Kapitel 1

Elisei stand unschlüssig auf den Treppen, die zur Empore der Bibliothek führen. Mit Sicherheit war er durcheinander. So gut versteckte Erinnerungen und Gefühle tauchen nicht einfach so auf. Hoffentlich hatte er keinen Verdacht geschöpft. Wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob er nach diesen Erinnerungen überhaupt greifen kann. Ich kannte mich mit manipulierten Erinnerungen nicht wirklich aus, aber das sah eindeutig nach absichtlicher Zerstörung aus. Bisher hatte ich das einmal bei einem Adeligen erlebt. An den Sträflingen, die ich in den letzten Jahren ausforschte, wandte niemand solche Methoden an. Wenn ein einfacher Bürger etwas vergessen sollte, wurde ihm gedroht. Ausschließlich einflussreiche Adelige, die sich die Dienste eines Magiers leisten konnten, pfuschten sich gegenseitigen in ihren Erinnerungen herum.
»Ich möchte mich für mein Verhalten entschuldigen, Mylady« eröffnete er das Gespräch und ich zog überrascht eine Augenbraue nach oben. Wusste er, dass ich an seinem verwirrten Zustand Schuld war, oder hatte er wirklich keine Ahnung? Irritiert deutete ich ihm platz zu nehmen. Er war noch immer nicht begeistert mit mir an einem Tisch zu sitzen, nahm aber doch Platz.
»Mein Name ist Lacrima« erwiderte ich und ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Er sollte sich nicht zu viel darauf einbilden. Ich habe ihm lediglich meinen Namen gesagt. Verärgert schickte ich die Wache, die gerade die Stiege heraufkommt, zurück. Eliseis Lächeln wurde zu einem Grinsen. »Ihr scheint eine sehr mächtige Frau zu sein« durchbrach er erneut das Schweigen. Mir blieb das Lachen im Hals stecken. Sah er nicht, dass ich hier umzingelt von Wachen war, die mir verbaten hinauszugehen?
Oder hatte er mich am Ende durchschaut und spielte doch Spielchen mit mir? Die Antwort werde ich heute nicht mehr aus ihm herausbekommen, da ich schon wieder Schritte die Treppen herauf kommen hörte.
»Meine Prinzessin scheint beschäftigt zu sein«, bei meinem blöden Spitznamen zuckte ich zusammen und wandte mich dann aber strahlend um. Elisei verbeugte sich und zog sich dann leise zurück. Ich schälte mich außer meiner Decke und knickste. »Mylady«, er zog mich hoch und drückte mich gleich darauf an sich. »Was verschafft mir die Ehre, Hoheit?«, fragte ich und deutete ihm sich zu setzen. Hoffentlich nicht noch mehr Gefangene oder Adelige, deren Geheimnisse ich auf die Spur gehen sollte. In der Regel fragte der Prinz nicht selbst nach, wenn er etwas brauchte, aber man konnte nie sicher sein.
»Ich wollte mich für die Gemeinheit meines Vaters entschuldigen«, sagte er und ich hob eine Augenbraue. »Verzeiht, aber das glaube ich Euch nicht, Hoheit«, erwiderte ich lachend, worauf sich auch seine Wangen röteten. Überrascht über seine Reaktion erhob ich mich und legte eine Hand eine seine Wange. Ich konnte das Flattern seiner Nerven deutlich wahrnehmen.
»Ich möchte dich zurück am Hof haben«
Einen Moment war ich sprachlos. Was sollte ich denn am Hof anstellen? Als Spionin konnte ich auch gut von hier fungieren. Ich schloss die Augen und atmete tief ein, als mir die einzige Möglichkeit durch den Kopf schoss, für die ich bei Hof zu gebrauchen war.
»Bitten Ihr mich gerade, Eure Mätresse zu sein, Hoheit?«, fragte ich und konnte mein Erstaunen nur schwer verbergen. Als seine Eheschließung mit Prinzessin Ann noch in weiter Ferne lag, konnten wir eine Beziehung haben. Da war ich einfach nur ein Mädchen mit einem adeligen Freund. Aber die Affäre mit einem verheirateten Mann wird mich zu einer Hure machen.
Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter und starrte auf meine Hände. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er sich eine Geliebte suchte, das wusste ich. Aber ich rechnete nicht damit, dass jemals wieder ich zum Zug kommen könnte. Ich glaubte unsere Beziehung beendet mit seiner Hochzeit und dem Beginn meiner Gefängniszeit in diesen Mauern.
»Mehr als eine Mätresse, meine Ratgeberin«, erwiderte er und griff nach meiner zweiten Hand. Es gab nur zwei Männer, die ich in meinen Leben so innig geliebt habe. Ihn und meinen Vater.  »Wenn es Eure Hoheit so wünschen«, sagte ich nur und starrte auf unsere verflochtenen Hände. Es war sinnlos sich seinem Willen in den Weg zu stellen. »Ich liebe dich, Prinzessin. Das weißt du doch«, flüsterte und zog mich zu sich. Für einen Moment blieb mein Herz stehen, bevor ich schmunzelte und meine Lippen auf seine drückte. Er schmeckte nach Vergangenheiten - einer schweren Note zwischen frischen Zimt und dem Geruch von frisch bedruckten Papier.
»Wie habt Ihr es Euch vorgestellt Hoheit?«, fragte ich und bemühte mich, souverän zu klingen. Nicht wie ein verschrecktes Kind, obwohl ich mich gerade so fühlte. Selbst wenn eine Affäre mit dem Prinzen mehr Freiheit bedeuten würde, musste ich mich ihm wieder ganz und gar hingeben.
In dem Wissen, dass er seine Frau betrog.
In dem Wissen, dass seine Wünsche mich zur Hure machten.
In dem Wissen, dass der ganze Hof meine Anwesenheit fürchtet.
Magier waren selten am Hof. Der König ging sehr freizügig mit seinem neuen Spionagemitteln um. Nach wenigen Monaten wusste der ganze Hof, dass die Favoritin des Prinzen die Spionin des Königs war. Kein sehr schönes Gefühl. Obwohl ich jedes Fest, jedes Banket und jede Theatervorstellung miterleben durfte, hielt mir der König immer vor Augen, wozu ich da war - um seine Untertanen zu kontrollieren. Das ich Schutz beim Prinzen fand, war eine glückliche Fügung für mich, die mit seiner Eheschließung verloren hatte. Sie jetzt aber anscheinend zurückbekam.
»Versprecht mir, dass ich nicht Eure Hure sein werde« Er seufzte schwer und schüttelte den Kopf. Bevor er geheiratet hatte, war es etwas anderes. Mit einem unehelichen Mann eine Affäre zu haben war in Ordnung. Prinzessin Ann war kalt und anscheinend nicht besonders furchtbar. Meine Gedanken schweiften ab. Ob ich am Ende wohl auch noch zu diesem Zweck an den Hof geholt wurde, um die Erblinie zu sichern? Der König musste in Not sein um zu erwägen die Kinder einer Magierin als Erben einzusetzen.
»Möchtest du mich nicht mehr in deinem Bett?«, fragte er und ich wandte schnell den Blick ab. Mir stand es nicht zu, den Prinzen abzuweisen. Außerdem musste ich zugeben, dass alles bei dem Gedanken in mir prickelt, wieder mit ihm zu schlafen. »Verzeiht mir Hoheit. Ich dachte nur, Ihr hättet das Interesse an meinem Charakter verloren«, es war eine Notlüge. Aber er musste nicht wissen, dass ich mir nach seiner Hochzeit nächtelang die Augen ausgeheult hatte.
»Wie wird die Prinzessin diese Nachricht aufnehmen?«, wechselte ich schnell das Thema. Ich bewegte mich auf gefährlichem Tera, wenn ich mit ihm über seine Wünsche verhandelte. Er war es gewohnt, bei mir immer Trost und einen guten Rat zu finden, dazu war ich in gewisser Weise da und ich wusste wie sehr es ihn erzürnte, wenn ich diesen Zweck nicht erfüllte.
»Das ist unwichtig«, die Schärfe in seiner Stimme ließ mich das Schlimmste annehmen. Bisher hatte er nur selten mit mir über Prinzessin Ann gesprochen. Wofür ich ihm dankbar war. Ich wollte nicht hören, dass die Prinzessin sich lieber in fremden Betten aufhielt als in seinem, wo ich mich doch nur nach seiner Nähe sehnte. In den letzten Monaten sind seine Besuche häufiger geworden, intimier. Das lies mich die Einsamkeit des Hauses noch stärker spüren, wenn er ging. Ich sollte es genießen, wieder am Hof empfangen zu werden.
»Wann immer Ihr mich braucht, werdet Ihr auf mich zählen können, Hoheit«, versprach ich, um ihn ein wenig zu besänftigen. Er schenkte mir ein strahlendes Lächeln und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn. Mit diesem Versprechen band ich mich wieder an ihn und das jagte mir Angst ein. Der Prinz konnte grausam sein, genau wie sein Vater. Zum Glück hatte ich das bis jetzt kaum zu spüren bekommen. 
»Ihr kontaktiert mich, wenn Ihr mich braucht, Hoheit?«, vergewisserte ich mich und er schmunzelte. »Ich brauche dich jetzt gerade«, flüsterte er und ich stockte kurz. »Sollen wir nach oben gehen?« fragte ich, doch er schüttelte den Kopf. Er beugte sich nach vor um mich zu Küssen und ich stolperte gegen den nächsten Sessel. Ich zog ihm an seinem Hemdkragen mit mir auf den Boden und öffnete meine Beine für ihn. Er glitt wie selbstverständlich dazwischen. Als würde er dabei seine Ehefrau nicht betrügen. Er schob meine Röcke nach oben und löste sich von mir, um meinen Hals zu küssen.

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