39. Pflicht

»Manuel?«

Der Kleinere zuckte bei der Erwähnung seines Namens zusammen – und schüttelte wahrheitsgemäß kleinlaut den Kopf.

»Was? Willst du es nicht verraten?«

Erneutes Kopfschütteln. Patrick brauchte einen Moment, um zu begreifen.

»Weißt du es nicht?«

Kleinlaut nickte Manu – und spürte im nächsten Moment überrascht, wie Patrick ihn keinesfalls auslachte oder ähnliches – sondern ihn stattdessen umarmte.

»Also ... jetzt nur von deinem Charakter her ... würde ich auf jeden Fall schätzen, Bottom. Also ... eben unten. Und ... grad beim ersten Mal sind das eigentlich die meisten. Aber ... es gibt auch immer Leute, die einen überraschen. Es ist einfach eine Frage davon, worauf man mehr steht. Da musst du dich schlichtweg ausprobieren.«

Manu war irgendwie überrascht, von Patrick anstelle von überlegenen Worten einfach nur ernst und gut gemeinte Ratschläge zu bekommen. Zögerlich nickte er – ihm war das trotzdem irgendwie unangenehm. Irgendetwas tief in seinem Inneren protestierte, als Patrick sich wieder von ihm löste. Manu ermahnte diesen Teil von sich stumm zur Ruhe.

»Ich nehm Pflicht. Mal ein bisschen Abwechslung reinbringen.«

Patrick grinste – und hatte Manu damit mal wieder vollkommen aus dem Konzept gebracht. Darauf, eine Aufgabe stellen zu müssen, war er nicht vorbereitet gewesen. Sollte er ... so etwas irgendwie ernstes?

Versuch morgen nicht, so zu tun, als hätten wir nie miteinander gesprochen und heute Nacht nichts passiert.

Patrick zog die Augenbrauen hoch. Seine Stimme, als er antwortete, war sanft und behutsam.

»Manuel? Es wird nicht wieder wie ... früher werden. Versprochen. Wir fangen nachher beim Frühstück nicht wieder bei null an. Diese Nacht hat existiert und war, wenn du mich fragst, echt nice und nichts, für das man sich schämen müsste oder das man aus irgendeinem Grund leugnen müsste. Versprochen.«

Manu nickte. Irgendwie war ihm das unangenehm. Vielleicht war das irrational - ziemlich sicher sogar - aber das, was er durch diese Aufgabe eben von sich preisgegeben hatte, fühlte sich persönlicher - auf eine ganz andere Ebene persönlich - an, als ihre Gespräche über Sex.

»Stell noch eine Aufgabe. Die zählt nicht. Das ist keine.«

Manu dachte fieberhaft nach. Es dauerte lange, bis er auf etwas kam, doch Patrick wartete geduldig.

Kann ... ich dein Handy haben?

Patrick lächelte leicht.

»Ist das eine Aufgabe?«

Fast schon fragend nickte Manu und bekam prompt von Patrick das entsperrte Mobiltelefon gereicht.

»Bloß ... Tu mir den Gefallen und lies keine alten Nachrichten über dich. Bitte. Ich war ein Arsch und ...« Manu nickte.

Er setzte sich extra so hin, dass Patrick gut mitsehen konnte, was er tat. Dass er dabei leicht gegen die Schulter des Größeren lehnte, störte ihn dabei nicht. Er fand das - selbst für eine Pflicht-Aufgabe - enorm viel Vertrauen – jetzt zu zweit fast noch mehr als das letzte Mal in der großen Gruppe.

Zielgerichtet öffnete er wieder Whatsapp – und fand auch schnell den Chat, in dem er das letzte Mal diese Nachricht über ihn gelesen hatte. Er hielt inne – hatte die untersten Nachrichten von gestern Abend nur überflogen (Patrick hatte von ihrem Sieg erzählt, der Andere gratuliert – ein bisschen Smalltalk) und holte zusätzlich sein eigenes Handy hervor.

Die Nachricht, die ich das letzte Mal gelesen habe ... in diesem Chat. Erklärst du sie mir?

Patrick schien zu Manus Erstaunen sofort zu wissen, wovon er sprach – schüttelte aber den Kopf, jedoch mit einem leichten Lächeln.

»Pflicht, nicht Wahrheit.« – hieß das, er würde es ihm erklären, wenn er ihn gleich noch ein Mal fragte? Manu beschloss, es zu wagen – aber erst ein Mal war er nun wieder an der Reihe. Wortlos gab er Patrick sein Handy zurück. Er hatte nicht vor, irgendeinen Mist damit anzustellen.

»Wahrheit?«

Dieses Mal tat auch Manu es ihm gleich – und schüttelte den Kopf.

»Also Pflicht.« Patrick schien nicht wirklich zu überlegen, viel mehr wirkte es, als müsse er sich selbst überreden.

»Okay ... Renn nicht weg.«

Manu stockte – was zur Hölle meinte er damit?

Jedoch dauerte es keine Sekunde, bis Patrick auf ein Mal so nah bei ihm war, das Manu für einen winzigen Moment stark zurückzuckte. Der Größere zögerte daraufhin zwar kurz, wagte es dann aber doch, seinen Plan auszuführen.

Als Patricks Lippen sich auf seine legten schloss Manu automatisch die Augen. Erst bewegte Patrick sich keinen Millimeter – schien fast zu erwarten, dass Manu ihn wegstieß oder zurückwich. Der jedoch hatte das Gefühl, als würde sein Kopf nur noch mit reduzierter Geschwindigkeit arbeiten und reagierte einfach gar nicht mehr – und ließ wieder ein Mal nur Patrick machen.

Vorsichtig begann der Größere, seine Lippen zu bewegen – und stellte zu seiner Freude fest, dass Manu ihn nicht nur nicht abwehrte, sondern seine Bewegungen sogar annahm, als wäre es das Normalste der Welt für ihn.

Sanft wagte Patrick es, eine Hand in Manus Nacken zu legen und dort ein Mal leicht mit dem Daumen über seinen Haaransatz zu streichen – immer noch ohne, dass Manu das Bedürfnis hatte, zu flüchten. Wie von selbst wanderte Patricks Hand wieder dort hin, wo sie heute schon ein Mal gewesen war – auf Manus unteren Oberschenkel, keinen Zentimeter weiter oben, als noch beim letzten Mal. Patrick wollte auf keinen Fall, dass Manu dachte, dass er ihn einfach nur ins Bett bekommen wollte. Nur Sekunden später zwang er sich auch, seinen Kopf wieder ein Stück zurückzuziehen – erst ein Mal gerade so weit, dass ihre Lippen sich nicht mehr berührten. Manu öffnete seine Augen wieder – und für einen kurzen Moment sahen sie sich bloß aus dieser unglaublichen Nähe an – bevor Patrick sich wieder von ihm entfernte und sogar seine Hand von Manus Bein wieder zu sich nahm. Jetzt saß er einfach nur da – musste aus irgendeinem Grund erst ein Mal wieder zu Atem kommen und sah zu, wie Manu seine Aufgabe erfüllte und nicht wegrannte. Nicht, dass er das sonst getan hätte.


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OOOOOOOOUUUUH ...

Und hier haben wir den ersten richtigen Kuss!

Ich will eure Reaktionen hören! Wie denkt ihr, geht es jetzt weiter? Im nächsten Kapitel und längerfristig?

Wer will, kann gerne wieder Fragen an die Charaktere stellen!

Liebe Grüße, minnicat3

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