Kapitel 19

Noch schlief er bei mir und schaffte es, seine Gedanken in dieser Zeit bei mir zu lassen. Aber ich merkte, wie er manchmal beim Sex an sie dachte. Wie es sich wohl anfühlen würde, sie unter sich liegen zu haben. Obwohl ich uneingeschränkten Zugang zu seinen Gedanken habe, und gerade wenn wir beide in Ekstase waren, flog alles Mögliche auf mich zu, konnte ich nicht sagen, ob es ihm leidtat.
Dem Prinzen war klar, dass ich jede seiner Gefühlsregungen wahrnahm, aber meistens nahm er sich dann zusammen. Ich schloss die Tür zu unserem Schlafzimmer und spürte sofort Anns Anwesenheit in seinem Rücken. »Ich möchte wissen, woran die Hofdame meiner Frau gerade denkt« flüsterte der Prinz und strich über Anns Wange. Ihr Kiefer war angespannt, aber ich konnte nicht sagen, ob vor Wut oder Angst. Hinter ihr stand eine Hofdame, die mich mit offenem Mund angaffte. Ich suchte den Blick des Prinzen und stieß auf so viel Entschlossenheit, dass ich seufzend nachgab.
»Wonach soll ich suchen, mein Prinz?«
»Nach Anastasia«
Ich schloss meine Augen für einen Moment und vergrub meine Hände in meinem Kleid. Ob er uns damit beide quälen wollte? Einfach, weil er es konnte? »Ihre königliche Hoheit schließt die Prinzessin aus ihren Gesellschaften aus« berichtete ich und strich beruhigend über Anns Nervenstränge. Hoffentlich hatte sie genug Vertrauen in mich nichts von alleine auszuplaudern. Im Kopf dieser dummen Frau schwirrte alles mögliche herum. »Prinzessin Ann steht mit Anastasias Eltern in Kontakt. Die Hofdame führt die Korrespondenz« fuhr ich fort, worauf sie sich verschließen wollte. Ich stemmte mich dagegen. Ich hörte sie aufstöhnen und ihr Widerstand ließ nach.
»Anastasia filtert mit verschiedenen Soldaten, während sie ein Päckchen mit jemanden austauscht«
»Das reicht«
Ich zog meine Augenbrauen nach oben, ließ aber meine Finger von dem Kopf der Hofdame. Ihr standen Schweißperlen auf der Stirn und ihr Blick war so voller Hass, dass ich zurückfuhr. »Kommt, Ann. Gehen wir der Sache auf den Grund« Er streckte seine Hand nach ihr aus. Anns Hände lösten sich nur unwillig aus ihrem Kleid und ich sank in einen tiefen Knicks, als er mit ihr an der Hand vorbeihastete.
»Wie konntet Ihr das zulassen?« die Hofdame sah mich fassungslos an. Ich wünschte, sie wäre nicht so entsetzt. Der Hof schien immer noch zu glauben, ich hätte Einfluss auf den Prinzen. Gedemütigt schloss ich die Augen. Sollte jemand Hilfe brauchen, war ich die letzte Person, die sie Fragen sollten. 

Ich wanderte durch die Archive und schrieb weiter Gedankengänge für den König ab. Die Vorstellung, für das Oberhaupt meines Landes zu arbeiten gefällt mir besser, als würde ich zugeben, dass ich für meinen Geliebten schuftete. Tag für Tag schrieb ich nachmittags die Gedanken der Höflinge auf, die immer dieselben blieben. Sie mochten den König und seinen Stil zu herrschen nicht. Die Unzufriedenheit am Hof wuchs und der König nutzte meine Aufzeichnungen nicht, um das zu ändern, sondern um die Betroffenen zu bestrafen.
»Du hast dich nicht verabschiedet« ich fuhr zusammen, als ich Corvilnius Stimme hinter mir hörte. Mein Herzschlag verdoppelte sich und versuchte vergeblich alle Geschütze aufzufahren, damit er es nicht bemerkte. »Ich halte mich von deinem Kopf fern, sorge dich nicht« versprach er und nahm gegenüber von mir platz. Ich zog meine Beine an und biss mir auf die Lippe. Er schützte sich vor mir. Ich konnte es spüren.
»Als du mich fortgeschickt hast, wusstest du es schon? Dass dich der Prinz zu seinem Spionagewerkzeug macht?«
»Ich kannte das Ausmaß noch nicht«
»Zeigst du ihm jeden einzelnen Gedanken?«
»Zwingt mich nicht zu gestehen, dass ich die Befehle des Prinzen missachtete«
Ein Lächeln huschte über Corvilnius Gesicht und ich hätte es gerne berührt. Festgehalten und in meinem Herzen gespeichert.
»Befiehlt er dir auch, in seinem Bett zu schlafen und darüber hinwegzusehen, dass er Prinzessin Anastasia den Hof macht?«
»Macht es Euch Spaß mich zu demütigen?«
Ich schlug das Buch zu und erhob mich. Vielleicht wollte er mich für einen kurzen Moment beschützen oder gar lieben. Aber jetzt war ich erneut die Hure seines künftigen Souveräns. »Ich liebe dich noch immer« erwiderte er und ich verfluchte meinen Leichtsinn und das Klopfen meines Herzens. »Daran dürft Ihr nicht einmal denken!« fuhr ich ihn an und lehnte mich gegen die Bücherwand.
»Ich sehe doch, dass du leidest« erwiderte er und erhob sich. Vergebens versuchte ich die Tränen zurückzudrängen. Er fing einen Tropfen mit seiner Fingerspitze auf. »Lass mich dich doch beschützen« Ich riss meinen Blick von seinen Gedanken los, die so vielsprechend und ehrlich klangen. In mir lebte das Kind eines anderen Mannes. Dieser Demütigung konnte ich ihm nicht aussetzen. Außerdem würde ihn der Prinz vierteilen lassen, sollte er alleine von dieser Unterhaltung wissen.
»Ich weiß nicht, was dich zögern lässt, aber ich habe keine Angst vor ihm!« flüsterte Corvilnuis und strich mir erneut über die Wange. »Wie töricht von dir alter Freund« ich schluchzte leise auf, als ich die Gedanken des Prinzen auffing. »Lacrima?« er sprach gefährlich leise und ich verknotete meine Hände, damit er mein Zittern nicht bemerkte. »Ich dachte wir seien uns darüber einig, dass er dir nicht guttut« - »Natürlich, mein Prinz«
Ich schlüpfte an Corvilnius vorbei, stellte mich neben den Prinzen und ließ zu, dass Corvilnius in meinen Kopf sah. Meinen Schmerz, die Liebe und Angst spürte und hoffte, dass er seinen Mund halten wird. »Wache?« schrie der Prinz und ich fuhr neben ihm zusammen. »Lord Corvilnius ich verhafte Euch aufgrund von Befehlsverweigerung« verkündetete er und ich schnappte nach Luft. Ich spürte das Lachen in Corvilnius Kehle aufsteigen und funkelte ihn böse an.
»Ich habe dir ausdrücklich befohlen, dich von ihr fernzuhalten«
»Sie gehört dir auch ohne meine Anwesenheit nicht«
»Möchtest du ein paar Schläge kassieren, oder wieso bist du so vorlaut?«
Endlich spannte sich auch Corvilnius an und schien den Ernst der Lage zu erfassen. »Bitte, Hoheit. Ich habe kein Interesse an ihm« beteuerte ich und spürte, wie er seinen Blick langsam zu mir wandern ließ. »Wenn Ihr Lord Corvilnius verschont, werde ich gegenüber Anastasia beteuern, dass ich Ihr mich, seid Ihr Anastasia das erste Mal gesehen habt, nicht mehr angerührt habt« - »Und was lässt dich glauben, dass die Prinzessin deine Existenz überhaupt interessiert?« Ich biss mir erschrocken auf die Lippe und schlang fröstelnd die Arme um mich, als ich die Kälte in seinem Blick bemerkte. Er war gegangen. Irgendwohin wo ich ihn nicht mehr erreichen konnte.
Ich merkte, das Corvilnius sich neben mir anspannte und hätte gerne nach seiner Hand gegriffen. Bis ich plötzlich seinen Gedankensog spürte. Gedanken anderer aufzusaugen war die schwierigste, aber wirksamste Art einen Menschen wehrlos zu machen. Damit stellt man sein Hirn praktisch auf Pause. Anders als andere Methoden hängt das Gelingen von der eigenen Macht ab. Es erfordert kein großes Können, sondern nur unglaublich viel Willen und das Wissen, wie man es angeht.
»Lasst es mich wissen, sollte euch der Gefangene in irgendeiner Weise zur Last fallen. Dann bringen wir ihm Manieren bei« ein grausames Lächeln trat auf seine Lippen und ich war erschrocken, was der Kontrollverlust aus ihm machte. Die Wachen werden zunehmenden bewegungsunfähig. Bei Gott! Sah der Prinz nicht, wenn er da gerade erzürnte. »Bitte, mein Prinz. Es ist doch nichts geschehen« - »Er bringt dich gegen mich auf! Merkst du es nicht?«
Er drängte mich gegen das nächste Bücherregal und hob meine Hände über meinen Kopf. »Ich brauche dich Lacrima. Du gehörst noch immer mir« - »Ich weiß, Hoheit« Ich drückte einen Kuss auf seinen Hals und schloss die Augen. Verabschiedete mich innerlich vor dem Gedanken, Corvilnius könnte mich schätzen und knabberte leicht am Ohrläppchen des Prinzen. Die Wachen ließen ihre Waffen fallen. Ich krallte mich fester an das Hemd des Prinzen. »Denn ich erwarte Euer Kind, mein Prinz«
Ich konnte spüren, wie Corvilnius in sich zusammensackte und sich etwas im Prinzen verschob. In eine gute und anständige Richtung. Die Flamme von Corvilnius Kraft begann zu flackern.
Bis sie mich plötzlich mit sich riss. Ich spürte, wie ich hilflos zu Boden glitt, als wären meine Gliedmaßen aus Pudding. Nicht einmal mehr meine Lippen gehorchten mir. Aber meine Ohren.
»Was ist in Euch gefahren?«
»Ihr behandelt sie, als wäre sie Dreck. Dabei koste sie es kaum Anstrengung Eurer jämmerlichen Existenz ein Ende zu setzen«
»Eifersucht steht Euch nicht«
Corvilnius geriet noch mehr in Rage und riss die gesamte Armee auf die Beine. Samt mir. Ich stieß ein Keuchen aus und wollte mich Abstützen, aber hatte mich immer noch nicht losgelassen. Fühlte er, was ich dachte? Das metallene Klingen von Waffen durchzog die Luft.
Der Prinz erstarrte zur Salzsäule.
»Ich könnte ein Gemetzel inszenieren« er ließ von den Wachen ab, die sofort auf ihn zustürmten. Er ließ wie Papierblätter zu Boden fallen. »Lacrima ist eine herausragenden Seherin. Glaubt nicht, sie könnte das nicht aus«
Corvilnius trat einige Schritte auf mich zu und obwohl ich die Kontrolle zurückhatte, wich ich nicht zurück. Ich spürte seinen Unmut, aber ich wusste, dass er immer seine Hand schützend über mich halten würde. »Es besteht kein Grund, dich je wieder machtlos zu fühlen, Lacrima«


Der König und der Prinz schrien abwechselnd herum. Ann und ich hatten uns dicht aneinandergedrängt auf einer Sitzgruppe niedergelassen und hörten dem Schauspiel zu. Wie sie Magier und alles das sie nicht kontrollieren konnten, verdammten. Wie sie Dekrete diktierten, die Magie unter Strafe stellt. Wir waren kein besonders magisches Land. Aber sollte sich ihr Zorn nicht bald legen, würde das Böse enden.
»Ich werde nicht dulden, dass jemand so viel Macht über meinen Hof hat« donnerte der König und fuhr plötzlich zu mir herum. »Ein Sterbenswörtchen über deine Fähigkeiten und du wirst nie wieder Tageslicht zu Gesicht bekommen« Corvilnius schien noch einen Triumpfgang durch den Palast gemacht zu haben und eine Reihe ohnmächtiger Wachen zurückgelassen haben.
Die Diplomatischen Beziehungen zu der Raggruppamento wurden bedinglos abgebrochen, Magier einberufen, um ihnen die Leviten zu lesen. Magie zu praktizieren war vorerst strengstens untersagt.

Ich wartete im Schlafzimmer auf den Prinzen. Es gibt keinen Grund, sich je wieder machtlos zu fühlen, Corvilnius Worten hallten in meinem Kopf wieder. Alles, dass er sagte, klang wie Versprechen und Versuchung zugleich. Mittlerweile war mir klar, dass er es getan hatte, um mir zu zeigen, wie ich mir den Weg freikämpfen könnte. Aber ich trug noch immer sein Kind in mir.
»Geht es dir gut?« die Stimme des Prinzen war müde.
»Ich glaube besser als Euch«
»Ich wusste nicht, dass so etwas möglich ist«
»Nein, das wusste ich auch nicht«
»Lacrima ... die Zeiten werden sich ändern und die wirst für das Wohl unserer Familie Stillschweigen bewahren. Etwas anderes ist ausgeschlossen«
Ich presste meinen Kopf auf seine Brust.
Das wollte ich nicht. Ich war stolz auf meine Kraft und der Hof wusste, dass ich mächtig war. Wenn er Magie verbot, verbot er auch mich. Vergebens versuchte ich, die Tränen zurückzudrängen. Das Hemd des Prinzen fing alles auf.
Er schob seine Hände auf meinen Bauch und streichelte sanft darüber. Nur mit Mühe konnte ich einen Schrei unterdrücken.
»Was auch immer Ihr wünscht Hoheit«
Ich musste an mein Kind denken.
Ich spürte seine Hände überall auf meinem Körper, besonders auf meinen Bauch. »Warum hast du es mir nicht schon viel eher gesagt?« - »Ich hatte Angst, dass Ihr mich dann ins Anwesen sperrt« Sein Zunge fand meinen Mund und ich spürte seine ganze Zuversicht in diesem Kuss. Eine Liebe, die auf seiner Seite aufgeflammt war und meinen Käfig aus Draht in einen Zwinger aus Stahl verwandelte.
»Ich werde mich von Anastasia lossagen« sagte er eifrig und schob meine Röcke nach oben. »Wartet, Hoheit« keuchte ich und richtete mich ein Stück auf. »Ich habe Euch das nicht gesagt, um Euch dazu zu drängen etwas zu tun, dass Ihr nicht möchtet« beteuerte ich und ich hörte ihn innerlich hell auflachen, als er verstand, dass ich mich gegen Anastasia doch nicht so sträubte. Aber nun, wo Magie nicht mehr gerne gesehen wurde, musste ich jeden Schutz bei ihm suchen, den ich fand. Anastasias Reinheit lockte ihn. Aber meine Liebe hat ihn groß gemacht, das würde er nicht einfach so aufgeben.
»Aber bitte stellt mich nicht bloß« flehte ich und zog seinen Kopf wieder zu mir.
Es sollte richtig sein.
Also würde es gut werden.

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