Die letzten Tage des Oktobers verbrachte Julie mit intensiven Stoffwiederholungen. Obwohl sie nicht allzu viel Zeit im Krankenflügel verbracht hatte, war es dennoch ein Berg voller Hausaufgaben, den sie nachzuholen hatte, auch wenn ausnahmsweise mal keine Aufsätze für Professor Longbottom anstanden. Julie war so beschäftigt, dass selbst das große Halloweenfest fast spurlos an ihr vorbeizog und ehe sie sich versah, war der Oktober dem November gewichen und ein Aushang am schwarzem Brett sorgte für große Aufregung. Es stand unverkennbar ein Hogsmeade Wochenende an.
Ein paar Mal hatte Julie mit dem Gedanken gespielt, eben dieses Wochenende ebenfalls für ihre Hausaufgaben zu beanspruchen, doch Mary hatte andere Pläne und dass Julie sowieso der Meinung war, dass sie die wenigen Hogsmeade Wochenenden ausnutzen mussten, gab sie sich schnell geschlagen.
Als sie im Gemeinschaftsraum saß und ihren Kopf in Bücher versteckt hatte, hatten sich einige Male Caitlin, Annabel und Hugo zu ihr und Mary gesellt. Letztere verstand sich ausgesprochen gut mit Hugo, was wahrscheinlich auch der Grund war, warum sie am Wochenende zu fünft den Weg in das Dorf hinab stiegen.
Es war recht kalt, doch noch lag kein Schnee, sondern einzig und allein der Wind wehte eisig über die Ländereien.
„Hey Hugo, als James' Cousin kennst du doch sicher irgendwelche Geschichten über ihn, oder?" Mary sah ihren rothaarigen Kumpel auffordernd an, welcher kurz zu überlegen schien, dann aber seinen Mund zu einem schiefen Grinsen verzog.
„Ich weiß ja nicht so recht, was du für eine Art von Geschichte im Sinn hattest, aber an Onkel Harrys Geburtstag hat James das Unmögliche versucht und ist so dermaßen gescheitert, dass er sich laut Albus tagelang in seinem Zimmer verbarrikadiert hat!" Annabel kicherte leise und fragte: „Und was war das Unmögliche?" Hugos Grinsen wurde noch eine Spur breiter.
„Er wollte Onkel George einen Streich spielen, um zu beweisen, dass er es auch drauf hat."
„Als ob man einen der größten Streichekönige, die Hogwarts je gesehen hat, je reinlegen könnte", empörte sich Annabel und Caitlin nickte zustimmend.
„Das hätte ich ihm ja auch sagen können", fuhr Hugo fort, „aber ihr kennt ihn ja, der hält sich für was Besseres." Julie schnaufte zustimmend und selbst Mary nickte, was alle Anwesenden mehr als verwunderte.
„Bist du krank?", fragte Annabel verwirrt und legte Mary eine Hand auf die Stirn, dessen Wangen sich ein bisschen röteten.
„Nein", brummte Mary und entfernte Annabels Hand. „Ihr glaubt doch nicht ernsthaft, dass ich Potter nach den letzten Wochen immer noch toll finde?" Nun war alles still, bis auf Hugos kleiner Kommentar: „Du hast ihn Potter genannt, ich bin stolz auf dich." Mary sah fassungslos in die Runde und blieb schließlich an Julie hängen, die versuchte abwesend auf den Boden zu schauen.
„Kommt schon, er hat Julie nicht ein einziges Mal im Krankenflügel besucht, er hat sich nicht einmal danach erkundigt, wie es ihr geht-" Julie setzte an, etwas zu sagen, doch Mary brachte sie mit einem Blick zum Schweigen. Wäre ja noch schöner gewesen, wenn Julie plötzlich den ich-bin-so-toll-Potter verteidigt hätte.
„Er hat dich gleich nach deiner Entlassung angesprochen und dir gesagt, dass am Abend Quidditch-Training sei und der ganzen Mannschaft zwei Stunden Extra-Training aufgebrummt, damit du auch ja wieder in Form kommst. Es kümmert ihn gar nicht, wie es den Leuten geht, er sieht euch als Maschinen an, die alle einwandfrei zu funktionieren haben. Und so etwas fand ich mal toll!" Mary verzog das Gesicht, als würde sie sich ekeln, während Annabel und Hugo Applaus andeuteten und Caitlin nur grummelte: „Und das mit den Maschinen fällt dir erst jetzt auf?"
„Also Potter hat versucht deinem Onkel George einen Streich zu spielen", nahm Julie das ursprüngliche Thema wieder auf.
„Jep, James wollte Onkel George einen Gartengnom in die Hose stecken, fragt mich bitte nicht, wie er da um Merlins Willen drauf gekommen ist", erzählte Hugo. Annabel lachte leise, während die anderen Mädchen sich ein Lachen nur schwer verkneifen konnte. So einen Streich spielte man also dem Inhaber eines Scherzartikelladens.
„So weit kam es natürlich nicht, denn Onkel George ist ja nicht auf dem Kopf gefallen, also hatte James den Gartengnom schließlich selbst in der Hose und die Potters haben ein kleines Quidditchfeld, wo James dann an einem der Torringe ohne Zauberstab hing und von Onkel George und Albus mit Torte beworfen wurde. Die Erwachsenen haben einfach so getan, als hätten sie das nicht mitbekommen, nicht mal meine Mum hat da eingegriffen und eigentlich ist sie nicht so der Mensch, der solche Sachen durchgehen lässt."
„Eindeutig nicht", stimmte Annabel Hugo zu und auch Caitlin schien diese Meinung zu teilen. Julie fiel auf, wie nahe sich die drei zu stehen schienen und insgeheim wünschte sie sich, ebenso gut über Marys Eltern urteilen zu können, doch irgendwie funktionierte das nicht allzu gut. Über Kelly war Julie sehr gut im Bilde, was allerdings mehr daran lag, dass Kelly und Mary in Hogwarts regelmäßig aneinandergerieten. Julie und ihre Brüder hatten sich glücklicherweise noch nie derartig in den Haaren gelegen. Wie gut sie die Familie ihrer besten Freundin tatsächlich kannte, war ihr allerdings gar nicht bewusst.
„Ich komm nicht klar, einen verdammten Gartengnom, im Ernst jetzt?", fragte Caitlin lachend, woraufhin Hugo nur nickte.
▫▫▫
Max und James reihten sich gerade in die Schlange der Schüler ein, die nach Hogsmeade gingen, als James Blick über die Ländereien strich und wie gebannt an einer Schülergruppe hängen blieb. Er konnte sich nicht so recht erklären, warum er gerade diese Gruppe anstarrte, schließlich hatte er nicht mit einem von ihnen sonderlich viel zu tun, bei Merlin, er mochte alle fünf Gestalten nicht einmal. Er riss sich los.
„Wie willst du das Zeug eigentlich zünden, dass es genau sie trifft?", fragte Max, woraufhin James ihn nur verwirrt ansah, ehe er verstand. Er zuckte mit den Schultern und trat einen Schritt nach vorne und drängelte sich somit vor einige Hufflepuffs aus dem dritten Jahr, die das widerstandslos hinzunehmen schienen.
„Wir müssen einfach den richtigen Moment abpassen, um sie zu treffen", antwortete James leise und drängelte sich ein ein bisschen weiter vor. Ungewollt suchte sein Blick wieder die fünf Schüler, die hinab ins Dorf gingen und sich scheinbar prächtig über irgendwas amüsierten. Insgeheim wüsste James nur zugern, was so lustig war und verfluchte seine Onkel dafür, dass sie die Langziehohren nicht weiterentwickelt hatten.
„Auch du kleiner Dreckssack wirst irgendwann verstehen, dass ein wenig Privatsphäre doch gewahrt werden muss", hatte George einmal zu ihm gesagt. James gab offen zu, dass er das bis heute nicht verstanden hatte und wahrscheinlich auch nie verstehen würde, denn seiner Meinung nach war nichts falsch daran, wenn er wusste, worüber sich einige Leute unterhielten, schließlich gab es Geheimnisse doch gerade, um sie zu teilen.
„James Potter und Max Collins", sprach Max zu dem uralten schrulligen Hausmeister Filch, der ständig irgendwas von einer Mrs Norris redete, die aber noch nie auf Hogwarts gesehen wurde. James hatte die Vermutung, dass es sich dabei um die Schweigermutter von Filch handelte, aber Max hatte ihn dafür nur ausgelacht und gemeint, dass Filch niemals eine Frau abbekommen hätte.
„Erlaubnisschreiben, Mr Potter", grummelte der Hausmeister, nachdem er hinter Max' Namen bereits ein Kreuz gesetzt hatte. Gelangweilt griff James in seine Umhangtasche und zog das Schreiben heraus, welches sorgfältig von seiner Mum unterzeichnet wurde. So langsam nervte ihn diese Prozedur und er war mehr als glücklich darüber, dass er beim nächsten Hogsmeade Wochenende endlich volljährig sein würde und wie Max kein Erlaubnisschreiben mehr benötigen würde.
„Nun schert euch fort, ihr übles Gesindel", brummte Filch, als er James das Erlaubnisschreiben wieder zurückgab und diesen dabei feindselig musterte. Das ließen sich die beiden Jungen nicht zweimal sagen und verließen zügig den Vorhof um schließlich den kleinen Weg ins Dorf hinab einschlugen, wo vor ihnen bereits einige Schüler entlangliefen und eine fünfköpfige Schülergruppe gerade aus dem Sichtfeld verschwand.
„Wir werden im Geheimgang warten, um sie dann abzupassen. Das wird schon funktionieren, glaub mir", meinte James bezüglich des Streichs. Max nickte bedächtig und obwohl James spüren konnte, dass sein bester Freund leichte Zweifel hegte, hakte er nicht weiter nach. Sein Streich würde funktionieren, er musste es einfach! Bisher hatten schließlich auch fast alle Streiche funktioniert und die, die es nicht hatten, waren ganz einfach dem Pech zuzuordnen und so viel Pech konnte James gar nicht haben, dass dieser Streich schiefging.
„Ich hoffe mal, du hast die Liste mit, James", meinte Max und warf seinem Freund einen Seitenblick zu, welcher sofort anfing zu grinsen.
„Natürlich hab ich sie dabei, so was vergess ich nicht, du kennst mich doch", erwiderte James. Max lachte leise in sich hinein und sagte: „Genau deswegen frag ich ja." Dafür kassierte er einen kräftigen Schlag, der ihm allerdings herzlich wenig ausmachte und einfach zurück schlug. Die beiden kabbelten sich den Rest des Weges und James entging nicht, wie sie grinsend von anderen Schülern dabei beobachtete wurden und das gefiel ihm außerordentlich gut.
Als sie das Dorf erreichten, sahen sie schon von Weitem die bunte Aufmachung von Weasley's Zauberhafte Zauberscherze. In diesem Laden tummelten sich vermutlich bereits etliche Schüler, die sich auf die neuen Scherzartikel stürzten und zwischen all diesen Schülern befand sich Stewart Ackerley, der James' Streiche glücklicherweise noch nie zu George hatte durchsickern lassen. Doch bevor sie Stewart einen Besuch abstatten würden, wollten sie sich ein schönes Butterbier gönnen und steuerten demnach auf das Wirtshaus Drei Besen zu, ohne zu ahnen, welche Überraschung sich ihnen dort bieten würde.
Zwischen den Schülern saßen auch einige andere Zauberer, aber auch zwei Sabberhexen konnte James in einer dunkleren Ecke ausmachen. Sie wollten gerade zur Theke gehen, als sie eine Stimme zurückhielt: „Hey Max!" Verwirrt drehten sich die beiden Jungen zu einem kleinen Tisch um, an dem unverkennbar zwei erwachsenen Zauberer auszumachen waren.
„Robert, Daniel, was bei Merlin macht ihr denn hier?", fragte Max vollkommen verwirrt.
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