Kapitel 10
In meiner Mittagspause habe ich eigentlich hauptsächlich nichts anderes gemacht, als Sonya zu beruhigen. Sie ist total am Ende mit ihren Nerven, sie sagt, dass ihre Anführerin, Harriet, alle von ihren Berufen befreit hat und dazu beauftragt hat, Aris zu suchen. Die Läufer würden auch alles im Labyrinth nach Aris absuchen, obwohl er eigentlich gar nicht im Labyrinth sein kann. Gestern Abend war er wohl noch bei den Stöcken gewesen und heute morgen war er dann plötzlich verschwunden. Die Läufer stehen morgens vor dem Labyrinth, wenn sich die Tore öffnen und nachts sind die Tore geschlossen, also könnte Aris gar nicht im Labyrinth sein. Sie haben wohl schon alles abgesucht, aber nichts gefunden. Sie tut mir sehr leid, sie scheint sich wirklich große Sorgen um Aris zu machen und ich kann ihr nicht helfen, außer sie zu beruhigen. Den ganzen Nachmittag bin ich bei den Sanis gar nicht wirklich dabei gewesen, ich habe mich nämlich auch sehr viel mit Sonya unterhalten. Clint und Jeff scheinen wohl gedacht haben, dass es einfach zu viele Informationen für mich gewesen wären. Nun ist mein Tag bei den Sanis zu Ende und ich sitze im Wald, an meinem Platz, vor dem See und genieße meine freien Minuten. Morgen geht es gleich mit dem nächsten Beruf weiter, ich habe keine Ahnung, bei wem und ich will es momentan eigentlich auch nicht wirklich wissen. Ein Rascheln lässt mich aufblicken. Wer ist denn jetzt auf dem Weg hierher? Das ist mein geheimer Platz, an dem ich meine Ruhe haben will! Grummelnd hebe ich den Kopf, um zu sehen, wer meine heißgeliebte Ruhe stört. Ich staune, als ich sehe, wer mich besuchen kommt: Es ist Newt. Ich weiß nicht, wieso, aber ich bin nicht sauer, nicht im Geringsten, ich freue mich total, dass er hier zu mir kommt. Was will er denn von mir? Als er sich schweigend neben mir niederlässt und mir in die Augen sieht, schießt mir unbewusst die Röte ins Gesicht, ich kann es einfach nicht ändern. Warum habe ich meinen Körper nicht besser unter Kontrolle? Das kann doch nicht angehen! Was soll das nur in Zukunft werden? Er lächelt mich an, seine braunen Augen glitzern belustigt. Anscheinend hat er es mitbekommen, dass ich so rot bin. Mist! „Ich merke, dass du verwirrt bist. Hat es etwas mit Sonya zu tun?" Ich blicke ihm nun in die Augen, um zu sehen, ob er das einfach nur so fragt oder ob es ihn wirklich interessiert, wie es mir geht. Es wirkt zumindest so, als würde es ihn interessieren, was mich beruhigt. Newt ist anders, als die anderen Lichter hier. Die sind nämlich so, entweder ignorieren sie mich komplett oder sie wollen irgendetwas Eigenartiges von mir, bei dem ich mich sofort unwohl fühle. Newt ist der Einzige, bei dem ich das Gefühl habe, dass es ihn auch wirklich interessiert, wie es mir als Person geht. „Aris, der einzige Junge, hat sich schon gestern so merkwürdig verhalten und heute ist er einfach spurlos verschwunden. Sonya macht sich einfach so große Sorgen, dass ihm was passiert ist und ich langsam auch. Sie ist wirklich am Ende. Was ist, wenn es etwas schlimmes ist und mich irgendwann auch befällt. Ich bin schließlich das einzige Mädchen hier ...", äußere ich das, was mich schon die ganze Zeit bedrückt. Ich mag das Leben hier zwar nicht wirklich, doch ich bin gerade dabei, mich mit ihm abzufinden. Ich finde mich damit ab, dass nichts mehr so wie früher sein wird und Newt ist eigentlich der einzige Grund, warum es eigentlich noch einigermaßen auszuhalten ist. Ohne ihn wüsste ich nicht, wie es hier für mich wäre, ich glaube, er ist wirklich das Einzige, was mich morgens aufstehen lässt. Was hat er denn nur an sich, was so anders ist? Du bist nunmal ein Mädchen und er ein Junge, er ist dir symphatisch, sieht gut aus und ist nett, das ist doch klar. Halt die Klappe, innere Stimme! „May, ich werde nicht zulassen, dass das passiert, das verspreche ich dir. Wer weiß, vielleicht ist Aris ja auch nur ein Schrumpfkopf und alles ist gar nicht so schlimm. Doch, was es auch ist, du bist hier sicher, niemand kann dir etwas anhaben." Er legt mir seine Hand auf die Schulter, was mein Herz dazu bringt, schnell zu schlagen. Warum ist er denn so nett zu mir? Ich habe das doch nicht verdient? Ich bin so froh, dass Newt das nicht ausnutzt, dass ich ein Mädchen bin und irgendwelche unangemessenen Sachen mit mir macht. Ich würde ihn sonst hassen. Ich sehe ihm in die braunen Augen, während ich mich auf meinen Herzschlag konzentriere. Seine Hand, die auf meiner Schulter liegt, es ist, als würde sie eine Enegiequelle sein, die meine Schulter verbrennt. Ich bin ihm so dankbar. „Danke, Newt, das bedeutet mir wirklich viel, sehr viel. Ich weiß, das muss wie eine Heulsuse klingen, aber ich wünsche mir einfach nur ein normales Leben, nicht bei diesen Strünken. Natürlich habe ich sie alle ins Herz geschlossen, doch das ist nicht mein Leben, ich würde mich freiwillig niemals mit so viel Jungs abgeben." Newt sieht mich an. „Was ist mit mir? Bin ich auch nur einer der, die du lieber wieder loswerden würdest?" Was sagt er denn da? Niemals könnte es so sein, das habe ich damit doch gar nicht gemeint. Ich strecke meine Hand aus und halte ihn am Ärmel fest. „Nein, bleib bitte hier, ich habe das nicht so gemeint. Du hilfst mir, diese Hölle wirklich auch nur einigermaßen erträglich zu machen und dafür bin ich dir so dankbar. Bitte, verspricht mir, dass du mich nicht mir alleine überlässt", flehe ich schon fast. Er darf jetzt nicht sauer sein, ich wollte doch wirklich nichts sagen, um ihn zu verletzen. Doch er hält zum Glück an und setzt sich wieder neben mich. „Ist schon okay, ich habe es nur falsch verstanden. Ich werde dir helfen, May, denn ich mag dich. Wirklich." Ich lächele ihn an. „Ich finde dich auch sehr sympathisch."
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