vision gehabt. Das Mädchen hatte keine Ahnung, woher sie das wusste. Sie spürte einfach, dass es nicht nur ein Traum gewesen war. Oh man, niemand würde ihr glauben, wenn sie das so erzählte. Trotzdem war da ein seltsames Gefühl in ihrer Herzgegend, ein leichtes Ziehen. Sie erinnerte sich, dass in der Vision ein Mädchen gewesen war.

Ihr Name lautete Camilla. Sie hatte Melody gerettet. Ob es wirklich so gewesen war, wusste sie nicht.
Etwas benebelt setzte sich Melody auf und atmete tief durch die Nase ein. Dabei verschluckt sie sich und fing laut an zu husten. Das Salzwasser rannte ihre Kehle herunter und schien sich in ihrer Lunge abzulagern. Als sie die Situation realisiert hatte, weiteten sich ihre Augen. Sie erinnerte sich vage an den Flugzeugabsturz, aber danach war alles verschwommen. Die Tatsache, dass sie unter Wasser lag, in einem Raum, beunruhigte Melody. Aber immerhin lebte sie. Atmete unter Wasser. Wie war das möglich? Man konnte nicht unter Wasser atmen, zumindest nicht ohne Sauerstoffflasche. Also wie um alles in der Welt, atmete sie hier und machte sich darüber Gedanken?! Das Chaos in ihren Gedanken ließ ihr keine Ruhe und plötzlich wusste sie nicht mehr, wie man atmete. 

Komisch, man atmete unter Wasser ja eigentlich auch nicht. Also hielt die Sechzehnjährige die Luft an, was ungefähr vierzig Sekunden klappte, bevor der nächste Gedanke in ihren Kopf schoss und sie darauf aufmerksam machte, dass es eigentlich keine Luft gab, die sie anhalten konnte. Sie hechelte leicht, als ihre Nase frei wurde und beschloss - egal, wie irre es war - das Wasser einzuatmen. Sie nahm einen tiefen Atemzug und konzentrierte sich darauf, nicht zu würgen, als das Wasser in ihre Lunge floss. Nach und nach gewöhnte sie sich daran und schlug die Decke - oder was auch immer es war, dass auf ihr lag - zur Seite. Dann richtete sie sich auf und ging, oder besser gesagt schwamm, zur Tür. Der Griff bestand aus einer großen Muschel, welche sich drehen ließ. Melody betätigte sie und die Tür schwang auf. Zuerst steckte sie den Kopf aus der Tür und sah sich vorsichtig um. Als sie niemanden entdeckte, schwamm sie hinaus und ging den Gang entlang. Etwa zwanzig Meter war sie geschwommen, als sich der Weg in zwei Teile teilte.

'Rechts?', überlegte das Mädchen lautlos und sah hinter sich in den Gang, bevor sie einen Entschluss fasste. Schon bewegte sie sich den rechten Gang entlang. Er endete in einer großen, mit Schilf verwachsene Tür. Ohne zu Zögern gab Melody der Tür einen Schubs und betrat einen großen Raum. Aber sie war nicht allein. Staunend gingen ihre Augen auf Wanderschaft und sie bemerkte ungläubig die vielen Menschen, die hier im Wasser schwebten.

"Melody! Wir haben dich schon erwartet. Komm hierher, in die Mitte", sprach eine große Frau, im Alter von ungefähr 45 Jahren. Sie saß in einem ungemütlich aussehenden Stuhl und blickte auf eine verwirrte Sechzehnjährige herab. 
Melody hatte keine Zeit, einen Gedanken zu verschwenden, was für ein überaus kreativer Traum das war, denn sie senkte den Kopf und stieg die Stufen empor. Als sie in der Mitte des Raumes ankam, hob sie den Kopf und sah der Frau in die türkissilbernen Augen. Eine sehr ungewöhnliche Augenfarbe, fand Melody und fragte sich zum ersten Mal, was für einen Mist ihr Gehirn da produzierte.

"Melody, sag mir: Spürst du etwas? Irgendwas? Vielleicht ein Kribbeln? Oder ein Ziehen?" Fassungslos starrte Melody die Frau an. "Nein? Entschuldigung, aber was geht hier vor? Ich weiß weder wo ich bin noch wer ihr seid oder warum ich hier", Melody zeigte um sich, "atmen kann! Und sie kommen mit: Spürst du etwas? Sie haben zuerst mal ein paar Dinge zu erklären, denke ich." Eine leise Vorahnung sagte Melody, dass das ganze definitiv kein Traum war. 

"Tut mir leid. Natürlich beantworte ich all deine Fragen. Zu aller erst solltest du wissen, dass du dich unter der Meeresoberfläche befindest, in Aquarenia, einer der größten Unterwasserstädte aller sieben Weltmeere. Hier hast du alle Möglichkeiten für einen Job, wie die Menschen es nennen, eine neue Muschel und - "Melody unterbrach sie bei ihren Schwärmerei.
"Ja. Und weiter? Wer sind Sie?", fragte sie, nicht wissend, was genau sie denken oder fühlen sollte.

"Ich bin Calima Malanguina. Ich herrsche über die Stadt. Ich bin sozusagen eine zweite Herrscherin des Meeres. Nach Neptun, natürlich." Melodys Augen wurden mit jedem Wort größer. "Verzeiht. Das wusste ich nicht", erwiderte sie peinlich berührt. Calima lächelte. "Das konntest du nicht wissen. Du bist ja auch gerade erst angekommen. Nun zu deiner letzten Frage: Du kannst hier atmen, dass ist dir wohl schon aufgefallen. Nur wenige Menschen können das. Entweder sie haben lange geübt oder sie sind wie du." Melody flüsterte: "Und was bin ich?" Calima antwortete mit einem leichten Lächeln im Gesicht: "Du, meine Liebe, bist eine Weltenwandlerin." 

Langsam setzte Melody Verstand wieder ein und abertausende Fragen prasselten auf sie ein. Die erste, die ihren Mund verließ, war gleichzeitig die, die am wichtigsten war. Gefasst und langsam biss sie sich auf die Lippe und meinte: ''Wie kann es sein, dass mein Gehirn etwas so kreatives wie diesen Traum produziert?'' Verwirrt starrte Calima sie an und langsam kam die Erkenntnis über sie. ''Äh, kann es sein, dass das hier gar kein Traum ist?''Calima nickte wissend und setzte zu einer Antwort an, die Melodys Gedanken verstummen ließen.

''Nein, Melody, dass hier ist alles, aber gewiss kein Traum.''

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Nachdem Calima einer Dienerin befohlen hatte, Melody auf ihr Zimmer zu bringen, hatte sie eine Versammlung zusammengerufen. Dabei kamen die obersten Mitglieder des hohen Rates zusammen und berieten sich in schwierigen Zeiten, was als nächstes passieren sollte. Und so eine Zeit war jetzt. Denn der Krieg war ausgebrochen, so hatte ein Bote ihnen mitgeteilt. Die Sirenen hatten den Krieg begonnen. Und sie waren fest entschlossen, ihn auch zu gewinnen.

Hey!

Euer Weihnachtskapitel ist da! :)
Ich habe mir etwas Zeit gelassen, wegen dem ganzen Stress.

Wie findet ihr Wattpad?
Lest ihr lieber gebundene Bücher?

Also, Melody wurde aufgegabelt. Nixen, Sirenen, was kommt als nächstes? Kraken? XD

Ich wünsche euch noch fröhliche Feiertage und schöne Ferien.
Fühlt euch geknuddelt, wir lesen uns! XD

- ʟɪᴛᴛʟᴇꜱᴇᴄʀᴇᴛꜱᴛᴏʀʏ -

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