Hunter ~ Klauen

Wise Girl hatte ihre Watchers losgelassen.

Ich stürmte nach vorn, diesmal mit meinem wahren Körper, genau dorthin, wo meine Illusion zuvor gelandet war. Obwohl Waru kampfunfähig war, hatte Eva sich jetzt wieder gefangen, und Sierra schrie auf, als die Blonde ihr die Arme noch weiter zusammenpresste. Dieses Geräusch durchfuhr mich wie ein Peitschenhieb, und entschlossen aufknurrend hetzte ich frontal auf meine Freundin zu, obwohl auch Eva jetzt ihre Pistole hob.

„Adam ist am Leben!", schrie Queenie hinter mir, und als Eva zusammenzuckte wie vom Elektroschock getroffen, stürzte ich mich auf sie, ließ meine Faust nach vorn schnellen und traf sie heftig an der Schläfe. Die blasse Haut der Deutschen platzte sofort auf, und das rote Blut war überdeutlich auf dem hellen Untergrund zu sehen. Ein winziges Gefühl der Genugtuung durchströmte mich, dass ich ihr dieselbe Wunde zugefügt hatte, die auch Sierra zierte, bevor ich mich wieder zusammenriss. In einer einzigen flüssigen Bewegung hatte ich die Pistole, die Eva zu Boden hatte fallen lassen, aufgehoben und umgedreht – um ihr ihre eigene Waffe erneut über den Schädel zu ziehen. Die Mafiosa kippte sofort um, die Augen verdreht, und Sierra stolperte endlich wieder frei nach vorn.

Ohne den grausamen Halt der Deutschen schien sie sich nicht mehr auf den Beinen halten können, taumelte und drohte, zu fallen. Aber bei uns durfte sie fallen. Sie gehörte zu meiner Familie, wir würden sie immer auffangen. Ohne, dass ich meinen Beinen einen bewussten Befehl geben musste, war ich einen Schritt auf sie zugetreten, und endlich zog ich sie wieder in meine Arme. Obwohl ihre Hände kraftlos zur Seite herunterhingen und ihr Körper von stummen Schluchzern geschüttelt wurde, gab ihr Körper gegen meinen mir eine Kraft, die kein Adrenalin der Welt hätte auslösen können. Tief durchatmend sog ich ihren vertrauten Geruch ein, für den Moment einfach nur froh, sie in Sicherheit zu wissen – bei mir.

Aber gänzlicher Frieden hatte sich hier noch nicht ausgebreitet.
Über Sierras Kopf warf ich einen raschen Blick in die Runde, erkannte erleichtert, dass zumindest Morgan, Nate und Scar sich noch um Peggy scharten. Agnes hatte kaum zwei Schritte von ihnen weg getan, umklammerte mit ihrer Hand fest die von Ashe, aus deren Augen langsam abklingender Horror sprach. Und von unseren Feinden war die einzige, die noch stand, die Mandarin.

Sie hatte ein mildes Lächeln auf den Lippen, schien nicht einmal besorgt darüber, dass sie auf einen Schlag alles verloren hatte, was sie vor uns hätte beschützen können. „Ich bin mächtig", sagte sie, aber in ihrem weiten goldenen Gewand und den zu Boden gegangenen Mafiosi rechts und links von ihr wirkte sie einfach nur verloren. Sie wusste es nicht, aber das war vermutlich das Einzige, was sie vielleicht noch retten konnte.

Mein Kiefer verkrampfte sich, als ich Morgans Blick sah, in dem dasselbe stand, was mir durch den Kopf schoss. Die Frau, die wehrlos vor uns stand, konnten wir nicht töten. Sie hatte es verdient, war auf ihren Befehl doch schon MJ umgekommen, und wir anderen beinahe ebenfalls. Schwer schluckend kehrten meine Augen wieder zur Mandarin zurück, und als ich ihren triumphierenden Ausdruck sah, wünschte ich mir ehrlich Skrupellosigkeit. Sie war eine Gefahr für uns, befehligte die Zehn Ringe, die wir ohne eine Anführerin vermutlich zerstören könnten...

„Ich bin unsterblich", sagte die Mandarin mit einem tiefen Atemzug, während ihr Blick wieder zur Decke zurückkehrte. „Ich bin die letzte meiner Art, und als solche bin ich unsterblich." Sie war im Zug, noch einen Satz hinzuzufügen, setzte zu einem „Mein" an, unterbrach sich aber sofort selbst mit einem erstickten Röcheln. Meine Augen weiteten sich, als sie vergeblich nach Luft zu schnappen schien, mit den Händen plötzlich ihren Hals umklammerte. Der Ausdruck der Mandarin wurde immer entsetzter, als sie ihre Finger wieder hob, sie ungläubig betrachtete – die Finger und das rote Lebenselixier, das daran klebte.

Und dann sackte die Mandarin zusammen, starb vor unseren Augen, weil ihre Luftröhre zerfetzt war. Als ihr Körper auf dem Boden aufgeschlagen war, kam hinter ihr in den Schatten der zerstörten hinteren Wände des Raumes, die nur wenig zuvor von der Bombe auseinandergenommen worden waren, eine Gestalt zum Vorschein. Ganz in schwarz war er gegen die Dunkelheit in seinem Rücken nur schwer zu erkennen, doch als er vortrat, war die einzige Farbe an ihm deutlich zu erkennen. Seine Klauen glänzten rot vor Blut.

„Lasst uns nach Hause gehen", sagte Chad, und seine müde Stimme durchdrang die erschrockene Stille zwischen uns problemlos. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war ausnahmsweise nicht schwer zu verstehen. Er war erschöpft, sehnte sich genauso nach Sicherheit wie alle anderen Watchers. Aber er bereute nicht, was er getan hatte. In seiner Mimik spiegelten sich weder Entsetzen noch Freude wider – er hatte keine Gefühle gegenüber der Mandarin. Aber gegenüber seiner Familie, der er damit den Weg in die Freiheit geebnet hatte. Und obwohl mein Cousin über die Leiche, die er selbst getötet hatte, jetzt achtlos hinwegstieg, war ich ihm dankbar.

„Er hat recht", erhob eine Person die Stimme, die diese Worte noch nie im Bezug auf Chad gesagt hatte. Aber sie war mein Zwilling, ich kannte sie – mich überraschte es nicht. Meinen Cousin dafür umso mehr, der seinen verblüfften Blick nicht von Scar abwenden konnte, als sie sich mit ruhigen Schritten neben ihn stellte. Damit schien sie einen Bann gebrochen zu haben, denn Nate trat jetzt zu den Mafiosi, sie mit achtsamen Augen kontrollierend, und Sierra löste sich vorsichtig aus meinen Armen. Sofort griff ich nach ihrer Hand, scannte unruhig ihr tränenüberströmtes Gesicht ab, aber ihr Blick verhakte sich sicher mit meinem. Ich drückte ihre kalten Finger, als sie versuchte, ein zittriges Lächeln in meine Richtung zu schicken, und strich mit dem Daumen beruhigend über ihren Handrücken.

„Wir müssen noch sichergehen, dass unsere Eltern keine Probleme haben", kam es jetzt von Morgan, und ein rascher Blick bewies, dass sie sich tief durchatmend zu Professionalität zusammenriss. „Es ist unsere Aufgabe-"
Nate unterbrach sie, der Einzige, der das ohne Probleme wagen durfte. „Unsere Aufgabe ist es, Nia zu beschützen." Unter seinen schweißverklebten dunkelblonden Strähnen ließ er seine sanft funkelnden Augen kurz zu unserem Küken, immer noch in Peggys Armen, schweifen. „Sie sind die Avengers. Und sie stehen vereint. Es gibt nichts, was sie nicht schaffen können."

Trotz der widrigen Umstände, der wehrlos ermordeten Leiche zu unseren Füßen, der Schüsse, die weit entfernt noch immer durch das Gebäude hallten, lächelte ich. Und dann drehten wir uns um und gingen, beschützten Nia, während die Avengers die gesamte restliche Welt vor den Zehn Ringen schützten.

***

Es ist vorbei. The war is over... we can go home!
Und nicht nur der Kampf, auch die gesamte Geschichte nähert sich dem Ende. Es folgen nur noch fünf Kapitel.😉

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