5. Kapitel
Wenn wir uns dann irgendwann aus dem Bett quälten, folgte sie mir leise in das Bad und stellte sich aufmerksam hinter hinter mich, während ich mich vor den großen Spiegel positioniert hat.
Am Anfang hatte sie nichts gesagt, nur mit nach oben gezogenen Augenbrauen gestarrt.
Ihre Blicke brannten auf meiner Haut und ich fragte mich immer öfter, ob ihr etwas an mir nicht gefiel.
Ich wurde kritischer. Nahm jeden Morgen meinen Körper genau unter die Lupe. Begutachtete jeden Zentimeter meiner Haut. Jeden Zentimeter des schlaffen Gewebes. Jeden Zentimeter des Fettes auf meinen Knochen.
Die Gänge zu dem Spiegel wurden über den Tag verteilt häufiger, denn ich konnte nicht glauben, dass ich so viel an meinem Körper nie gemerkt hatte. So vieles was hässlich war. Abstoßend.
Es war fast wie eine Sucht mir vor zu halten wie schrecklich ich aussah.
Irgendwann sah ich mit dem selben starren Blick und nach oben gezogenen Augenbrauen in die reflektierende Oberfläche wie mein Schatten hinter mir.
Als das Mädchen dann begann die Körperteile zu berühren, die jeden Tag noch fülliger zu werden schienen, schämte ich mich ihr so gegenüber zu treten.
Sie sagte nicht viel. Sie zeigte mir nur die Stellen, auf die ich achten sollte und schien mir Gedanken zu schicken. Du hast zugenommen! Siehst du eigentlich wie hässlich du bist? Wie kannst du überhaupt unter Leute gehen? Wie soll dich jemand zu mögen? Du bist absolut peinlich! Du bist einfach nur eklig!
Bald löste der Blick in den Spiegel in mir einen Hass und Ekel auf mich selbst aus.
Ich wollte nichts mehr als mir das Fett von den Knochen zu reißen oder mir die Augen aus zu kratzen, damit ich meinen Anblick nicht länger etragen musste.
Die Angst mich selbst zu sehen wurde immer größer und so wanderte der Spiegel schon bald in den Keller. "Du weißt, dass das nichts ändert." Bemerkte das Mädchen trocken, als ich schwer schnaufend die Kellertreppen wieder nach oben stapfte.
Sofort bildete sich ein dicker Kloß in meinem Hals. Sie hatte recht. Nur weil ich es nicht sehen konnte, hieß es nicht, dass es nicht da war. Panik erfasst du mich.
"Hey... " Sie kam auf mich zu und legte mir die zarte Hand an die Wange.
"Ich kann dir helfen. Ich weiß wie wir dich lebenswert machen."
Sie lächelte mich sanft an und ich lächelte zurück. Es war ein ehrliches Lächeln. Denn in diesen Momenten, in denen ich mich zu verlieren schien und vor Panik und Selbsthass kaum noch atmen konnte, bot sie mir an einen Weg zu gehen, der mir aus alldem raus helfen sollte.
Und ich wollte diesen Weg gehen. Koste es was es wolle.
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