Liebe

POV: Manu

Ich öffne die Augen. Patrick schaut mich so verliebt an, dass ich ihm alles vergeben möchte, was er je getan hat.

"Sagst du mir jetzt, was los ist?"

Seine Hände stützen meine Schultern, als ich mich aufsetze. Die Wahrheit sitzt ekelhaft fest in meiner Kehle.

Ich will Fragen stellen. Fragen, was wir sind. Fragen, was Robin ist. Fragen, wie es weiter geht. Aber ich weiß, dass mir die Antwort nicht gefallen wird. Er wird ausweichen. Wie immer. Die Wahrheit darüber, was ich will, verklumpt meinen Hals und schmeckt bitter und widerlich.

"Ich will, dass du mit Robin Schluss machst."

Es fühlt sich alles so riesig und kompliziert an. Aber irgendwie passt es doch in diesen einen Satz. Ich kann Patrick nicht ansehen.

Er zieht mich an sich. Zwingt mich sachte, meinen Kopf an seiner Schulter abzulegen, vergräbt das Gesicht in meinen Haaren und hält meine Hand. Mein Herz donnert, und ich frage mich, ob das heißt, dass jetzt alles gut wird.

"Wir sind schon echt lange zusammen", murmelt er. "Das verstehst du doch, oder?"

Meine Brust zieht sich zusammen und ersticht meine Lunge. Ich will schreien, aber ich atme nur. "Willst du ewig so weiter machen?"

Er seufzt und drückt meine Hand. "Wie willst du weitermachen? Ich mache Schluss mit ihr, du machst das Schuljahr hier fertig, ich muss mich überall outen wenn ich öffentlich mit dir zusammen sein will, und dann bist du weg wenn es deinen Brüdern besser geht?"

Trockener Druck hinter meinen Augäpfeln, hinter meiner Kehle. Nicht heulen. "Wir verbringen die Ferien zusammen."

Er seufzt. "Und dann?"

"Dann sind wir immer noch..." ich breche ab. Jetzt steht es also fest. Ich bin eine zeitlich befristete Romanze, die enden wird, wenn die Ferien beginnen. Es ist nicht so, als käme mir der Gedanke zum ersten Mal. Aber er tut so weh.

Ein schwaches, elektronisches Scheppern. Die Türklingel. Patrick bleibt noch sitzen, hält mich an seine Brust gedrückt, für ein paar Sekunden. Dann gibt er mich frei. "Komm."

Wir verlassen das Zimmer. Von der Treppe aus kann ich Robin unten sehen. Sie nimmt ihren Fahrradhelm ab und lässt das saubere, glatte Haar darunter frei, in dem Regentropfen glitzern. Ihre Haltung ist so geerdet. Straffe, feste Schultern, ohne dass eine Anspannung dahinterliegt. Flachgedrückte Brüste unter einem engen, grauen Shirt.

Ich darf Patricks Hand nicht mehr nehmen.

Sein Arm findet den Weg um meine Schultern. "Machs dir schonmal oben bequem", sagt er zu Robin, und seine Stimme klingt als sei normal. Und das ist es auch. Das hier ist für uns alles normal. "Ich bringe Manu noch zur Tür."

Robin lächelt mir zu, nickt, und schiebt sich auf der Treppe an mir vorbei. Es ist nur Haut, ihr kalter Oberarm der an meinem wärmeren entlangstreift, aber ich fasse an die Stelle als hätte sie mir eine Wunde hineingerissen.

Patrick öffnet mir die Haustür. Es hat angefangen zu regnen. Er lächelt mich tröstend an. "Du hast es ja nicht weit."

Ich schaue zur Zimmertür hoch. Robin sieht uns nicht. Meine Hände suchen Patricks Unterarme, meine Lippen seine. Er lässt den Kuss über sich ergehen. Ich spüre, wie er mir entgleitet.

Meine Lunge dehnt sich. Ich weiß, dass ich die Wahrheit sagen werde. Auch wenn es sich scheiße anfühlt, es aus Angst zu tun.

"Ich liebe dich." Meine Stimme klingt fremd. Ich habe das noch nie zuvor gesagt. Noch nie in meinem Leben.

Sekunden vergehen. Sein Blick findet meinen wieder. "Ich dich auch. Wir sehen uns morgen, ja?"

Ich war ehrlich. Patrick klang, als würde er verhandeln.


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