3 | Ein blutiger Kuss
mit @LonelyArktis
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Die ich rief, die Geister, werd' ich nun nicht los.
- Johann Wolfgang von Goethe-
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꧁ Luci ꧂
Einsamkeit, Verzweiflung, Blut - der Stoff aus dem Dämonenträume sind - oder die von Therapeuten, aber ohne das Blut. Vermutlich.
„Dein ernst?"Die dunkle Stimme ertönte aus der Ecke, tief und rau wie Sandpapier, dann ein leises Kichern. Zwei rote Augen, rot wie Blut, blitzten im Dämmerlicht der Kammer. Schwarze Haare. Schwarze Kleidung.Aber keine ledernen Flügel, kein langer Schwanz mit Spitze, nicht einmal Hörner oder ein Ziegenfuß. Andererseits: Wer hat sich den Quatsch überhaupt ausgedacht?
„Mein Ernst?" Spöttisch kotzte Luci die Worte aus. „Der Ernst des Lebens. Wenn schon, denn schon."Sie zuckte nicht zusammen. Bei zwei körperlosen Stimmen war eine dritte nichts Besonderes, höchstens vorprogrammiert. „Die Geister, die ich rief", kicherte sie.
„Du willst, dass der Boss höchstpersönlich kommt? Wie süß."
Mit einem Schritt war der Mann aus der Ecke getreten und hatte den Abstand zu ihr überwunden. Von oben sah er auf sie hinab, schaute auf die Bissspur an ihrem Handgelenk und die blutverschmierten Lippen. Ein Festmahl.
Andersartig. Die Unterredung mit Nummer drei fühlte sich anders an.
„Du findest mich nicht süß", hauchte sie nach Luft schnappend.
„Ich bin eine verheiratete Frau", fügte sie zittrig hinzu, obgleich die Aufregung sie im festen Griff gepackt hatte.
„Roger hat mir nie ein Kompliment gemacht."
Lucis Atem wurde flacher, es fiel ihr schwer, die Augen weiterhin offen zu halten als drückte eine schwarze Masse, getauft Dunkelheit, ihre Lider gewalttätig zu.
Der Mann vor ihr legte nachdenklich den Kopf schief.
„Ich glaube kaum, dass du mir geben kannst, was ich will. Aber wir werden sehen."
Was wusste dieser Mensch schon über die Wünsche von Dämonen?
Jeder von ihnen hatte seine eigenen Vorlieben, seine eigenen Begierden. Für die einen war es Blut, für die anderen Sex, für die nächsten die Belustigung, das Schauspiel, wenn der Mensch immer tiefer in die Verzweiflung getrieben wurde. Das Gefühl der Macht über ihn.
„Sorry, mir fällt auf die schnelle kein Name für dich ein. Engelchen und Teufelchen sind schon vergeben, oder ich muss euch umbenennen: Tick, Trick und Track oder lieber Stretch, Stinkie und Fasto?", sprach Luci mit ihrer kraftlosen Stimme.
Was für geschmacklose Namen! Ich verzicht, meldete Teufelchen sich.
Sag du was dazu, sonst hast du immer so viele Worte auf der Zunge, verlangte es vom Engel.
Ich finde Stinkie süß, kam die Erwiderung.Frauen!
„Ich nenne dich Casanova", flüsterte Luci mit einem gezückten Mundwinkel. „Du bist nett. Ich mag dich. Sprichst du noch ein bisschen mit mir?"
Blutverlust, die Überdosis oder der Irrsinn höchstpersönlich. Was war es, dass ihre Zunge verknotete, oder waren es die falsch verknüpften Synapsen in ihrem Kopf, die immer deutlicher hervortraten? Luci war kein Seelenklempner, ihre Stimmen noch viel weniger.
„Du gibst mir, was ich möchte?"
Die Worte der Gestalt waren leise, ein Flüstern, als er ihren Arm nahm und zu seinen Lippen führte. Genüsslich leckte er über die Bissspur, leckte das Blut ab, die Zunge rau, wie die einer Katze.
Luci blinzelte und blinzelte.
„Casanova bist du das? Was?", setzte sie an.
Zischend brach sie ab und versuchte, ihm ihren Arm zu entwenden. Zwecklos, sie war ein schwaches Mädchen, er blutdürstig. Zwei Sekunden und sie hatte aufgegeben. Die Anstrengung sich zu entziehen verbrauchte mehr Energie, als ihr Körper hortete.
„Das kitzelt." Sie wollte wach bleiben, wollte nicht schlafen, aber sie war so müde.
Einen Moment schaute er nur stumm auf sie hinab, wie in Trance, hörte ihr Reden, nahm es nicht wahr, beugte sich über sie, und legte seinen Mund auf ihren.Ein nach Blut schmeckender Kuss.Warum schmeckten Menschen so gut?Doch er dauerte nur einen Moment.
„Schmecke ich gut?"Im Sommer war sie immer zerstochen. Mama hatte gesagt: „Du musst süß schmecken, das zieht die Blutsauger an."Kaum nahm sie den Kuss wahr, zweifelte an dessen Existenz, so, wie an dem Allen hier. Es ging den Bach mit ihr runter, so tief, dass die Bezeichnung Verrückte Katzenlady speziell für sie ein Kompliment wäre, sehr schmeichelnd.
„Nenn mich ‚M'. Warum hast du mich gerufen?", fragte er, nüchtern, geschäftlich, bereit die Konditionen des Vertrages zu auszuhandeln.
„Mmmmmm.....mir gefällt Casanova besser."
Der letzte Satz bevor über ihr die Hölle hereinbrach. Hölle auf Erden.
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