🖤Rose Jackson, Aufgabe 0 🖤
Ich zucke zusammen.
Automatisch beschleunigt sich mein Atem und ich schaue mich hektisch um.
Jeder schaut in meine Richtung. Ich balle meine Hände zu Fäusten, damit niemand bemerkt wie sehr ich zittere.
Weiter hinten ertönt ein Schreien.
Ich erkenne die Stimme sofort. Es ist meine Mutter.
,,Rose! Rose! Rose!", kreischt sie panisch.
Ich höre, wie Friedenswächter auf sie zu gehen. Sie verstummt.
Mit möglichst festen Schritten gehe ich nach vorne. Mein Name wurde für die diesjährigen Hungerspiele gezogen.
Meine Angst bringt mich beinahe um, doch ich reiße mich zusammen. Ich darf dem Kapitol und meinem Distrikt keine Schwäche zeigen.
Habe ich nie und werde ich nie.
Die Menge teilt sich vor mir wie das Meer vor Moses.
Ich sehe Mitleid, Erleichterung und Triumph in den Gesichtern um mich.
Meine Erzfeindin Roswitha grinst.
,,Möge das Glück stets mit dir sein", flüstert sie mir zu als ich an ihr vorbeigehe.
Hier in Distrikt 3 bedeutet dieser Spruch nichts Gutes. Er ist eher eine Verspottung als eine Motivation.
Ich reagiere nicht auf ihren Spott, sondern sehe starr gerade aus.
Ich werde nicht von den Hungerspielen zurückkehren. Wie mein Bruder schon vor mir.
Sein Name war Roland. Er war mit 14 Jahren in die Arena gekommen. Er hat das Blutbad überlebt, er starb erst ein paar Tage später, ein Tribut aus Distrikt 2 hat ihm das Genick gebrochen. Wenigstens ging es schnell.
In meinem Kopf sah ich ihn wieder auf dem Boden der Arena liegen. Seine weit aufgerissenen Augen und sein zum Schrei geöffneter Mund. Sein Kopf war komisch verdreht und die Angst in seinen Augen konnte man immer noch sehen. So hatte ich ihn liegen sehen, so hatte seine Leiche ausgesehen.
Meine Mutter wird von jetzt an auf sich allein gestellt sein.
Mein Vater ist kurz vor meiner Geburt gestorben, eine Maschine hatte eine Fehlfunktion und er starb an einem Stromschlag.
Mein Bruder war drei, als mein Vater starb. Ich war elf, als mein Bruder starb.
Inzwischen sind sechs Jahre vergangen.
Ich stieg die Treppen hinauf, wo meine Betreuerin schon wartet.
Sie reicht mir ihre Hand, doch ich ergreife sie nicht. Ich kenne sie. Sie war auch schon die Betreuerin meines Bruders gewesen.
Sie verzieht ihr Gesicht etwas, doch dann lächelt sie und stolziert neben mir zum Mikrofon.
Ich stelle mich neben sie und schaue zu meiner Mutter.
Sie hat sich ihre Hand vor den Mund geschlagen und weint. Ich nicke ihr kaum merklich zu.
Der Rest der Ernte zieht an mir vorbei, ohne dass ich viel mitbekomme.
Meine Betreuerin berührt mich sanft an der Schulter. ,,Jetzt, meine beiden Tribute, dürft ihr euch die Hand schütteln", trällert sie ins Mikrofon und tritt zurück.
Ich drehe mich zum anderen Tribut.
Ich kenne ihn nicht, aber wenn ich mich nicht verhört habe heißt er Niall. Er ist deutlich jünger als ich. Doch für Mitleid habe ich keinen Platz.
Er schaut mich ängstlich an und schüttelt zögernd meine ausgestreckte Hand.
,,Möge das Glück stets mit euch sein!", flötet unsere Betreuerin noch in ihr Mikrofon, ehe sie sich umdreht und zur Tür stakst.
Ich folge ihr. Innerlich verabschiede ich mich von meinem Distrikt.
Distrikt 3. Arm und dreckig, aber meine Heimat.
Ich werde dich vermissen.
528 Wörter
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