Nebeneinanderleben
»Hi, ich bin Niall«, grinste ein Blondschopf in schmutziger Reithose, Stiefeln und hellblauem Poloshirt.
Wir anderen saßen schon am Tisch. Robin grillte und Patrick, ein weiterer Mitarbeiter, quatschte mit ihm über die Vorteile von Gasgrills.
Ich ergriff Nialls Hand und entgegnete den festen Händedruck. »Ich bin Louis, Daisy und Phoebes Bruder.«
»Ah, ich habe schon viel von dir gehört.« Er ließ sich zwischen Gemma und mir auf den freien Stuhl fallen und griff nach dem Nudelsalat vor sich.
»Anne?«, fragte Daisy und zog den Namen der Hofbesitzerin extra lang.
»Ja, Daisy?«, antwortete diese geduldig.
»Wann kommt denn Harry? Sonst ist er immer schon da, wenn wir kommen.« Meine kleine Schwester klimperte mit den Augen. Sie schwärmte schon seit sie klein war von ihm. Zu meinem Leidwesen. Denn ich war letztlich derjenige, der sich ihre Träumereien von einem schönen Leben mit dem Lockenkopf anhören musste. Nicht zuletzt war eben der auch Thema auf der Hinfahrt gewesen.
Anne nahm mit einem Lächeln den Teller mit den ersten Würstchen entgegen. »Das weiß ich nicht genau, aber zwei, drei Tage wirst du noch auf ihn verzichten müssen. Er besucht gerade einige Fohlenschauen.«
»Was ist eine Fohlenschau?«, mischte sich jetzt auch Phoebe mit ein.
Schmunzelnd über die ständige Fragerei, riss ich mir ein Stück von dem Kräuterbrot ab, tunkte es in die Knoblauchsoße und biss genüsslich seufzend ab. Niall neben mir tat es mir gleich und grinste mich an. Er schien eine Frohnatur zu sein, so viel wie er grinste.
»Harry hat mir einiges von dir erzählt«, sagte er, während die anderen sich über Fohlenschauen unterhielten.
Sofort wurde ich hellhörig. »Achja? Und was erzählt er so?«
Niall zuckte die Schultern. »Er meinte, du seist ein nerviger Kotzbrocken. Aber so wirkst du überhaupt nicht.«
Ich verdrehte die Augen. »Wir konnten und schon als Kinder nicht ausstehen. Und er ist mindestens genauso nervig wie ich, nur um das klarzustellen.«
»Naja, ich lasse mich von ihm nicht beeinflussen. Du scheinst ganz cool zu sein. Was machst du so in deiner Freizeit? Reitest du?«
Ich schüttelte den Kopf und trank einen Schluck. »Oh, nein. Ich zeichne und lese lieber.«
»Oh, ein Künstler also. Und dann machst du Urlaub auf einem Reiterhof. Naja, wie ich gehört habe ja aber auch nicht ganz freiwillig. Ich bin hier auch einfach irgendwie reingerutscht. Ich komme aus dem Dorf hier in der Nähe und als Anne und Robin eine Stelle als Stalljunge ausgeschrieben hatten, habe ich zugeschlagen. Immerhin wollte ich Geld verdienen und das kam mir gelegen. Und seitdem arbeite ich hier, sind mittlerweile vier Jahre«, plapperte der Blondschopf fröhlich vor sich hin.
»Das freut mich für dich. Ich studiere momentan in London.«
»Ja, aber zum Glück hat Lou Ferien, weil sonst hätten wir nicht herkommen können«, rief Phoebe über den Tisch hinweg, was Niall zum Lachen brachte.
»Stimmt, was ein Glück«, sagte der mit einem mystischen Lächeln auf den Lippen.
Der Abend verlief ruhig. Wie spielten noch Wikingerschach im Garten, wobei Daisy ganz groß rauskam. Dachte sie jedenfalls, immerhin hatte sie viele Klötze umgeworfen. Dass es allerdings die ihres eigenen Teams waren, schien sie nicht groß zu stören. Im Gegensatz zu Robin, der immer wieder vergeblich versuchte, ihr beizubringen, dass sie doch auf unsere Klötze werfen musste.
Nach zwei Runden verabschiedete ich mich von der Runde und half Anne dabei, den Tisch abzuräumen und das Geschirr zu spülen. Der Großteil kam zwar in die Spülmaschine, aber ich trocknete das Besteck und die Schüsseln ab.
»Louis?«, fragte Anne nach einem Moment, als ich die letzte Schüssel in den Schrank stellte.
»Ja?«
»Ich möchte, dass du und Harry versucht, miteinander klar zu kommen. Ich weiß, dass das mit euch immer schon schwierig war und ihr euch nicht sonderlich gut leiden könnt. Aber ihr seid beide älter geworden und vielleicht könnt ihr ja nochmal von vorne anfangen. Ihr müsst nicht die besten Freunde werden, aber ein ruhiges und entspanntes Nebeneinanderleben wäre für mich schon genug. Ich wünsche mir für uns und die Kinder einfach einen schönen Sommer, verstehst du? Und das geht nicht, wenn sich zwei die ganze Zeit zanken.« Nachdenklich friemelte sie an den Bändern ihrer Schürze herum.
»Ich… ich kann nichts versprechen, Anne. Aber ich werde es versuchen. Ich will auch eine nette Zeit, aber ich weiß nicht, ob ich es schaffe, auf ihn zuzugehen. Wenn er mich in Ruhe lässt, werde ich das auch tun. Aber bitte verlange nicht mehr.«
Sie nickte und sah mich dankend an. »Danke, ich werde auch nochmal mit ihm sprechen, wenn er wieder da ist.«
»Okay«, sagte ich und stieß mich von der Theke ab. »Ich werde dann mal nach oben gehen. Bis morgen, Anne.«
»Bis morgen, Louis. Schlaf gut.«
Ich verließ die Küche und ging durch das Haus nach oben. In meinem Zimmer angekommen, schloss ich die Fenster, da der Wind die abgekühlte Luft unangenehm in den Raum drückte. Sobald es die abendlichen Temperaturen zuließen, würde ich mich nach draußen setzen und den Sonnenuntergang beobachten, den man vom Balkon aus wunderbar sehen konnte.
Aus meinem Koffer holte ich ein Handtuch, Unterwäsche und meine Kulturtasche. Barfuß tapste ich über den Flur ins Bad. Es war geräumig und bot Platz für eine große Dusche, eine Badewanne und alles, was man so brauchte.
Überall lagen Dinge herum. Cremes standen auf der Anrichte des Waschbeckens, ein kleiner Aufbewahrungsturm mit Haargummis, Spangen und Ähnlichem direkt daneben. In einem Körbchen sah ich eine Haarbürste, in welcher sich braune Locken kräuselten. Eine Zahnbürste stand in einem Becher auf der Ablagefläche unter dem großen Wandspiegel, daneben die Zahnpasta.
Neben dem Waschbecken befand sich ein Regal für Handtücher. Eines der mittleren Fächer war frei, weshalb ich dort meine Boxershorts und mein Schlafshirt hineinlegte.
Irgendwie war es seltsam, in einem Bad zu sein, das jemandem gehörte, eben dieser Besitzer aber nicht da war und einen nicht leiden konnte. Trotzdem stellte ich meine Kulturtasche auf die Anrichte und öffnete die Tür der Dusche, um das Wasser einzuschalten.
Ich schälte mich aus meinen Klamotten, die ich in einem Haufen auf dem Boden sammelte, und streckte mich einmal ausgiebig, bevor ich in die Dusche trat. Das warme Wasser fühlte sich nach einem so langen und anstrengenden Tag gut auf meiner Haut an. Seufzend legte ich den Kopf in den Nacken.
Was Zayn und Liam wohl gerade machten? So wie ich sie kannte, machten sie sich gerade dazu bereit, durch die Londoner Straßen zu streifen und sich One-Night-Stands zu angeln. Ich war mir sicher, dass die zwei sich schön volllaufen ließen, während ich hier quasi festsaß und nicht einmal die Chance auf Alkohol hatte.
Seufzend wusch ich mir den Schaum aus den Haaren und stellte meine Shampoo Flasche einfach zu den vielen anderen. Himmel, wer brauchte bitte so viele Produkte für die Haare? Was war er, eine Prinzessin?
Ich trocknete mich ab, als ich aus der Dusche stieg, und rubbelte meine Haare wenigstens ansatzweise trocken. Rasch zog ich mir eine frische Boxershorts über und schlüpfte in mein großes Schlafshirt. Die Schmutzwäsche nahm ich, nachdem ich meine Zähne geputzt hatte, wieder mit in mein Zimmer, wo ich einen Korb fand, in den ich sie packte.
Müde gähnte ich und zog die Vorhänge vor die Fenster. Als ich im Bett lag und mich in die Decke gekuschelt hatte, scrollte ich noch ein wenig durch Instagram und wünschte Mom eine gute Nacht.
Hallöchen :)
Ich dachte mir, heute wäre ein guter Tag für ein weiteres Kapitel, denn ich habe heute auch endlich mal wieder eines geschrieben. Einmal die Woche updaten sollte ich schaffen, behaupte ich jetzt mal. Ob ich das schaffe, weiß ich nicht genau.
Was denkt ihr bisher? Lasst mir gerne mal eure Meinung da, was ihr denkt, was passieren wird. Ich bin gespannt.
Bis zum nächsten Mal,
Lea
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