Kapitel 7

Wellen. Riesen große Wellen, gar Tsunamis schlugen von links und rechts auf mich ein. Der Boden drehte sich rasend schnell und als ich meine Füße abstellen wollte fiel ich. Hunderte Meter tief in ein schwarzes Loch. Meine Knie zitterten, trotzdem maschierte ich irgendwie vorwärts. Von außen wurde mit Bratpfannen gegen meinen Kopf geschlagen und innen rauschte es, wie ein Fernseher ohne Empfang.

Ich kniff die Augen ein paar mal zusammen. Das Licht war so grell. Dann kam der Moment in dem sich alles in mir anfühlte, wie in einer Waschmaschine. Ich wusste nicht ob mir je in meinem Leben so schlecht war. Nur ein einziger, halbwegs klarer Gedanke schoss mir durch den Kopf; ich brauchte eine Toilette oder einen Eimer.

Wie durch eine göttliche Fügung blitze eine Tür vor mir auf, dahinter ein gefliester Raum. Würgend stolperte ich drauf zu. Die weißen Fliesen brannten in den Augen, doch das war mir egal. Gerade noch rechtzeitig ließ ich mich vor dem Klo auf die Knie fallen und übergab mich. Mehrmals.

Es roch und schmeckte abartig.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte sich mein Magen dann wieder beruhigt. Mit geschlossenen Augen und in Zeitlupe tastete ich nach der Spülung. Jedoch blieb ich weiter auf die Klobrille gestützt sitzen. Ich hatte die miese Vorahnung, dass wenn ich aufstehen würde, es wieder von vorne anfangen würde. Denn der Boden zog immer noch stetige Kreise unter mir.

Dann traf es mich wie der Schlag. Wo zum Teufel war ich? Das war definitiv nicht das Bad in meinem Haus. Hastig hob ich den Kopf und riss die Augen auf, entschied aber genau so schnell wieder, lieber langsam zu machen. Ich sah mich in dem Raum um. Daraufhin stand ich auf, mit dem Plan aus dem Fenster zu schauen und mich an der Gegend zu orientierten. Tatsächlich musste ich sagen, dass mir die Straße und die Häuser so überhaupt nicht vertraut vorkamen.

Was war passiert?! Ich versuchte mich zu erinnern was ich getan hatte, doch alles, was mir ins Gedächtnis schnellte, war das schummrige Bild davon, wie Louis und ich auf Harrys Silvesterparty ankamen. Durch mein Spiegelbild in der Scheibe bemerkte ich dann auch, dass ich so gut wie nackt war und ich schwor mir, nie wieder zu trinken.

"Fuck." Beim Umdrehen stieß ich eine Pflanze vom Fensterbrett, dessen Topf natürlich auf dem Boden zersprang. Ich hielt mir die Ohren zu, denn der Lärm hallte in meinen Ohren nach. Glücklicher Weise entdeckte dadurch aber auch den Bademantel, der an der Tür an einem Haken hing und schlüpfte hinein.

"Kathy?" Eine Männerstimme drang aus dem Nebenraum, welchen ich mittlerweile als Schlafzimmer identifiziert hatte. Dennoch konnte ich die Stimme nicht zuordnen.

Mein Herz machte einen Satz. War es Louis? Ich würde doch Louis' Stimme erkennen. Oder?

Ich entschied still zu bleiben. Niemals hätte ich Louis betrogen. Okay, bis gestern dachte ich aber auch, dass ich nie im Leben Alkohol getrunken hätte.

Etwas knarrte. Es war das Bett. Mir kam es wieder hoch und ich stürzte vor die Toilette.

Im nächsten Moment öffnete sich die Tür und ich starrte in zwei blaue Augen. Erleichtert atmete ich auf. Wie konnte ich überhaupt daran denken, Louis betrogen zu haben?

"Geht's dir gut?" Er klang besorgt, doch verkniff er sich offensichtlich ein Grinsen. Ich muss ausgesehen haben, wie das letzte Häufchen Elend.

"Nicht so wirklich", antwortete ich und griff wieder nach der Spülung. Eigentlich hätte das offensichtlich sein müssen.

"Willst du was trinken? Ein Glas Wasser?"

"Oh Gott nein", stöhnte ich. Mein Magen drehte sich erneut, doch nicht so stark wie zuvor.

Er ließ sich auf dem Boden neben mir nieder, und ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter, dabei fiel mir auf, dass er eine Jogginghose trug.

Das machte keinen Sinn.

"Warte, wo hast du die Hose her? Die hattest du gestern Abend bestimmt noch nicht an." Ich richtete mich auf und sah ihn an.

"Von Harry", sagte er, doch mein Gesicht verriet ihm wohl, dass ich ihm nicht folgen konnte. "Hast du etwa 'nen Filmriss?" Jetzt entwich ihm ein kurzes Lachen.

"Das ist nicht lustig." Ich versuchte ernst zu klingen, doch das klappte nicht wirklich.

"Doch, irgendwie schon." Er grinste mich an. Idiot.

"Wir sind also noch bei Harry?" Ich hob eine Augenbraue.

"Ja."

"Wieso?!" Wahrscheinlich klang ich entsetzter, als ich vor hatte. Aber irgendwie passte mir die Vorstellung, immer noch in London zu sein, überhaupt nicht.

"Na ja, du hat es nicht wirklich zu gelassen, dass wir noch in irgendein Auto steigen." Er lächelte. Ein Lächeln, welches selten sein Gesicht schmückte, doch ich kannte die Bedeutung.

"Was meinst du?"

"Du warst nicht mehr aufzuhalten", wieder erriet er an meinem Gesichtsausdruck, dass ich mehr Informationen brauchte, "nachdem ich mit Harry gesprochen hatte, hab ich dich 'ne geschlagene Viertelstunde gesucht. Irgendwann kamst du mir dann auf der Tanzfläche entgegengestürzt. Ich weiß nicht, wie viel du getrunken hattest, aber wenn es nach dir gegangen wäre, dann hättest du mich dort unten auf dem Bartresen flachgelegt." Wieder lachte er, ich jedoch konnte daran nichts auch nur annähernd lustiges erkennen. Ich hatte mich mal wieder vollkommen blamiert. Wenigstens wusste ich davon nichts mehr.

"Keine Sorge", er zog mich zurück an seine Schulter, "das habe ich verhindert. Aber das Feuerwerk haben wir trotzdem verpasst."

Darauf hin konnte ich nur seufzen.

"Komischer Weise kanntest du den direkten Weg in Harrys Schlafzimmer." Erneut erfüllte seine Lache den Raum und ich schloss die Augen.

Eine Stunde später standen wir unten in Harrys Wohnzimmer. Es sah aus, als hätte eine Game of Thrones ähnliche Schlacht stattgefunden. Überall lagen Flaschen, in einer Ecke lag ein Stück Pizza und über der einen Sofalehne hing ein knallroter BH.

"Kann ich schon raus gehen, während du dich verabschiedest?" Gequält zwang ich ein Lächeln auf mein Gesicht.

"Wenn dir das wirklich so peinlich ist-"

"Ist es", unterbrach ich ihn. Ich war heil froh, dass Harry hier nicht irgendwo rumlief.

"Die Schlüssel sind in deiner Handtasche." Lachend schüttelte er den Kopf und ging dann die Treppe wieder hoch um Harry zu suchen.

Auf meinem Weg nach zum Auto wühlte ich in meiner Tasche nach dem Schlüssel, doch ihn zu finden stellte sich als schwieriger heraus als gedacht, denn zwischen Louis Sportjakett und der Hose, war in der Tasche nicht wirklich viel Platz. Letzten Endes fand ich ihn aber und wartete im eiskalten Auto auf Louis.

Weitere zwanzig Minuten später befanden wir uns dann auf der Straße nach Hause. Die Wintersonne blendete, gegen Mittag hielten wir bei McDonalds und zwischen durch kam es mir ein paar mal fast wieder hoch, ein Mal so schlimm, dass Louis fast angehalten hätte, doch wir schafften es ohne weitere Unterbrechungen zurück.

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