Kritik - oder so ähnlich

Nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Entschluss gekommen (vorerst) nicht weiter über die Eigenarten von Wattpad Usern zu sprechen. Ob ich es noch mache oder nicht, kommt ganz darauf an, wie viel mir zu dem Thema noch einfällt. Und da ich das letzte Mal darauf hingewiesen wurde, dass der Humor ein wenig zu kurz gekommen ist, habe ich mich für ein passendes Thema entschieden.

Mehr oder weniger.

Falls irgendjemand absolut keine Vorstellung davon hat, warum Kritik lustig sein kann - lasst euch überraschen. Wenn alles nach Plan läuft, können wir uns zumindest gemeinsam über mich lustig machen (nein, das war kein Tippfehler).

Wie eine weise Autorin Wattpads mir einmal so schön schrieb: "Ich wünschte, mir würde jemand Kritik geben, aber es kommt immer nur Omg so gut *_* und Ähnliches :("
Ich kann ihr nur Recht geben. Absolut. Was soll man schon mit Kommentaren, die den Spaß der Leser an der Geschichte ausdrücken? Nichts! Ehrliches, knallhartes Feedback ist der Traum jedes Künstlers. Wenn endlich mal irgendjemand all die (natürlich nicht vorhandenen) Schwachstellen der Geschichte aufdecken würde, würde man sich viel besser fühlen. Viel weniger Fame und dafür menschlicher, weil man nicht mehr so guuuut *_* schreibt, sondern Fehler macht.

Ich muss zugeben, so ähnlich dachte ich auch früher. Wenn mir jemand erzählen will, bei dem Wunsch nach Kritik nicht insgeheim eine Bestätigung dafür haben zu wollen, dass man wirklich toll schreibt, nehme ich mir hier die Freiheit, die gegenteilige Hypothese aufzustellen. Natürlich steht hinter dem Wunsch nach Kritik der Wille, sich zu verbessern, aber ganz ohne Hintergedanken läuft das wohl nur bei den wenigsten ab. Logisch, irgendwie, denn wenn man immer nur positive Rückmeldungen erhält, baut sich das Selbstbewusstsein bezüglich der eigenen Geschichte beständig auf. Um das eigene Gewissen zu beruhigen (man weiß schließlich, dass die Geschichte durchaus Fehler hat), bittet und sucht man verstärkt nach einer ausführlichen Meinung. Wenn die dann noch super ausfällt, muss die Geschichte echt gut sein und ab damit zum (Wattpad)Verlag.
Der Gedanke ist wunderschön, der Wunsch nach Kritik leicht ausgesprochen - bis ihn jemand erhört und den Autor von Wolke tausend zurück auf den Boden holt. Mal mehr, mal weniger sanft, unangenehm ist in jedem Fall. Je mehr positives Feedback man im vornherein erhalten hat, desto tiefer fällt man, sobald jemand sich mit etwas anderem zu Wort meldet.
Glaubt mir, ich spreche aus Erfahrung. Der Aufprall ist schmerzhaft, sorgt aber immerhin dafür, dass man ein realistischeres Bild der eigenen Fähigkeiten hat und etwas weniger abgehoben ist.

Aber soweit sind wir eigentlich noch nicht. Das Problem an Wattpads Kritikern dürfte bekannt sein - sie sind schwer zu finden. Zumindest jene, die tatsächlich Gold wert sind. Und auch die findet man nur selten, stattdessen finden sie einen selbst.
Bis dahin bleibt nur die Möglichkeit, nach Bewertungsbüchern zu suchen. Heißen die überhaupt noch so? Zu meiner Zeit gab es unzählige davon und ich bezweifle, dass sich seitdem viel geändert hat. Ich leugne nicht, dass es wirklich hilfreiche Kritikbücher gibt, deren Autoren sich intensiv mit den jeweiligen Texten beschäftigen und ein Feedback hinterlassen, für das man ihnen auf Knien danken kann.
Der Großteil jedoch ...

Das, meine Damen und Herren, hat mein ca. zwei Jahre jüngeres Ich produziert, das der Meinung war, anderen Leuten durch ein Bewertungsbuch helfen zu können *Applaus*. (Das existiert übrigens nicht mehr)
Für alle, die es noch nicht mitbekommen haben: das ist die Stelle, an der wir über mich lachen.

Ich kann mich nicht mehr richtig daran erinnern, aber ich glaube, dass ich mich damals schon ziemlich geil gefühlt habe. Geil und wichtig, weil ich andere Bücher bewertet habe.
Zu meiner Verteidigung kann ich nur anbringen, dass ich mir am Anfang echt Mühe gegeben habe, ausführlich zu sein. Das Beispiel oben habe ich vollkommen zufällig ausgewählt und es spiegelt noch den besseren Teil meiner Bewertungen wieder. Der schlechtere, der dann auch dazu geführt hat, dass ich das Ganze abgebrochen habe, bestand nur noch aus einem Satz pro ... Kategorie.
Ob das in heutigen Bewertungsbüchern noch so üblich ist, weiß ich nicht hundertprozentig, aber in der Regel wird das Buch nach verschiedenen Kategorien bewertet, indem zum Teil ähnlich willkürlich Punkte verteilt werden wie von meiner Kunstlehrerin. Hilfreich ist das nur in wenigen Fällen. Entweder sind die Kritiken zu nett (c'est moi), nichtssagend oder so hochtrabend und verschlungen formuliert, dass man nicht checkt, was nun eigentlich das Problem ist.
Damals war ich mehr als nur begeistert von diesem Trend, aber inzwischen bereitet er mir eher Kopfschmerzen. Man sollte ein Buch nicht auf 3/5 Titel-, 4/5 Cover- und 7/10 Inhaltspunkte reduzieren. Es ist mehr als das, immer, und das Wort bewerten in diesem Zusammenhang hinterlässt mittlerweile einen bitteren Geschmack in meinem Mund. Kunst ist immer subjektiv, nach welchen Kriterien kann man sie also bewerten?

Nichtsdestotrotz - Kritik muss sein. Keine Bewertung, sondern Kritik, die im besten Fall Fehler aufzeigt, ohne die Geschichte kaputt zu machen.
Um das Niveau von Wattpad zu heben, haben sich einige User genau das zur Aufgabe gemacht und zum Teil sogar extra Gruppen dafür gebildet (ja, wir wissen sicher alle, von welchen Gruppen ich spreche. Falls nicht, umso besser. Ich markiere absichtlich niemanden - auch wenn ich das wirklich machen sollte - aber wer das Bedürfnis hat, nur zu). Super Sache.
Ehrlich gesagt wäre es wirklich eine großartige Idee, aber an der Umsetzung haperts meiner Meinung nach ein wenig. Ursprünglich wollte ich das Thema ganz geziemt unter den Tisch fallen lassen, doch es hat sich nun eingeschlichen. Ich riskiere einen Ansturm von Benachrichtigungen, indem ich dies schreibe, und kann nur hoffen, dass ihr das wertschätzt.

Was genau stört mich an den Hardcore Kritiken? Die Frage ist relativ einfach zu beantworten. Ich bin dagegen, Geschichten dermaßen runter zu machen, dass der Autor vor dem eigenen Bildschirm in Tränen ausspricht (alle, die das tun, haben übrigens einen Psychologen nötig - man sollte sich Kritik nicht dermaßen zu Herzen nehmen ... Nicht meine Worte!). Es ist einfach gegen meine Überzeugung.
Eines habe ich im Kontakt mit derartigen Gruppierungen gelernt - Diskutieren ist sinnlos. Deshalb berücksichtige ich mein eigenes Motto diesbezüglich und fasse mich kurz. Solltet ihr jemandem der Hardcore Kritiker begegnen (ihr erkennt sie, keine Sorge), nutzt eine der folgenden Möglichkeiten. Alles andere würde euch unnötige Nerven kosten und ebenso unerwünschte Besucher einbringen, die auch noch ihren Senf dazu geben müssen.

1. Lauft weg. Hypothetisch gesehen. Im Sinne von "ignoriert die Kommentare/Nachrichten und antwortet bloß nicht darauf".

2. Gebt ihnen Recht. Beispielsweise "Dass ich da nicht selbst drauf gekommen bin! Danke für den netten Hinweis und die Mühe, die du dir gemacht hast :)"

Man sollte ihre Kritik auch nicht im vornherein als sinnlos abstempeln. Es kann durchaus Nützliches dabei sein. Lest sie euch (wie jede andere Kritik auch) gründlich durch, denkt darüber nach, ob sie euch etwas bringt, redet gerne auch mit Freunden oder anderen Lesern darüber. Wenn sie euch hilft - großartig. Dann könnt ihr euch ehrlich dafür bedanken. Bringt sie euch nichts, auch gut.

Wer natürlich Lust hat, sich einen virtuellen Bitchfight zu liefern, ist bei jenen Kritikern genau richtig. Mein Geheimtipp an der Stelle: merkt oder noch besser fotografiert Aussagen von ihnen, die ihr dann in einer Diskussion zitieren könnt, um euren Standpunkt zu untermauern. Wenn das keinen Eindruck macht, weiß ich auch nicht.

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