Kapitel 30
Als ich den Sanis das verkünde, wozu Sonya mich beauftragt hat, sind sie nicht wirklich glücklich. Ihrem Blick nach zu urteilen, haben sie schon auf eine Art und Weise damit gerechnet. Eigentlich ist das auch nicht verwunderlich, jeder hier auf der Lichtung muss eigentlich schon daran gedacht haben, dass unser Ende hier auf der Lichtung unaufhörlich näher rückt und wir nichts dagegen tun können, außer uns vorzubereiten. Ich bin froh, dass sie mich jetzt nicht mit Fragen bombadieren oder irgendetwas mit mir besprechen wollen, sondern mich einfach schnell zu Newt lassen. Ich habe sowieso nicht mehr so viel Zeit und will die Zeit, die ich noch zur Verfügung habe, bei ihm verbringen und mit ihm reden können. Wenn ich ihn sehe, geht es mir automatisch schon wieder ein bisschen besser. Als ich an dem Zimmer, in dem er liegt, anklopfe, schlägt mein Herz mir bis zum Hals, zum Einen, weil ich ihn jetzt endlich wiedersehen kann und zum Anderen, weil ich weiß, dass es ihm nicht gut geht und ich mit ihm leide, da ich einfach nur will, dass es ihm gut geht. Wenn ich dafür bete, ist das meiner Meinung nach nicht zu viel verlangt, er hat das Recht, gesund zu sein und sich wie jeder andere hier auf die Flucht vorbereiten zu können. „May, bist du das?", höre ich seine kraftlose Stimme, als ich eintrete und die Tür hinter mir schließe. Im Zimmer ist es ziemlich stickig, ich sehe, wie Newt auf der Liege liegt, an die Decke starrt und wie sich auf seiner Stirn die Schweißperlen gebildet haben, auf Grund seines Fiebers. Mein Herz krampft sich schmerzhaft zusammen, als ich ein Glas Wasser hole und es ihm an die Lippen führe. Ich muss aufpassen, dass ich nicht die Hälfte des Wasser auf den Boden verschütte, da meine Hand so sehr zittert. Ich liebe ihn so sehr und habe solche Angst um ihn. Zwar auch, dass er es nicht überlebt, doch viel mehr, dass er bei der Flucht nicht alles koordieren kann. Ich werde für ihn sorgen! Mein ganzer Körper ist so eingestellt, dass er sich im Notfall vor ihn werfen wird, denn jede Zelle meines Körpers spürt diese Liebe zu ihm und verstärkt es auch noch. Als ich Newt das Glas an die Lippen halte und er langsam trinkt, kann ich meinen Blick über seinen Körper schweifen lassen. Seine Kleidung klebt ihm vor lauter Schwitzen an der Haut, man sieht, wie ausgezehrt er ist. Newt ist noch nie eine Person mit einer kräftigen Statur gewesen, deswegen betrifft ihn dieser Hunger noch mehr. Ich will ihn einfach nur in Sicherheit wissen. Ist das zu viel verlangt? Anscheinend ja. Newt läuft das Wasser leicht aus dem Mund, denn er hat ein bisschen Halsschmerzen, die ihn beim Schlucken behindern. Es ist einfach nur grsausam für mich, zu sehen, wie er an Schmerzen leidet. Ich will ihm den Schmerz nehmen, doch ich weiß, dass das ich das nicht kann. Ich kann nur bei ihm sein und ihn ablenken und hoffen, dass das ihm wenigstens ein bisschen gut tut. Nachdem das Glas leer ist, feuchte ich ein Tuch mit Wasser an und streiche ihm über die Stirn, um ihn ein bisschen abzukühlen. Er fängt an, zu husten und ich bekomme dabei einen halben Herzinfarkt. Es ist einfach kaum zum Aushalten. Ich empfinde so viel für ihn, wenn ich ihn ansehe, weiß ich, dass er der Grund ist, für den sich das alles hier lohnt. Er motiviert mich, obwohl alles so aussichtslos erscheint, durchzuhalten und zu kämpfen. Ich werde für mich, meine Freunde hier und ihn kämpfen, dass wir von hier entkommen können, denn wir haben alle lange genug gelitten und verdienen ein Leben in Freiheit, zumindest eine Zeit, in der wir keine Angst um unsere Existenz haben müssen und einfach nur glücklich sein können. Das haben wir alle verdient, wir haben mehr als hart dafür gearbeitet. Als Newt wieder kurz davor ist, einzuschlafen, nehme ich mir einen Stuhl und setze mich zu ihm ans Bett, greife nach seiner Hand, verschränke meine Finger mit seinen und streiche ihm mit der anderen Hand durchs Haar. „Du bist ein Engel, May", höre ich ihn flüstern, er sieht mich aus seinen braunen Augen an und versucht sich, ein Lächeln abzumühen. Ich werde ganz rot im Gesicht, da er mir so schmeichelt. „Ich tue nur das, was du auch für mich tun würdest", meine ich. Er schüttelt den Kopf. „Rede dich nicht raus. Ich würde zwar alles für dich tun, doch du musst wissen, was für ein großes Herz du hast. In der Welt draußen wäre ich mir sicher, dass viele Leute dir vertrauen würden. Erzähle mir mal, May, wie würdest du dir unser Leben da draußen vorstellen? Wenn wir einfach ein paar Jugendliche wären, die zusammen in einer heilen Welt zusammen sein könnten?" Ich lasse mich auf meinem Stuhl zurückgleiten, lehne meinen Rücken an die Stuhllehne und fange an, zu überlegen und zu erzählen. „Ich denke, wir beide würden zusammen auf die Highschool gehen, wir beide in eine Stufe. Du würdest nach dem Unterricht vor meinem Klassenzimmer auf mich warten. Ich würde dich sehen und auf dich zustürmen, dann würden wir uns vor allen leidenschaftlich küssen. Alle würden mich beneiden, da ich einen so perfekten Freund habe. Zusammen würden wir am Nachmittag in der Stadt sein, uns in in Café setzen und zusammen etwas essen und trinken. Abends würden wir zusammen einen Film schauen und uns aneinanderkuscheln. Wir würden ein perfektes Leben haben, um das uns jeder beneiden würde. So etwas wünsche ich mir für unsere Zukunft. Ich wünsche es mir für dich, denn du hast es mehr als verdient, ein so perfektes Leben zu haben. Wenn du jetzt einschläfst, kannst du von dieser Welt träumen, sie wird in deinen Träumen real sein und wenn du dann wieder aufwachst, kannst du mir erzählen, was du gesehen hast." „Danke", wispert Newt leise und er schließt seine Augen. Ich bleibe noch bei ihm und beobachte, wie er friedlich schläft. Hoffentlich träumt er nun von einer heilen Welt.
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