Scarlett ~ Sofa
Ich fühlte mich wie ein Schluck Wasser in der Kurve.
Ein Schluck gekochtes Wasser, wohlbemerkt.
Hier im Quinjet war es noch angenehm kühl, aber im Wohnzimmer der Rogers' hatten sicher dreißig Grad geherrscht. Mom hatte mir, als ich wie ein Pfannkuchen auf dem Sofa gelegen hatte, nur mitfühlend über die Stirn gestrichen und nicht weiter nachgefragt. Manchmal war es doch wirklich praktisch, dass sie hochintelligent war.
Dennoch freute ich mich auf Zuhause.
Ausnahmsweise war ich also die erste, die aus dem Quinjet stolperte, sobald Mom ihn direkt vor dem Haupteingang zum Stehen gebracht hatte. Vielleicht würde sie ihn später in den Hangar bringen, wenn Gramps sich wieder beschwerte, keine Ahnung. Das war mir jetzt auch vollkommen egal: Ich verschwendete absolut keine Zeit damit, irgendjemanden zu begrüßen, sondern ging umgehend durch den Hauptflur, der mit den sterilen hellgrauen Stahlwänden zumindest einige Grad kühler war als alle sonstigen Orte. Doch einige Grad kühler reichten meinem Frosriesenblut noch längst nicht, weshalb ich auch ohne zu zögern nach links zur Treppe schwenkte, die in die Kältekammer führte.
Ein paar Stufen nach unten, die Sicherheitstür aufgezogen – dann war ich in meinem Reich.
Natürlich war das hier nicht mein Zimmer, dafür war es viel zu klein und spärlich eingerichtet: das einzige Mobilliar im fensterlosen, dunklen Raum war ein breites, weißes Ledersofa. Aber das wichtigste hier waren sowieso die Temperaturen, die im einstelligen Bereich lagen.
Erleichtert aufseufzend ließ ich mich auf die Couch fallen und atmete tief durch.
Ein Lächeln erschien auf meinen Lippen, und ich spürte meine Lebensgeister förmlich erwachen.
Das leise Brummen der Klimaanlage beruhigte mein wortwörtlich erhitztes Gemüt beinahe sofort, und die künstliche Oberfläche des Sofas kühlte meine nackten Arme. Von dort aus breiteten sich wohlige Kälteschauer über meinen gesamten Körper, und der nicht sichtbare, in die Decke eingebaute Ventilator sandte einen stetigen Wind auf mich herab. Seine kühlen Finger strichen sanft über meine geschlossenen Lider, wiegten mich in seinen Armen - und endlich, endlich war ich Zuhause angekommen.
Die Tür ging noch einmal auf, aber ich öffnete nicht einmal meine Augen. Hier war mein vertrautes Gebiet, hier kannte ich jedes Geräusch und jeden Vorgang - und hier würde mich nur eine einzige Person stören.
Nach drei langen Schritten, unter denen der dunkelblaue Linoeleumboden leise quitschte, senkte sich das Leder neben mir ab und ein hochgewachsener Körper glitt stumm neben mich.
Tief ausatmend bettete ich meinen Kopf auf Dads Schulter und lauschte mit einem leisen Lächeln auf den Lippen seinem gleichmäßigen Atem. Sein Arm schlich sich um meinen Oberkörper und seine Hand kam behütend auf meiner Hüfte zum Liegen, mich gänzlich einhüllend - gleichsam mit seinem typischen Dad-Geruch, den ich so liebte, und von dem Mom überzeugt war, dass er eine Spur von Minze beinhaltete.
Wir schwiegen einträchtig nebeneinander, und ich hing zufrieden meinen Gedanken nach.
Ganz klar, ich liebte mein Leben. Meistens zumindest.
Ich meine, wer hatte schon so viele Onkel und Tanten, obwohl die Eltern beide – mehr oder weniger – Einzelkinder sind?
Aber es war trotzdem... schwierig, ein Kind der Avengers zu sein. Wir hatten alle damit zu kämpfen: Von Peggy erwartete man, immer das Richtige zu tun, ich wäre im Bestfall hochintelligent geworden und Nate ein Profischütze.
Keiner von uns hatte wirklich besondere Kräfte, vielleicht abgesehen von Agnes.
Klar, wir wurden trotzdem geliebt, aber... Manchmal war es, als würden die Avengers ihren alten Kameraden mehr nachtrauern. Mir war klar, dass sie niemals etwas verändern würden am Ausgang des Infinity Wars, aber es war manchmal ziemlich bedrückend, nach Toten benannt zu sein.
Ich war stolz auf meine Namen, keine Frage.
Aber es gab Zeiten, da zweifelte ich. Es war nicht immer klar, ob ich dazu da war, die Verstorbenen weiterleben zu lassen oder selbst zu leben.
„Du denkst zu viel, Scar", ertönte die sanfte Stimme meines Vaters an meinem Scheitel. Sein kühler Atem sandte eine Gänsehaut meinen Nacken hinunter, die ich sehr begrüßte - seine Worte aber eher weniger.
„Lass mich", seufzte ich, „Ich hab zu wenig Gelegenheit, in diesen Monaten zu denken."
Dads Arm übte einen Druck auf meinen Oberkörper aus, als er leise sagte: „Weißt du, was der eigentliche Grund ist, dass ihr beide eure Namen so bekommen habt?"
Ich öffnete mit hochgezogenen Brauen meine Augen, und mein Blick fiel auf die Finger seiner linken Hand, die einen sanften Rhythmus auf meiner Hüfte trommelten. Stumm wartete ich, dass Dad fortfuhr.
„Stell dir vor, Mom kniet sich genau in diesem Moment vor Hun... Oder vielleicht sollte sie sich eher auf einen Stuhl stellen, aber du weißt, was ich meine. Jedenfalls sagt sie zu ihm: „Hunter Rhodey Stark. Du wurdest nach zwei... ähm... Männern benannt. Einer von ihnen war ein Avenger, und er war der mutigste Mann, den ich kenne." Oder so ähnlich."
Unwillkürlich musste ich grinsen, hob aber dennoch meinen Kopf leicht an und begegnete Dads Blick, der meinem so ähnlich war.
„Es sind ja nicht nur die Namen", protestierte ich leise, „Ich meine, Pietro war zwölf Minuten älter als Wanda, und Hun ist genauso viel älter als ich. Ich meine, ist das noch Zufall? Hat sie extra gewartet, bis ich..."
Ich brach den Gedanken ab und schüttelte mich. „Einfach nicht drüber nachdenken."
„Meine Rede." Dads Brust vibrierte leicht unter mir, als er lachte. Mit der freien Rechten fuhr er sich durch die kurzen dunklen Haare, eine Bewegung die, mir von Hunter nur zu bekannt war.
„Ich glaube, ihr seid einfach alle nicht kreativ genug, euch eigene Namen auszudenken", beschloss ich plötzlich, „Bis auf Wanda und Viz."
„Und T'Challa."
„Wow, der war ja auch so kreativ", spöttelte ich, „Der Vater T'Chaka, er selbst T'Challa, der Sohn T'Chada. Gratulation."
Dad drückte mir einen amüsierten Kuss auf die Schläfe und meinte dann: „Wenigstens Clint und Laura haben ihre ersten Kinder selbst benannt. Und Scott natürlich auch."
Ich zuckte die Schultern, nachdenklich mit seinen langen Fingern spielend. „Kann schon sein, aber Cooper, Lila und Cassie gehören jetzt nicht wirklich zu uns. Also, schon in die Generation, aber allein Lila und Morgan sind acht Jahre auseinander. Außerdem leben die nicht mal mehr in New York."
Morgan war die älteste aus unserer Truppe, Nia die jüngste.
Unser Küken, eigentlich Antonia, war das unschuldigste Wesen dieser Welt und wurde als einzige von jeglichen Avengers-Tätigkeiten ferngehalten. Ich freute mich, sie nächste Woche wiederzusehen, wenn ihr Vater Geburtstag hatte.
Seufzend lehnte ich mich in Dads Umarmung, dessen kühle Finger meinen rechten Arm auf- und abfuhren. Ich liebte es, gekrault zu werden... Wäre ich eine Katze, hätte ich jetzt geschnurrt.
„Dein Onkel hat einen schlechten Einfluss auf dich", erkannte auch mein Vater belustigt.
„Witzig", verdrehte ich meine Augen. Allein, dass ich eine Katze als ‚Onkel' bezeichnete... Nun, wenigstens war er nicht mein Pate geworden, obwohl er garantiert in der engeren Auswahl gestanden hatte. Ich war froh, dass dann doch Pepper und Stephen das Rennen gemacht hatten.
Aber Seymour war sowieso ein Fall für sich.
Keine Ahnung, wie genau er jetzt so langlebig geworden war, Fakt war: Er hatte bisher nicht einmal Anstalten gemacht, von uns zu gehen.
Ich schnaubte frustriert.
Die ganze Avengers-Welt war einfach nur... verrückt.
Sie waren Superhelden, die gemeinsam die komplette Katastrophe überwunden hatten, und uns – ihre Kinder – sahen sie als ihren wahren Erfolg.
Aber manchmal fühlte ich mich nicht wie ein Erfolg.
Im Sommer mutierte ich zum vollkommenen Couchpotato. Das fühlte sich nicht gut an, diese Schwäche, es war einfach nur nervig.
Aber gut... mit einem leichten Seufzen und unter dem beruhigenden Muster von Dads kraulenden Finger resignierte ich. Im Winter würden diese Gedanken auch wieder verschwinden, dann könnte ich mich im Armdrücken sogar mit Peggy messen.
„Na also", lächelte Dad aufmunternd, der mich aufmerksam beobachtet hatte, „Es hat doch alles Vor- und Nachteile."
Sanft lächelte er auf mich herab, und an seinen Mundwinkeln erschienen tiefe Grübchen. „Energie wieder aufgetankt? Dann können wir auch zu den anderen hoch."
Ich nickte und setzte mich leise ächzend auf, während das Sofa schon knarrte, als Dad seine langen Beine über die Seite schwang.
„Dann wollen wir doch unsere Familienmitglieder mal mit unserer Anwesenheit beehren..."
***
Also, irgendwie mag ich Loki als Dad total. Ich weiß auch nicht... irgendwie hatte es was, das zu schreiben. Ich hoffe, es hat euch genauso gefallen, auch wenn Loki mit kurzen Haaren etwas ungewöhnlich ist.😉
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