6

Mit zitternden Beinen betritt Ann wieder Martens Studio. Ohne sich an den fragenden Blicken der anderen zu stören, geht sie wieder an ihren Tisch und beginnt aufzuräumen. Es warten noch viele Kartons darauf, dass sie ausgeräumt werden und auch die Reste der Arbeit an Lisas Nägeln muss noch beseitigt werden.

"Süße, ist alles in Ordnung?", wagt Lisa als erstes einen vorsichtigen Vorstoß.

"Ja, alles bestens", erwidert die Angesprochene, kümmert sich weiter um ihren Arbeitsbereich.
"Der Tisch kann übrigens so bleiben", erklärt sie an Marten und Adam gewandt. Beide Männer nicken.

Da Ann nichts weiter erzählt und alle noch etwas vorhaben, löst sich das Treffen nach und nach auf.
"Wir sehen uns dann gegen 21 Uhr", verabschieden Jo und John sich von Marten. Er ist froh, dass sein Cousin und seine Jungs spontan Zeit haben, mit ihm nach Hamburg zu fahren. Er braucht diese Ablenkung dringend.

"Ich bin gleich fertig, falls du absperren willst", sagt Ann, als alle anderen weg sind. Auch Adam ist schon gegangen, war mit seiner Schwester zum Essen verabredet. "Ich bestell mir nur schnell ein Taxi."

"Und deine ersten verdienten Kröten dafür ausgeben?" Marten schüttelt den Kopf. "Ich habe noch Zeit, ich bring dich nach Hause." Ann ist es unangenehm, dass Marten sie erneut fahren möchte. Zumal er noch weg geht und der Weg eigentlich auch nicht weit ist.

"Lass mal, Marten, ich muss eh noch einkaufen", erklärt sie und hofft, dass die Diskussion beendet ist. Sie kann sich vorstellen, was für Fragen in den Köpfen der anderen umgeht. Und sie will sicher nicht mit ihrem neuen Geschäftspartner über ihre Familie sprechen. Das ist ein Thema, über das sie mit niemanden mehr sprechen will.

Es hat Monate gedauert, den Plan mit Jess und Tante Judy auszubauen. Es hat viel Arbeit gekostet, herauszufinden, wofür ihr Herz schlägt. Und sich von der Familie und dem verbundenen Erbe loszumachen hat Jahre gedauert. Erst als Tante Judy der verzweifelten Ann das Darlehen, wie Ann es nennt, gegeben hat, konnte sie endlich frei atmen. Zum ersten Mal in ihrem gesamten Leben. Sie hat um die Familie, den Stammbaum und das Erbe nie gebeten. Und doch wurde von ihr verlangt alles dafür zu geben.

Ann schüttelt den Kopf, um die Gedanken an ihre Familie und Vergangenheit loszuwerden. Doch die grauen Wolken bleiben, nicht nur am Himmel.

"Hier." Marten hält Ann eine Schlüssel hin. "Ich weiß nicht, wann wir morgen hier sein werden. Dann kannst du dich selbst reinlassen. Pass nur auf, dass niemand in die Räume hinten geht." Als Ann den Schlüssel entgegen genommen hat, wendet Marten sich ab, lässt das Gitter des Schaufensters und des Kundeneingangs herunter und hängt seinen Gedanken nach. Ann verwirrt ihn. Vorhin, nachdem Estelle weg war, sah sie kurz aus, als würde sie zusammenbrechen. Doch sie hat nicht ein Wort über das Auftauchen ihrer Schwester verloren.

Vermutlich sollte es ihm egal sein. Vermutlich sollte er sich um seinen eigenen Scheiß kümmern. Doch seit sie wieder den Laden betreten hat, ist dieses Strahlen in ihren Augen weg. Heute morgen hat sie ununterbrochen gelächelt. Mit jeder leeren Kiste wurde sie offener. Hat kurz mit ihnen gescherzt, hat ihn angegiftet, als er den dämlichen Spruch gebracht hat. Doch sie hat trotzdem einen normalen, fast freundschaftlichen Umgang mit ihm gepflegt. Was ist da draußen nur passiert?

"Danke." Als Marten sich noch mal zu ihr umdreht, hat Ann bereits ihre Jacke angezogen und steht dicht vor ihm. Sie muss zu ihm aufsehen, damit sich ihre Blicke begegnen. Aus einem Impuls heraus hebt er den Arm leicht, streicht ihr eine Haarsträhne zurück hinters Ohr. Wenn er nicht in seinem Laden stehen würde, würde er wahrscheinlich noch mehr versuchen. Einen Kuss, einen Quicky ... manchmal läuft es von selbst. Doch noch ehe er die Hand wieder sinken lassen kann, ist Ann schon zwei Schritte zurückgetreten.
"Mein Taxi ist gleich da. Bis morgen", erklärt Ann, geht an Marten vorbei, auf direktem Weg nach draußen.

"Diggi, was los mit dir?" John lässt sich neben seinen Cousin auf die Eckbank fallen. Sie sind, statt über den Kiez zu gehen, sofort in den Club gegangen, der noch bis vor ein paar Wochen Marten gehört hat. Warum er ihn so unbedingt los werden wollte, hat Marten nie erzählt. "Du bist schon den ganze Abend mies drauf. Dabei wolltest du doch unbedingt auf die Piste."

Marten leert das nächste Bier mit großen Schlucken. Er weiß nicht mehr, wie viele er schon getrunken hat. Zu viele, als das ein Taxi ihn noch nach Hause bringen würde. Wer war heute noch mal der Fahrer? Das arme Schwein, das nüchtern bleiben muss.
"Sie war so ruhig", nuschelt er, ohne sich Johns Frage zu antworten. "Viel zu ruhig. Und dann ist sie förmlich vor mir geflüchtet." Immer wieder schüttelt Marten den Kopf, wodurch er den vielen Alkohol zu deutlich spürt.

"Ich versteh kein Wort", lacht John auf. "Hast du genug? Willst du nach Hause?" Doch Marten schüttelt wieder nur den Kopf, ordert bei der leicht bekleideten Kellnerin Nachschub. Der Laden ist nicht so gut besucht, wie es an den Wochenenden der Fall ist, doch voll genug, um sicher jemanden zu finden, der Marten Ablenkung bieten kann. Suchend blickt er sich um, doch keine Frau interessiert ihn auch nur annähernd.

"Ich bin raus", fällt Marten eine Entscheidung, ignoriert seinen Cousin und die Jungs, als er sich auf den Weg nach draußen macht. Er hat genug Bargeld, um das Taxi nach Itzehoe zu bezahlen. Je schneller er ins Bett kommt, umso besser.
Ein Taxi ist schnell gefunden, nachdem Marten ein Trinkgeld in Höhe von fünfzig Prozent der Fahrtkosten verspricht.

Als er etwa vierzig Minuten später aus dem Taxi steigt, kann Marten nicht einmal mehr sagen wie er überhaupt auf diese dämliche Idee kommen konnte. Was soll er hier? Klingeln und sie schon wieder dazu überreden, ihn auf die Toilette zu lassen? Sie anrufen?
"Verfluchte Scheiße", ruft er laut aus, als ihm bewusst wird, dass er Ann nicht mal anrufen könnte. Sie hat ihm nie ihre Nummer gegeben. "Was mach ich hier eigentlich?"

"Marten?" Geschockt, mitten in der Nacht ihre Stimme hier draußen zu hören, dreht er sich um. Da steht sie, in einem kurzen Rock, einem hautengen weißen Top und Highheels, bei deren Anblick Marten hart wird. Sie sieht heiß aus, wie immer, doch jetzt auf eine verbotene Weise. Neben ihr steht eine Frau schätzungsweise im gleichen Alter.

Ihr Alter, schießt es Marten durch den Kopf. Sie ist zu jung für dich. Keine jungen Dinger. Zumindest nicht so jung.

"Hab mich verlaufen", zuckt er die Schultern und will an den beiden Frauen vorbei gehen.

"Brauchst du ein Taxi?" Ann hält ihn sanft an seinem muskulösen Arm. Wann hat er die Zeit, trainieren zu gehen? Als Marten sie nur anstarrt, wendet sie sich an die andere Frau.
"Jess, ich bleib bei ihm, bis das Taxi kommt." Sie reicht ihr die Schlüssel. Jess nickte, nimmt die Schlüssel entgegen.

"Schreib mir, wenn was ist", verlangt sie noch, ehe sie geht.

"Deine Freundin?" Marten deutet auf Jess.

"Die beste", bestätigt Ann.

"Ich wollte euch nicht stören. Hätte ich gewusst, dass du auf Muschis stehst, hätte ich den Spruch heute nicht gebracht." Ann braucht einen Moment, um Martens Worte auf sich wirken zu lassen, verfällt dann in herzliches Lachen.

"Jess ist meine beste Freundin, Marten. Sie wird im Studio mit und für mich arbeiten."

"Keine Muschi-Liebhaberin?" Da ist es wieder. Dieses dreckige Grinsen, dass er früher am Tag schon gezeigt hat. Anstatt zu antworten zieht Ann ihr Handy und ruft für Marten ein Taxi. "Du siehst gut aus", erklärt er, fragt sich noch um selben Moment, was er da eigentlich treibt.
Ja, Ann ist verdammt sexy, er hätte nichts gegen eine Kostprobe von ihr. Doch das würde zwischen ihnen alles verkomplizieren.

"Danke, du leider nicht. Alkohol und Pommes bekommen sich wohl nicht so gut?" Ann deutet auf seine Jacke. Er sieht aus, als hätte er sich vollgekotzt. Schnell zieht er sie aus, versucht sich zu erinnern, wann das passiert ist. "Hoffentlich nimmt das Taxi dich so dicht überhaupt mit", überlegt Ann. Seufzend trifft sie eine Entscheidung, die sie hoffentlich nicht bereuen wird. "Komm, du kannst bei mir schlafen. Ich wasche Jacke und Hose für dich über Nacht. So nimmt dich kein Taxi mehr mit."

Marten könnte ihr sagen, dass er nur fünfzehn Minuten von hier wohnt, lässt sich aber an der Hand von Ann mitziehen. Nachdem sie Jess angerufen hat, wird der Summer betätigt und die Haustür schwingt auf. Oben steht die Tür offen, doch von Jess ist nichts zu sehen oder zu hören. Die Tür zum Wohnzimmer ist geschlossen.

Ann schiebt Marten in die Küche, wo, dank des Express-Service, eine Waschmaschine steht. Sie nimmt ihm die Jacke ab, deutet auf die Hose, die vorhin sicher besser aussah. Ungeniert zieht Marten sich die Hose aus, reicht sie Ann und richtet seine Boxerbriefs. Auch wenn sie sich Mühe gibt, Ann kann nicht einfach wegsehen, nachdem sie die Maschine eingestellt hat.
Keiner der beiden sagt etwas, sie schauen sich nur einen Moment an.

"Komm", flüstert Ann. "Jess mag uns zwar gerade noch reingelassen haben, aber sie schläft immer sehr schnell ein. Bitte sei leise." Marten geht hinter Ann, folgt ihr in das Schlafzimmer. Ann stoppt vor ihrem Bett, dreht sich nicht zu Marten um, versucht zu ignorieren, dass sie ihn hinter sich spüren kann. Sie ist sich sicher, wenn sie sich jetzt umdreht, steht er wieder direkt vor ihr, wie schon vorhin im Studio.

Sie zieht die Highheels aus, kämpft anschließend mit dem Reißverschluss des Rockes. Jess und sie wollten feiern gehen, doch in diesem Kaff gibt es nichts. Buchstäblich.
Der Reißverschluss klemmt, hat sich wahrscheinlich mit ihrem Spitzenslip verhakt. Seufzend blickt sie über die Schulter.

"Könntest du mir helfen? Ich schwöre, dass ist kein billiger Versuch..." Abrupt muss Ann aufhören zu reden. Als hätte er auf die Aufforderung gewartet, schiebt Marten ihre Hände sacht nach vorne, zieht vorsichtig an dem Verschluss, bis er Millimeter für Millimeter aufgeht. Im Raum ist es dunkel, doch hell genug, dass Marten das strahlende Weiß der Spitze erkennen kann.
Langsam und mit Bedacht schiebt er Ann den Rock hinunter, streicht dabei ihre Oberschenkel, wie zufällig.

Seine Hände wandern wieder hinauf, bleiben auf ihren Hüften liegen, drücken leicht zu, ziehen Ann gleichzeitig an seine Brust.
Dabei bleibt ihr nicht verborgen, was bereits in der Küche in seiner Hose zu wachsen begann.
Lange ist es her, dass Marten nur bei dem Anblick eines Arsches so hart geworden ist.

"Was jetzt, Girly?", flüstert er ihr ins Ohr, zwickt anschließend leicht hinein. Ihr leichtes keuchen zeigt ihm, dass sie nicht abgeneigt wäre, hier etwas geschehen zu lassen. Doch ist sie auch bereit dafür?

"Kommt drauf an", antwortet Ann ebenso leise.

"Worauf?"

"Was du willst, Marten", sagt sie und dreht sich zu ihm um, rückt nicht ab. "Keine Verpflichtungen, kein komisches Verhalten danach und keine Besitzansprüche. Und, die wichtigste Regel, es wird keine Wiederholung geben." Ann meint die Regeln ernst, wenngleich sie ihr erst gerade eingefallen sind.

"Geht klar", haucht Marten, verschließt ihre Lippen mit seinen. Seine Hände wandern ihren Körper auf und ab, zeichnen Linien von hinten nach vorn und wieder nach hinten. Mit einer fließenden Bewegung zieht er Ann das Top aus, sein Shirt folgt. Ann greift sich zwischen die Brüste, öffnet den vordere Verschluss des Bras und streift ihn sich ab. Marten beobachtet sie, genießt ihre Anblick im Licht des Mondes, der durch ihr Fenster scheint.

Er will sich Ann ein wenig mehr nähern, sie erneut küssen, doch muss er in der Bewegung stoppen, als Ann beginnt sich die Brüste zu kneten. Sie schaut ihm tief in Augen, dreht sich um, bückt sich und zieht den Slip langsam aus.

Marten erwacht aus seiner Starre, tritt hinter sie, dreht sie ein wenig, sodass sie sich auf dem Bett abstützen kann.
"Bleib so", haucht er ihr ins Ohr. Er streicht ihr über den Rücken, hinunter bis zum Rückgrat und noch weiter.
Marten tritt einen Schritt zurück, zieht unter einem enttäuschten Seufzer von Ann seine Hände weg. Er schaut sie an, ohne, dass sie ihn sieht. Der runde Po, der so schön vor ihm aufragt. Der Glanz ihrer Mitte, die ihn anlockt.

Schnell zieht er seinen Briefs aus, schaut sich im Zimmer um.
"Schublade." Ann deutet neben sich, verändert ihre Position jedoch nicht. Marten schaut in die Schublade, zieht eines der Kondome raus und packt es schnell aus. Mit Bedacht, sich selbst nicht zu sehr zu stimulieren, zieht er sich das Kondom langsam über. Ann hat sich noch immer nicht bewegt und so gern er ihren Arsch weiter anstarren würde, gern auch während er sie vögelt, dreht er sie um.

Hart küsst er sie, drückt sie dabei auf die Matratze.
"Süße, ich würde gern noch mehr machen, aber diese Runde muss schnell gehen, sonst explodiere ich. Danach bekommst du das Verwöhnprogramm", versichert er ihr, als er sich langsam in sie schiebt.

Ann fühlt sich, als würde sie gerade durch das Himmelsreich spazieren. Das hat sie noch nie erlebt. Diese Extase, das Gefühl zu schweben.

Und Marten hält Wort, verwöhnt sie bis die Sonne über ihnen aufgeht. Als die Wolken langsam lila werden, liegt Ann mit dem Rücken an Martens Brust, gleitet mit seinem regelmäßigen Herzschlag in einen traumlosen Schlaf.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top