Kapitel 7

Ich liege immer noch auf dem Körper meines Bruders und Tränen fließen in Sturzbächen meine Wangen hinunter, als der Polizist die Sanitäter zu mir und meinem Bruder bringt. Ich höre hinter mir eine jemandem scharf die Luft einziehen. „Das ist Oryana und ihr Bruder, Berhanes Kinder",murmelt eine Stimme. Langsam drehe ich meinen Kopf und erkenne zwei Freunde meines Vaters, die mit ihm arbeiten. „Oryana, du musst aufstehen", bittet mich der größere der beiden,„ damit wir deinem Bruder vielleicht doch noch helfen können" Wie mechanisch tue ich zwar, worum man mich gebeten habe und flüstere dann mit bebender Stimme:„ Es ist zu spät, sein Herz hat schon vor Minuten aufgehört zu schlagen." Der andere Freund meines Vaters kniet sich neben Yaris und tastet nach einem Puls, doch er findet keinen.

Die nächste Stunde zieht einfach an mir vorbei, ich nehme alles nur gedämpft war, wie mein Vater mich kurz in den Arm nimmt und dann zu seinen Freunden rennt, die gerade Yaris auf einer Trage hinein bringen. Mein Vater wie er im Tränen ausbricht und auf Yaris Leiche schaut, die ganze Zeit flüsternd, das jenes nicht wahr sein kann. Die Ärzte, die Yaris offiziell für Tod erklären, meine Moma die ankommt, nachdem sie Alisha gebeten hat auf Kyano aufzupassen und ebenfalls in Tränen ausbricht, als sie es erfährt und zu Yaris Leiche geht. Und ich, ich stehe die ganze Zeit einfach mitten im Gang rum, unfähig mich zu bewegen, bis meine Eltern kommen und mich in den Arm nehmen.

Dann spüre ich wieder etwas, nämlich diesen unfassbaren Schmerz und die Trauer, nicht nur meine, sondern auch ihre, es ist schrecklich und ich will weglaufen, doch meine Beine tragen mein Gewicht nicht und ich falle auf den Boden.
Mein Vater nimmt mich auf den Arm und trägt mich zum Auto eines seiner Freunde, meine Mutter setzt sich zu mir auf die Rückbank und mein Vater auf den Beifahrersitz und wir werden nach Hause gefahren. An der Stelle wo es passiert ist, machen wir halt und meine Eltern steigen aus und sinken neben der Stelle zu Boden, an der Yaris gestorben ist, als sie den Blutfleck entdecken. Ich bleibe auf meinem Sitz, ich will nicht daraus und mir das ganze noch einmal ansehen müssen.
Irgendwann steigt meine Mutter wieder ein und wir fahren weiter, mein Vater fährt unser Auto nach Hause, ich hoffe er macht keine Dummheiten, doch er folgt uns direkt und in unserer Straße machen wir halt und steigen aus.

Meine Beine tragen mich immer noch nicht und ich mache nochmal Bekanntschaft mit dem Boden. Der Freund meines Vater, der uns nach Hause gebracht hat, hilft mir auf die Beine und trägt mich kurzerhand in unser Wohnzimmer und setzt mich auf dem Sofa ab. „Danke", flüstere ich und ziehe meine Beine an. Er nickte lediglich und verlässt dann das Haus.
Auf einmal kommt Kyano um die Ecke geschossen und schmeißt sich neben mir auf das Sofa. „Oryana, was ist passiert, Moma kam mit ganz verweinten Augen bei Alisha an und hat mich hierher geschickt. Pa hat genauso verweinte Augen und hat sich leise mit einem seiner Kollegen unterhalten", fragt mein kleiner Bruder.
Ich muss tief durchatmen, daran habe ich gar nicht gedacht, Kyano müssen wir ja auch noch erzählen, was passiert ist. Ich will zu einem Satz ansetzen, doch aus meiner Kehle kommt nur ein Krächzen, weshalb ich Kyano einfach in den Arm nehme und an mich drück, ihn festhalte, damit ich nicht noch meinen anderen Bruder verliere.
*** 16.07.2020 - 578 Wörter

Ein Sonnenstrahl, der mich an der Nase kitzelt, sorgt dafür das ich aufwache. Ich liege auf immer noch auf dem Sofa, Kyano in meinen Armen. Darauf bedacht, ihn nicht zu wecken, setze ich mich auf und erblicke meine Eltern, die im Türrahmen stehen. Ich flüstere leise:„ Weiß er es schon?" Meine Moma schüttelt den Kopf, kommt zu mir, setzt sich neben mich und nimmt mich in den Arm.
Diese Situation muss für sie auch unfassbar schrecklich sein, ich habe meinen Bruder sterben sehen, ich war dabei, konnte ihm vielleicht etwas halt geben, meine Moma hat ihren ältesten Sohn verloren und konnte ihm nicht zur Seite stehen, als er aus dieser Welt scheiden musste.

Mein Pa hat sich an das Ende von Kyanos Füßen gesetzt und starrt den Boden an, auch er hat gestern sein Kind verloren.
Und ich? Ich hatte gestern meinen Bruder verloren. Yaris Gesicht tauchte vor meinem inneren Auge auf, nicht das schmerzverzerrte, das er kurz vor seinem Tod hatte nein, er lächelte mich an, als wolle er mir Mut zu sprechen. Dieses Bild tröstet mich ein bisschen, doch es lässt mich meine Trauer und Schmerzen nicht verschwinden.

Irgendwann wacht Kyano auf, reibt sich die Augen und schaut uns einem nach dem anderen an. „Moma, Pa, Oryana, was ist los? Wo ist Yaris, sagt mir endlich einer, was passiert ist?", will er dann wissen. Ich lege einen Arm um ihn und Pa steht auf, kniet sich vor ihn auf den Boden und nimmt Kyanos Hände. Mein Vater beginnt Kyano zu erklären, was passiert ist, ich schalte auf Durchzug, ich will es nicht, will nicht hören müssen, wie mein Vater meinem kleinen Bruder erklären muss, dass sein großer Bruder tot ist.
Erst Kyanos wütender Schrei und das darauffolgende Schluchzen höre ich wieder. Ich rücke noch näher an meinem Bruder heran, um den Schmerz etwas zu lindern.

Später am Vormittag, sitze ich wieder einmal auf dem Beifahrersitz unseres Autos und fahre die Hauptstraße entlang.
Mein Vater bringt mich aufs Revier, damit ich dort meine Aussage machen kann, wie Yaris zu Tode kam. Meine Hände sind feucht und schwitzig und mir ist speiübel, ich will nicht auf das Revier und am Ende noch dem Polizisten begegnen, der Yaris gestern erschossen hat.
Auf dem Parkplatz vor dem Revier, stellt Pa unsere Auto ab, dann verlassen wir das Auto und beteten das große Gebäude. Innen ist es angenehm kühl, nicht so heiß, wie draußen, dafür sorgen die großen Deckenventilatoren. Ich sehe mich um, in der Halle stehen viele Büro, abgetrennt doch Glasscheiben und es herrscht reges Treiben. Mein Vater und ich gehen zur Rezeption und geben Bescheid, dass ich da bin, um meine Aussage zu machen. Wie werden gebeten noch etwas Geduld haben und zu warten, bis der Polizist, der meine Aussauge aufnehmen wird, da ist und auf den Plastikstühlen platz zunehmen. Ich bleibe stehen, während mein Vater sich in einen der Stühle fallen lässt, dann nimmt er meine Hände. „Oryana, du schaffst das, du gehst da rein und erzählst, was genau passiert ist und dann bekommt dein Bruder vielleicht Gerechtigkeit, du schaffst das." Am Ende zwinkert er mir zu. Ich nicke und versuche ein schwaches Lächeln zu Stande zu bringen, doch mir ist immer noch übel.

Nachdem wir etwas zehn Minuten gewartet haben, kommt der Polizist und holt mich ab. Ich blicke noch ein letztes Mal zu meinem Vater, der mir zuzwinkert, dann folge ich dem Polizisten, um meine Aussage zu machen.
*** 17.07.2020 - 570 Wörter

Bevor ich durch dir Tür trete, atmet ich tief durch. Wir sind in einem einfach gekachelten Raum, in dem lediglich zwei Metallstühle und ein Metalltisch stehen. Ich werde aufgefordert mich zu setzten und ich rutsche nervös auf dem kalten Metal hin und her. Der Polizist setzt sich ebenfalls und ich sauge scharf die Luft ein, er sieht genauso aus, wie der Polizist, der Yaris erschossen hatte, die selbe schmächtige Figur, die blonden Haare, er sieht wirklich genauso aus. Erst als er mich fragt, ob alles in Ordnung sei, merke ich, dass es doch nicht der selbe Polizist ist, seine Stimme hat einen anderen Klang, sie schnarrt nicht, sie ist er rauchig.
Ich blicke dem Mann in die Augen, diese sind in einem beruhigenden Braunton und nicht in dem Eiskalten Blauton, des andern  Mannes. „Es ist alles gut", sage ich leise.
Der Polizist nickt und bittet mich dann für das Protokoll meinen Namen,mein Alter, sowie mein Verhältnis zu Yaris zu nennen.

„Mein Name ist Oryana Maragolys, ich bin siebzehn Jahre alt, mein Bruder Yaris war der Mann, das gestern Abend erschossen worden ist", beantworte ich die Fragen.
„Sie waren dabei, während ihr Bruder zu Tode gekommen ist, wissen Sie, ob er zu dieser Zeit clean war oder hatte er Alkohol oder Drogen intus?", wollte er wissen.
„Nein, mein Bruder hatte weder Alkohol noch Drogen intus", antworte ich. „Besaß Ihr Bruder eine Waffe und hatte er an diesem Abend bei sich?", war die nächste Frage.
„Mein Bruder war nicht im Besitz und eine Waffe und führte an besagtem Abend keine mit sich", beantworte ich höflich auch die nächste Frage.
„Hat ihr Bruder den Polizisten, der gestern Abend auf Streife war, beleidigt oder angegriffen?"
„Nein, mein Bruder hat die Anweisungen direkt befolgt und hat den Polizisten weder beleidigt, noch angegriffen", langsam wurde ich genervt, das ließ mich wenigstens meine Angst vergessen, mittlerweile rutsche ich nicht mehr auf dem Stuhl herum, sondern sitze einfach da, balle lediglich meine Hände zu Fäusten. Innerlich frage ich mich, ob man mir endlich auch mal Fragen dazu stellt,  was eigentlich genau passiert ist.
Mir wurden noch ein paar weitere Fragen gestellte, doch durch keine konnte ich erzählen, was gestern Abend wirklich passiert war.

„So, damit wäre ihre Aussage fertig, möchten Sie noch etwas sagen?", meinte der Polizist. „Ja, das möchte ich durchaus", sage ich und der Polizist schaut mich verdutzt an, das hat er wohl nicht vermutet,„ mein Bruder wurde erschossen, weil der Polizist lediglich dachte, er hätte eine Waffe in der Hand, obgleich mein Bruder seine Hand wieder aufs Autodach gelegt hat, nachdem er dazu aufgefordert wurde. Das was der Polizei für eine Waffe hielt, war seine Armbanduhr, die aufgegangen war."
Der Polizist schweigt einen Moment, dann fragt er :„ Warum hat ihr Bruder die Hand vom Dach genommen?" „Weil mich beruhigen wollte, weil ich Angst vor Polizeikontrollen habe, da mein Großvater bei einer ums Leben kam und ich musste es mit ansehen", sage ich ehrlich, stehe dann auf und verlasse den Raum, egal wie unhöflich das war. Ich renne den Gang entlang, bemüht nicht in Tränen auszubrechen. Es dauert einen Moment, bis ich meinen Vater zwischen den vielen Büros zu finden, doch dann finde ich ihn und umarmen ihn. „Können wir bitte gehen", bitte ich ihn. Mein Vater nickt und wir verlassen das Revier. Draußen atme ich tief durch, ich habe es geschafft, die Aussage ist gemacht, jetzt müssen wir hoffen, dass es etwas bringt und der Polizist für seine Tat hinter Gitter wandert.
18.07.2020 - 578 Wörter
Insgesamt: 1726 Wörter

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