*13. Ein Streich
Der Montag startete mit einer Stunde Verteidigung gegen die Künste. Dies war das einzige Fach, das James wirklich gerne besuchte und in dem er auch wirklich gut war. Professor Goldstein war schon im Raum, als James pünktlich neben Max durch die Tür schlüpfte und sich auf seinen Platz setzte, nicht ohne einen freundlichen Gruß mit seinem Lehrer auszutauschen.
„Bevor ich es vergesse, James", meinte Professor Goldstein anschließend, „dein Dad hat mir gerade eine Eule geschickt und bestätigt, dass er am siebten Dezember einen Vortrag für die Drittklässler hält." Es wurde laut in der Klasse. Die Nachricht, dass der berühmte Harry Potter nach Hogwarts kommen würde, sorgte jedes Mal wieder für große Aufregung. Besonders Duncan und Elliot, zwei Jungen aus James' Schlafsaal, konnten kaum noch still sitzen und so wie James die beiden kannte, würden sie das auch in den nächsten drei Wochen nicht mehr können.
James sah sich im Klassenzimmer um. Niemand schien auch nur im Begriff zu sein, den Unterricht zu beginnen. Max unterhielt sich mit Lorraine über Heilkunde, Felisha hatte Professor Goldstein mal wieder nach seinen Erlebnissen in der DA gefragt, was sie gefühlt jede Woche auf's Neue tat und James sich sicher war, dass das der einzige Grund war, warum Felisha überhaupt bis in die sechste Klasse gekommen war. Die Slytherins steckten die Köpfe zusammen, während Thommy und Julie mit einigen Hufflepuffs sprachen. Bis auf Duncan und Elliot beachtete niemand James und ausnahmsweise war ihm das auch ganz recht.
„Habt ihr den Aufsatz?", fragte James die Zwillinge, woraufhin diese aufgeregt nickten. Duncan kramte in seiner Tasche herum, während Elliot sich leise beschwerte, dass sein Namensgeber – Ronald – noch nie nach Hogwarts gekommen sei, um einen Vortrag zu halten.
„Thommy hat ihn mir erst heute morgen geben können, deswegen ging es nicht schneller", erklärte Duncan und reichte James ein Stück Pergament, das dicht mit Thommys Handschrift beschrieben war. Wieder einmal klopfte sich James imaginär dafür auf die Schulter, dass er sich mit Thommy angefreundet hatte, schließlich war der Ravenclaw immerzu hilfsbereit genug, um ganze Aufsätze nur für James zu schreiben.
Unauffällig zog James seinen Zauberstab hervor und führte einen ungesagten Zauber durch, sodass man dem Aufsatz nicht mehr im entferntesten ansah, dass er aus Thommys Feder entsprungen war. Onkel George hatte James mal ein Buch ausgeliehen, in dem dieser Zauber zum Verändern der Handschrift stand.
Zu James Leidwesen riss sich Professor Goldstein nach einer Weile von seinen Erzählungen los und begann den Unterricht. „Was war einer der größten Fehler, die der Zauberergesellschaft kurz vor der Großen Schlacht um Hogwarts beging?", fragte der Professor in die Runde. „Ja, Thommy?"
„Verleumdung, Sir, viele haben nicht glauben wollen, dass Voldemort zurückgekehrt war und haben sich deswegen eingeredet, dass alles in Ordnung war", antwortete Thommy. James konnte beobachten, wie sein Professor ein kleines bisschen, fast unmerklich, zusammen zuckte, als Thommy den-dessen-Name-nicht-gesagt-werden-darf bei Namen nannte. Dies war nichts Neues, fast alle jungen Hexen und Zauberer nannten Voldemort bei Namen, schließlich war er vor ihrer Zeit und sie hatten nichts mehr zu befürchten, doch die Erwachsenen verbanden mit diesem Namen noch immer Angst und Schrecken, ohne etwas dagegen tun zu können.
„Fünf Punkte für Ravenclaw", verkündete Professor Goldstein zufrieden. „Und da wir Verleumdung immerzu unterbinden sollten, möchte ich nun zu aller erst über Korsika sprechen."
Korsika. James begann gelangweilt einige Kreise auf den Tisch zu malen und sie schließlich wieder mit einem Zauber verschwinden zu lassen, während alle anderen in einer tiefen Diskussion über die derzeitige Lage in Korsika steckten. Es wurde viel von schwarzer Magie gesprochen, die dort anscheinend angewendet wurde, doch das alles interessierte James herzlich wenig. Als Professor Goldstein dann endlich mit einigen Gegenflüchen anfing, hatte James sich schon zwei neue Aufwärmspiele für das heutige Quidditch-Training überlegt, welche er hoffentlich über die ganzen Flüche im Kopf behielt.
Der Tag verging schnell und James hielt mithilfe von Max seinen Vorsatz, die Schule etwas ernster zu nehmen, ein und kam nicht ein einziges Mal zu spät. Nur leider konnte er noch nicht viel gegen seine fehlende Konzentration tun, weswegen er nicht nur einmal vollkommen den Faden verlor.
Doch nachdem auch der Nachmittagsunterricht vorüber war, war endlich Zeit für etwas, worauf sich James schon eine ganze Weile gefreut hatte. Er hatte alles schon so lange geplant und nach so vielen Wochen war es endlich Zeit für den Streich. Er stand in einem schmalen Geheimgang und ging noch mal alles mit Duncan und Elliot durch, welche sich dazu bereit erklärt hatten, ihm zu helfen. Max war wiederum dafür zuständig, dass das Zielobjekt auch wirklich durch diesen Korridor gehen würden.
„Sobald ihr sie seht, zündet ihr die Schleimbombe und lasst die Pustelflieger frei, kriegt ihr das hin?" Duncan und Elliot nickten überschwänglich, woraufhin James aus dem Geheimgang in den verlassenden Korridor schlüpfte und sich in einer Nische drückte. Er handelte sich dabei einen kritischen Blick von einem der Gemälden ein, doch die holde Maid, die ihm von der anderen Seite des Korridors beobachtete, wurde sehr verlegen und verschwand schließlich, als James ihr schelmisch zuzwinkerte. Die Botschaftsscheißer griffbereit wartete James darauf, dass jemand kam.
Während er so allein da saß, fühlte sich James ziemlich allein. Wie gern hätte er doch einige Mitschüler um sich herum, die ihn beachteten und ihm zuhörten, wenn er sprach. Mit all seiner Vorstellungskraft generierte er einen Raum in seinem Kopf, in dem alle Menschen waren, dessen Anwesenheit er sich gerade wünschte. In diesem Raum sprach er von seinem Streich, wie legendär dieser doch gewesen sei und spottete über den Anblick, der sich ihm kurz darauf bot. Er war gerade dabei, sich selbst auf die Schultern zu klopfen, als Schritte im Korridor James wieder zurück in die Realität holten. Vorsichtig spähte er um die Ecke und entdeckte Julie, wie sie um die Ecke kam und nachdenklich durch den Korridor schritt. Enttäuscht ließ sich James zurück in die Nische sinken. Falscher Alarm. Doch als auf einmal Stimmen zu hören waren, gefror ihm das Blut in den Adern.
„Julie Llewellyn, richtig?", sprach Albus die Gryffindor an und schloss zusammen mit Scorpius zu ihr auf. Albus setzte zu einer Frage an, welche allerdings in einem ohrenbetäubenden Knall unterging. Duncan und Elliot waren Idioten! James raufte sich die Haare und wusste nicht genau, was er nun tun sollte. Julie sollte ein besseres Bild von ihm bekommen und jetzt war sie in den Konflikt zwischen ihm und seinem kleinen Bruder verwickelt worden. Das würde ihm mit Sicherheit keine Bonuspunkte einbringen.
Als er dann die Pustelflieger flattern hörte, loderte ein Gefühl in ihm auf, das er in der Art noch nicht kannte. Es war unermesslicher Zorn auf sich selbst, der danach durstete einen Cruciatus-Fluch auf James zu hetzten. Das Stimmengewirr war grausam und als James einen Blick wagte, sah er direkt in die wütenden Augen seines Bruders, der mit Zauberstab bewaffnet und mit stinkenden Schleim überdeckt versuchte, die Pusteflieger unter Kontrolle zu bringen, die auch schon einige Spuren in Albus' Gesicht hinterlassen hatten. Das war zu viel für James und er stand wankend auf, donnerte seine Faust gegen die Wand und ignorierte den Schmerz. Schließlich hastete er aus der Nische, um im nächsten Geheimgang zu verschwinden, allerdings nicht ohne Julies Versprechen nach Rache zu hören, welches ein wirklich unbehagliches Gefühl in ihm auslöste.
Während James durch den Geheimgang lief, ging er noch einmal in sich und redete sich erfolgreich ein, dass die drei sich nicht so haben sollten und er wirklich nichts falsch gemacht hatte. Dass sein Gewissen im Verborgenen dagegen rebellierte, nahm James nicht wahr.
„Die Aufwärmübung sieht folgendermaßen aus: Ihr werdet nah über den Boden fliegen, dann im Steilflug dreißig Meter nach oben, den Quaffel fallen lassen und im Slalom um die Torringe", wies James an, als sein Team sich umgezogen vor ihm versammelt hatte. Grummelnd begaben sich seine Spieler auf Position und warteten darauf, dass James den Quaffel freigab, doch dieser musterte das Team nur unverwandt.
„Wo ist Llewellyn?", fragte er scharf und durchbohrte dabei Caitlin mit seinem Blick, welche diesen allerdings nur wenig beeindruckt erwiderte.
„Wo ist Llewellyn?", fragte er um einiges lauter und er spürte wieder die Wut in ihm aufkochen. Caitlin fuhr erschrocken zusammen, zuckte dann aber mit den Schultern und wandte den Blick desinteressiert ab.
„Wie soll ich denn bitte vernünftig Training machen, wenn andauernd einer meiner Spieler fehlt?", fragte der Schwarzhaarige in die Runde. Deans Lippen waren schon blau und Patty zitterte am ganzen Körper vor Kälte, doch das beeindruckte James herzlich wenig. Er wollte eine Antwort, er wollte, dass die Leute sein Training endlich ernst nahmen. Seine Hände ballten sich zu Fäusten und er verspürte den Drang, auf irgendwas einzuschlagen.
„Lass gut sein, Alter", bemerkte Max genervt und stieß sich mit den Füßen vom Boden ab, „sie wird heute nicht mehr kommen und jetzt kannst du auch nichts mehr daran ändern." Max hatte Recht. Mit aller Kraft warf James den Quaffel zu seinem besten Freund, der diesen ohne Probleme fing und die Übung vollzog, doch während des ganzen Training wollte diese unglaubliche Wut nicht versiegen, auch nicht, als James einen Klatscher nach dem anderen über das Feld schmetterte und dabei mehr oder weniger versehentlich einen der Ränge demolierte.
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