Kapitel 14

Ross hatte mich tatsächlich nicht angelogen. Alle waren in der großen Halle erschienen; die Kandidaten, die Coaches, der Moderator und das Publikum.

Ungefähr eine Stunde vor Beginn des Finales kam ein Mann auf mich zu. Er sagte, er würde bei „Clevver News" arbeiten und mit mir ein kurzes Interview führen wollen. „Ähm, ich weiß nicht. Ich hab das noch nie gemacht", erzählte ich ihm. „Das macht nichts. Es gibt für alles ein erstes Mal. Ich bin übrigens Kyle", stellte der Typ sich vor. Und schon begann Kyle mit der ersten Frage.

Kyle: „Wir wissen, dass du mit deinem Coach zusammen bist. Das ist doch ein sehr großer Vorteil für dich, oder?"

Ich: „Tut mir leid, aber da sind Sie wohl doch nicht so gut informiert. Wir sind kein Paar mehr. Da ist absolut gar nichts! Außerdem habe ich ihm schon einmal gesagt, dass er mich nicht bevorzugen soll."

Kyle: „Okay. Wie war denn die Beziehung und warum habt ihr euch getrennt?"

Ich: „Sorry. Das soll privat bleiben. Außerdem weiß ich nicht, wie Ross das finden würde. Nicht dass ich mich dafür interessieren würde."

Kyle: „Das ist verständlich. Ich habe noch eine letzte Frage: Wie hast du dich auf heute vorbereitet? Denkst du, du hast eine Chance zu gewinnen?"

Ich: „Um sich gut vorzubereiten, hatte keiner so richtig Zeit, denke ich, nachdem wir erst gestern Abend erfahren haben, dass das Finale heute stattfindet. Aber ich hoffe natürlich, dass ich gewinne, denn das würde meinen Traum erfüllen."

Kyle: „Mir ist da noch was eingefallen: Welche Lieder wirst du singen?"

Ich: „Lassen Sie sich überraschen! Jedenfalls sind sie sehr persönlich für Ross und mich."

Kyle: „Ok. Danke für das Interview und viel Glück!"

Dankend lächelte ich ihm zu. Dafür, dass das mein erstes Interview war, lief es ziemlich gut. Allerdings hatte ich nun mehr Angst vor dem Auftritt als vorher. Wieso musste Kyle mich fragen, ob ich mich gut vorbereitet hatte? Jetzt hatte ich ein schlechtes Gewissen...

Wie jedes Mal war ich mega aufgeregt. Dieses Mal sogar noch mehr. Heute durfte ich nichts vermasseln.

Immer wieder erklärte der Moderator, welche Nummer man für einen bestimmten Kandidaten wählen musste. Die Leitungen würden geöffnet werden, wenn Charlotte, Michael und ich unsere erste Performance hingelegt hatten, sagte er.

„So, und jetzt einen Applaus für Liv!", rief der Moderator nach einer Weile. Ich stieg also auf die Bühne und wartete darauf, dass die Melodie zu spielen begann. Ross erkannte den Song natürlich sofort. Es war nämlich „On My Own" von Teen Beach 2; den hatte er damals selbst gesungen.

Wie ich darauf kam? Ich konnte mich noch an dieses Lied erinnern, als ich vor einiger Zeit R5-Songs auf YouTube hörte. So war es auch bei einem anderen Lied, das ich heute vortragen würde. Und „On My Own" hatte einfach so viele passende Stellen, wie diese:

Without you

I'm on my own

Am I gonna be alone

And if it's only me, myself,

and I, will I be fine

So far from home

And I just don't know

Am I gonna make it

Brave enough to take this road

Out on my own

And maybe I'm falling on my face

Or maybe I'm landing in my place

And maybe we're a million miles apart

Or maybe we're standing heart to heart

But no matter what, I'm walking right off this stage

And never lookin' back, lookin' back to yesterday

No way

No way

Als ich dies sang, konnte ich nur knapp die Tränen zurückhalten. Ich dachte, Ross würde es auch so gehen, da er sich ständig am Auge rieb. Jedoch könnte ich mich da auch irren. Immerhin hatte ich mich in ihm getäuscht.

Die Menge jubelte, was ich fast nicht wahrnahm. Ich war so auf Ross konzentriert. Vielleicht würde ich ja Stolz in seinem Gesicht erkennen, doch daraus konnte man in diesem Moment wirklich absolut gar nichts deuten.

Die anderen zwei sangen dann auch schon ihren zweiten Song. Danach kam ich wieder dran. Aber bevor ich los singen konnte, schlenderte der Moderator zu mir und sagte: „Hey, Liv! Das ganze Publikum ist jetzt schon aus dem Häuschen! Ich glaube, du bist hier die Favoritin. Was sagst du dazu?" Dann antwortete ich zu all den Leuten gewandt: „Wenn Sie meinen. Das ist echt süß von euch, danke. Ich wurde noch nie so geliebt, soweit ich mich erinnern kann."

Ich wartete darauf, dass Ross so etwas wie „Doch, von mir! Ich liebe dich noch mehr!" rufen würde, aber es kam nichts dergleichen. Na ja, zu Recht. Denn wenn er es getan hätte, hätte er mich nochmal angelogen, und das wäre dann das wievielte Mal? Ich wusste es nicht. Es kam schon so oft vor, dass ich das Zählen aufgab.

Doch das war jetzt nicht wichtig, da ich nun einen hammer Vortrag von „i hate you, i love you" von gnash und Olivia o'Brien hinlegen sollte.

I hate you I love you

I hate that I love you

Don't want to, but I can't put

Nobody else above you

I hate you I love you

I hate that I want you

You want her, you need her

And I'll never be her

All alone I watch you watch her

Like she's the only girl you've ever seen

You don't care you never did

You don't give a damn about me

Yeah all alone I watch you watch her

She's the only thing you've ever seen

How is it you never notice

That you are slowly killing me

Dadurch musste ich an Ross und Mandy denken. Ich hatte ihn so sehr geliebt, und er liebte eine andere. Wenn er genauso weitermachte, würde er mich langsam echt umbringen...

Das war jetzt aber auch egal, denn es war Vergangenheit und außerdem bemerkte ich, dass ich besser von der Bühne gehen sollte. Charlotte war an der Reihe. Sie versuchte ihr Glück mit einem Song ihres Coaches, Troye Sivan. Ich meinte den Song zu kennen, was dann echt außergewöhnlich wäre, wenn es stimmte. Troye war nämlich ein ziemlich junger und neuer Künstler und normalerweise kannte ich mich nicht gut mit der heutigen Musik aus. Da ging ich ganz nach meinem Dad, wie eigentlich in den meisten Dingen.

Ich selber fand, dass das Lied Charlotte überforderte, weil es sich nicht gerade schön angehört hatte. Meiner Meinung nach war das Finale für sie schon gelaufen. Und ich war mir fast sicher, dass ich nicht als Einzige so empfand. Was auf jeden Fall klar war, war, dass es Ross nicht gefiel. Ich kannte ihn gut. Leider wusste ich auch ein paar Dinge, die mir ganz und gar nicht gefielen.

Michael war schon etwas besser, eigentlich sogar perfekt. Er machte mir ernsthaft Konkurrenz. Ich hoffte, der Typ von „Clevver News" lag damit richtig, dass ich der Lieblingsfinalist war. Natürlich wollte ich nicht selbstverliebt oder arrogant wirken, doch das war nun mal die Wahrheit.

Dann kam ich erneut und zum letzten Mal. Dies war meine letzte Chance, um mein Talent unter Beweis zu stellen. Dass ich besser sang als Michael, der gerade noch mächtigen Applaus geerntet hatte.

Normale Kandidaten würden einfach anfangen ihr Lied zu singen, aber ich musste davor noch etwas loswerden: „Mein letzter Song ist von einer Gruppe, die ich erst überhaupt nicht kannte, aber jetzt sogar meine Lieblingsband ist, glaube ich - R5!" Plötzlich wurden die Scheinwerfer mitten ins Publikum geworfen, wo man dann Riker, Rydel, Rocky und Ellington sah. Sie schienen sehr stolz und glücklich darüber zu sein, dass ich diese Entscheidung getroffen hatte. Ich lächelte sie an und formte ein Herz mit meinen Händen. Diese Band hatte wirklich mein Herz gestohlen. Durch ihre Songs, ihre Persönlichkeiten und ein Stück weit auch durch Ross.

„Das Lied heißt Did You Have Your Fun. Ich habe ein paar kleine Stellen verändert, weil es heute an eine bestimmte Person gewidmet ist, welche ich jedoch nicht nennen werde." Nachdem ich es gesungen hatte, würden es wahrscheinlich eh die meisten wissen. Und diejenige Person blickte nun auch ziemlich genervt zu mir.

Doch jetzt musste ich natürlich noch singen.

He's so bad he's good for me

This boy knows ways you won't believe, oh

One night is all he needs

Love me leave me left me numb

Did you have your fun

Awww, da verzog Ross aber das Gesicht. Ja, ich konnte auch etwas fies sein und ihn bloßstellen. Jedoch hatten die Leute noch nicht gecheckt, dass es im Lied um ihn ging. Gerade noch Glück gehabt! Trotzdem würde er irgendwann seine gerechte Strafe bekommen! Dabei war ich mir ganz sicher.

So, das war's. Nun konnten wir nur noch warten, bis die Leitungen geschlossen wurden und das Voting beendet war. Solange mussten wir leider zu unseren Coaches gehen.

Nur aus Langeweile sprach ich mit Ross: „Was halten eigentlich deine Eltern davon, dass du nicht mehr im Krankenhaus bist?" „Ich hab noch nicht mit ihnen geredet", antwortete er. „Und wie haben sie dann erfahren, dass das hier stattfindet? Wo bist du überhaupt gestern hingegangen, als ich dich weggeschickt hatte?", fragte ich. Er erzählte mir: „Sie schauen sich auch die Nachrichten an, und da kam das eben. Und gestern bin ich in den Park gegangen und hab auf einer Bank gepennt. Ich hatte Glück, dass keine Paparazzi und Fans mehr da waren. Ich meine, ich liebe meine Fans wirklich, aber dort um die Zeit konnte ich sie nicht gebrauchen."

Danach beachtete ich ihn schon gar nicht mehr. Das war genug für heute, auch wenn ich nachher vielleicht nochmal zu ihm musste. Aber –

Oh! Der Moderator verkündete, dass der Gewinner oder die Gewinnerin feststand. In der Hand hielt er einen Umschlag, auf dem „The Voice" stand und in dem sich ein Zettel mit dem Namen befand. Wir Kandidaten standen mit den Coaches auf der Bühne und warteten das Ergebnis gespannt ab.

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