18. Dezember

Soleys Blick ist hölzern, als sie mit dir und Auri im Schlepptau die Küche betritt.
Luca scheint das sofort aufzufallen, denn er sieht dich fragend an, ebenso wie Fiona.
Du jedoch, ignorierst die beiden und bleibst einfach bei Auri, die sich offenbar unsichtbar zu machen versucht, in ihrer altmodischen Winterkluft mit dem bunten Schal in den modernen Räumen der Villa jedoch auffällt, wie ein bunter Hund.
Vor Anspannung zittern ihre Hände und unwillkürlich bereust du es, sie mitgenommen zu haben, so leid tut sie dir. Ebenso fragst du dich, wie die Lage wohl eskaliert wäre, wenn es Aron gewesen wäre, der nun hier in der Küche steht, denn du hast so ein Gefühl, dass Luca wohl nicht so glimpflich mit ihm umgegangen wäre, wie Soley mit Auri.
Als Elina sie in Soleys Begleitung erblickt, weicht alle Farbe aus ihrem Gesicht. Für einen kurzen Moment starrt sie Auri nur an, dann wendet sie sich hastig ab und rührt weiter in einer Teigschüssel.
Auris Augen schimmern verräterisch, doch weder Soley, noch Luca machen den Eindruck, als würde hinter ihren frostigen Blicken irgendwo der Wille stecken, die Situation entschärfen zu wollen.
Hilfe suchend blickst du zu Fiona, die sofort schaltet, auf Auri zugeht, und das überraschte Mädchen einfach umarmt.
„Wie schön, dass du da bist!" sagt sie ehrlich, so als wäre die angespannte Stimmung im Raum nie gewesen. „Du kommst gerade richtig!"
Stolz nimmt sie Auri bei der Hand und zieht sie mit sich ins Wohnzimmer, wo schon die versammelten Teile des riesigen Lebkuchenhauses liegen.
Auri ist zu verblüfft, um sich zu wehren, oder irgendetwas zu sagen, und so erzählt Fiona ihr mit leuchtenden Augen von ihrem Plan.
„Gleich holen wir das Dach aus dem Ofen, der Rest ist schon fertig!" erzählt sie. „Wir müssen es dann nur noch verzieren! Deswegen haben Soley und Elina auch grade schonmal mit den Plätzchen angefangen. Wir wollen auf dem Weihnachtsmarkt ganz Nolaya ein kleines Geschenk machen!" Fröhlich strahlt sie Auri an, die unsicher nickt, und offensichtlich überhaupt nicht weiß, was sie von all dem halten soll, und wo zum Teufel sie gerade hineingeraten ist.
Fiona legt freundlich den Kopf schräg.
„Wo willst du lieber helfen?" fragt sie das verschreckte Mädchen vor ihr. „Lieber backen, oder verzieren?"
Auri schweigt einen Moment. „Backen." sagt sie dann zu deiner Überraschung.
Soleys Augenbrauen wandern zu ihren Haaransatz und Elina gibt einen erstickten Laut von sich. Auch in ihren Augen schimmert es, ebenso wie eben noch in denen von Auri, die Fiona nun ein schwaches Lächeln schenkt. „Ich denke, da kann ich besser helfen."
„Wir brauchen aber keine Hilfe." presst Soley zwischen den Zähnen hervor.
Auri zuckt zusammen und hebt dann leicht die Schultern. „Dann eben verzieren." murmelt sie gleichgültig.

Und wie sie verziert.
Als ihr schließlich das Dach aus dem Ofen holt, und beginnt, es mit Zuckerguss, Mandeln, Süßigkeiten und vielem mehr zu verzieren, ranken sich schon nach kurzer Zeit wunderschöne Muster auf Auris Seite gen Dachfürst.
Sie macht Rosen aus Marshmallows, Sterne aus Mandeln, einen ganzen Garten aus Gummibärchen und wunderschöne Blumen aus Zuckerguss. Dabei scheint sie tatsächlich immer mehr aufzublühen, denn sie spricht zwar nicht viel, ebensowenig wie Luca und Fiona, die die andere Seite des Daches übernommen haben, doch nach einiger Zeit lächelt sie und hat am Ende einen ganzen Sternenhimmel gezaubert.
„Ich habe die Sterne im Muster von Blumen angeordnet." erklärt sie Fiona leise, als diese sie begeistert darauf anspricht. „Ich mag den Nachthimmel und die Natur."
„Es ist wunderschön." strahlt Fiona sie an.
Und selbst Luca stimmt zu deiner Überraschung ehrlich zu.
Tatsächlich holt er sogar ein kleines Päckchen mit einem Wichtel aus seiner Tasche, und zeigt es Auri.
„Das hat meine Mutter gemacht." erklärt er ihr. „Wie Dad wollte sie auch beim Wichteln mitmachen und hat mich gefragt, was ich davon halte. Da ich aber keine Ahnung von Kunst habe, und du anscheinend schon, kannst du es dir ja vielleicht mal ansehen."
Überraschung zeichnet sich auf Auris Gesicht an, doch ihre Augen strahlen, als sie das Geschenk entgegennimmt.
„Für DasSalbei" liest sie laut vor. „Es ist doch wunderschön geworden!"

Luca lächelt leicht. „Dann werde ich ihr das sagen."
Auri lächelt ihn glücklich an und gibt ihm das Geschenk zurück, während Soley neben dir ihr einen funkelnden Blick voller Abscheu zuwirft.
Sie ist gerade dabei, Sterne aus dem Plätzchenteig auszustechen, die du dann mit Ei bepinselst, während Elina gerade das dritte Blech aus dem Ofen holt.
Du hast beschlossen, den beiden zu helfen, um sie ein wenig von Auri abzulenken und bei Elina scheint das auch ganz gut zu funktionieren, nur Soley scheint ganz und gar nicht damit einverstanden, dass ihr unliebsamer Gast wohl doch eine große Hilfe ist.
„Ich fasse es nicht, dass sie gerade in unserem Wohnzimmer sitzt!" zischte sie leise.
„Ich verstehe nicht, was du gegen sie hast!" verteidigst du Auri. „Sie ist doch voll in Ordnung!"
„Sie stalkt uns!" faucht Soley zurück und klatscht wütend ein Plätzchen auf dein Blech, damit du es bepinseln kannst. „Vor ein paar Tagen schon wieder! Da stand sie auch einfach da draußen und..."
„... und hat ein Wichtelgeschenk für Mohnschweif da gelassen."
Verwundert starrt Soley Elina an, die kleinlaut den Blick abwendet. „Sie hat es am Straßenrand versteckt, ich hab es gefunden, und behalten, weil ich es so schön fand... vielleicht hat sie danach gesucht..." Sie zieht einen Umschlag aus ihrer Jackentasche.


Das Geschenk ist wirklich wunderschön, dennoch haben weder Soley noch du ein Auge dafür. Fassungslos starrt ihr Elina an.
„Ich wollte es wirklich noch verteilen, ehrlich!" versucht sie sich zu verteidigen. „Zum Beispiel als ich vorgestern so lange weg war! Aber es war einfach so viel lo..." Sie kann ihren Satz nie beenden.
„Schaut mal alle her!"
Fionas Ruf reißt euch aus euren Gedanken. Ihr dreht euch um - und steht einem Lebkuchenhaus wie im Märchen gegenüber.
Fiona, Luca und Auri haben alle Mühe, die noch unzusammenhängenden Teile zusammenzuhalten, dennoch ist es wunderschön.
Fast erwartest du, jederzeit Kinder um das Haus herumrennen zu sehen, die verstohlen die leckeren Ecken anknabbern. Das schönste aber, ist das Dach mit Auris Sternenhimmel.
Soleys Augen werden groß. „Wow..." staunt sie. Und auch Elina und du seid begeistert. „Das ist der Hammer!" Ihr strahlt.
Und Auri lächelt leicht.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top