Danach
POV: Patrick
Zum zweiten Mal in meinem Leben wache ich in Manus Zimmer auf, sicher geschützt zwischen ihm und der Wand. In mir schwimmen die Erinnerungen an gestern Abend, still und verschämt wie Seepferdchen.
Robin hatte mir geschrieben, kurz nach dem wir wieder auf dem Steg gestanden hatten. Erst wollte ich ihr gar nicht antworten, aber Manu hat mich so vorwurfsvoll angesehen, dass ich doch noch schnell etwas eingetippt habe. Eine Absage.
Ich wollte lieber bei Manu sein. Und dass er mich in sein Zimmer gelassen hat, war mir Zeichen genug, dass er das genauso wollte.
Eigentlich ist es furchtbar, dass ich besser darin bin, Robin zu vergessen, als er.
Wir haben Better Call Saul weitergeschaut, was echt keine romantische Serie ist, und trotzdem konnten wir nicht aufhören uns zu küssen. Ich habe vorher noch nie freiwillig einen Typen geküsst. Aber ich weiß, dass ich das gewollt habe.
Jetzt, beim Aufwachen, brennt die Scham überall in meinem Körper, und ich kann Manu nicht in die Augen sehen. Ihm scheint es ähnlich zu gehen.
Schweigend ziehen wir uns an. Es ist Donnerstag, wir müssen zur Schule, und ich muss Robin auf dem Weg abholen. Sie darf nicht merken, dass etwas war. Manu sitzt also auf dem Rücksitz. Manchmal suche ich im Rückspiegel seinen Blick, aber entweder bemerkt er es nicht, oder er meidet mich. Die Luft zwischen uns flimmert anders als nach dem gezwungenen Kuss auf der Party. Diesmal wird es nicht einfach irgendwann aufhören.
Robin schwingt sich gut gelaunt auf den Beifahrersitz und in meiner Brust zieht sich alles zusammen. Ich kann sie nicht ansehen. Ich kann mich selbst nicht ansehen.
Fremdgehen.
Ein furchtbares Wort für eine furchtbare Sache. Noch furchtbarer ist nur, meinem Kopf dabei zuzusehen, wie er versucht, den gestrigen Abend vor mir selbst zu rechtfertigen. Es war kein Sex. Es ist mit einem Mann. Es zählt nicht. Es war ein Ausrutscher. Es wird nicht wieder passieren.
Aber es war kein Ausrutscher. Es war nicht ein falscher Moment. Es war ein Mittag, ein Abend, eine Nacht. Stunden, in denen ich so ehrlich und so erfüllt war wie seit Jahren nicht mehr. So intim und so hässlich.
Robin plaudert, aber nichts davon dringt zu mir durch. Ich weiß, dass ich nicht auf Frauen stehe, und ich weiß, dass ich sie liebe. Richtig liebe.
Und kurz denke ich, dass es doch eigentlich egal ist. Dass ich Robin ja nicht verletze, solange sie nichts davon weiß. Im nächsten Moment spüre ich die Scham überall dort, wo die Haut am dünnsten ist.
"Hörst du mir überhaupt zu?"
"Sorry", murmele ich.
Ich habe mir immer geschworen, nie so zu lieben oder zu hassen wie meine Eltern es tun. Aber das hier ist schlimmer. Ich habe nicht die Eier, mit Robin zu streiten. Ich verschwinde nur in meiner Lüge.
"Und du? Kannst du nicht mehr sprechen?" Diesmal wendet sie sich an Manu. Ich weiß, dass sie es nicht so böse meint, wie es rauskommt. Sie ist nur genervt von der unerklärten Akwardness zwischen uns. Manu scheint verunsichert.
"Ich... sorry."
"Was ist denn los mit euch beiden? Zu viele Horrorfilme geschaut?" Robin schaut zwischen uns beiden hin und her. Manu nickt.
Den Rest der Fahrt schweigen wir. Und Robin ist verärgert von mir. Gut so. Ich habs nicht anders verdient.
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