Hunter ~ Backutensilien

Gewohnheitsgemäß schlug ich den Weg zum Gemeinschaftsraum ein, da hielt Mom mich zurück: „In die Küche diesmal, Hun! Das bleibt das Rätsel, an dem sich alle Starks die Zähne ausbeißen... Welche Anziehungskraft geht vom Gemeinschaftsraum aus? Vermutlich dieselbe, die im All als Schwerkraft wirkt..." Sie warf mir kurz einen prüfenden Blick zu. „Egal, ist ja auch unwichtig."
Ich lachte leise, als sie betont unbekümmert in den längeren Flur nach rechts abbog, und korrigierte sie neckend: „Du findest es furchtbar, dieses winzige Detail nicht zu wissen."
„Ganz recht, furchtbar", stimmte Mom sofort ungerührt zu, „Diese ungelöste Frage hat ihre Klauen in meine Gedanken geschlagen und sich mit Widerhaken dort festgesetzt, mich dazu verdammend, auf ewig in unbekannten Gewässern zu segeln - in einer Flaute, ohne rettenden Wind, der mich vorantreiben oder zum Kentern bringen könnte."
Ich lief beinahe gegen einen der weißen Stützpfeiler, als ich ihren Ausführungen mit großen Augen lauschte. Nur in letzter Sekunde sprang ich zur Seite, Mom dabei anrempelnd - und brach in schallendes Gelächter aus.

Fröhlich legte ich einen Arm um ihre kleine Gestalt und zog sie an mich.
Doch das war nur ein weiterer Fakt, der ihr nicht allzu gut gefiel: „Wann bist du so groß geworden, Hun?"
„Am 25. März 2040 haben wir bemerkt, dass ich dich überholt habe." Stolz grinste ich sie an, die schnellen Themenwechsel genießend - mit Mom wurde es nie langweilig.
„Ich weiß, das war eine rhetorische Frage", sie verdrehte die Augen, doch ich bemerkte das fröhliche Blitzen darin sehr wohl.
Tja... Scar und mir wurde von unseren Eltern jedenfalls nie gesagt, unsere Augen doch bitte nicht zu verdrehen.

Mit der rechten Schulter drückte ich die helle Schwingtür zur Küche auf, deren dunkelgraue Wände etwas mehr Ruhe ins sonst so helle Hauptquartier brachte. Allerdings... erwartete mich hier ein ungewöhnlicher Anblick.
Also, der Raum sah ganz normal aus - rechts von der Tür zog sich die Theke entlang, links stand der lange Esstisch. Die Hängeschränke waren allesamt geschlossen und auch durch das große Panoramafenster gegenüber von mir waren keine Ungewöhnlichkeiten zu erkennen. Es war nicht einmal jemand anwesend, aber... Das war es gerade. Da standen Backutensilien auf der Theke und und es wirkte beinahe so, als wöllte Mom...
„Wir machen Plätzchen", kam da auch schon die hochmotivierte Verkündung, „Für Peters Geburtstag."
„Wir?!", echote ich verblüfft, Mom an der Schulter zurückhaltend, als sie schon auf die Schränke zusteuerte, „Wir so wie in... du und ich?!"
„Als Personalpronomen der ersten Person Singular inkludiert das genau dich und mich, ja." Viel zu motiviert – und sich dessen auch durchaus bewusst – grinste sie mich an.

Schulterzuckend beschloss ich, den Blödsinn einfach mitzumachen – sie war die Erwachsene, sie trug auch die Verantwortung – und nahm das Mehl aus dem Regal.
„Ich schätze mal, das brauchen wir."
„No shit, Sherlock", meinte Mom und hob die Arme: „Her damit."
Kurzerhand warf ich ihr also die Tüte zu, und... nun, sagen wir, Mom war nicht die Beste im Fangen.
Sie ließ das Mehl fallen.
Das Mehl.

Wir hatten nicht mal angefangen mit dem Backen und sahen schon aus wie Schneemänner im Winterwunderland.
Und ja, ich war ein Stark, ich durfte übertreiben!

„Mom!"
„Reg' dich nicht auf, wir haben genug Mehl auf Vorrat."
Unkompliziert riss sie die nächste Tüte auf und schüttete den Inhalt in die große Schüssel, die bedrohlich vor uns lauerte - wie ein Raubtier, das kurz davor war, mich zu überfallen.
„Sieh's positiv, wir müssen jetzt nicht mehr auf Sauberkeit achten."
Fröhlich summend suchte sie den Zucker hervor und begann, ihn großzügig im Mehl zu verteilen.

Skeptisch googelte ich nach einem Rezept und zog prompt die Augenbrauen hoch: „Dir ist bewusst, dass wir für Cookies Salz brauchen, richtig?"
Mom verdrehte die Augen. „Bei 93% aller Kekse braucht man Zucker, in 46% aller Filme wird er fälschlicherweise durch Salz ausgetauscht... Ich habe schon drauf geachtet."
Tief durchatmend, aber mit einem Zucken in den Mundwinkeln sah ich zum Himmel auf. „Gott steh mir bei. Wir bräuchten Salz und Vanillezucker."
Mom schenkte mir einen vernichtenden Seitenblick. „Dann kippen wir eben gemahlene Vanille dazu, wo ist das Problem?" Bevor ich protestieren konnte, war die nächste Zutat in der Schüssel verschwunden.

„Okay, Mom, stopp. Hier steht, wir müssen Vanillezucker und Eier erst unterschlagen, und dann den Mehl-Salz-Backpulver-Mix zugeben", versuchte ich verzweifelt zu retten, was zu retten war. Was nicht viel war: Mom griff nach dem Backpulver.
„Ernsthaft, war das das Einzige, was du aus meinen Anweisungen herausgehört hast?"
„Dann mach du doch das mit den Eiern, da sparen wir Zeit!"
Ich wusste nicht ganz, ob ich lachen oder weinen sollte, und fuhr mir etwas hilflos mit den Fingern durch die Haare - vergessend, dass sie voller Mehl waren. Ganz toll. „Aber das wird zu süß, wenn du schon 'nen Kilo Zucker drangekippt hast!"
„Dann lass den Zucker eben weg!" Mom schoss mir einen tadelnden Blick zu, und verteidigend hob ich meine Hände. Als hätte ich hier den Mist gebaut!

Ufff. Also bitte, sie hatte die Verantwortung.
Kopfschüttelnd griff ich nach den Eiern.
Wie war das, positiv denken?
Wenigstens musste Mom die Eier nicht aufschlagen, das hätte in einer Sauerei geendet.
Und das Schlagen des Eiweiß' war gutes Training für den Bizeps.

„Sieht gut aus, Hun!", nahm Mom mir meine Schüssel aus der Hand, sobald ich fertig war, „Dann streust du die Schokoladentröpfchen drüber, ja?"
Aber natürlich. Die Tüte war bis oben im Schrank verstaut, da wäre Mom niemals hingekommen.
Mit einem leichten Grinsen holte ich die Zutat zu unserem Arbeitsplatz – jetzt fehlte eigentlich nur noch eines. „Wo sind die Nüsse, Mom?"
„Die lassen wir weg, Gramps und ich mögen die nicht."
Alles klar... Das einzig halbwegs Gesunde an diesen Cookies ließen wir einfach links liegen. Auch gut.

Aber diese Aktion hatte ich längst aufgegeben, ich befolgte jetzt nur noch stur Moms Anweisungen.
Das war sowieso meistens klüger.
Mit dem ‚Teig', wenn man den gräulichen Matsch vor uns noch so nennen konnte, waren wir jetzt fertig – doch das nächste Unheil erreichte uns durch die Tür.

Ich blickte nur kurz auf, in der Erwartung, Dad oder Scar zu sehen – dann fuhr ich mit einer plötzlichen Bewegung herum.
Oh-oh... Das war nicht gut.

Mom hatte, wie immer, schneller geschaltet als ich und Shuri schon in eine Umarmung gezogen, und ihr war egal, dass ihre Freundin dabei ebenfalls ungewöhnlich weiß wurde. Unruhig wischte ich meine verklebten Finger an meiner Jeans ab, an meiner Tante vorbeiblickend, die mich sowieso erst einmal ignorieren würde. Wenn sie und Mom aufeinander trafen, dauerte das meistens erst einmal eine Weile.
Nach kurzem Zögern beschloss ich, stattdessen erst einmal Shuris Neffen zu begrüßen, der seinen Wuschelkopf gelangweilt gegen den Türrahmen gelehnt hatte. Er zog nur die Augenbrauen hoch, als ich zu einem Handschlag ansetzte, und zog den Hals tiefer in den schwarzen Hoodie zurück. „Ihr habt's saukalt hier."
„Hab' dich nicht so, Prinzchen", verdrehte ich meine Augen, doch Chad ließ nur die Hände in den Hosentaschen verschwinden.

„Erzähl' niemandem, dass deine Mom hochintelligent ist", nickte er lässig zum Chaos hier in der Küche, doch seine dunklen Augen blieben kühl. „Dasselbe gilt für deine Tante", meinte ich nur, denn Shuri war backtechnisch ebenso niedrigbegabt wie meine Mom.
Und wenn die beiden sich zusammentaten...
T'Chada und ich tauschten einen beunruhigten Blick, dann flohen wir einvernehmlich.
Erstmal ins nächste Badezimmer, damit ich nicht noch das ganze Hauptquartier einsaute, dann in den Gemeinschaftsraum.

„Die Frage ist nur", murmelte ich, als Chad sich schon auf eines der Sofas fallen ließ, „Machen sie das absichtlich oder nicht?"
Er verdrehte nur die Augen, die weißen Turnschuhe - das einzig helle an seinen dunklen Klamotten - auf den Glastisch legend. „Ist doch egal. Sie sind hochintelligent, also... vermutlich. Vielleicht sind sie aber auch einfach inkompetent."
„Lass' deine Beleidigungen hier stecken", meinte ich nebenbei nur genervt, mich neben ihn auf das schwarze Ledersofa sinken lassend, „Warum bist du überhaupt hier?"
„Willst mich loswerden, hm? Jetzt doch auf die Seite deiner Schwester gewechselt?" Er grinste mich provozierend an und lehnte sich weiter zurück, nichts außer Gleichgültigkeit ausdrückend.
„Ich halte mich aus euren Streitigkeiten raus, das ist unter meinem Niveau." Ich fuhr mir mit den endlich wieder sauberen Fingern durch die Haare und seufzte. Ich verstand, warum Scar Wakandas Prinzen nicht ausstehen konnte, aber die gegenseitigen Provokationen waren schlichtweg unnötig. Chad gehörte zu uns, so einfach war das.

Ergeben versuchte ich, das Gespräch wieder aufzugreifen. „Also, bekomme ich eine Antwort?"
Mein Gegenüber öffnete den Mund und war tatsächlich knapp davor, mitzumachen, da blitzte es in seinen Augen. „Nope."

T'Chada war ein... schwieriger Mensch. So nett, wie ich es ausdrücken konnte, und ich war durchaus wortgewandt.
Er kam mit den alten Traditionen seines Volkes nicht ganz klar, was wohl teilweise daran lag, dass er vor allem in seiner Kindheit viel Zeit hier in New York verbracht hatte. Privatlehrer, die sich nur nach ihm richteten, und grenzenlosen Vermögen als Wakandas Prinz hatten ihr Übriges getan: T'Chada war nicht unbedingt verzogen, er kam einem normalen Sechzehnjährigen sogar ziemlich nahe – aber als Thronerbe sollte er eben nicht normal sein.
Diszipliniert, ehrlich, gut – mein ‚Cousin' war ziemlich verbittert darüber, seine Jugend nicht genießen zu dürfen.
Oh, und deshalb genoss er sie natürlich in vollen Zügen.

„Mach doch, was du willst", meinte ich genervt, worauf er nur antwortete: „Sowieso."
Ihn ignorierend fuhr ich fort: „Nur halte dann bitte auch mal die Klappe, wenn es besser für dich ist, ja?"
Chad hob eine Augenbraue. „Willst du mir drohen?"
„Bro, von mir geht keine Gefahr aus. Aber, ernsthaft... gegenüber meiner Schwester hältst du dich zurück, klar?"
Er ließ nur entspannt den Kopf in den Nacken fallen. „Uhh, werden wir jetzt overprotecitive, ja? Na, das wird ihr gefallen", grinste er sarkastisch.

Dazu sagte ich nichts mehr.
In diesem Punkt hatte T'Chada wohl oder übel recht.

***

Und damit wären alle Watchers hier bzw. im Epilog von Iron Kid 3 aufgetaucht. Was sagt ihr zu Chad?
Ich bin gespannt, denn er ist definitiv einer meiner Lieblinge. So ein Charakter, über den sich jeder Autor freut, weil er sich wunderbar für Plot Twists eignet.

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