Kapitel 3

Nach einer Busfahrt, die dieses Mal zum Glück ohne Zwischenfälle verlief, waren meine Familie und ich gegen zum Mittagessen um ein Uhr zu Hause und ließen uns die Nudeln schmecken die mein kleiner Bruder in unsere Abwesenheit gekocht hat. Als wir das Essen beendet haben, erzähle ich Kyano wie versprochen von der Wahl und er hört mir aufmerksam zu. Da ich nicht weiß, wie ich die Zeit totschlagen soll, bis die Wahlergebnisse heute Abend verkündet werden, gehe ich einer meiner Leidenschaften nach, dem Backen, dieses Talent habe ich von meiner Moma geerbt. Während der Kucken im Ofen ist rufe ich meinen besten Freund Hodari an.

„Hey Sonnchen", begrüßt mich meine bester Freund, nachdem er den Anruf angenommen hat. Hodari ist der einzige, der mich mit diesem Spitznamen anredet, dieser ist an die Bedeutung meines Namens angelehnt, aufgehende Sonne.
Was sein Name bedeutet weiß ich nicht, er hatte die Hausaufgaben in der Schule dies herauszufinden, nicht gemacht gehabt.
„Hey Hodari", begrüße ich ihn ebenfalls. „Warst du schon wählen?", will er von mir wissen.
„Aber natürlich", antworte ich, „und du?"
„Ebenfalls", gibt mir als Antwort.
So geht das immer, wir finden ein Thema und unterhalten uns stundenlang darüber, dieses Mal ist es die Wahl. Ehe ich mich versehe ist es Zeit zum Abendessen und ich verabschiede von meinem besten Freund und lege auf. Dann fällt mir siedenheiß ein, dass ich ja einen Kuchen im Backofen hatte, schnell laufe ich in die Küche, ich war während dem Telefonat in mein Zimmer gegangen, um zu sehen das meine Mutter den Kuchen zum Glück rausgeholt hatte und gerade die letzte Verzierung setzte. „Ich dachte, ich mache den mal fertig", meint sie und lächelt mich an. „Danke Moma", bedanke ich mich und lächele sie an.

Nach dem Abendessen und einer Runde Karten spielen setzten wir uns alle gespannt vor den Fernseher, gleich würden die Wahlergebnisse verkündet werden. „Guten Abend liebe Damen und Herren, die Stimmen sind gerade fertig ausgezählt worden, die Graphiken der einzelnen Städte werden gleich eingeblendet und danach die gesamt Graphik", teilt uns der Nachrichtensprecher mit. Als erstes wurde die Graphik der südlichsten Stadt des Landes gezeigt, Hezinda. Früher gab es eine andere Stadt, die weiter im Süden liegt, doch dort liegt alles in Schutt und Asche, seit dem die Schwarzen dort einen Krieg mit den Weißen begonnen haben um ihre Gleichberechtigung zu fordern. So etwas möchte keiner von uns noch einmal erleben, das trägt auch dazu bei, dass sich kaum jemand gegen den Rassismus wehrt. Aber zurück zu den Wahlergebnissen. In Hezinda hat Taio Abioye deutlich gewonnen, was kein Wunder ist, dort leben auch die meisten schwarzen. In Menzinda sieht es da schon anderes aus, dort hat Maximillian Lain klar gewonnen, aber in Ekizinda hat Taio Abioye gewonnen, aber nur sehr knapp.

Dann werden die Ergebnisse von unserer Stadt angezeigt, hier hat Maximillian Lain gewonnen und das nicht gerade knapp. Das wundert mich sehr, immerhin hatten die Prognosen Taio Abioyes Sieg doch sehr sicher vorausgesagt, aber noch mache ich mir keine Sorgen, Abioye kann immer noch gewinnen. Dann wird die Endgraphik eingeblendet und ich starre entsetzt auf den Fernseher, während meine Vater und mein großer Bruder wütend aufschreien. Maximilian Lain hat gewonnen und er hat 15% mehr Stimmen als Taio Abioye. Aber das kann nicht sein, so viel weniger Stimmen hat Abioye nicht gehabt. Ich blinzele doch dort steht es immer noch, Lain hat gewonnen. Das konnte nicht war sein, das durfte nicht war sein! Jetzt würde sie ich nichts ändern.

„Da ging doch niemals im Leben alles mit rechten Dingen zu", meint Yaris wütend. „Das glaube ich aber auch", stimmt mein Vater ihm zu und man hört die Wut in seiner Stimme, was selten vorkommt, mein Vater ist eigentlich ein ruhiger Mensch. Meine Mutter schüttelte nur den Kopf und auch ich sage nicht dazu, stattdessen stehe ich auf und gehe in mein Zimmer.
Das kann nicht war sein, das darf nicht war sein", denke ich, „ jetzt ist schon wieder ein weißer Präsident an der Macht und entweder er schweigt den Rassismus tot oder er verschlimmert ihn. Egal wie, an unsere Situation ändert sich nichts." Mit diesen traurigen Gedanken lösche ich das Licht und gehe schlafen, in der Hoffnung dieses Wahlergebnis nur geträumt zu haben.
         ***  05.07.2020 - 702 Wörter

Natürlich hatte ich die Wahlergebnisse nicht nur geträumt und dem entsprechend im Keller ist auch die Stimmung am nächsten Tag und richtig mies ist sie, nachdem wir die Ansprache des neuen Präsidenten im Fernsehen gesehen haben. „Ich verstehe es einfach nicht, Abioye lag doch laut den Prognosen klar vorne", meint Yaris und schüttelt den Kopf. Genaus das selbe hörte ich ein paar Stunden später von Hodari, mit dem ich mich verabredet habe. Zusammen essen wir die Schokokekse, die ich gebacken haben und reden über das Wahlergebnis und darüber, was sich jetzt nicht verändert hat.

„Eigentlich müssten wir etwas ändern", sagte Hodari zwischen zwei Bissen, „eigentlich müssten wir für unsere Gleichberechtigung kämpfen." Als er meinen entsetzten Blick sieht fügt er hinzu: „Natürlich nicht mit Waffen, sondern mit Protesten und so etwas." Ich nicke nur, Hodari hat recht, doch es gibt einen Haken an diesem Plan, der neue Präsident sieht nicht so aus, als ob er nicht mit Gewalt gegen so etwas vorgehen würde und es danach immer noch nicht einsieht und den Rassismus dann noch antreibt oder ihn einfach weiter totschweigt. Ich wechsle schnell das Thema, ich habe eigentlich keine Lust mir den Tag noch mehr versauen zu lassen, mit Themen wie diesen.

Doch auf dem Weg nach Hause stelle ich wieder einmal fest, dass man Rassismus nicht einfach ignorieren kann. Da ich keine Lust habe, den Umweg über die Hauptstraße zu laufen, um von dem Haus von Hodaris Vater zu uns zu kommen, dann würde ich anstatt fünf Minuten, fünfzehn Minuten laufen, gehe ich mit gesenktem Kopf und meiner Kapuze übergezogen durch die kleinen Gassen von Pogawo. Auf einmal sehe ich fünf große, weiße Jugendliche zwei Meter vor mir an einer Hauswand lehnen.

Ich habe meinen Blick wohl etwas zu lange auf ihnen ruhen lassen, auf Grund meine Verwunderung schiebe, wegen der teuren Klamotten hätte ich nicht erwartet, dass die fünf auch nur einen Fuß nach Pogawo setzen würden, denn sogleich pöpelt mich einer an. „Hey, was guckst du so, was willst du."
„Entschuldigen Sie bitte, ich möchte nichts von Ihnen, es tut mir leid, dass ich Sie gestört habe", antworte ich ruhig und gehe langsam zurück, dabei ziehe ich meine Hände auf den Jackentaschen und verschränke sie hinter dem Kopf, damit die fünf sehen, dass ich nicht bewaffnet bin. Das haben wir schon früh gelernt, wenn uns Weiße auf der Straße anmachen, vor allem eine Gruppe, aber auch einzelne Personen die gewalttätig sind, dann sollte man ruhig und höflich sein und wenn es möglich ist, sich erst langsam entfernen und dann schauen, dass man weg kommt.

„Schaut euch das mal an, eine kleine Negerin", meint einer der Typen zu seinen Freunden.
Ich muss schlucken, auch wenn ich diese Beleidigung schon so oft gehört habe, tut sie doch jedesmal wieder und lässt mein Herz schmerzen. „Die will doch sicherlich eine Tracht Prügel, so ein Abschaum hat es auch verdient", Antwortet darauf hin eine der anderen Typen. Das ist der Moment, indem ich mich umdrehe und los renne, so schnell ich kann, in die Richtung aus der ich gekommen bin. Ich höre einen Schuss und ich sprinte um die Ecke, ich drehe mich nicht um, um zu schauen ob die Typen mir folgen, ich sehe zu, dass ich weg komme. Am liebsten hätte ich bei Hodari geklingelt und mich dann von jemandem abholen lassen, doch Hodari wurde von seinem Vater zu seiner Mutter gebracht, bei welcher er die nächsten zwei Wochen wohnen würde, deswegen verlangsamte ich mein Tempo ein bisschen und joggte an der Hauptstraße entlang zu uns nach Hause. Verschwitzt und zitternd komme ich bei uns zu Hause an und klingle. Meine Mutter macht mir besorgt auf, da ich zu spät dran bin und als sie sieht, wie ich zittere nimmt sich mir wortlos in den Arm und hält mich fest, während ich in Tränen ausbreche.
*** 06.07.2020 - 640 Wörter

Nachdem ich mich irgendwann wieder beruhigt habe, erzähle ich meiner Moma leise, was passiert ist. „Oh Schätzchen, das tut mir so leid", sagt sie und nimmt wieder in den Arm, auch Kyano kommt und umarmt mich fest. Weil ich das ganze nicht nochmal erzählen möchte, erzählt sie meinem Vater und meinem großen Bruder, was passiert, worauf hin mein Vater mich ebenfalls fest in den Arm nimmt und dann flüstert:„ Lass dich davon aber nicht einschüchtern Oryana, du bist nicht weniger Wert als die fünf du hast keine Gewalt verdient." Yaris umarmt mich ebenfalls und schlägt dann leise vor: „Wie wäre es mit einer schönen Runde Flachwitzen, damit du wieder lachen kannst?" Ich nicke und lächele ihn an, das ist das was ich jetzt brauchen kann. Warum ich Flachwitze so mag weiß ich auch nicht, doch wie Yaris und Kyano kann ich ewig darüber lachen.

Zu dritt gehen wir in mein Zimmer und machen es und gemütlich. „Darf ich anfangen, bitte?", fragte Kyano und schaut uns bittend an. Yaris und ich nicken und Kyano erzählt den ersten Flachwitz: „Egal wir gut Du fährst, Züge fahren Güter." Obgleich er diesen Witz mindest einmal erzählt, muss ich immer wieder lachen und so ist es auch jetzt.
„Kalauer sind die Buchstaben A bis J", meint Yaris , ich und Kyano schauen ihn fragend an, diesen Witz kennen wir noch nicht. „Weil die alle auf das K lauern!", löst mein Bruder auf und Kyano bricht in schallendes Gelächter aus, ich muss auch kurz lachen, doch der beste war es nicht, aber den dich erzähle, wird vermutlich auch nicht besser:„Bilden Sie doch mal einen Satz mit ‚Rudiment'! Ach Lieschen, sei mal wieder froh, der Rudi ment es doch nicht so!" Doch entgegen meiner Erwartung beginnen meine Brüder beide herzlich zu lachen.

„ „Soll ich Sie ihnen einschlagen?", fragt er der Glaser den Käufer der Scheibe.", ist der nächste Witz, dieses Mal wieder erzählt von Kyano und erneut erklingt Lachen und so geht es die ganze Zeit weiter, wir erzählen uns viele Flachwitze und lachen darüber.
Um neuen Uhr geht Kyano ins Bett und so erzählen nur noch Yaris und ich uns gegenseitig Flachwitze, bis wir irgendwann Bauchweh haben vor Lachen und uns deswegen entscheiden, rauszugehen und die Sterne anzuschauen. In der Dunkelheit sitzen wir auf der Terrasse, ich an ihn gelehnt und Yaris zeigt mir die verschiedene Sternbilder.

Ich habe schon immer gerne Zeit mit ihm verbracht, er war immer nett zu mir und wollte mich beschützen, wir haben ein wirkliche wunderbares Verhältnis und ich bewundere ihn dafür, dass er trotz seines doch harten Jobs immer Zeit für mich hat und nie genervt ist, wenn ich ihn etwas frage, egal wie schrecklich sein letzter Einsatz auch gewesen sein mag. Diese Eigenschaft habe ich hoffentlich wie er auch von meinem Vater geerbt, ich bezweifle nämlich, dass meine Moma immer nach harten Einsätzen, eine komplett zickige Tochter zu Hause haben kann, die es an anderen auslöst, wenn sie mit einer schlimmen Situation nicht fertig wird, aber nicht darüber spricht. Prompt erzähle ich Yaris davon doch diese beruhigt mich: „Ich denke du kannst diesen Job meistern Oryana und wenn du mit etwas nicht klar kommst, dann kannst du immer mit mir und Pa reden und wir helfen dir, versprochen" Er drückt mich an sich um seine Worte zu verstärken und lächelt mich dann an. „Danke Yaris", antworte ich und beobachte mit ihm dann weiter die Sterne. Irgendwann wird es uns aber zu kalt und wir gehen rein, um schlafen zu gehen
*** 07.07.2020 -  583 Wörter
Insgesamt: 1925 Wörter

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