Hunter ~ Familie

Ich konnte hier nicht viel tun abgesehen davon, meiner Schwester zuzusehen, wie sie systematisch jedes technische Gerät im Raum zerstörte. Hätte ich einfach irgendwelche Kabel gezogen, wäre höchstwahrscheinlich irgendein Alarm ausgelöst worden, weshalb die gesamte Arbeit an Scar hängenblieb.
Aber das war vermutlich auch besser so, schon jetzt hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil wir Akujis Lebenswerk vernichteten. Die Schwarzhaarige war kein böser Mensch, und sie liebte ihre Computer ehrlich... ich wollte nicht dabei sein, wenn sie das Desaster hier entdeckte.

Tja, dieser Wunsch sollte mir nicht erfüllt werden.
Scarlett hatte sich gerade wieder zu mir umgewandt und ihren Mund geöffnet, bereit, mich zum Kampf aufzufordern – der letzte und größte Punkt unseres Plans –, da öffnete sich die Tür schon von selbst.
Bevor ich herumfuhr, sah ich Scars Hand noch zu ihrem Gürtel wandern, aber sie wirkte nicht im Geringsten verängstigt. Natürlich nicht, sie und ich waren als Team unschlagbar.

Meine Miene dagegen war außer Kontrolle geraten, fast, als hätten wir Starkzwillinge Rollen getauscht – ich musste so schuldbewusst dreinsehen, dass Akuji sofort mitbekommen sollte, was Sache war. Denn natürlich war sie es, hinter der die Tür mit einem unheilverkündenden Krachen wieder ins Schloss fiel, jegliches Licht aussperrend.
„Was ist hier los?", erklang die kalte, klare Stimme der Schwarzhaarigen, bevor sie einen Lichtschalter drückte, von dessen Existenz ich nicht einmal gewusst hatte.

Die Neonröhren, die jetzt aufflammten, flackerten genauso unregelmäßig wie mein Herzschlag, und ich spürte einen Schweißtropfen auf meine Stirn treten. Akujis blaue Augen sprühten wieder einmal Funken, aber dahinter wirkte ihr Blick noch kälter als der meiner Schwester zu Eiszeiten. Das war nicht gut...
„Peter, hast du mir was zu sagen?" Ihr eindeutiger Blick wanderte über die erstorbenen Desktops zu Scarlett, die die Arme verschränkt hatte, um keine blaue Haut zu zeigen. Sie war aber so eng an meine Seite getreten, dass kein Zweifel zu unserer Verbundenheit bestehen konnte.

„Akuji...", versuchte ich einen Anfang, wusste aber sofort nicht, wie ich weitersprechen sollte. Aus ihrer Mimik sprach nicht nur Zorn, sondern auch Schmerz – ich hatte ihr Vertrauen missbraucht, sie und alles, was ihr wichtig war, verraten.
Nichtsdestotrotz war ihr Geist scharf wie immer: „Das hat nicht zufällig etwas mit den Eindringlingen am Haupthaus zu tun?"

Vielleicht war es naiv, aber ich streckte vorsichtig meine rechte Hand aus, um zu verhindern, dass Scar sich auf sie stürzte. „Ich kämpfe für meine Familie, Akuji", murmelte ich leise, „Kannst du mir das übel nehmen?" Ich atmete tief durch und schloss für einen Moment meine Augen, in dem Wissen, dass die Schwarzhaarige mich nicht angreifen würde – und wenn, dass Scarlett sofort zur Stelle wäre. Ich musste mich nicht einmal sonderlich konzentrieren, dass sich ein grüner Schimmer auf meiner Haut ausbreitete und die Illusion langsam zurückfuhr – vollständig.

„Hunter Stark", stellte ich mich Akuji erneut vor, die wie erstarrt im Türrahmen stand, ihr Ausdruck jetzt unlesbar. „Meine Freundschaft zu dir war nicht gespielt", sagte ich so aufrichtig, wie möglich, „Und mir tut es ehrlich leid, dass wir deine Technik zerstört haben."
Obwohl sie sich nicht um Millimeter bewegte, sah ich förmlich die Mauern hinter ihren Augen hochfahren, und Scar neben mir schnaubte verächtlich. Es war abzusehen gewesen, dass die beiden keine besten Freundinnen werden würden...

„Bei den Avengers haben wir alle Technik, die du dir wünschen kannst." Ich spürte, wie meine Schwester sich bei diesen Worten verspannte, aber ich musste einfach versuchen, Akuji auf unsere Seite zu ziehen. Und ich rechnete mir akzeptable Chancen an... „Du könntest uns helfen. Menschen zu beschützen, die dir wichtig sind, Unschuldige, mit deinen Fähigkeiten..."

Ich verlor jegliche Hoffnung, sobald sich ein leichtes Lächeln auf Akujis blassen Lippen ausgebreitet hatte. Im Raum herrschte eine merkliche Kühle, die nicht nur auf die Raumtemperatur zurückzuführen war... Und Akujis Mimik wirkte jetzt nicht mehr kalt, sondern auf eine spöttische Art traurig. „Bei all deiner Spionage hier hast du eine der wichtigsten Strukturen noch immer nicht erkannt", schnaubte sie, alle Aufmerksamkeit nur auf mir – meine Schwester ignorierte sie, und ich verlagerte unruhig mein Gewicht.

„Ich kämpfe für meine Familie, Hunter", wiederholte sie hart genau das, was ich ihr gerade noch vorgelegt hatte, „Kannst du mir das übel nehmen?" Meine Schwester bewegte sich ein winziges Stück vor und die Rädchen in meinem Kopf drehten sich unermüdlich, aber noch bevor einer von uns zum Zug kommen würde, vervollständigte Akuji ihre Fragen: „Ahadi ist mein Bruder, Peter. Ich beschütze bereits die, die mir wichtig sind."

Meine Augen wurden groß und ich schluckte mehrfach, plötzlich mit unglaublich trockener Kehle. Natürlich. Das machte Sinn, erklärte so Einiges – brachte Licht in das Dunkel, das dadurch noch viel finsterer wurde. Sie hatte recht, eigentlich hätte ich das bereits erkennen müssen. Aber... das änderte doch nichts, oder? „Akuji", meine Stimme war rau und hoffnungslos, als ich diesen letzten Versuch startete, „Du musst nicht..."
Aus irgendeinem Grund wurde ihr Ausdruck weicher, und das leichte Lächeln, das um ihre Mundwinkel zuckte, war ehrlich. „Ich muss nicht. Aber ich will und werde. Ahadi hat mich nie zu etwas gezwungen – ich bin hier frei."

Mit verkrampftem Kiefer senke ich mein Kinn zu einem leichten Nicken. Freiheit und Familie war das, was wir ihr nicht garantieren konnte, und obwohl man es von Akuji nicht erwartete, liebte sie genau das am meisten. Ich kannte kaum jemandem, dem es anders ging.

„Schön, da das geklärt ist, können wir sie ja auch unschädlich machen", schnaubte Scar neben mir pragmatisch, und Akuji verengte prompt ihre Augen. In mir aber wallte ein Gefühl des Vertrauens zu meiner Schwester hoch, denn obwohl die Schwarzhaarige eine Feindin war, wartete Scarlett auf mein Kommando. Das ich nicht geben würde.

„Wir stehen zwischen dir und deinem Bruder", erklärte ich der Geweihten ruhig, dankbar dafür, dass sie sich trotz dieser Worte ebenfalls zusammenriss, „Es gibt keine Chance für euch. Bring dich in Sicherheit." Akuji stieß sich vom Türrahmen ab und Scar neben mir spannte sich an, aber die Schwarzhaarige kam nicht näher. „Wir stehen zwischen dir und deiner Cousine", formulierte sie mit freudlosem Lächeln, „Es gibt keine Chance für euch. Gib auf."

Meine Lippen verzogen sich, spiegelten ihren Ausdruck. Wir beide wussten, dass wir den Ratschlag des Anderen nicht beachten würden.
Ich spürte ehrliches Bedauern in mir aufsteigen, als Akuji sich abwandte und aus der Tür verschwand. Es sollte lange Zeit dauern, ehe ich ihr wieder gegenüberstand. 

***

Es tat ein wenig weh, dieses Kapitel zu schreiben. Akuji ist mir wirklich eng ans Herz gewachsen, und sie hat zwar noch einen kleinen Auftritt, aber das ist nicht dasselbe... Ich habe auch etwas länger mit dem Gedanken gespielt, sie mit Hunter zu verkuppeln. Ich hoffe, es ist in Ordung, dass meine Entscheidung doch auf Sierra gefallen ist.😉

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top