42. Date

»Hey.«

Patrick lächelte süß, als er sich neben Manu zu den beiden Freunden an den Tisch fallen ließ.

Manu lächelte nur zur Begrüßung - zu viele Menschen um sie herum - und Dado murmelte ein »Hi.«, während er lustlos die Reste seines Essens auf seinem Teller hin und her schob. Wenn das Essen, wie heute, nicht ein Mal wirklich gut war, fiel es ihm immer noch ziemlich schwer, halbwegs normal zu essen. Und das war leider am Wochenende häufig der Fall - wenn der Koch frei hatte und der Ersatz anscheinend einfach wahllos irgendwelche Dinge in einen Topf schmiss, es kochen ließ, bis nichts mehr vom Geschmack übrig war und das Ganze dann als Sauce an hilflose Schüler verteilte. Das, was dem Essen an Geschmack fehlte, machte es dafür aber an Geruch wieder wett. Leider war dieser meistens nicht sonders angenehm und zudem noch sehr penetrant, so dass man ihn teilweise auch Stunden davor und danach über den ganzen Hof und bis auf die Zimmer riechen konnte.

»Und? Noch geschlafen?«

Manu zuckte bloß mit den Schultern und bekam es jetzt auf ein Mal nicht mehr hin, Patrick anzusehen. Obwohl er das doch gerade so ausführlich geübt hatte. Innerlich verdrehte Dado die Augen.

Schließlich schaffte er es doch, den Blick noch ein Mal zu heben (oh Wunder!) und nickte fragend in Patricks Richtung. Dieser verstand und grinste bloß.

»Ich bin wach geblieben.«

Kurz schwiegen sie wieder, aber im Gegensatz zu noch vor ein paar Stunden war es kein angenehmes, gemütliches Schweigen. Im Gegenteil, die Spannung war fast schon greifbar. Fast schon fasziniert beobachtete Dado, wie Patrick, ausgerechnet der immer coole Patrick, auf ein Mal auf Manu reagierte. Wie er ihn anlächelte, wie verlegen er wirkte, wie nervös er teilweise war. Den hatte es echt sauber erwischt. Nicht aber dass es Manu, auch wenn er sich vielleicht noch ein kleines Bisschen dagegen wehrte und sich zwang, langsam zu machen, anders gegangen wäre. Wenn die beiden nicht in ein paar Tagen zusammen kommen würden, würde Dado einen Besen fressen. Oder – noch besser: Die doppelte Portion dieses widerlichen Fraßes, den sie hier aufgetischt bekamen.

»Du hast vorhin gesehen, wie Basti ...«, er schien nach Worten zu suchen, doch Manu nickte bereits. Ja, er hatte es mitbekommen.

»Ich hab ihm ... ich hab sie gebeten, sich zurückzuhalten. Dir gegenüber. Was sie ... über dich und natürlich auch zu dir sagen.«

Manu ließ die Worte kurz auf sich wirken, nickte dann und lächelte dankbar. Palle erwiderte es.

»Wenn wirklich einer von ihnen dir noch ein Mal blöd kommt ... naja - vielleicht kann ich dann irgendetwas tun. Also – sag bitte Bescheid.«

Erneut nickte Manu. Es war süß, wie Patrick vorsichtig versuchte, all das, was er zu verantworten hatte und noch viel mehr wieder gut zu machen.

Jetzt, da Manu davon wusste, fielen ihm auch die feinen Narben auf, die man auf Patricks nackten Armen in seinem T-Shirt erkennen konnte. Irgendwie bewunderte er ihn dafür, wie offen er damit umging. Ihn schien es kein bisschen zu stören, dass jeder sie sehen konnte. Allerdings waren sie auch wirklich so gut verheilt, dass man sie im Normalfall nicht wahrnahm. Unbewusst lächelte Manu, als er an dieses Geheimnis dachte, dass Patrick ihm anvertraut hatte. Seine Geschichte. Seine Vergangenheit.

»Schicker Pulli.«

Palle grinste breit und sofort wurde Manu rot.

Du kriegst ihn so bald wie möglich gewaschen wieder.

Patrick lächelte nur, winkte ab.

»Keinen Stress. Er ist ja noch nicht ein Mal dreckig. Trag ihn ruhig, bis er gewaschen werden muss. Ich brauch ihn nicht dringend wieder.«

Wieder ein Mal wurde Manus Lächeln breiter – der Gedanke, Patricks Pulli tragen zu dürfen, so klischeehaft das auch war, gefiel ihm.

Demonstrativ klapperte Dado mit seinem Besteck, als er es demonstrativ auf seinen Teller legte und aufstand, um sein Tablett hochzunehmen.

»Bringen wir die Teller weg? Ich bin fertig.«

Manu warf einen kurzen Blick auf Dados halbvollen Teller, sagte aber nichts. Bei dem Essen heute konnte er es ihm echt nicht verdenken. Da hatte selbst er, so hungrig er auch vorhin gewesen sein mochte, nicht aufgegessen.

Manu tat es ihm gleich und stand auf, blieb dann aber etwas unschlüssig stehen. Gerade wollte er irgendeinen unbeholfenen Vorschlag machen, um Patrick nicht einfach sitzen zu lassen (eben dieser Vorschlag musste ihm bloß noch einfallen!), doch da kam dieser ihm schon zuvor. Auch Patrick erhob sich von seinem Stuhl und schob ihn an den Tisch heran.

»Na dann ... Ich werd mich auch mal wieder auf mein Zimmer verziehen. Wir sehen uns!«

Manu erwiderte noch sein Lächeln zum Abschied und sah dann nur noch zu, wie er in Richtung der Zimmer verschwand.

*

»Er hat mich um ein Date gebeten! Also so echt, so richtig. So richtig offiziell!«

Aufgeregt hüpfte Manu im Zimmer umher und fiel schließlich kurzerhand dem überfallenen Dado um den Hals, der etwas perplex einfach seine Arme um seinen besten Freund legte und ihn so locker an sich drückte. Wobei die meiste Arbeit des Drückens Manu selbst übernahm.

Viel mehr als die Nachricht, die Manu ihm gebracht hatte, hatte ihn die Plötzlichkeit seines Auftritts überrascht. Dass Patrick und er in naher Zukunft endlich auch offiziell ausgehen würden, war absehbar gewesen, nachdem sie die letzten beiden Nachmittage damit verbracht hatten, sich zu jeder Gelegenheit verlegen anzustarren und zuzulächeln.

»Wann? Was wollt ihr machen?«

Dado freute sich wirklich für seinen besten Freund und zudem war der gerade eine wunderbare Ablenkung von seinen Englisch-Hausaufgaben, die Dado nur allzu gerne annahm. Nicht, dass Manu jetzt noch zugelassen hätte, dass er sich auf so etwas unwichtiges wie Schule konzentrierte.

»Am Freitag Abend. Wir wollen Pizza essen oder so gehen. Ganz ... klischeehaft.«

Dado lächelte seinen besten Freund freudig an.

»Ist Freitag nicht wieder irgendeine Feier?«

Kurz überlegte der Größere, zuckte dann aber mit den Schultern.

»Nee. Freitag feiert die Abschlussklasse im Keller und Samstag Sophie ihren Geburtstag hier irgendwo in so einem gemieteten Nebenraum. Aber da sind wir eh nicht eingeladen. Will ich auch gar nicht, bei der ...«, er brach ab, musste sich gerade so einige Beleidigungen verkneifen. Sophie war eine dieser eitlen, eingebildeten Mädchen, die sich für etwas besseres hielten und mit jedem zweiten Jungen ins Bett stiegen. Eine von denen, die es wohl in jeder Stufe gab.

»Wen hat die denn bitte eingeladen?«

»Keine Ahnung. Halt so die Beliebten.«

»Und da ist Palle nicht?«

Manu schnaubte bloß.

»Keine Ahnung! Doch, wahrscheinlich schon. Aber das ist erst am Samstag. Is mir also egal, wenn ich am Freitag mit ihm ... ausgehe« Wie auf Kommando begann Manu wieder, breit zu grinsen. Das klang so ... aufregend. Er hatte ein Date! Ein Date mit Patrick. Er hatte noch nie ein Date gehabt. Aber ... sie hatten nun in letzter Zeit ja wirklich nicht wenig Zeit zusammen verbracht und um genau zu sein war das ja eigentlich nichts anderes. Wahrscheinlich würde also alles ganz entspannt werden.


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An Manu:

Ist es für dich sehr anstrengend, nie zu sprechen (außer mit Maudado) sondern immer alles ins Handy einzutippen?

Nein, es geht eigentlich. Ist ja nicht so dass ich eine Wahl hätte.

Was hat der Kuss in dir ausgelöst/ Gefühle etc?

Keine Ahnung. Es war schön. Reicht das nicht?

Vertraust du Patrick?

Vertrauen ist viel wert. Ich misstraue ihm nicht. Reicht das? Der Rest wird sich zeigen.

Schiebst du den Kuss wieder auf den Alkohol?

Nein. Nach so vielen Stunden war nicht mehr so viel Restalkohol übrig als dass das nur damit zu tun haben konnte.

Wann outest du dich vor deiner Familie?

Keine Ahnung. Ich hab mir da noch gar keine Gedanken drum gemacht. Das erscheint mir momentan so weit weg ...

Meinst Du, Du wärst irgendwann bereit, Palle von Deinen Erlebnissen zu erzählen und Dich ihm anzuvertrauen? Und wenn ja - was meinst Du, wie er reagieren würde?

Das kann ich wirklich noch nicht sagen. Am liebsten würde ich nie mehr darüber sprechen, nicht mal dran denken.

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