Kapitel 13
Rot leuchtende Augen starrten ihn an, die von Dunkelheit umringt schienen. Ähnlich wie bei Yagi, waren Mamorus Augen eingefallen, wirkten wie Schatten. Doch während in Toshinoris blauen Augen stets seine Stärke aufblitzte und die Hoffnung, die er anderen schenkte, fühlten sich diese roten Augen leer und ausdruckslos an. Die Wangen waren eingefallen, seine Haut wirkte fahl, und war mit Narben überzogen. Dennoch war es kaum zu übersehen: Mamoru sah Aizawa verdammt ähnlich.
Noch während Shota zuvor die Maske des anderen zu fassen bekommen hatte, waren die vier Jugendliche von der Couch aufgesprungen und auch Hizashis Augen waren groß geworden. Kaum war die weiße Maske allerdings ab, fiel der Teller, den Yamada in seinen Händen gehalten hatte, klirrend zu Boden. Fassungslos starrte er den Rotäugigen an, als ob er ein Gespenst sehen würde.
Erschrocken über die Entdeckung, die er gemacht hatte, die seine Theorie tatsächlich bestätigte, wich Aizawa ein paar Schritte vor dem anderen Mann zurück und ließ die Maske fallen. „Fuck", fluchte er leise. Ihm wurde übel, jedoch nicht von dem Anblick, der sich ihm bot, sondern von dem Gedanken daran, was der andere durchgestanden haben musste. Tsukauchi hatte ihm und Present Mic nicht sehr viel erzählt, da sie selbst noch nicht viel in Erfahrung bringen konnten, allerdings war ihm bewusst, dass auch Mamoru ein Nomu sein musste, ebenso wie es Kurogiri war. Nur hatte All for One's Doktor hier im Gegensatz bei der Erschaffung von Kurogiri das ursprüngliche Aussehen des Ausgangskörpers beibehalten. Die Maske sollte wohl davon abhalten, ihn sofort zu erkennen. Aber wieso? So viele Fragen schossen Shota durch den Kopf, dass es ihm schwindelig wurde.
„Wieso sieht Mamoru so aus wie Shota?", fragte Todoroki verwirrt und sah zwischen den beiden hin und her.
Ohne eine Antwort zu geben, bückte sich Mamoru, um seine Maske wieder aufzuheben und sein Gesicht dahinter zu verbergen. „Entschuldigt mich, ich musste für Tenko etwas besorgen. Er wartet bereits darauf!", erklärte der Dunkelhaarige höflich und entfernte sich schleunigst aus dem Wohnzimmer. Es war jedoch kaum zu übersehen, dass auch er mit der Situation überfordert schien, nachdem er Shota genau gemustert hatte. Schließlich traf man nicht oft auf einen Doppelgänger, der einem zum Verwechseln ähnlich sah.
Angelockt von dem Krach, den der hinabgefallene Teller verursacht hatte, steckte Touya seinen Kopf durch die Tür. Als er die Sauerei bemerkte, sah er tadelnd zu Soundwave, der jedoch immer noch wie angewurzelt dastand und sich nicht rührte. „Ist hier alles in Ordnung?", wollte er daher besorgt wissen.
„Nein." Fast tonlos kam das Wort über seine Lippen, ehe sich Yamada aus seiner Starre riss und sich an Aizawa wandte, der noch immer geschockt auf die Stelle blickte, an der Mamoru zuvor gestanden hatte. „Du hast mir vorhin erzählt, dass AFO in deiner Realität aus Loud Cloud jemand anderen erschaffen hat, nachdem dieser verstorben ist", wiederholte der Blonde jene Worte, die Shota zuvor an ihn gerichtet hatte. Obwohl es nicht so gewirkt hatte, hatte er durchaus aufmerksam zugehört. „Soll das etwa heißen, dass Mamoru die gesamte Zeit über ... dass dieses Monster aus der Leiche von ... von ..." Unfähig seinen Satz zu beenden, fuhr sich Hizashi durch seine Haare und holte tief Luft. All die Jahre, in denen er den Tod seines Freundes betrauert und sich dafür verantwortlich gemacht hatte, war dieser gar nicht so tot, wie er angenommen hatte. Er hätte nur nach ihm suchen müssen, anstatt davon zu laufen und sich zu verkriechen. „Oh verdammt ..." Seine Stimme zitterte.
Langsam trat Touya näher, und auch Toga kam durch die Tür, angelockt durch die seltsame Atmosphäre. „Dad?" Vorsichtig streckte der älteste Todoroki seinen Arm nach vorne, um seine Hand auf Hizashis Schulter zu legen, doch ehe er ihn berühren konnte, wandte sich der Blonde ab, und verließ mit schnellen Schritten den Raum. Es dauerte ein bisschen, bis man eine Tür laut zuknallen hörte.
Vollkommen verwirrt über den Abgang ihrer Vaterfigur, starrten die Jugendlichen nun alle Shota an, der noch immer dastand, als wäre er zur Salzsäule erstarrt. Nur zu gerne wäre er ebenso davongestürmt und hätte sich verkrochen. Es war einfach alles viel zu viel für ihn. Doch da er keine Ahnung mehr hatte, aus welchem Zimmer er zuvor gekommen war, und ob es nicht ohnehin jemand anderen gehörte, hatte er keinen Rückzugsort. Ebenso wenig wusste er, wo sich der Ausgang dieses Gebäudes verbarg, um nach draußen an die frische Luft zu kommen. Dabei wollte er einfach nur weg. Weit weg. Zurück in die Realität, die er kannte, auch wenn er dort wieder Shigaraki gegenüberstand. Das hier ertrug er nicht weiter.
„Was zum Teufel ist passiert?", wollte Himiko von den vier Jugendlichen wissen, da sie keine Reaktion von Shota erhielt, der nicht einmal mitbekommen hatte, dass sie ihm eine Frage gestellt hatte.
„Ähm ... Shota hat Mamorus Maske abgemacht, weil er wissen wollte, wie er aussieht. Und naja ... Mamoru sieht ihm ziemlich ähnlich", erklärte Izuku, während seine grünen Augen zu Aizawa wanderten, der sich mit der Handfläche übers Gesicht fuhr. „Was hat das zu bedeuten? Sind das Sie in unserer Realität?" Midoriya war zu neugierig um diese Frage unausgesprochen zu lassen. Außerdem wusste er, dass auch die anderen daran interessiert waren, die Wahrheit darüber zu erfahren. Schließlich war es neu für sie, dass Soundwave so reagierte. Der Blonde kannte Mamoru mittlerweile seit Jahren und hatte eine Freundschaft zu dem recht schweigsamen maskierten Mann aufgebaut, der sein Glas nie leer werden ließ. Es war also absurd nun so dramatisch zu reagieren, nur weil er sein Gesicht gesehen hatte.
Doch Shota fühlte sich unfähig dazu, darauf zu antworten. Stattdessen stieß er einen lauten Seufzer aus. Wie oft hatte er sich in seinem Leben ausgemalt, dass dieses riesengroße Trümmerteil ihn am Kopf getroffen hätte, und nicht Shirakumo? Er hatte es sich so sehr gewünscht, hatte sich sogar in den letzten Tagen dafür die Schuld gegeben, dass an Oboros Körper herumexperimentiert worden war. Und nun wusste er, dass es egal gewesen wäre, ob jemand anders damals gestorben wäre. Dieses Schicksal zu einem willenlosen Diener zu werden; ein Versuchskaninchen und Experiment, blieb wohl keinem von ihnen erspart. Vermutlich würde es auch genauso passieren, wenn es eine weitere Realität gäbe, in der es Yamada erwischt hätte. Apropos.
Ohne ein Wort der Erklärung wandte der Dunkelhaarige sich einfach um, und verließ ähnlich zügig wie Hizashi zuvor das Wohnzimmer. Hinter sich konnte er hören, wie sie nach ihm riefen, doch er blendete all das aus. Im Augenblick wollte er einfach nur nach Yamada sehen. Erneut eine doch recht untypische Handlung für ihn, wo er doch stets so tat, als wären ihm alle anderen egal. Doch wenn der Blondschopf sich bisher die Schuld am Ableben seines Shota Aizawas gab, musste diese Enthüllung ihn ebenso aus der Bahn werfen, wie es das bei ihm selbst vor ein paar Wochen der Fall war, als er Kurogiri gesehen hatte. Shota wusste, wie schwer es war damit umzugehen. Außerdem hatte er hier, in dieser Welt, die Möglichkeit Dinge anders anzugehen als gewöhnlich.
Als er an der Tür ankam, die Himiko ihm zuvor gezeigt hatte, als sie Yamada in sein Bett verfrachtet hatte, zögerte Aizawa jedoch kurz, ehe er sich jedoch zusammen nahm und die Tür einfach öffnete, um einzutreten. Er war es bereits gewohnt, die Zimmer von Nemuri und Hizashi ohne zu Klopfen zu betreten, da die beiden es ebenso bei ihm machten. Würde er allein sein wollen, hätte der Blonde gewiss abgeschlossen. Die Tür ließ sich allerdings ohne Probleme öffnen. Nachdem Shota eingetreten war, und die Tür hinter sich geschlossen hatte, lehnte er sich kurz mit dem Rücken gegen das Holz um durchzuatmen, während seine dunklen Augen durch den Raum wanderten und nach dem Blonden suchten.
Dabei wurde er rasch fündig. Hizashi saß auf seinem Bett, den Rücken an die Wand gelehnt, die hinter ihm war. In seinen Händen hielt er eine Flasche mit brauner Flüssigkeit, die Shota als Whiskey identifizierte. „Geh weg", grummelte der Mann nur, ehe er einen langen Schluck aus seiner Flasche nahm.
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