| ONE |
ℒ𝒾𝒶
Was für ein Chaos ...
Ich hatte nicht mit einer derartigen Verzögerung am Flughafen gerechnet. Adele und Mann Jonah mussten mit ihrem kleinen Sohn Max über eine halbe Ewigkeit am Flughafen auf mich warten. Hinzu kam noch, dass es eine halbe Ewigkeit gedauert hatte, bis mein Surfboard auf dem Gepäckband erschienen war.
»Adele, ich bin hier!« Energisch winkend betrat ich die Ausgangshalle und sah einer etwas erschöpften, aber doch sehr glücklich wirkenden Adele entgegen, die den schlafenden Max in ihren Händen hielt.
»Hey, Lia!«, kreischte sie voller Vorfreude zurück. Dabei verpasste sie Jonah, der neben ihr im Wartebereich eingenickt war, einen leichten Seitenhieb mit ihrem Ellenbogen. »Wach auf du Schlafmütze, sie ist da!«
Ich legte das Surfbrett ab und schloss sie in eine Umarmung, ehe ich Jonah mit einem deutlich distanzierteren Handschlag begrüßte. Ich hatte ihn erst einmal gesehen, weshalb es mir nicht angebracht erschien, ihn gleich zu überfallen.
»Na, hattest du einen guten Flug?«, wollte er von mir wissen.
»Mehr oder weniger ... Es gab unheimlich viele Verzögerungen. Und bis das Gepäck ausgeladen wurde, hat es nochmal eine Dreiviertelstunde gedauert. Tut mir also mega leid, dass ihr so lange auf mich gewartet habt!«
»Ach, schon gut, Lia!« Adele schmunzelte. »Ob wir am Flughafen wachgehalten werden oder daheim ist dasselbe in Grün.«
»Und das ist also Max ...« Ich fragte mich immer, wieso Menschen Babys und kleine Kinder anstarrten, als wären sie das siebte Weltwunder. Aber bei diesem Anblick konnte ich durchaus nachvollziehen, warum sie das taten. Er war zuckersüß. Und seine Hände waren so winzig. »Oh Mann, wie niedlich! Ich muss ihn später unbedingt mal halten!«
»Von mir aus kannst du ihn jetzt sofort halten!« Ehe ich etwas sagen konnte, hatte ich den kleinen Mann auch schon im Arm. Das wiederum führte unweigerlich dazu, dass ich zur Salzsäule erstarrte, weil ich Angst hatte, etwas falsch zu machen.
»Wollen wir dann los?«, wollte Jonah wissen, während er sich mein Surfboard unter den Arm klemmte und mir meinen Koffer abnahm.
»Gern! Ich glaube, dass ich jetzt schon einen Jetlag habe.«
»Abwarten«, auf Adeles Lippen zeichnete sich ein schelmisches Grinsen ab, »du bist noch ganze zwei Tage bei uns. Mit einem Baby ist es, als wäre man in einer ewigen Dauerschleife des Wachseins gefangen.«
»Entschuldigen Sie bitte!«, ertönte plötzlich eine Stimme hinter uns. »Machen Sie bitte Platz!«
»Was ist da hinten los?«, hakte ich nach.
»Sieht ganz so aus, als würde irgendein Promi anreisen.« Womit Adele recht hatte. Die unzähligen, vor Aufregung kreischenden Groupies waren kaum zu überhören. »Wir sollten ganz schnell hier weg, bevor Max aufwacht und es hier in der Halle ein lautstarkes Schreikonzert gibt.«
»Bin ich auch dafür!«, entgegnete ich und begab mich langsam in Richtung Ausgang.
***
»Das Zimmer hat Adele halt persönlich für dich hergerichtet.« Jonah lehnte mein Surfbrett gegen eine der mintfarben gestrichenen Wände. »Sie hatte große Sorge, dass es dir nicht gefallen wird.«
Ich verdrehte spielerisch die Augen. »Adele macht sich immer viel zu viele Sorgen um ihre Mitmenschen. Sie sollte sich mehr entspannen.«
»Glaub mir, das sage ich ihr schon, seit dem ersten Tag, an dem wir uns begegnet sind.«
»Apropos ... Ich habe bisher noch nicht erfahren, wie ihr beide überhaupt zusammengekommen seid.«
Jonah grinste. Er wirkte immer so verlegen, wenn man ihn auf Adele ansprach. Das war mir bereits bei unserer ersten Begegnung aufgefallen. Dabei hatte ich ihn damals nur gefragt, ob er ihr neuer Freund wäre. Er sah sie mit großen Augen an, als wäre sie sein persönliches Epizentrum.
»Dass soll sie dir am besten erzählen ... Meine Perspektive ist wesentlich unromantischer als Adeles.«
In diesem Moment betrat Adele den Raum, umfasste Jonahs Oberarm, um ihn zu sich nach unten zu ziehen, und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Wange. »Deine Perspektive ist unromantischer, weil du dich verhalten hast, wie ein dummer Esel.«
Ich schlug mir die Hand vor den Mund, um nicht lauthals loszuprusten. Jedoch vergeblich.
»Ein dummer Esel?« Er umfasste ihre Taille und zog sie an sich heran. Dabei sah er ihr tief in die Augen und lächelte, ehe ihm ein tiefes Seufzen entfuhr. »Und du warst die absolute Klette!«
Sie boxte ihm in die Schulter. »Gar nicht wahr!«
»Was sagtest du damals noch zu mir?« Jonah kniff ein Auge zusammen und tat so, als würde er über etwas nachdenken. »Ich wäre nur eine Welle von deinem Herzen entfernt?«
Adele wurde rot. »I-ich weiß es nicht mehr ... Ist schon zu lange her!«
»Das hat sie zu dir gesagt?« Ich sah mit großen Augen zwischen den beiden Hin und Her. »Gott, ist das romantisch!«
»Na ja, wie man es nimmt.« Adele schob Jonah von sich weg und verschränkte die Arme vor der Brust. »Immerhin hat der gute Herr mir direkt im Anschluss eine gewaltige Abfuhr verpasst!«
Nun klappte mir die Kinnlade herunter. »Er hat, was?!«
Doch Adele schien nicht weiter darauf herumreiten zu wollen, denn sie umfasste Jonahs Gesicht und küsste ihn ein weiteres Mal, um ihrer Liebe füreinander Ausdruck zu verleihen. »Ich bin dankbar für jede einzelne Abfuhr, die Jonah mir zu dem Zeitpunkt erteilt hatte. Seine Abwehrhaltung mir gegenüber hat nur dafür gesorgt, dass ich ihn umso mehr wollte.«
»Das ist so beeindruckend!« Ich seufzte. »Und jetzt habt ihr einen wunderschönen Sohn. Was für ein Happy End! Ihr seid wirklich eine tolle Familie ...«
Adele löste sich von Jonah und kam auf mich zu. Dann legte sie eine Hand an meine Schulter und lächelte mich liebevoll an.
»Danke dir, Lia. Es bedeutet mir unheimlich viel, dass du hier bist und uns bei den Vorbereitungen hilfst. Wir würden gerne mehr für Nick und Ally tun, aber mit einem Baby ist das nicht immer leicht.«
Voller Tatendrang klatschte ich mir in die Hände. »Mach dir keine Sorgen! Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, damit Ally und mein Bruder die Traumhochzeit bekommen, die sie sich wünschen.«
»Darum kannst du dich morgen kümmern. Jetzt solltest du dich erst mal ausruhen.«
»Solange du noch kannst ...«, ergänzte Jonah augenzwinkernd. »Max hat ein ganz schönes Organ. Vor allem, wenn der kleine Kerl Hunger hat ist er ganz ...«
»Vorsicht!«, fiel Adele ihm ins Wort. »Wehe, du sagst jetzt etwas Falsches!«
»Ich wollte sagen, dass er dann ganz sein Vater ist.« Es war offensichtlich, dass Jonah ein wenig geflunkert hatten, um Adele zu besänftigen. »Was dachtest du denn?«
»Ich dachte genau dasselbe!«, murrte sie. »Und jetzt sollten wir Lia erst einmal ankommen lassen.« Dann sagte sie an mich gewandt: »Wenn du noch etwas brauchst, dann rühr dich einfach, okay?«
Ich nickte zustimmend. »Mach ich! Danke euch.«
Kurz darauf verließen die beiden den Raum und ich ließ mich vollkommen erschöpft aufs Bett fall. Mein müder Körper versank in der weichen Federkernmatratze, ehe mir ein tiefes, erleichtertes Seufzen entfuhr. Anschließend schloss ich meine Augen und versuchte zu schlafen.
Das Erste, was ich morgen tun werde, ist, ans Meer zu fahren und zu surfen. Am besten ganz früh am Morgen, bevor der Strand von irgendwelchen Touristen belagert wird, dachte ich mir, während mein Geist allmählich in das Land der Träume flüchtete.
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