*26. Weihnachten

Gerade hatte James sich über seinen Aufsatz für Kräuterkunde gebeugt, als ihm die Stimme seiner Grandma jede Konzentration raubte.

„Harry, Schatz, ich bin ja so froh, dich zu sehen!", rief sie, was James dazu veranlasste, seine Feder sinken zu lassen und nach unten zu rennen. Er hatte seinen Dad seit Ende der Sommerferien nicht mehr gesehen und irgendwas tief in ihm verborgen, ließ ihn aufgeregt werden. Im Wohnzimmer stand Grandma Molly und drückte James' Dad an ihre Brust, während James' Mum nur mit verschränkten Armen daneben stand und ungeduldig mit ihrem Fuß auf den Boden tappte. Scheinbar würde sie auch gern ihren Mann begrüßen. James konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als hinter ihm der Rest der Potter-Weasleys auftauchten — alle mit leuchtenden Augen.

„Nun lass den Jungen doch los, Molly", meinte Arthur lächelnd und legte väterlich eine Hand auf Harrys Schulter. James musste bei dem Wort Jungen schmunzeln, so wurde sein Dad immer von allen möglichen Leuten genannt und das obwohl Harry mittlerweile eindeutig kein Junge mehr war. Grandma Molly ließ Harry schließlich doch los und Ginny wollte gerade einen Schritt auf ihn zumachen, als Lily dazwischen kam.

„Daddy!", rief sie und sprang auf seinen Arm, was angesichts der Tatsache, dass sie vierzehn Jahre alt war, ziemlich lustig aussah. Doch Harry schlug sich ziemlich gut und verzog nur leicht das Gesicht. Nach einer halben Ewigkeit ließ Lily ihren Dad wieder los und Ginny kam endlich dazu ihren Mann zu begrüßen. Liebevoll schloss sie ihn in die Arme und gab ihm einen kurzen Kuss, ehe sie ihn wieder losließ und Harrys Blick direkt auf James lag. Sein Lächeln schien noch etwas breiter zu werden.

„Hey Dad", meinte James ruhig und es war ihm etwas unangenehm, als Harry ihn vor den Augen aller in die Arme schloss. Es musste seltsam aussehen, schließlich waren die beiden gleich groß, doch James war um einiges breiter gebaut und muskulöser, als sein Dad. Es musste seltsam für Eltern sein, wenn die Kinder auf einmal so groß oder gar größer als man selbst waren. James war mehr als froh darüber, dass sein Dad kein Wort über den siebten Dezember verlor, jener Tag, an dem Harry Potter einen Vortrag gehalten hatte und James keinen Grund darin sah, ihn auch nur zu begrüßen. Tief in ihm hatte er Schulgefühle, aber andererseits wollte er nicht, dass man ihm genau vor Augen führte, wie unwichtig er doch war, wenn jemand Wichtigeres anwesend war.

Harry ließ ihn los und wandte sich schließlich an Albus, welchem er einen High Five gab und schließlich ebenfalls in die Arme zog. Als Albus damals nach Slytherin gekommen war, schien Harry mehr als besorgt, bis er festgestellt hatte, dass es Albus gut ging. Zwar hatte Albus es nie James gegenüber zugegeben, doch er hatte schreckliche Angst davor gehabt, nach Slytherin zu kommen, woran James einen großen Beitrag geleistet hatte.

Nach und nach begrüßte Harry jeden einzelnen, was bei fünfundzwanzig Personen einige Minuten in Anspruch nahm. James sah keinen Grund mehr darin, unbeachtet im Raum zu stehen, weswegen er sich wieder in das Zimmer von Fred, Louis und ihm schlich, um seinen Aufsatz zu beenden. Niemand hielt ihn auf, es schien sogar, als würde nicht ein einzelner sein Verschwinden bemerken, was ihn zum einen gut fühlen ließ und zum anderen minderwertig. Jetzt wo sein Dad da war, waren alle Augen auf ihn gerichtete und niemand interessierte sich im Geringsten für James. Dabei war er auch nur ein Mensch, ebenso wie sein Dad.

Leider hatte James seine Rechnung ohne Fred und Louis gemacht, welche ins Zimmer stürmten, nachdem James einen Satz zu seinem Aufsatz hinzugefügt hatte. Genervt verdrehte er die Augen, versuchte sich aber nicht ablenken zu lassen, was sie als schwierig herausstellte, denn Fred tippte ihm pausenlos auf die Schulter.

„Was?", fragte James harsch und drehte sich zu dem Rotschopf um, welcher nur schadenfroh grinste.

„Ich hab mit Tante Ginny gesprochen und etwas Interessantes erfahren", meinte Fred. „Du stehst also auf das Mädchen, das ich damals beinahe auf ein Date gebeten hätte?" James war kurz verwirrt, bis er sich das Gespräch von vor zwei Tagen wieder ins Gedächtnis rief und augenblicklich die Augen aufriss.

„Absolut nicht! Ich habe keine Ahnung, woher Mum diese Gedanken hat!", rief er entsetzt.

„Warum eigentlich nicht?", fragte Louis, während Fred nur wissend grinste. James sah seinen Cousin perplex an. Wozu musste er sich rechtfertigen?

„Weil ich sie nicht sonderlich gut leiden kann", murmelte James.

„Und warum?", hakte Fred weiter nach, wobei James den Drang verspürte, seinem Cousin ein Kissen ins Gesicht zu schmeißen, damit er zumindest dieses blöde Grinsen nicht mehr sehen musste.

„Das ist meine Sache!", antwortete James und wollte sich gerade auf den Weg zur Tür machen, als er von Fred aufgehalten wurde. Sein Blick sagte James, dass er das Zimmer nicht verlassen würde, bevor er die Frage zu Freds Zufriedenstellung beantwortet hatte. Er seufzte und setzte sich auf die Matratze, auf der er nächtigte.

„Julie hasst mich und behandelt mich dementsprechend. Wie soll ich sie da mögen?"

„Die Jugend von heute hat überhaupt keine Ahnung, was Hass überhaupt ist. Ich bezweifle, dass sie dich wirklich hasst", meinte Louis. Fred boxte ihn in die Seite.

„Ich glaube, deine Freundin macht aus dir noch einen Philosophen, Louis", bemerkte Fred. James wusste nur ziemlich wenig über Louis' Freundin, doch er kannte sie von ihrer Zeit auf Hogwarts. Nicht dass sie ihm sonderlich aufgefallen war, aber sie war eine Ravenclaw gewesen, die bekannt für ihre nachdenkliche und philosophische Art war. Als James in der zweiten Klasse war, hatte er zugegeben etwas Angst vor ihr, denn ihre komplexen teils dunklen Gedanken waren eindeutig nichts für seine Seele.

„Ich meine es ernst, man muss doch aus betrachten, woher Hass wirklich kommt. Julie hat keinen Grund dich zu hassen, vielleicht mag sie dich nicht, aber das ist noch lange kein Hass."

„Um genau zu sein, hat sie bisher einunddreißig Gründe", murmelte James. Erschrocken zuckte er zusammen und verfluchte sich selbst dafür, dass ihm diese Worte über die Lippen gekommen waren. Louis und Fred sahen ihn interessiert und dennoch überrascht an, womit James' letzte Hoffnung starb, dass die beiden diesen Kommentar überhört haben könnten. Niemand sollte von der Liste wissen, bis auf ihn und Max, ansonsten würde ihn das nur in Schwierigkeiten bringen. Er wollte dieses ganze Drama mit Julie am liebsten tot schweigen, schließlich ging es niemanden außer ihm etwas an.

„Einunddreißig Gründe bestätigen mir nur, dass es wirklich kein Hass sein kann", bemerkte Louis und schüttelte ungläubig den Kopf. Fred musterte James nur aus zusammengekniffenen Augen, hakte aber nicht weiter nach. Als James sich aufrichtete, um das Zimmer zu verlassen, hielt Fred ihn nicht auf. Nachdem er die Tür hinter sich schloss, blieb er einige Sekunden vor der Tür stehen und schloss erschöpft die Augen.

„Ich verwette meinen Besen darauf, dass er sie insgeheim leiden kann", hörte James Fred durch die geschlossene Tür sagen, was ihm eine Gänsehaut einjagte.

Am Weihnachtsmorgen herrschte Chaos. Molly Weasley versuchte zusammen mit Fleur das Frühstück auf die Beine zu stellen, während Lucy nur quengelte und unbedingt ihre Geschenke auspacken wollte. Roxanne und Dominique beschwerten sich wiederum darüber, dass sie nicht ausreichend Schlaf bekommen hatte und sie gaben alles, um ihre imaginären Augenringe abzudecken. Fred und Louis schienen einen Hungertod zu erleiden, Rose saß in der Ecke und las ein Buch, wobei ihre Augen sich nicht einen Millimeter weiter bewegten, was James vermuten ließ, dass sie in Gedanken bei einem bestimmten blonden Slytherin war. Hugo hatte seinen Kopf auf der Tischplatte gebettet, wobei er dem Anschein nach etwas in ein Zwei-Wege Notizbuch schreiben wollte. Albus und Lily jagten sich gegenseitig durch den Fuchsbau und schienen viel zu munter. Molly saß mit den Armen vor der Brust verschränkt auf der Couch und starrte auf ihre Fingernägel, während Victoire und Ted verliebte Blicke austauschten.

James selbst langweilte sich zu Tode. Es fühlte sich nicht so an, als würde er an jenen Ort gehören. Viel lieber hätte er seine Ferien erneut in Hogwarts verbrächt, hätte am Morgen allein seine Geschenke geöffnet und dann zum Frühstück gegangen. In den fünf Jahren hatte Max ihm meistens Gesellschaft geleistet, aber auch allein zu sein, war weniger schlimm als die meisten Leute vermuteten. James fühlte sich im Fuchsbau allein, obwohl seine ganze Familie um ihn herumtollte. Es dauerte immer eine Weile, bis er warm wurde, bis er das Familienleben akzeptierte, nur um kurz darauf wieder nach Hogwarts in die andere Art der Einsamkeit zu verschwinden.

Grandma Molly und Fleur kamen aus der Küche und verkündeten, dass es nun Zeit fürs Geschenke auspacken sei. Lucy war hellauf begeistert und stürzte sich auf den Berg, nur um von Audrey zurück gehalten zu werden. Alle Enkelkinder bekamen ein Päckchen. James wusste sofort, was es war. Jedes Jahr gab es dieses Päckchen! Es war weich und kaum hatte er das Geschenkpapier zerrissen, kam ein scharlachroter Pullover zum Vorschein, welcher ein schneeweißes J auf der Brust trug. James ließ den Pullover sinken und sah sich um. So lange hatte er niemanden abgesehen von ihm einen dieser Pullover auspacken gesehen, doch nun sah er, wie Hugo die Nase kraus zog, als er den braunen Pullover mit orangenen H von dem Papier befreite.

„Den kann Annabel haben", raunte Hugo Albus zu, wobei James versuchte sich nicht ansehen zu lassen, dass er diesen Kommentar gehört hatte.

„Meinst du nicht, dass sie nicht mittlerweile genug hat? Du gibst ihr deine Pullover seit vier Jahren!", antwortete Albus grinsend.

„Ja, weil sie eine Frostbeule ist und sich sonst zu Tode frieren würde", entgegnete Hugo. James konnte sich nur über die Tatsache wundern, dass die beste Freundin seines Cousins tatsächlich im Besitz seiner Kleidung war. Das hörte sich in seinen Ohren nach etwas an, was er selbst niemals zulassen würde.

Er fing den erwartungsvollen Blick seiner Grandma auf und zwang sich zu einem lächeln, als er den Pullover über seinen Kopf zog. Es war mit so vielen Leuten in einem Raum eigentlich schon warm genug, aber James wusste genau, dass es nichts brachte, sich gegen die Traditionen zu sträuben. Es dauerte eine Weile, bis jeder einzelne einen Weasley-Pullover trug, doch als Grandma Molly nun zufrieden auf ihre Enkelkinder hinabsah, brach das Chaos aus. Lucy, Molly und Hugo stürzten sich auf den Berg von Geschenken, um sie an die richtigen Personen zu verteilen. Alle anderen brachen in Gesprächen aus und James fühlte sich mal wieder vollkommen fehl am Platz, während sein Haufen voller Geschenke immer weiter wuchs. Er wusste nicht so recht, was er tun sollte, denn zum einen wollte er sich einfach ans Auspacken machen, doch zum anderen wusste er nicht, ob er dafür nicht einige wütende Blicke kassieren würde. In Hogwarts war das immer ganz leicht gewesen; er war aufgestanden und hatte sich über den Haufen von Geschenken hergemacht. Wenn Max da war, dann hatten sie immerzu ihre Geschenke verglichen und gegebenenfalls auch einmal getauscht. Es war schon in ihrem Schlafsaal chaotisch gewesen, weswegen James sich kaum ausmalen konnte, wie das Wohnzimmer in nur wenigen Minuten aussehen würde, sobald jeder damit begann, seine Geschenke auszupacken.

Mit glänzenden Augen setzte sich Lucy neben James auf den Boden, direkt vor ihren eigenen Haufen voller Geschenke. Auch Molly und Hugo hatten sich wieder gesetzte und James konnte zu seinem Erstaunen den Weihnachtsbaum in seiner vollen Tracht bewundern. Alle warteten angespannt, ehe Grandma Molly Lucy befahl den Anfang zu machen, welche enthusiastisch das Papier von ihrem ersten Geschenk riss. In ihrer Hand hielt sich nun eine kleine Box aus der seltsame Geräusche kamen. James verdrehte nur die Augen, er wusste genau, um was es sich dabei handelte, das Viech war ihm schon in der Winkelgasse auf die Nerven gegangen.

Für Lucy allerdings war der Minimuff eines der besten Geschenke überhaupt. Ihre Augen glänzend freudig auf und sie drückte das Plüsch-Viech an ihre Brust, wobei James sich wunderte, dass sie es nicht zu Tode quetschte. Er war sich sicher, dass Lucy nicht einmal darauf geachtete hatte, von wem ihr Geschenk war, doch das kümmerte ihn eigentlich herzlich wenig. Sein Onkel Percy sah allerdings nicht ganz so begeistert aus, als er das Ding sah, scheinbar war James nicht der einzige, der Minimuffs als nervige Viecher ansah.

Als nächstes war Molly an der Reihe, welche irgendeinen Mädchenkram auspackte, von dem James überhaupt keine Ahnung hatte. Schließlich öffnete Lily eines ihrer Geschenke und hielt daraufhin eine neue Schreibfeder in der Hand. Hugo bekam einen Quidditchhelm und ein paar Hüterhandschuhe, wobei Hugos Blick für einen kurzen Moment auf James ruhte. Hugo war ein guter Hüter und hatte mehrmals versucht ins Team zu kommen, doch James hatte ihn nie genommen, denn schließlich hatte er in Lucas schon einen Hüter. Zu James' Missfallen würde dieser aber im kommenden Jahr nicht mehr spielen können, da Lucas ein Siebtklässler war.

Albus bekam einen neuen Rennbesen und Rose typischer Weise ein neues Buch. Nun war James selbst an der Reihe und wählte ein kleines Geschenk von der Spitze seines Stapels. Unachtsam riss er das Geschenkpapier ab und hielt einen von Onkel George's Scherzartikeln in der Hand, welchen er auch sogleich in seiner Tasche verschwinden ließ. Seine Mum brauchte nicht unbedingt sehen, dass er eine Hand voll Pustelflieger bekommen hatte. Wenn er so darüber nachdachte, hatte er diese nicht wirklich gut in Erinnerung. Das letzte Mal hatte er sich verwendet, als er Albus und Scorpius einen Streich spielen wollte, wobei Duncan und Elliot es vollkommen vermasselt hatten und die Pustelflieger ebenfalls auf Julie los ließen. An jenem Tag hatte sich der Konflikt zwischen den beiden deutlich verschlimmert.

Es ging in der Reihe um, jeder kam dem Alter nach dran, ein Geschenk zu öffnen, weswegen die Bescherung auch einige Zeit in Anspruch nahm. Zwischendurch standen einige auf und verschwanden für einige Minuten in die Küche, ehe sie mit einem Teller voller Essen zurückkamen. James selbst lud sich seinen Teller mit Spiegeleiern und sauren Gurken voll, um die ewige Warterei etwas angenehmer zu gestalten. Im Grunde waren ihm seine eigenen Geschenke mittlerweile ziemlich egal geworden, doch sein Blick fiel immer wieder auf Mollys Haufen voller Geschenke und fixierte das eine Geschenk, welches er ausgesucht hatte. Er konnte es kaum erwarten, ihr Gesicht zu sehen. Doch leider schien sie seinem Geschenk nicht sonderlich viel Beachtung zu schenken, weswegen ihr Stapel schrumpfte, sein Geschenk aber noch immer unberührt da lag.

James selbst bekam haufenweise Scherzartikel von Onkel George, einige Bücher von Onkel Percy und der Rest der Familie hielt es für am besten, ihm vielerlei Quidditch Zubehör zu schenken. Es war beinahe langweilig, die ganzen Geschenke auszupacken. Lucy neben ihm allerdings bekam ein tolles Geschenk nach dem anderen, weswegen sie quietschend auf und ab hüpfte und ihr die Runden gar nicht lang genug sein konnten, schließlich brauchte sie Zeit, um jedes einzelne Geschenk auszuprobieren. James konnte dieses Verhalten auf sein jüngeres Ich übertragen, doch nun kümmerten ihn die Geschenke kaum noch, obwohl er noch immer für ein Geschenk wartete, das ihn vollkommen umhauen würde, obwohl er insgeheim wusste, dass dies kein Geschenk der Welt tun könnte. Vielleicht bräuchte er mehr Hobbys und war einfach nur langweilig, wie es seine Geschenke wiederspiegelten.

Gerade hatte Lucy einen kleinen Koffer voller Schminkutensilien ausgepackt und Victoire dazu überredet, sich schminken zu lassen, als Molly endlich nach dem Geschenk griff und gleichgültig auf das Kärtchen mit James, Albus und Lilys Namen blickte. Fast schon misstrauisch wog sie es in der Hand ab und machte sich dann mit spitzen Fingern daran, es auszupacken. Aus dem Augenwinkel sah James, wie Lily sich krampfhaft versuchte ein teuflisches Grinsen zu verkneifen, was ihr unter einiger Anstrengung aus zu gelingen schien. Zu erst hielt Molly die Packung Eulenkekse in der Hand und beäugte diese kritisch, ehe sie sie achtlos fallen ließ und schließlich das Paar pinke Socken in die Höhe hielt. Ursprünglich hatte James geplant, diese in Kindergröße zu kaufen, somit sie zu klein für Mollys Füße waren, doch der Laden hatte nur eine Auswahl von selbstanpassenden Socken, weswegen er dazu keine Chance hatte.

„Das ist ein grauenhaftes Weihnachtsgeschenk", keifte Molly Lily an und bekam somit die Aufmerksamkeit aller Erwachsenen. Audrey und Percy schienen nicht sehr erfreut über die unhöflichen Worte, während Ginny lieber einen bösen Blick auf Lily warf. Der Rest versuchte sich ein Lachen zu verkneifen. Lily setzte ein entschuldigendes Lächeln auf und zuckte mit den Schultern.

„Tut mir Leid, aber James hat das Geschenk besorgt, ich wusste nichts davon!", beteuerte sie, wobei James mal wieder auffiel, was für ein Teufel seine kleine Schwester doch war. Nun lagen alle Blicke auf ihm und es war ihm seltsamerweise nicht einmal unangenehm, als der Schuldige angesehen zu werden. Nun war es an ihm, mit den Schultern zu zucken.

„Ich dachte mir, jeder kann Socken und Eulenkekse gut gebrauchen", gab er halbwegs ehrlich zu, denn schließlich glaubte er das wirklich, auch wenn er wusste, dass es nicht gerade ein gutes Weihnachtsgeschenk war.

„Ich habe nicht einmal eine Eule!", zickte Molly, wofür sie ein strenges „Molly!" von ihrer Mum kassierte. James zuckte erneut mit den Schultern und legte sein bestes Unschuldsgesicht auf.

„Sorry, das wusste ich nicht." Und wie Lily damals in der Winkelgasse vorausgesagt hatte, wurde James nur von allen belächelt, nicht einmal seine Mum sah ihn vorwurfsvoll an, was einiges heißen mochte. Ein weiteres Mal hatte Lily bewiesen, wie gut sie über Leute Bescheid wusste und wie sie dies zu Vorteil nutzen konnte. James wünschte sich, er könnte ebenfalls so spielend einfach seinen Willen bekommen, doch er war nun einmal nicht seine Schwester und irgendwo wollte er auch nicht wie sie sein, denn er war ein Original und kein mieser Abklatsch von irgendjemandem. Und das war es, was er lernen musste, denn er wollte nicht mehr so leben, wie seine Namensgeber es einst getan hatten.

Es dauerte noch eine ganze Weile, bis alle Geschenke ausgepackt waren. Hermine schüttelte den Kopf und murmelte irgendwas von über dreihundert Geschenken. Kein Wunder also, dass James den Weihnachtsbaum kaum noch gesehen hatte. Der Rest des Tages wurde in kleineren Gruppen verbracht. James verbrachte einen Teil des Tages damit, mit Fred und Louis im Wohnzimmer rumzuhängen und ab und zu einen Schritt nach draußen zu wagen. Im Großen und Ganzen war das Weihnachtsfest bei den Weasleys nicht ganz so schlimm, wie er es in Erinnerung hatte. Wahrscheinlich, weil er sich mittlerweile damit abgefunden hatte, dass er und Albus schlecht miteinander klar kamen, denn alles hatte damals vor fünf Jahren seinen Anfang genommen. Und auch wenn es albern war, James erinnerte sich an jenen Tag, als wäre es gestern gewesen und doch würde keine Person ihm je nahe genug kommen können, als dass er es ihr erzählte — und dabei war es eine mehr als alberne Geschichte!

▫▫▫

An Heiligabend übernahm Marlene das Kommando und scheuchte alle fünf Llewellyns durch das Haus, um alles aufzuräumen und zu putzen. Die Collins würden in wenigen Stunden anreisen und ohne Marlene wären sie höchstwahrscheinlich nicht fertig, bevor eben diese durch die Tür traten. Julie war nicht sonderlich begeistert über den Besuch, zwar konnte sie Robert und seine Eltern einigermaßen leiden, doch mit Max hatte sie sich noch nie sonderlich gut verstanden.

„Julie, du musst dein Zimmer noch aufräumen", forderte Marlene, woraufhin sie nur einen genervten Blick kassierte. Julie verstand nicht, wozu sie aufräumen sollte, denn zum einen hatte sie in den wenigen Tagen, die sie in Woodcroft verbracht hatte, nicht sonderlich viel Zeit gehabt, um eine Unordnung zu schaffen, zum anderen gab es niemanden außerhalb der Familie, der Befugnis hatte, ihre vier Wände auch nur zu betreten.

„Da geht sowieso niemand außer mir rein", versuchte Julie sich heraus zu reden, doch Marlene bedachte sie mit einem strengen Blick. Sie stöhnte genervt auf und sah ihrem Dad dabei zu, wie er einen Staubwedel verzauberte, sodass dieser von selbst arbeitete. „Marlene, du könntest mein Zimmer mit einem Schlenker deines Zauberstabs aufräumen, warum muss ich das auf Muggelart machen?", fragte sie entnervt und ließ sich auf die Couch fallen. Marlene sah noch immer streng aus, doch Julie sah ihr an, dass sie sich ein schadenfrohes Grinsen verkneifen musste.

„Sowas nennt man Erziehungsmethoden", erklärte Marlene.

„Ich bin sechszehn, dafür ist es dann doch etwas zu spät", bemerkte Julie mit einem schiefen Grinsen, machte sich dann allerdings doch auf den Weg in ihr Zimmer. Mit Marlene konnte man nicht sonderlich gut verhandeln und noch dazu gewann Julie etwas Zeit für sich. In ihrem Zimmer stellte sie fest, dass doch eine Menge Arbeit auf sie wartete. Zwar sah es schlimmer aus, als es war, aber schon als sie ihren Blick über ihren Schreibtisch schweifen ließ, wusste sie, dass sie sich in ihren Hausaufgaben verlieren würde. Seufzend fing sie an Kleidung vom Boden aufzuheben und die einen Dinge wieder zurück in ihren Koffer zu werfen und die anderen auf einem Haufen sammelte, den ihre Mum waschen müsste. Die Bücher, die in ihrem Zimmer herum lagen, stapelte sie ordentlich auf ihrem Nachttisch und stellte einige wenige in ihr Bücherregal.

Nach wenigen Minuten kam sie auch schon am größten Part ihrer Aufräumaktion an und das war ihr Schreibtisch. Sämtliche Schulbücher stapelten sich und Pergamentbögen waren überall, ebenso wie Schreibfedern und Tintenfässer. Ganz oben auf dem Stapel lag ihr angefangener Kräuterkundeaufsatz, den Professor Longbottom über die Ferien verlangte. Sie beschloss, ihn sich nicht weiter anzusehen und schlug das Buch zu, während sie den angefangenen Aufsatz sorgfältig zusammenrollte. Diese Prozedur wiederholte sie mit all ihren Hausaufgaben und war nachdem sie fertig war selbst erstaunt, wie schnell es doch ging. Die Bücher reihte sie ordentlich an der Wand und stapelte die Pergamentrollen.

Ein Klopfen am Fenster ließ sie zusammenzucken. Erschrocken drehte sie sich um und entdeckte in der Dunkelheit zunächst einmal nichts, als Eiskristalle. Julie schritt auf das Fenster zu und spähte hinaus. Erleichtert atmete sie aus, als sie die Eule der Dearborns erkannte — Mary schien ihr geschrieben zu haben. Doch das Fenster zu öffnen stellte sich als äußerst schwierig heraus, den das Fenster war komplett vereist. Mit viel Kraft gelang es Julie schließlich doch, das Fenster zu öffnen und augenblicklich wehte ihr eiskalter Wind ins Gesicht. Schnee fand den Weg in ihr Zimmer, als Ferron seine Flügel ausbreitete und schließlich auf Julies Schulter landete. Hastig schlug sie das Fenster wieder zu und band zitternd den Brief von seinem Bein. Daraufhin kramte sie in ihrem Koffer nach einem Eulenkeks, welchen Ferron nur allzu gern annahm.

Ein unwohles Gefühl breitete sich in ihr aus, als sie den Brief entfaltete und die Handschrift ihrer besten Freundin erkannte.

Liebe Julie,

Steht das Angebot mit der Notunterkunft noch? Kelly treibt mich wirklich in den Wahnsinn! Ich meine, so schlimm ist es dann doch wieder nicht, aber es nervt mich einfach extrem, dass sie mich als solche Konkurrenz ansieht. Sie reibt Mum und Dad andauernd unter die Nase, dass sie doch viel besser in nahezu allen Fächern ist als ich, es ist so, als sei es das Wichtigste der Welt, mich zu übertrumpfen.

Manchmal würde ich ihr am liebsten ins Gesicht schreien, dass das hier kein Wettbewerb sei, aber dann würde ich doch irgendwie wieder alles falsch machen, indem ich mich verteidige. Ich will einfach nicht in die Offensive gehen und alles noch schlimmer machen als es schon ist.

Mum ruft mich zum Essen.

Frohe Weihnachten,

Mary"

Julie konnte nicht anders, als festzustellen, wie unterschiedlich Mary und sie doch waren. Mary hatte die seltsame Fähigkeit, sich zu beherrschen, wenn sie es nur wollte, während Julie insbesondere innerhalb der letzten Wochen bewiesen hatte, dass sie ziemlich schnell die Fassung verlieren konnte. Und wie Nick ihr eingetrichtert hatte, war es nicht richtig gewesen, alle Sicherungen durchbrennen zu lassen und aus dem Quidditchteam auszusteigen. Wäre sie nur ein bisschen mehr so wie Mary gewesen, dann wäre sie ruhig geblieben und hätte alles ruhig überlegt. Sie hatte wirklich überreagiert! Und nun musste sie die erniedrigenden Folgen tragen.

Nick hatte sie überzeugt, dass sie sich sobald sie wieder zurück in Hogwarts war, mit James aussprechen musste, oder zumindest wieder ins Team kommen. Schon als ihr das klar geworden war, wünschte sie, die Ferien hätten kein Ende. Doch leider verging jeder einzelne Tag viel zu schnell und dass auch die Stunden vor der Ankunft der Collins verstrichen waren, bestätigte die Türklingel.

Die Llewellyns waren bis vor ein paar Jahren nicht einmal im Besitz eines solchen Objektes gewesen, doch Marlene hatte so einiges aus der Muggelwelt in das Haus der Llewellyns gebracht. Seufzend warf Julie einen letzten Blick auf Ferron, ehe sie aus der Tür schritt und sich auf den Weg machte, um den Besuch zu begrüßen.

„Deanna, Edmund, es ist so schön euch wiederzusehen!", hörte Julie auch schon die Stimme von niemand geringerem als Darolyn Collins, einer angesehenen Aurorin. Sie und ihr Ehemann, welcher ebenfalls Auror war, waren viel unterwegs, weswegen Julie die beiden nicht allzu häufig zu Gesicht bekam.

Als sie im Flur erschien, war es ziemlich voll und doch konnte sie jede einzelne Person erkennen. Darolyn und Garson Collins standen dicht bei Julies Eltern, während Daniel und Robert bereits in ein Gespräch vertieft waren. Marlene und Nick standen etwas am Rande und beobachteten die Szene, während Max gelangweilt vor der Haustür stand und hin und wieder zu Robert und Daniel schaute; scheinbar überlegte er, ob er sich dem Gespräch anschließen sollte oder nicht. Julie kam sich etwas blöd vor, einfach nur dazustehen und nichts zu tun, doch sie wollte nicht unhöflich sein und die Gespräche unterbrechen, um sie wiederum höflich zu begrüßen.

Glücklicherweise wurde das aufeinander treffen sehr schnell ins Wohnzimmer verlegt, sodass Julie sich zumindest hinsetzen konnte. Und so endete sie eingequetscht zwischen Daniel und Marlene auf einer Couch, die eigentlich nur für drei Leute gemacht war, doch leider hatte Nick beschlossen, er müsse neben seiner zukünftigen Frau sitzen.

„Darolyn und ich wurden dann auf Korsika geschickt, um einige Geiseln zu befreien. Es sah schrecklich aus, der Großteil der Häuser ist zerstört und überall sind Spuren eines Massakers. Als wir da waren, haben wir nicht weit entfernt einen Muggelhubschrauber gesehen, der von den Rebellen gnadenlos vom Himmel geholt wurde", berichtete Garson eifrig. Scheinbar gehörten Garson und Darolyn ebenfalls zu den Auroren, die nach Südfrankreich beordert wurden. Ihr schwirrte bereits der Kopf von der ganzen Korsika-Sache; in jeder Zeitschrift fand man Artikel darüber, es war in aller Munde und die Welt versank in Angst und Schrecken, die Rebellen würden noch radikaler werden und würden schließlich noch einen Weg über den Ärmelkanal bahnen. Sie machte sich auch Sorgen, aber manchmal wurde es einfach zu viel, das Thema war beinahe nervend, auch wenn sie liebend gern informiert blieb.

Julie redete den meisten Abend über kaum, ebenso Max blieb ungewohnt still, während Daniel und Robert der Gesprächsstoff nie auszugehen schien, weswegen die beiden in einem unglaublichen Tempo sprachen, um so viel wie möglich in einem möglichst kleinen Zeitraum zu klären. Wenn Julie sich nicht irrte, sprachen die beiden über Roberts mysteriöse neue Freundin, dessen Namen sie allerdings noch nicht hatte aufschnappen können. Sie konnte nicht anders, als sich zu fragen, wann Daniel denn endlich ein Mädchen nach Hause bringen würde, schließlich hatte er noch nie eine Freundin gehabt, geschweige denn an irgendjemanden Interesse gezeigt, jedenfalls nicht soweit Julie wusste. Doch wenn Julie sich selbst mal so ansah, dann war sie sich beinahe sicher, dass sie mit neunzehn auch noch ohne auch nur eine Beziehung dastehen würde, sie war viel zu distanziert, als dass sie eine Beziehung auch nur zu Stande bringen könnte. Die meisten Jungen schreckte sie mit ihrer abwehrenden Haltung vollkommen ab und bisher hatte niemand versucht, diese Barriere zu überbrücken. Nick wiederum schien sich vollkommen von Julie und Daniels Datingverhalten zu unterscheiden, schließlich war er mit Marlene zusammen, seit die beiden vierzehn waren und noch dazu hatten die beiden sich nicht einmal getrennt.

„Spielt Julie noch immer so leidenschaftlich gern Quidditch?", fragte Garson interessiert, auch wenn es eher wie eine Aussage klang. Julies Dad fing breit an zu grinsen.

„Natürlich, Garson, sie ist die beste Jägerin ganz Hogwarts, da kann ja nur Leidenschaft im Spiel sein", meinte Edmund Llewellyn stolz. Julie riss erschrocken die Augen auf, als sie Max verwirrt seinen Mund öffnen sah. Sie starrte ihn flehend an und ihr fiel ein Stein vom Herzen als ihr Klassenkamerad ihren Blick auffing und sie verwirrt ansah. Kaum sichtbar schüttelte sie den Kopf, woraufhin Max nickte. Erleichtert atmete sie aus, als ihr klar wurde, dass ihr Dad um ein Haar herausgefunden hätte, dass sie das Team verlassen hatte. Sie warf einen letzten Blick auf Max, welcher sie nur vielsagend angrinste. Sie hatte keine Ahnung, was er meinte, schließlich standen sie sich nicht nahe genug, um sich mit Blicken unterhalten zu können.

Das Abendessen fiel für Julie auch sonderlich still aus, ab und zu lauschte sie den Gesprächen ihrer Eltern, doch die meiste Zeit beschäftigte sie sich mit dem Gedanken, dass sie in wenigen Wochen tatsächlich mit Potter über ihren Platz im Team reden musste. Schon allein beim Gedanken wurde ihr schlecht, weswegen sie nicht sehr viel runter bekam. Einmal fing sie Daniels besorgten Blick auf und fühlte sich schlecht, denn Daniel hatte ja schon bemerkt, dass sie noch dünner geworden war. Sie wusste zwar, dass das an den abbauenden Muskeln lag, doch das konnte Daniel schlecht wissen.

Nach dem Abendessen setzten sie sich wieder vor den Kamin und erzählten sich Geschichten. Julie hatte sich eines ihrer Bücher geschnappt und angefangen zu lesen, damit sie sich nicht langweilte. Sie wusste genau, dass ihre Mum das gar nicht gerne sah, doch das war ihr in dem Moment egal.

Gegen zehn Uhr gingen Max und Roberts Eltern ins Gästezimmer, um genug Schlaf zu bekommen, bevor sie am nächsten Morgen mit einem Haufen Geschenken überrascht wurden. Julies Eltern taten es ihnen gleich und somit waren nur noch Daniel, Robert, Max, Nick und Julie übrig. Man konnte Marlene nicht mehr ganz zählen, da sie bereits in Nicks Armen eingeschlafen war.

Julie erwartete, dass Max jeden Augenblick ihren Ausstieg aus dem Team ansprechen würde, doch das tat er nicht. Sie konnte nur hoffen, dass er Daniel nichts davon erzählen würde, denn dieser verplapperte sich schnell.

Als Nick sich entschloss, Marlene ins Bett zu tragen, war Julie klar, dass es nun auch Zeit für sie war, schlafen zu gehen. Sie hatte sowieso keine Lust sich in die Gespräche von Daniel und Robert einzumischen oder gar mit Max zu sprechen. Außerdem wurden ihre Augenlider mit jeder Minute schwerer und die Worte in ihrem Buch immer unklarer.

„Gute Nacht", murmelte sie und schlich aus dem Wohnzimmer. Nick war noch auf der Treppe und seinem Gemurmel zu urteilen, war Marlenen aufgewacht. Kopfschüttelnd erklomm Julie die Stufen und ließ sich schließlich auf ihr Bett fallen. Ihr Zimmer war noch immer aufgeräumt und wie sie erwartet hatte, war niemand hineingekommen. Ferron saß auf ihrem Koffer und schien zu versuchen, Julies Eulenkekse aufzuspüren. Schmunzelnd richtete Julie sich auf und langte in ihren Koffer, nur um Ferron einen Gefallen zu tun. Sie strich der Eule einmal übers Gefieder, ehe sie unwohl zum Fenster sah und sich wünschte, sie hätte Vorhänge, die sie zuziehen könnte. Schließlich löschte sie das Licht und suchte sich ihren Schlafanzug zusammen. Wenig später lag sie in ihrem Bett und starrte müde an all die Quidditchbilder an ihrer Decke, ehe ihre Augen zufielen und sie langsam aber sicher in das Land der Träume abdriftete.

Am nächsten Morgen wurde sie von einem Klopfen an ihrer Tür geweckt und dem darauffolgenden Aufkreischen Ferrons. Verschlafen rieb sie sich die Augen und wollte sich wieder auf die Seite legen, als es erneut klopfte. Widerwillig richtete sie sich auf und griff nach dem Glas Wasser auf ihrem Nachttisch, wobei ihr Blick auf die Uhr fiel. Es war bereits acht und höchstwahrscheinlich waren alle bereits auf und warteten ungeduldig darauf, dass sie Geschenke auspacken durften. Manchmal konnte man meinen, sie wären zehn und nicht älter als Julie selbst.

„Julie, Mum bringt dich um, wenn du jetzt nicht aufstehst!", rief Daniel und hämmerte erneut gegen die Tür. Ihr war eiskalt, als sie ihre Bettdecke von sich strampelte und ihre nackten Füße auf den Boden setzte. Zu aller erst angelte sie sich ein paar Socken aus ihrem Koffer und schließlich einen zu großen Pullover, den sie sich über den Kopf zog. Ein Blick in den Spiegel verriet ihr, dass sie vielleicht ihre Haare ordnen sollte, denn viele Strähnen hatten sich aus dem geflochtenen Zopf gelöst und standen in alle Richtungen ab. Unter normalen Umständen hätte sie es einfach so gelassen, doch sie hatten Gäste, die nicht unbedingt sehen sollten, wie sie aussah wenn sie aufstand. Und so löste sie den Zopf und ihre schwarzen Haare fielen ihr über die Schultern. Mit einer Bürste brachte sie ihre Haare wieder in eine Ordnung und flocht dann wieder einen Zopf. Nun fiel ihr Blick auf die Schlafanzughose, welche sie gegen eine Leggins austauschte.

„Endlich! Du bist doch sonst kein Langschläfer!", bemerkte Daniel, als Julie aus ihrem Zimmer trat. Sie sah ihn verwirrt an und zeigte ihm schließlich einen Vogel, es war gerade mal acht Uhr, das konnte man lange nicht als spät bezeichnen. Daniel grinste und zog seine kleine Schwester schließlich am Arm die Treppe hinunter und ins Wohnzimmer, wo schon der Rest der Llewellyns und Collins wartete. Unter dem Weihnachtsbaum stapelten sich die Geschenke so hoch, dass Julie den Baum kaum noch sah.

„Frohe Weihnachten", meinte sie, als ihr wieder einfiel, welcher Tag doch war. Aus allen Richtungen schallten ihr die selben Worte entgegen, die sie gerade verwendet hatte und ein seliges Lächeln schlich sich auf Julies Lippen. Sie wusste nicht genau, was es war; sie konnte nur vermuten, dass es sich um Weihnachtsstimmung handelte.

Daniel und Robert stürzten sich auf den Haufen Geschenke und übergaben sie nach und nach. Julies Augen leuchteten, als sie den goldenen Quaffel an einer Kette baumeln sah. Edmund Llewellyn zwinkerte ihr zu, was sie dazu bewegte, aufzuspringen und ihm um den Hals zu fallen. Julies Dad legte ihr die Kette um. Der Quaffel schien zunächst kühl, doch das Gold nahm schnell ihre Körpertemperatur an.

„Sie ist wunderschön", murmelte sie ihrem Dad zu und fühlte sich augenblicklich schlecht. Ihr war klar, dass das nicht so weitergehen konnte, sie würde unbedingt mit James reden müssen, denn sie hielt es nicht aus, ihrem Dad etwas vorzuspielen. Noch dazu wurde ihr mit jedem Moment, den sie mit ihrer Quidditchverrückten Familie verbrachte, bewusst wie sehr sie diesen Sport doch vermisste.

Die Bescherung verlief relativ unspektakulär und war nach wenigen Minuten vorbei, denn es gab nicht allzu viele Geschenke, die unter dem Baum lagen. Julie selbst gab sich mit vier fünf Geschenken zufrieden, welche aber dafür mehr als wunderbar waren. Neben der goldenen Quaffel-Kette, hatte sie noch einen neuen Rennbesen, sowie zwei Bücher und eine Packung Bertie Bott's Bohnen, welche mit großer Wahrscheinlichkeit auf Max' Konto ging.

„Ich wette, Julie kann es kaum erwarten, ihren neuen Besen auszuprobieren", meinte Daniel während des Frühstücks und spielte dabei auf die Tatsache an, dass Julie unruhig auf ihrem Stuhl auf und ab hüpfte. Sie versuchte ihm einen bösen Blick zuzuwerfen, was allerdings missglückte, denn schließlich hatte er recht.

„Also ich würde bei diesem Wetter nicht rausgehen", meinte Nick und warf einen flüchtigen Blick aus dem Küchenfenster, welches halb vom Schnee verdeckt wurde. Niemand konnte sich erklären, warum der Winter so viel Schnee und Kälte mit sich brachte, doch einige Gerüchte gingen um, dass schwarze Magie im Spiel war.

„Ich weiß gar nicht, was du hast, wenigstens schneit es nicht mehr", erwiderte Julie grinsend und nahm einen weiteren Bissen von ihrem Brötchen. Nick verdrehte die Augen.

„Es sind aber immer noch um die minus zwanzig Grad draußen und da willst du mit einem Besen fliegen?" Julie musste zugeben, dass er nicht ganz unrecht hatte, schließlich würde der Fahrtwind nicht gerade warm sein, doch sie konnte einfach nicht anders, sie musste ihren neuen Besen einfach ausprobieren. Ihr Dad warf ihr ein Lächeln zu und schien keine Einwände zu haben, während ihre Mum nicht einmal zu wissen schien, worum es überhaupt ging.

Kurze Zeit später hatte Julie sich mehrere Lagen Hosen, Socken und Pullover übergezogen und konnte sich kaum noch bewegen, als sie das Fenster in ihrem Zimmer öffnete und sich auf ihren Besen setzte. Es war kälter, als sie erwartet hatte und eine leichte Brise fühlte sich an wie Eiszapfen, die sich durch ihre Haut bohrten. Doch das alles wurde auf einmal nichtig, als ihre Füße den Boden verließen und sie aus ihrem Fenster in die Freiheit schwebte. Von der Auffahrt war kein bisschen mehr zu sehen und auch die Straße, welche einige hundert Meter vom Haus entfernt lag, war von dem ganzen Schnee verschlungen worden. Normalerweise musste Julie sehr vorsichtig sein, wenn sie im Garten auf ihrem Besen flog, doch nun konnte sie sich sicher sein, dass kein Muggel weit und breit sie sehen würde. Alle waren in ihren Häusern im Dorf, während die Llewellyns abseits von allem lebten.

Julie flog höher und höher, während die Kälte erbarmungslos durch ihre Kleidung kroch. Und schließlich konnte sie den Fluss sehen, welcher sich im Westen durch das Land schlängelte. Umso erstaunlicher war es, dass auch der Fluss kaum zu erkennen war, denn er war zur Hälfte zugefroren und Schnee bedeckte das Eis. Der Fluss sah nun nur noch wie ein schmaler Bach aus und doch war das Bild wunderschön. Die Bäume hatten schneeweise Kronen und Häuser sahen aus, als hätte man die Dächer mit Zuckerguss bedeckt. Am liebsten hätte Julie noch länger über ihren Heimatsort hinweggesehen, doch die Stimme der Vernunft sagte ihr, dass es eine kleine Chance gab, dass Muggel aus dem Fenster sahen und den kleinen dunkeln Punkt am Himmel bemerkten, weswegen sie über die Schneedecke schwebte.

Der Schnee verdeckte die Hälfte der Fenster im ersten Stock und schien somit ziemlich tief zu sein. Begeistert ließ Julie ihre Füße im Schnee versinken und beschloss kurzerhand von ihrem Besen zu springen. Sie versank bis zur Brust im Schnee und ignorierte die Kälte. Es fühlte sich einfach wunderbar an, denn so viel Schnee hatte sie in ihrem ganzen Leben nicht. Als es dann aber doch zu kalt wurde, hatte Julie große Mühe, um sich wieder an die Oberfläche zu kämpfen. Sie war vollkommen durchgefroren, als sie endlich wieder auf ihrem Besen saß und durch ihr Zimmerfenster ins Haus gelangte.

Dort legte sie zunächst einmal die schneebedeckte Kleidung ab und gesellte sich wieder zu den anderen ins Wohnzimmer, um von ihrem wundervollen Flug zu berichten.


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