9. Kapitel
Ich hatte es wirklich versucht. Hatte versucht an etwas anderes zu denken.
Nicht an Essen. Nicht an Schokolade, nicht an Chips, nicht an Kekse, nicht an Pizza... Doch egal was ich versuchte... Meine Gedanken kehrten immer wieder zu dem selben Themen zurück. Und irgendwann lies ich sie zu. Immerhin waren es nur Gedanken. Dachte ich zumindest. Doch die Vorstellung, die Bilder durchströmt meinen Körper, füllten ihn aus.
Sie wurden immer realistischer, immer sinnlicher, bis ich das Essen förmlich schmecken konnte. Das Wasser lief mir im Mund zusammen und mein Körper wurde immer unruhiger. Jede Faser sehnte sich nach dem Geschmack, nach der Beschaffenheit der einzelnen Gerichte.
Ich stellte mir vor zu kauen, zu schlucken, zu schmecken, meinen Bauch zu füllen. Die Gedanken wurden lauter, schrieb förmlich und mein Körper wand sich unter den scheinbaren Qualen, die meine innere Zerrissenheit ihm bereitete. Denn in meinem Kopf kämpfte Bedürfnis gegen Wunsch. Verlangen Gegen Kontrolle.
Als ich schließlich die Bettdecke zurückschlug und hastig aus dem Bett schlüpfte, redete ich mir ein, ich würde nur kosten... nur meinen Magen etwas besänftigen. Doch in Wahrheit bestimmte ich längst nicht mehr was geschah. Ich war dem, was mich da in die Küche trieb, ausgeliefert. Selbst wenn ich gewollt hätte, ich hätte nicht umkehren können.
Die Stimme in meinem Kopf war bereits zu bestimmend und lenkte meinen Körper zielsicher durch das dunkle Haus. Ich wagte nicht einen Lichtschalter zu betätigen. Stattdessen schlich ich auf Zehenspitzen durch die Zimmer, immer darauf bedacht keine verräterischen Geräusche zu machen. Ich fühlte mich wie eine Verbrecherin.
Das das mein Kühlschrank, in meinem Haus, mit meinem Essen war, auf den ich mich da zu bewegte spielte in meinem Kopf keine Rolle. Für mich war es eben so verboten was ich nun im Begriff war zu tun, wie zu stehlen. Meine Haut kribbelte, je näher ich meinem Ziel kam und mein Blick wurde immer selektiver.
Ich konnte nur noch an das Bevorstehende denken... Die letzten Schritte rannte ich beinah. Ich war längst eine Gefangene in meinem eigenen Körper, der nun nicht mehr auf mich hörte. Hastig riss ich den Kühlschrank auf und starrte gierig wie ein Tier auf der Jagd ins Innere.
Ohne groß zu überlegen, griff ich mir das Erstbeste was sich mir bot. Die Hände zitternd und klauenartig verkrampft zerrte ich an der ersten Plastikverpackung. Sie gab widerstandslos nach und die Ölglänzenden Schupfnudeln verteilten sich auf dem gefliesten Küchenboden.
Ohne zu zögern sank ich auf die Knie und stopfte mir jedes Teil, das ich zu fassen bekam in den Mund. Zunächst kaute ich noch, doch schon bald merkte ich, das meine Hände schneller und gieriger waren, als mein Kiefer kauen konnte. Und so zerkleinerte ich die Nahrung so weit das ich schlucken konnte und schlang schon das nächste Stück hinterher.
Bei den ersten Bissen hatte ich genüsslich gestöhnt, gelacht und die Augen verdreht als wäre ich besessen. Doch umso mehr ich aß umso hektischer und animalischer wurde das ganze Szenario. Ich schmeckte nicht mal mehr wirklich.
Und ich aß alles. Von Schokolade über Essig Gurken. Von Joghurt bestreut mit Käse. Von Butter bis Senf. Nach etwa einer halben Stunde wurden meine Bewegungen endlich langsamer, meine Kaumuskeln wurden schwerer und mein Magen war auf einmal zum zerreißen voll. Ich zuckte vor dem Schmerz zusammen, der sich in meinem Körper ausbreitete und kauerte mich erschöpft auf dem Boden.
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