22. Dezember
„Zur Seite, Brüderchen!", hörst du Soley schnauben und schon fliegt der nächste Schneeball.
„Hör auf", knurrt Luca böse und klopft sich den Schnee ab, „Soley, das ist nicht witzig. Dieser Typ ist krank im Kopf und ich lasse nicht zu dass er irgendeine Scheiße mit dir macht!"
Sein Blick wird finster wie die Nacht, als er wieder zu Aron schaut. „Hast du gehört, Weber? Lass die Pfoten von meiner kleinen Schwester."
Aron sieht unverwandt zurück und du bemerkst dass sich nun auch sein Körper verspannt. „Ich wollte gerade gehen", erklärt er ruhig.
„Wollte er nicht!", widerspricht Soley heftig und diesmal ist sie es, die ihm den Weg versperrt, „er wollte für uns ein Lied an Weihnachten singen, stimmt's?" Hoffnungsvoll lächelt sie Aron an.
Dieser sagt gar nichts dazu sondern ist noch immer damit beschäftigt, Luca anzustarren. Keiner der beiden will als erstes den Blick abwenden und du fragst dich wie dieses Blickduell enden wird. Indem der eine auf den anderen losgeht?
„Ich will nichts von deiner kleinen Schwester", wiederholt Aron mit zusammengepressten Zähnen. Du siehst dass er nun allmählich die Fäuste ballt, „aber wenn du ihr nicht beibringen kannst dass sie aus dem Weg gehen soll dann werde ich sie wohl oder übel doch anfassen müssen."
„Wag es ja nicht!" Lucas Stimme bebt vor Wut. Als nächstes nimmt er sich Soley vor. „Geh da weg!", sagt er so deutlich, dass selbst sie zusammenzuckt.
„Aber was ist mit dem Weihnachtsfest?", jammert sie, „er soll dort doch vorspielen."
„Such dir jemand anderen. Wozu sonst sind all die Tussen gut, die du tagtäglich anschleppst?"
Soley schnappt nach Luft und schubst ihn plötzlich so heftig nach hinten, dass Luca umgefallen wäre, hätte Fiona ihn nicht rechtzeitig aufgefangen. „Rede nicht so über meine Freunde, du Idiot!"
Für einen Moment hat sie Luca die Sprache verschlagen und diesen Moment nutzt sie vollkommen aus. „Ich sag dir jetzt mal wer hier die Pfoten von wem lassen soll: Hör auf Aron zu belästigen. Dieser Kerl ist okay und im Gegensatz zu dir hat er auch was drauf. Er wird auf dem Weihnachtsmarkt singen und wenn dir das nicht passt dann kannst du gerne zuhause bleiben."
„Er singt nirgendwo", grummelt Luca.
„Und wie er singen wird!", widerspricht sie heftig und stolziert wieder zu Aron zurück, ehe dieser noch davonlaufen kann.
„Wieso streiten wir eigentlich?", grummelt er, „ich hab doch schon gesagt dass ich nicht auftreten werde."
„Ach komm schon", stöhnt Soley, „sei nicht so schüchtern. Du hast das voll drauf."
Mit einem entzückten Seufzer verdreht sie die Augen. „Und ich kann es kaum erwarten, das passende Kostüm für dich auszusuchen. Die meisten Dekoläden verkaufen seit neustem Rentierohren. Ich denke dort müssten wir fündig werden. Und das mit der Nase lässt sich ja schnell mit einem Lippenstift regeln." Sie zwinkert ihm zu und Aron erschaudert ein wenig. Diesmal sieht er fast schon verzweifelt aus.
„Ein singender Rudolf", säuselt Soley weiter und kichert.
Aron jedoch schüttelt entgeistert den Kopf. „Ich singe mit diesem Mist gar nichts vor."
Auf einmal beginnen Soleys Augen zu leuchten. „Heißt das du würdest ohne das Kostüm auftreten?" Sie sieht so begeistert aus, dass sich Aron wohl schwer damit tut, ihr zu widersprechen. Er flucht nur leise vor sich hin und Soley sieht das wohl als Bestätigung. „Großartig!"
Nun ist Luca wieder derjenige, der die Fäuste ballt - doch nur für einen kurzen Augenblick. Denn innerhalb einer Sekunde verändert sich sein Blick auf einmal. Da wo eben noch das zornige Starren war, ist nun ein zufriedenes Grinsen zu sehen und du fragst dich was um alles in der Welt gerade in seinem Kopf vorgeht.
„Na schön", sagt er schließlich leise, „dann spiel eben vor wenn du nichts Besseres zu tun hast."
Aron nickt langsam und misstrauisch, doch er erwidert nichts. Soley schleift ihn sogleich kichernd zu der Bank zurück und endlich spricht Luca aus, was er denkt: „Dieser Trottel wird sich so blamieren." Und endlich verstehst du: Deswegen hat er also zugestimmt. Weil er sehen will wie Aron scheitert, und das vor dem gesamten Dorf.
Fiona muss deine Bestürzung bemerkt haben, denn sie nimmt dich mit einem mitfühlenden Lächeln am Arm und führt dich zu einem kleinen hübschen Tannenbaum, der etwas abseits steht und prächtig funkelt.
„Ablenkung gefällig?", fragt sie sanft und nickt auf eine silbern-weiße Tüte, die unter dem Weihnachtsbaum versteckt ist. Dankbar lächelst du zurück und spähst in die Geschenktüte hinein. Mal wieder ist das Geschenk wunderbar geworden und mal wieder bringt es etwas in dir zum Leuchten.
„Diesmal ist es für Blumenflug", flüstert deine neugewonnene Freundin mit einem geheimnisvollen Zwinkern.
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