Teil XL: Die Angst vor dem Schmerz
"Ich glaube, du weißt, was du zu tun hast, nicht wahr?", flüsterte Danzo und ich erzitterte beim Klang der eiskalten Stimme.
Langsam ging ich neben dem an den Stuhl gefesselten Mann in die Hocke. Er sah mich erschrocken an.
Ich öffnete meinen Mund.
Ich wollte das nicht tun! Das alles nicht! Doch ich konnte es mir nicht ausmalen, was passieren würde, wenn ich Danzos Befehle verweigerte. Also kniff ich innerlich die Augen zusammen und tat das, was von mir verlangt wurde.
Meine Zähne näherten sich Kasus Genick und legten sich auf seine Haut. Der Mann aus Iwagakure zitterte stark.
"Nicht bewegen...", murmelte Danzo Kasu lächelnd zu.
"So machst du es nur schlimmer...
Ich weiß, dass du den Tod nicht fürchtest. Sowie ich weiß, dass du liebend gerne für dein Dorf sterben würdest. Aber Schmerzen... So gut wie jeder hat Angst vor Schmerzen! Angst vor dem Moment in dem dein Körper physischen Schaden erleidet und dir dein Gehirn das Signal des Schmerzes sendet. Wusstest du, dass es nicht der Augenblick des Schmerzes ist, in dem du am meisten Angst verspürst?"
Danzo schritt immer wieder in einem Kreis um den gefesselten Mann herum, wie ein Hai, der seine hilflose Beute umkreiste. Und genau an das erinnerte mich auch sein alles durchdringendes Auge, an einen Hai. Es waren genau die gleichen kalten, leblosen Augen.
Danzo sprach weiter.
"Es ist der Moment bevor dir etwas passiert. Ich meine genau diese kleine Sekunde, in der du weißt, dass es vorbei ist und du höllische Qualen erleiden wirst. Der Augenblick, in dem man noch versucht sich zu wehren, aber selber weiß, dass es doch nichts bringt. Es ist genauso, als würdest du von einem hohen Gebäude fallen, nur das deine jetzige Situation wahrscheinlich noch schlimmer ist. Ich habe mich schon immer gefragt, an was die Leute denken, wenn sie ihrem Tod ins Auge blicken. In den paar Sekunden, in denen man zum Beispiel in eine Erdspalte fällt, müssen einen wie eine Ewigkeit vorkommen, denn durch den Einfluss der Angst, gaukelt uns das Gehirn vor, die Zeit vergeht langsamer. Also an was genau denkt man dann? An was würdest du denken, Kasu? Deine Familie? Alles was dir Wichtiges in deinem Leben widerfahren ist? An schöne Erinnerungen? An etwas, dass du eigentlich hättest anders machen wollen? Oder vernebelt dir die Angst das Gehirn so dermaßen, dass du nur noch an den Schmerz denkst, der dich erwartet? Na los, sprich, es interessiert mich brennend!", rief er.
Kasu brauchte ein paar Momente, um sich zu fassen. Es war offensichtlich, wie doll er sich fürchtete.
"Noch haben die letzten Sekunden meines Lebens nicht begonnen! Du brauchst die Informationen von mir, oder Danzo? Aber ich spiele dein Spiel nicht mit!", antwortete er heiser.
Danzo schnalzte verärgert mit der Zunge und blickte mich dann auffordernd an.
Dieser Kasu tat mir wirklich leid. Ich wusste nicht, was ich in seiner Position getan hätte.
Mein Kiefer schloss sich um Kasus Hals. Ich wollte ihm nicht weh tun! Ich wollte niemandem weh tun, der mir oder meinen Freunden nichts getan hatte. Und doch waren meinetwegen schon so viele Menschen gestorben.
"Dir ist schon klar, dass das kein normaler Tod wird, solltest du nicht antworten!", warnte Danzo ihn.
Ich erhöhte langsam den Druck meines Kiefers an seiner Kehle. Kasu schien mit sich zu ringen.
"Nun?", fragte Danzo.
"V-vergiss es!", rief Kasu. Langsam bohrten sich meine Zähne in sein Fleisch. Kleine Bluttropfen quollen hervor. Er keuchte auf.
"Na schön...", zischte Danzo.
"Wie es aussieht, müssen wir ihm seinen Tod einmal demonstrieren..." Mit diesen Worten öffnete er die Tür und drehte sich noch einmal zu uns um.
"Solltest du verschwinden..." Er blickte mich warnend an.
Sobald er die Tür hinter sich wieder schloss, ließ ich von Kasu ab. Es schien so, als wären wir für eine kurze Zeit allein. Und es dauerte auch nicht lange, da fragte der Gefangene mich:
"Was bist du eigentlich?"
Ich wusste nicht, wie oft mir diese Frage schon gestellt worden war. Und immer wieder antwortete ich gleich.
"Ich weiß es nicht..."
Weiteres Blut quoll aus Kasus feiner Wunde am Hals und lief in kleinen Tropfen an seinem Hals herunter. Ich ignorierte es, so gut wie es ging.
"Warum hilfst du ihm?", wollte er wissen.
"I-ich muss!", antwortete ich laut. Kasus Augen weiteten sich vor Überraschung.
"Ich will das doch auch nicht...", flüsterte ich.
Dann bewegte sich auf einmal die Türklinke und mithilfe meiner Sinne konnte ich feststellen, dass Danzo diesmal nicht alleine war. Ein schüchtern aussehender Mann wurde von ihm hergeführt. Als wüsste er, was ihn erwartete, sah er mich entsetzt an.
"Ich habe hier eine Person, die sich für unsere kleine Vorführung anbietet, mitgebracht!", verkündete Danzo.
"Er hat sich sogar freiwillig gemeldet, er wollte wohl nicht, dass ich statt ihn seine Familie nehme. Aber du musst wissen..." Er blickte dem armen Mann direkt in die Augen.
"Es war sinnlos... Von eurem Gesindel habe ich bereits genug Informationen erhalten. Ihr alle steht praktisch nur noch in der Warteschlange vom Tod. Für euch haben wir hier keinen Nutzen mehr... Du hast dir lediglich nur die schmerzhaftere Art des Sterbens ausgesucht. Aber es war ehrenhaft von dir..." Danzo lächelte.
Der Mann zuckte erschrocken zusammen.
"Nein, nein, das dürft Ihr nicht!", rief er.
"Ihr habt uns versprochen, dass wir wieder frei kommen, sollten wir Euch alles verraten was wir wissen!" Er wurde lauter.
"Das sage ich jedem, der hier hinein kommt...", sagte Danzo ruhig.
"Aber bis jetzt hat noch kein Gefangener von mir jemals wieder lebendig das Tageslicht erblickt." Er zuckte mit den Schultern.
"Bitte verschont sie! Das könnt ihr nicht machen!", schrie der Mann schon fast hysterisch.
"Setz ihm ein Ende, Dämon", forderte Danzo mich auf. Ich rührte mich nicht.
Wie konnte er nur so etwas tun? Ihnen erst versprechen, dass er sie wieder gehen lassen würde, nur um ihnen Hoffnung zu machen und sie am Ende dann doch alle abschlachten.
"Wird's bald?" Danzos Stimme klang verärgert.
"Du tust, was ich sage!" Mit diesen Worten kam er auf mich zu und drängte mich brutal in die Richtung des Mannes, welcher sich verängstigt gegen die steinige Wand presste.
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