13. Dezember
Ein begeistertes Quietschen reißt dich schließlich wieder aus deinen Gedanken.
Soley ist, mit Elina im Schlepptau, wieder zurück in die Küche gekommen und zeigt ihrer verzückten Freundin gerade euer Werk.
„Wie coooool!" macht sie, bevor sie sich schnell eine Hand voll Zuckerstreusel in den Mund steckt. „Und so schön verziert!"
„Ja, nicht?" Soleys Augen leuchten. „Ich könnte noch ewig so weitermachen!"
Mit tänzelnden Schritten bewegt sie sich durch das Chaos aus Schüsseln, Mehl und allem möglichen an Verzierungskram, schnappt Luca seine Nikolausmütze vom Kopf und setzt sie Elina auf.
Die kichert fröhlich, während Luca die Augen verdreht und sich müde an die Küchenanrichte lehnt.
„Gott bewahre..." stöhnt er. Dann wirft er erst einen Blick auf Fiona, die ihn liebevoll erwidert und dann auf Elina, die sich schon wieder eine Hand voll Zuckerstreusel klaut, niemanden zu beachten scheint, und anscheinend auch eure eher unschöne Begegnung vom Mittag vergessen hat (zumindest gibt sie nichts zu erkennen).
„Wenn sie jetzt da ist, kann ich ja gehen und ein Bad nehmen." meint er und blickt dann schelmisch zu Fiona hinüber. „Willst du mitkommen?"
Seine Freundin muss lachen, schlängelt sich zu ihm durch und gibt ihm dann einen flüchtigen Kuss.
„Lass gut sein, Luca, ich sollte jetzt dann sowieso nach Hause - es ist schon seit Ewigkeiten dunkel."
Luca muss ebenfalls lachen, umarmt sie und vergräbt seinen Kopf für einen kurzen Moment in ihren Haaren, bevor sie beide Hand in Hand die Küche verlassen und in den Flur treten.
Kurze Zeit später hörst du die Haustür ins Schloss fallen und dann müde Schritte irgendeine Treppe hinaufgehen.
Irgendwie findest du sie süß, Fiona und Luca, auch, wenn du immer noch keine Ahnung hast, was du von Soleys Bruder halten sollst, ebenso wie von Elina und Soley selbst, die inzwischen zu einer wahren Schlacht zwischen Zuckerstreuseln und Schokolade, Mandeln und Kakao, und Nüssen und Gummibärchen übergegangen sind - zumindest sind diese Leckereien ihre Geschütze.
Du selbst lässt dich müde auf einen Stuhl fallen und beobachtest noch eine Weile das Treiben, bevor du dich wieder erhebst, und dir überlegst, was du nun tun willst.
„Ihr wisst schon, dass ihr das alles auch wieder aufräumen müsst?" weist du Soley und Elina schließlich auf die Unordnung hin, die sie in der Küche veranstaltet haben, doch die lachen nur.
Mehl bedeckt Fenster und Schränke, der Boden ist mit einer dicken Schicht Süßigkeiten überzogen und an sämtlichen Stellen, an denen eigentlich nichts sein sollte, klebt dunkler Lebkuchenteig.
Elina und Soley passen gut ins Bild, jedoch bezweifelst du, dass sie viel Spaß am Aufräumen haben werden.
Soley winkt jedoch in diesem Moment lässig ab, und steckt sich eine Lakritzstange ins Haar. „Wozu hat man eine Putzfrau, wenn nicht dafür?" kichert sie.
Trotzdem ist auch sie der Meinung, dass es für heute genug ist und bietet dir an, dass du heute in ihrem Gästezimmer schlafen kannst.
Du sagst nicht nein, schließlich bist du hundemüde, und nachdem du dich in Soleys eigenem Badezimmer gewaschen hast, führt sie dich zwei Türen weiter und lässt dich eintreten.
Trotz deiner Müdigkeit bist du überwältigt von diesem Zimmer. Mitten in einer hübsch dekorierten Ansammlung aus Kommoden und Schränken, steht ein frisch gemachtes, riesiges Himmelbett.
Unter dir sinken die Kissen ein, als du dich darauf wirfst und für einen kurzen Moment vergisst du alles um dich herum.
Die dicke Daunendecke scheint dich zu umarmen, wie ein liebevoller Freund, genauso wie die Dunkelheit dir ein Schlaflied singt, als Soley mit einem geflöteten „Gute Nacht" die Tür hinter dir schließt.
Deine Träume sind voller Wichtel mit Mützen aus Zuckerwatte. „Last Christmas" singend hüpfen sie um einen dampfenden Becher heiße Schokolade herum.
Du selbst spielst die Liedmelodie auf einer Lakritzstange, während Fionas Tante neben dir jedem Wichtel einen kleinen Lebkuchen zu wirft.
„Last Christmas, I gave you my Heart!" singt sie aus voller Kehle und ein bisschen schief, doch ihre funkelnden Augen machen die falschen Töne wieder wett. „But the very next day, you gave it awayyy..."
Bald schon hüpft sie mit um die heiße Schokolade herum und ihre Nikolausmütze wippt was das Zeug hält.
Ein paar der Wichtel denken sich schließlich eine zweite Stimme aus, während andere beginnen, ihre Mützen zu essen und mit den Knöpfen ihrer Jacken eine riesige Tür verzieren. Sie sind aus Mandeln und Gummibärchen.
„Zwei Geschenke habe ich noch!" trällert Tante Elise, als du schließlich auch mal etwas Lakritze von deiner Flöte probierst. „Zwei Wichtel brauche ich noch!"
„This Year, to safe me from tears..." singt ein kleiner Wichtel mit nur noch einer halben Mütze, „I'll give it to someone special!" ergänzt sein Begleiter.
Hüpfend und tanzend kommen sie auf dich und Tante Elise zu und nehmen ihr zwei hübsch verpackte Geschenke aus den Armen.
„Für Timetravler9" steht auf dem ersten, und obwohl du nicht hineinsehen kannst, weißt du ganz genau was darin ist.
„Last Christmas..." stimmst du fröhlich wieder ein, da ihr komischerweise nur den Refrain singt, (vermutlich, weil ihr nur diesen auswendig kennt,) und freust dich an der kleinen Herzlichkeit.
Tante Elise gibt unterdessen das Zweite Geschenk an den zweiten Wichtel, der sich ein Schild um den Hals hängt, mit der Aufschrift: „Für Eragonstochter"
Wieder weißt du, was in seinem Geschenk ist und wieder freust du dich daran, was dir die nächsten Töne des Liedes entlockt. „but the very next day..."
Auch der Wichtel scheint sich sehr darüber zu freuen, denn er und sein Begleiter hüpfen nun in eine vor Weihnachtsschmuck nur so blinkende Gasse davon, um die Geschenke zu überbringen.
„I'll give it to someone special!" singen sie.
***
W
eihnachten, das Fest der Liebe und Freude, dass ich nicht lache. Schnaubend ließ ich mich aufs Sofa nieder und dachte an die vergangen Tage. Klar, die Weihnachtszeit ist an sich schon schön. Alle sind so herzallerliebste... okay, nein. Die Adventszeit ist schön, die genieße ich auch. Die mag ich. Kerzen brennen und Wachs... Fest der Liebe kann ich auf jeden Fall schon mal für mich von der Liste streichen, schließlich bin ich schon mein ganzes Leben lang Single. Single like a Pringle, wie manche jetzt sagen würden. Aber würd Single like a (cell-)phone nicht viel besser passen? Schließlich ist es nicht allein, aber dennoch... Einerseits wird es nie allein sein, andererseits ist es immer allein. Das Handy –der beste Vergleich für Menschen, ich sollte wirklich an meinem Humor arbeiten, das ist wirklich deprimierend. Okay, woher soll ich das schon wissen? Mir schon klar, ich kann es nicht wissen. Ich bin ja nicht deprimierend oder deprimiert. Woher soll ich wissen, wie es ist? Mir schon klar. Wieder zurück zu meinem Single Dasein. Damit hab ich kein Problem. Single zu sein, hat durchaus Vorteile. Einer wäre, man ist niemanden gegenüber verpflichtet. Man muss niemanden gegenüber treu sein. Und Fest der Liebe –in welchem kitschigen Weihnachtsfilm sind wir denn hier gelandet? Ich nahm mir ein Plätzchen von dem Teller und zerkaute es genüsslich. Fest der Freude- ja das sollte es sein. Sollte. Aber für mich bedeutet Weihnachten nicht nur Freude. Habt ihr an Weihnachten schon mal geweint? Nicht aus Freude, sondern weil ihr wegen irgendwas traurig wart oder so? Vor Enttäuschungen sind wir alle nicht gefeit. Jeder von uns kann eine Enttäuschung erleben, so Leid es mir auch tut. Für mich bedeutet Weihnachten auch Stress. Wem schenkt man was? In welchem Rahmen? So viele Fragen. Was man selbst geschenkt kriegt, ist klar, von der einen Oma (Unter-)Wäsche und BHs. Zumindest wenn man weiblich und jugendlich ist. Am besten schön ausgesuchte Unterwäsche, vielleicht noch (...)ein T-Shirt oder ein Schlafanzug dazu und alles ist schön. Okay, vergesst einfach, was ich gesagt habe. Vergiss es. Die andere fragt immer, was sie einen schenken soll, man soll sich für sie aber selbst was aus den Fingern saugen. Ja, was wünschst du dir? – Äh keine Ahnung und du dir? In schenken bin ich alles andere als gut, weswegen ich es vielleicht auch nicht immer unbedingt mag, beschenkt zu werden. Es lässt mich... nein, nicht wirklich unglücklich sein, mehr... es ist nur so, ich fühle mich... schlecht? Einfach weil ich nicht weiß, was ich den anderen schenken soll, ich ihnen vielleicht nichts schenke und dann was bekomme. Bei Weihnachten ist es okay, mein Problem sind eher Geburtstage. Ich bin halt einfach schlecht in einschätzen, ich mag das nicht, ich kann es nicht. Ich mag auch Selbsteinschätzungen nicht. Vielleicht wegen dem Wörtchen eigentlich. Noch einen Schluck von dem Getränk nahm ich zu mir und starrte an die Decke, während ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Aber genug von mir, bevor wir noch in Trauer versinken. Reden wir lieber von dir. Was machst du denn so an Weihnachten? Magst du Weihnachten? Weihnachten birgt viele Traditionen Viele Menschen pflegen es, sich einen Adventskalender zu halten. Ist ja echt wichtig. Sonst denkt man an Weihnachten immer noch, dass der Nikolaus kommt und ist darüber verwundert, wie schnell die Zeit vergeht. Und dann die Fraktion, wie mich, die Adventskalender mag, aber keinen braucht, weil sie am 12. Feststellen, dass die Türchen vom 9. Und 10. Noch verschlossen sind. Ursprünglich wollt ich mal einen Adventskalender basteln. Aber daraus ist sehr viel geworden –nämlich gar nichts. Solltest du nun aber auf die Tradition der Adventskalender erpicht sein, so tut es mir leid, dieses Thema zur Sprache gebracht zu haben; solltest du nun aber viel auf die Tradition der Adventskalender halten, so tut es mir doch sehr leid, darauf zu sprechen gekommen zu sein. Ja, Lächeln ist gesund. Zehn Minuten echtes (...)Lachen ist viel wert. Und das hab ich jetzt nicht von der Pinnwand (?) von der einen Schulbücherei. Und lesen macht sozial. Träum schön weiter. Dieses Mal tunkte ich das Plätzchen in die heiße Schokolade, bevor ich ein Stück von abbiss. Die Kerze vor mir flackerte im Licht. Aber Wachs ist toll. Ja, Kerzenwachs. Damit kann man so schön spielen. Nee, das kennt kein Alter. Nee, man lernt keine Konsequenzen? Nie aus? Wenn die Gedanken schneller sind als die Hand. Welch ein Paradebeispiel. Vorsichtig streckte ich meine eine Hand nach der Kerze aus. Unter höchster Vorsichtsmaßnahme. Nur, um den Wachs zu berühren. Ärmel vorher schön hochschieben, damit nichts.... Zurück zu Weihnachten. Weihnachtsbaum, ja oder nein? Für mich gehört es irgendwie dazu, auch wenn ich wahrscheinlich darauf verzichten könnte. Es ist nur so.... Ich bin mit einem Weihnachtsbaum aufgewachsen. Früher waren wir manchmal sogar Tannenbaum schlagen. War toll. Ach ja, ich bin eine Meisterin darin, abzuschweifen. Egal ob mit Gedanken oder vom Thema. Wo sind wir also jetzt? - Geschenke (abgehakt) - Adventskalender (Häkchen) - Weihnachtsbaum (abgehakt) Ach ja, Advent. Noch ein Schluck des Getränks, nebenbei nochmal das Plätzchen in die Tasse tunken. Ist ja so wundervoll, dass schon am Samstag die Kerze brennt. Und Nikolaus ist am 2. Advent. Wenn da mal keine Kerze brennt.... Amen, ich muss zur Ruhe kommen. Om. Also, was kann ich noch schön schreiben? Eine Kurzgeschichte wohl nicht –eher Gedankenmonologe. Als ich ein Geräusch, wie ein Klingeln hörte, stand ich aus meiner gemütlichen Position auf, in der ich mich mittlerweile befand, eingehüllt in Decke, und ging zur Tür, um sie zu öffnen. Sicher bist du toll so, wie du bist. Leb deine Kreativität. Adventskranz.
***
Als du am nächsten Morgen wieder aufwachst, klingt das Lied noch immer in deinen Ohren, doch du hast so gut geschlafen wie schon lange nicht mehr.
Der Duft von Kakao und Lebkuchen lockt dich schließlich wieder nach unten in die Küche, wo Elina und Soley gerade die letzten Zentimeter der ersten Wand fertig dekorieren.
„Na, hast du gut geschlafen?" fragt Elina dich gut gelaunt.
Du grinst sie an und musst an die Zuckerwattehüte der Wichtel denken.
„Ich hatte jedenfalls ziemlich süße Träume..."
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