Wichtelpäckchen 9 ✨
Zwischen Tür und Angel
präsentiert von MFHreads
🎁Wünschelrute · türkis · Zimt und Zucker · plappern🎁
„Nein, natürlich nicht...", ... „nein, ich hab kein Problem damit",... „genieß die.... Shit warte mal" –...
„Sally, ist alles in Ordnung?", ertönte es besorgt aus meinem Handy, aber da konnte ich mir selbiges nur noch zwischen Ohr und Schulter klemmen und mich darin versuchen, meine Einkäufe vor dem endgültigen Abstürzen zu bewahren.
„Sally?"
Wieder mein Handy. Zumindest die letzten beiden Tüten hatte ich erwischt, sodass ich nun wieder ans Telefon gehen konnte. Natürlich nicht, ohne nebenbei zu versuchen, diverse Kleinteile von den Treppenstufen unter und über mir aufzusammeln.
„Fränzi, sorry, da bin ich wieder. Nein, mir macht es nichts aus, wenn du lieber mit Lasse auf den Weihnachtsmarkt willst.
Dafür sind mir gerade unsere Plätzchen-Zutaten runtergefallen, weil ich parallel den Schlüssel gesucht hab und ..."
Inzwischen hatte ich immerhin mit dem Großteil an Lebensmitteln, aber auch Orangeat, Zitronat und allem anderen was man sonst noch so zum Backen brauchte, meine Wohnungstür erreicht und stellte die Taschen davor ab, um meinen Schlüssel in den Untiefen meiner Jacke zu suchen.
Ich sah erst auf, als ich diesen gefunden hatte – und zuckte zurück, als mir in wenigen Zentimetern Entfernung ein Mann gegenüberstand, weswegen mein Schlüsselbund mit einem lauten Klirren ebenfalls den Weg auf den Boden des Hausflures fand.
„... Und hier steht irgendein Typ vor meiner Tür. Ich ruf dich später nochmal an!"
Damit hängte ich Fränzi ein, schmiss mein Smartphone in die Tüte vor mir, auf dass ich es später hoffentlich auch wiederfand, pfriemelte mein Konvolut von Schlüsselverbund vom Boden und trat einen Schritt zurück. Erst dann wagte ich es, dem Unbekannten erneut in die Augen zu schauen.
Wobei ich vielleicht präzisieren sollte. Wer auch immer da vor meiner Tür wartete, war definitiv nicht hässlich. Um nicht zu sagen recht hübsch. Er war groß, hatte dunkles Haar, braune Augen und sah trotz seiner Jeans und dem locker sitzenden Hoodie irgendwie sportlich aus. Ich tippte auf Sportler, mindestens Joggen traute ich ihm zu.
Dennoch, er war fremd und mir heute nicht mehr nach Überraschungen. „Wer sind Sie? Kann ich irgendwie weiterhelfen? Hausverwaltung ist im zweiten Stock.", warf ich ihm daher, gestresst und zusätzlich mit Entsetzen feststellend, dass mein Deo langsam auch den Dienst verweigerte, ziemlich hastig entgegen.
„Moin! Ich bin Jannis und wollte mich nur kurz vorstellen. Ich bin dein neuer Nachbar von gegenüber. Hab dich grad reinkommen gehört und dachte, ich nutz die Gelegenheit eben. Und wie heißt du, wenn ich fragen darf?" Völlig unbeeindruckt und viel zu gelassen für meinen Geschmack gab mir mein Gegenüber Auskunft und wartete nun seinerseits auf eine Reaktion.
Ich deutete nur aufs Klingelschild.
„Nachname siehst du hier, falls das von Belang ist. Sonst reicht Sally." Wenn er mich duzen konnte, dann hielt ich mich ebenfalls nicht länger mit Höflichkeiten auf. „Falls du zum Einzug Brot und Salz erwartest, ist hier nicht üblich. Und vorgestellt hat sich vor dir auch noch keiner, deswegen war ich vorhin so überrascht.
Aber falls du Bedarf hast...", ich sah bedeutungsschwer auf die Treppenstufen, „Brot und ein Packerl Salz liegen hier noch rum. Würdest du mich ansonsten bitte an meine Tür lassen?"
Jannis lachte kurz auf. Es war ein dunkles, raues Lachen, das auch in seiner Stimme nachklang, als er weiterredete.
„Bist du immer das wandelnde Chaos, Sally Ohlwerther, oder ist das heute die Ausnahme?"
Zu meiner Verwunderung bückte er sich und begann, die restlichen Sachen von den Treppen einzusammeln, was mir Zeit zum Durchatmen gab. Ich drehte mich von Jannis weg, errötend, weil er meine größte Schwäche gleich erkannt hatte und fand endlich Zeit, ohne weitere Zwischenfälle oder Abstürze meine Wohnung zu öffnen und den Einkauf hinein zu bugsieren.
Danach half ich meinem neuen Nachbarn, der noch ein Päckchen Lebkuchengewürz gefunden hatte. Fast im Erdgeschoss. Hups. Gut, dass ich „nur'' im dritten Stock wohne...
„Ich fürchte, das war ich live und in Farbe."
Man musste ja auch reflektieren können.
„Allerdings musst du auch entschuldigen, momentan bin ich zusätzlich noch im Stress und dann werde ich halt erst recht zum wandelnden Chaos."
Mittlerweile hatten wir alles eingesammelt und ich hinderte Jannis nicht daran, meine Wohnung zu betreten, um die zahlreichen Tütchen Backpulver und anderen Kleinkram wieder zum Rest des Einkaufs zu stellen. Womit ich mich selbst verwunderte, denn normalerweise war meine Wohnung tabu. Außer für gute Freunde. Und zugegeben, die ein oder andere Bekanntschaft, die ich schon mit zu mir genommen hatte. Aber mehr als mein türkis gestrichenes Schlafzimmer hatten die in der Regel auch nicht zu sehen bekommen.
Der Dunkelhaarige holte mich zurück aus meinen Gedanken. „Ich würde gern erfahren, warum du so im Stress bist. Und ob du noch ein paar Tipps für mich hast, ich bin neu in der Stadt und habe keinen Plan. Kann ich dich die Tage vielleicht mal auf einen Kaffee einladen?"
Okay, der Typ war verdammt unverschämt und neugierig. Trotzdem, er hatte irgendetwas an sich, das mich ihn sofort sympathisch finden ließ. Und ja, er war irgendwie auch echt süß. Und in meinem Alter, sofern ich das mit meinen dazu wenig verlässlichen Fähigkeiten einschätzen konnte. Da die meisten in diesem Mehrparteienhaus leider entweder schon älter waren, Familien mit kleinen Kindern oder einfach total unfreundlich, wenn man ihnen begegnete, merkte ich, dass ich gegen ein neues Gesicht, mit dem man auf dem Gang auch mal ein paar Minuten „normal" quatschen konnte, definitiv nichts einzuwenden hätte. Und genau als dafür geeignet, schätzte ich Jannis ein. Wäre also vielleicht doch nicht so schlecht, ihn zumindest oberflächlich kennen zu lernen.
Leider konnte ich in den nächsten Tagen nicht, weil ich durch die Arbeit in der Vorweihnachtszeit mehr eingebunden war als in den restlichen elf Monaten des Jahres. Genau das sagte ich ihm auch. Was Jannis tatsächlich ein bisschen schade fand, wenn ich seine Mimik richtig deutete. Aber eine Idee kam mir noch: „Ich weiß ja nicht, wie spontan du bist. Aber ich wollte heute noch Plätzchen backen. Falls du Lust hast und mitmachen willst...? Da wäre zwischendurch sicher 'ne Kaffeepause drin."
Ich hatte die Frage bewusst vorsichtig formuliert. Denn immerhin waren alle Männer, die ich kannte, für alles geeignet – nur nicht für die Küche. Herd und Backofen-Bedienung eingeschlossen. Aber zu meiner Überraschung willigte Jannis nach kurzem Überlegen ein. „Klar", meinte er nur, „ich hab schon lange nicht mehr gebacken!" Er sah kurz auf sein Handy. „Passt dir 14 Uhr? Dann könnte ich noch ein paar Stunden Kartons auspacken."
Wir verabredeten uns also und Jannis verschwand in die Wohnung gegenüber. Nachdem ich meine Einkäufe verräumt hatte, konnte ich mir dann endlich ein paar Minuten Ruhe gönnen. Immerhin waren die letzten Tage stressig genug gewesen. Gefühlt wollte jeder vor dem Jahresende seine Versicherungen überprüfen lassen und als Finanzbearbeiterin war ich da leider an vorderster Front. Zumal mein Chef irgendwann beschlossen hatte, alle Aufträge in seiner Abteilung – bei vier Mitarbeitern – grundsätzlich erstmal an mich zu verteilen. Vor sechs Uhr abends kam ich aktuell selten aus dem Büro. Dass ich momentan schlecht schlafen konnte, machte es dann auch nicht besser. Meine beste Freundin Fränzy hatte sogar schon vorgeschlagen, meine Wohnung, insbesondere natürlich das Schlafzimmer, mit einer Wünschelrute auf Wasseradern zu testen, aber das war dann doch etwas übertrieben für meinen Geschmack. Ich vermutete eher, vom Weihnachtsgeld wäre langsam eine neue Matratze fällig.
Und jetzt, an meinem freien Samstag, hatten mir nach und nach alle Freundinnen abgesagt. Ich hatte extra einen Großeinkauf gemacht, weil wir uns zu fünft zum Plätzchen backen treffen wollten. Nun war die eine spontan zu ihren Eltern gefahren, die nächste mit Freund in die Berge und so weiter. Nur Fränzy wäre noch geblieben, aber die hatte vorhin dann ja auch abgesagt. Wollte mit ihrem neuen Lover auf den Weihnachtsmarkt... Gut, es sei ihr gegönnt. Außerdem fielen alle Pläne für den Heiligabend und die Weihnachtstage ins Wasser – meine Eltern wollten spontan zwei Wochen nach Andalusien fliegen. Konnte man mal machen. Blöd nur, dass ich dann alleine in meiner Wohnung sitzen würde. Mein Bruder und seine Freundin hatten sich über diese Absage des Familientreffens nämlich gefreut und es gleich zum Anlass genommen, ebenfalls in die Ferne zu fahren. Demnach war ich für den Moment bedient.
Trotzdem, der vorbereitete Teig in meinem Kühlschrank würde noch ein bisschen Zeit in Anspruch nehmen, bevor man die fertigen Vanillekipferl, Butterplätzchen, Lebkuchen und dergleichen mit Zimt und Zucker bestäuben konnte und verstecken, bevor die Mäuschen sie finden. Denn komischerweise war das Gebäck immer schneller gegessen als Weihnachten in Sichtweite kam, wenn es an die ganze Family verteilt war. Denn egal, ob sie der Weihnachtstradition fernblieben oder nicht, Kekse wollten sie alle. Wie war das mit 'Familie kann man sich nicht aussuchen?' Seufz...
Aber ich hatte mir ja eine Hilfe organisiert. Auch wenn Jannis wohl noch nicht wusste, was er sich da eingebrockt hat. Seufzend schloss ich meinen Kühlschrank wieder, suchte eine Weihnachts-Playlist und stellte schon mal alles in meiner Küche bereit. Und weil es so schön war, begann ich gleich damit, die ersten Plätzchenteige auszurollen und in den Ofen zu schieben.
Beschäftigt wie ich war, zuckte ich erstmal zusammen, als es klingelte. Wie schnell konnte die Zeit vergehen? Mittlerweile doch etwas nervös, hastete ich durch den Flur und schlitterte über die Fliesen zur Tür. Davor stand Jannis, erneut ein breites Lächeln im Gesicht. „Hey", keuchte ich noch etwas außer Atem, „komm rein!"
Jannis ließ sich nicht lange bitten und folgte mir durch meine Wohnung. Mir entging natürlich nicht, wie er mein Interieur interessiert musterte und hoffte nur, er war nicht völlig verschreckt von den bunt zusammengewürfelten Stücken in meinen heimischen vier Wänden. Ich mochte Vintage genauso wie Modernes und das merkte man. Von meiner Olympia-Schreibmaschine vom Flohmarkt auf Omas altem, abgeschliffenem Buffet im Wohnzimmer ganz zu schweigen.
„Du hast ja schon angefangen!", war Jannis erstaunt, als er hinter mir die Küche betrat. „Ich war mir nicht mehr sicher, ob ich dich vorhin nicht doch verschreckt hab. Außerdem haben wir noch ein bisschen was vor uns, fürchte ich."
„Ach was, ich freue mich jetzt wirklich. Ich wusste nicht, ob ich noch was mitbringen soll? Mit was magst du denn anfangen?"
Ich warf ihm die erste Teigrolle zu. Lebkuchen.
Danach folgen Spitzbuben, Vanillekipferl und das besagte Butterzeug nach Urommas Originalrezept. Jannis und ich verstanden uns erstaunlicherweise echt gut und hatten richtig Spaß. Ich erfuhr einiges über ihn, zum Beispiel, dass er 26, also nur ein Jahr älter als ich, war und aus Stuttgart nach Bayern gezogen, ursprünglich aber aus dem Norden stammte. Das erklärte auch sein klares Hochdeutsch. Auf meine Frage, ob er meinen Dialekt dann überhaupt verstand, grinste er nur: „Die Schwaben waren ein Kulturschock. Aber danach kann dich nicht mehr viel schocken." Okay, der Punkt ging wohl an ihn.
Auch sonst kam ich nicht umhin, ihn immer sympathischer zu finden. Wir stellten bald fest, dass wir ähnliche Interessen hatten, etwa gern ins Kino gingen, aber auch in die Natur und Bikes ohne Antrieb denen mit „E" vorzogen. Während er als Bauzeichner arbeitete und Gebäude am liebsten von außen betrachtete, interessierte mich etwa bei Museen oder Kirchen das Innere – aber das konnte man ja verbinden. Nur für den Bauhausstil würde er mich nie begeistern können, das versprach ich dem großen Dunkelhaarigen gleich. „Das werden wir ja noch sehen", lachte Jannis, und auch jetzt erreichte sein Lachen seine braun-gesprenkelten Augen.
Nach anfänglichem Zögern, wenn sich unsere Hände berührten, als wir gleichzeitig nach derselben Ausstechform griffen oder beim Piepsen des Ofens nicht wussten, wer das fertige Blech herausholen sollte, harmonierten wir immer besser zusammen. Schließlich war der letzte Teig verarbeitet und im Ofen. Ich schmiss die Kaffeemaschine an und wir setzten uns mit den ersten, nicht ganz so gelungenen Probierteilchen an meinen Esstisch. „Sally, ich hatte selten so viel Spaß wie heute! Aber eins hast du mir noch nicht beantwortet, warum hast du mich denn dazu gebraucht? Wo sind deine Freunde? Und dein Freund...?" Auch jetzt war Jannis um keine Frage verlegen.
Ich musste nun ebenfalls lachen. „Freunde? Na du bist gut. Denen ist heute allen auf den letzten Drücker was andres eingefallen. Und der letzte Mann, den ich hier länger reingelassen hab, ist seit drei Monaten Geschichte. Seine Dartscheibe hab ich zuerst rausgeschmissen und ihn dann gleich hinterher!" Nein, an meinen Ex wollte ich definitiv nicht mehr denken. Dank ihm hatte ich mich zuletzt von Jungs ferngehalten. War eigentlich davon ausgegangen, dass ich die so schnell nicht mehr in meinem Leben brauchte. Und jetzt saß ausgerechnet einer in meiner Küche, den ich seit ein paar Stunden kannte. Und ich erzählte ihm meine Lebensgeschichte. Herzlichen Glückwunsch Sally, dachte ich mir sarkastisch.
Schließlich plapperten wir noch eine ganze Weile, selbst als die letzten Plätzchen längst aus dem Ofen, der Geruch nach frischem Gebäck eine angenehme Weihnachtsstimmung im Raum verbreitete und die Tassen leer waren. Zu sagen, ich verliebte mich gerade in Jannis, war wohl noch zu viel. Dennoch, selten hatte ich mich so gut mit jemandem verstanden. Immer wieder trafen sich unsere Augen, blieben ineinander hängen. So kamen wir von einem Thema zum nächsten. Und dass er nicht gleich die Flucht ergriffen hatte, nachdem er mich an diesem Morgen so chaotisch kennengelernt hatte, rechnete ich ihm hoch an.
Es war schon längst dunkel, als Jannis schließlich meinte, langsam doch aufbrechen zu müssen. „Du hast's ja nicht weit.", schmunzelte ich, während ich ihn zur Tür begleitete. „Darf ich deine Wohnung auch mal sehen, wenn du fertig mit Einrichten bist?"
„Klar! Ich würde dich gerne wieder treffen. Und zwar nicht nur spontan und erst im Hausflur wie heute. Außerdem musst du mir unbedingt die Stadt zeigen."
„Meld' dich einfach, meine Nummer hast du ja jetzt. Für dich mach ich auch eher Schluss und ich zeig dir den Weihnachtsmarkt."
Jannis war schon fast aus der Tür, als er sich nochmal umdrehte.
„Danke für heute. Ich mag dich Sally. Echt. Bis bald."
Bevor ich mich versah, drückte Jannis mir einen Kuss auf den Mund. Über seinen Mut selbst erschrocken wie es schien, flüchtete er fast, ohne eine Reaktion meinerseits abzuwarten. Völlig überrumpelt, hörte ich nur seine Tür klacken, was mich aus meiner Starre erwachen ließ.
Noch während ich im Bett lag, dachte ich über den Tag nach. Sollte ich ihm schreiben oder nicht? Und was war das überhaupt? Verliebte ich mich gerade wirklich in einen Mann, der eigentlich gar nicht mein Typ war. Den ich kaum kannte? Wie blöd konnte man eigentlich sein? Kopfschüttelnd über mich selbst, schlief ich schließlich ein. Die Nacht verlief traumlos und war überraschend lang. Klappte also doch ohne Wünschelrute.
Noch mehrere Tage später fragte ich mich, ob ich Jannis schreiben sollte. Wie bei diesem Spiel mit den Gänseblümchen. „Soll ich?" Ein Blütenblatt. „Oder soll ich nicht?" Ein weiteres. Ihr wisst schon...
Umso mehr zuckte ich zusammen, als mein Handy kurz vor Arbeitsende piepste. Whatsapp blinkte auf und zeigte eine neue Nachricht an.
„Wollen wir uns treffen? Schlag was vor - Jannis."
Mein Herz schlug ungewollt schneller. Okay, eigentlich hätte es wohl am liebsten Luftsprünge gemacht. Ich konnte mich grade noch zurückhalten, ihm sofort zu antworten.
Schließlich tat ich es dann doch. Viel zu schnell. Aber das war meinen Fingern beim Tippen egal.
„Weihnachtsmarkt 18 Uhr? Ich würd mich freuen. Sally" Einen Standort sendete ich noch hinterher.
Jannis schickte mir einen Daumen hoch zurück. Kaum, dass ich die Nachricht abgesendet hatte. Auch er schien darauf gewartet zu haben.
Und so schlenderten wir kurz darauf durch die weihnachtliche Altstadt. Das Gefühl der Vertrautheit trat ein, kaum, dass wir einander begrüßt hatten. Gemeinsam lachten wir, überlegten, wem unserer Freunde welcher Dekoartikel gefallen könnte, setzten uns gegenseitig Weihnachtsmützen auf. Und spätestens als wir zum Abschluss noch einen Punsch tranken und die bunten Lichter der abendlichen Stadt die Atmosphäre umrahmten, wusste ich es eindeutig.
„Jannis?"
Er drehte den Kopf zu mir, sah mir in die Augen. „Sally?" Warm klang seine Stimme.
„Ich glaub, ich hab mich in dich verliebt." Ging das überhaupt so schnell? Ich blendete meine Gedanken aus.
Und dann tat ich das einzig richtige in diesem Moment. Ich küsste ihn. Als er erwiderte, war ich wohl die glücklichste Person auf dem ganzen Weihnachtsmarkt.
Wie es weitergehen würde, war mir gerade egal. Und Jannis ging es genauso.
Und schließlich waren die Weihnachtswochen vergangen. Aus dem 9.12. war der Heilige Abend geworden. Jannis und ich hatten uns öfter getroffen, immer besser verstanden, festgestellt, irgendwie glomm da ein Funke zwischen uns, der immer größer wurde. Aber leider wollte er zum Fest eigentlich nach Hause fahren. Deswegen erwartete ich niemanden, als es gegen Abend klingelte. Bis ich die Türe öffnen konnte, stand niemand mehr davor. Außer einer Dose Plätzchen. Mit einem Zettel darauf in etwas schiefer Schrift.
„Frohe Weihnachten! Wenn du noch nichts vorhast, komm doch rüber. Jannis"
Hatte ich gerade wirklich noch in meiner Wohnung gesessen und Trübsal geblasen? Mich hielt nichts mehr. Ich klingelte gegenüber. Noch bevor ich meine Hand wieder lösen konnte, wurde die Türe aufgezogen. „Jannis, was machst du hier? Wolltest du nicht zu deiner Familie?"
„Ach Sally. Die kommen alle morgen. Und die erste richtige Wohnungsbesichtigung ist für dich reserviert, weißt du noch? Das hatte ich dir versprochen."
Damit zog er mich in die Wohnung und küsste mich. Das Weihnachtsessen musste warten. Wir zogen das Geschenke auspacken vor. Und ich musste feststellen, so ein weiß gestrichenes Schlafzimmer hatte auch was.
Wo ich uns in zwei Wochen sah? In zwei Jahren? Egal. Was zählte, war der Moment. Alles andere – war vielleicht Schicksal, vielleicht auch nicht. Fest stand, Liebe konnte Türen öffnen. Und versehentlich verteilter Zimt und Zucker im Treppenhaus brachte ungeahnte Hilfe hervor.
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